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Bauträgervertrag: Höherer Preis durch höhere Mehrwertsteuer?, IVD-Sonderheft Immobilienrecht

Zum 01.01.2007 ist bekanntlich die vom Gesetzgeber beschlossene Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 19% in Kraft getreten. Damit haben sich alle umsatzsteuerpflichtigen Leistungen, für die bislang der volle Umsatzsteuersatz zu entrichten war, um 3% erhöht.

Maßgeblich für die Frage, ob für die erbrachte Leistung noch der „alte“ oder bereits der „neue“ Steuersatz zu entrichten ist, ist die Frage, wann die Leistung „bewirkt“ wurde. Damit ist steuerrechtlich der Endzeitpunkt der Leistungserbringung gemeint.

Bei einem Bauvertrag ist die Leistung erbracht, wenn sie nach Fertigstellung von dem Auftraggeber abgenommen wird. Die Abnahme ist in aller Regel der für die „Bewirkung“ der Leistung maßgebliche Zeitpunkt.

Wird also die werkvertraglich geschuldete Bauleistung erst nach dem 01.01.2007 fertig, ist auf den Werklohn für die gesamte Bauleistung Umsatzsteuer in Höhe von 19% zu entrichten. Dieser gesetzlichen Folge konnten Auftraggeber und Auftragnehmer nur dadurch entgehen, dass sie sich vertraglich darauf geeinigt hatten, dass im Einzelnen genau bezeichnete, wirtschaftlich teilbare Leistungen gesondert geschuldet wurden. Für diesen Fall waren auf die bis zum 31.12.2006 fertig gestellten und abgenommenen Teilleistungen lediglich 16% Mehrwertsteuer zu entrichten. Der Mehrwertsteuersatz für die danach erbrachten Teilleistungen betrug dann 19%.

Aus diesem Grund haben zahlreiche Bauherren mit ihren Auftragnehmern im Jahr 2006 entsprechende Vereinbarungen getroffen. Die erbrachten Teilleistungen wurden dann per 31.12.2006 abgenommen und mit dem bisherigen Mehrwertsteuersatz abgerechnet.

Probleme traten in den Fällen auf, in denen der Auftragnehmer die vertraglich vereinbarten und damit geschuldeten Werkleistungen entgegen ausdrücklich getroffener Vereinbarung nicht bis 31.12.2006 erbrachte. Da diese Leistungen mithin erst im Jahre 2007 „bewirkt“ wurden, unterfielen sie automatisch dem neuen Mehrwertsteuersatz von 19%, und zwar in vollem Umfang. Die Kosten für diese Leistungen erhöhten sich mithin für den nicht vorsteuerabzugsberechtigten Bauherren um 3%. Muss der Bauherr diesen Mehrbetrag bezahlen?

Hatten die Vertragsparteien nicht ausdrücklich einen Festpreis vereinbart, sondern – wie üblich – Bezahlung der werkvertraglichen Vergütung zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer, ist der Bauherr grundsätzlich verpflichtet, auf den entstandenen Werklohn die erhöhte Mehrwertsteuer zu bezahlen. Hatte jedoch der Auftragnehmer die nicht fristgerechte Fertigstellung zu vertreten, befand er sich mithin mit Ablauf des 31.12.2006 in Verzug. In diesem Fall hatte er dem Auftraggeber den hierdurch entstandenen Verzugsschaden zu ersetzen. Dieser bestand darin, dass der Bauherr nunmehr auf die erbrachte Werkleistung den erhöhten Mehrwertsteuersatz zu zahlen hat. Hierfür haftet jedoch der Auftragnehmer, weil es sich um Verzugsschaden handelt. Im Ergebnis hat somit der Bauherr an den Auftragnehmer nur Mehrwertsteuer in Höhe von 16% zu entrichten, während der Auftragnehmer Umsatzsteuer in Höhe von 19% an das Finanzamt abführen muss.

Rechnet also ein Bauunternehmer gegenüber seinem Auftraggeber im Jahre 2007 Leistungen ab, die eigentlich bereits im Jahre 2006 hätten fertiggestellt werden sollen, muss der Auftraggeber im Verzugsfall an den Auftragnehmer gleichwohl nur 16% Mehrwertsteuer bezahlen. Für die durch die verzögerte Fertigstellung entstandene Mehrwertsteuererhöhung haftet mithin in voller Höhe der Auftragnehmer.

Was bedeutet die Mehrwertsteuererhöhung für die Bauträgervertrag?

Gegenstand des Bauträgervertrages ist nicht nur der Verkauf eines Grundstücks, sondern auch die Verpflichtung, darauf ein Bauwerk zu errichten. Häufig stehen Bauträgerverträge im Zusammenhang mit der Schaffung von Wohnungseigentum. Danach verpflichtet sich der Bauträger, einen Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum zu veräußern, verbunden mit dem Sondereigentum an einem im Aufteilungsplan besonders gekennzeichneten Teileigentum. Abgesehen von Gewerbeflächen handelt es sich bei den Erwerbern in aller Regel um private Erwerber.

Sowohl der Verkauf des Grundstücks als auch die Verpflichtung zur Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteils auf dem Grundstück sind grunderwerbsteuerpflichtig.

Grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge sind grundsätzlich umsatzsteuerbefreit. Nur wenn der Erwerber das Objekt als Unternehmer für sein Unternehmen erwirbt, kann der Bauträger nach § 9 Abs. 1 UStG auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichten.

Bei einem Bauträgervertrag mit einem privaten Erwerber spielt daher die Umsatzsteuer und somit auch die Umsatzsteuererhöhung keine Rolle. Der mit dem Bauträger vereinbarte Preis kann sich deshalb bei privaten Erwerbern durch eine Erhöhung der Umsatzsteuer nicht verändern.

Auf der anderen Seite ist die Umsatzsteuer für den Bauträger eine Kalkulationsgröße, weil die von ihm an die am Bau beteiligten Unternehmen zu zahlenden Werklöhne umsatzsteuerpflichtig sind.

Erhöht sich mithin die Umsatzsteuer, kann der Bauträger einerseits den mit den Erwerbern vereinbarten Preis nicht erhöhen. Auf der anderen Seite muss er den beauftragten Unternehmern den um die Mehrwertsteuererhöhung erhöhten Werklohn bezahlen.

Bauträger sind deshalb bemüht, in ihren Verträgen mit den Erwerbern Klauseln zu vereinbaren, die eine Weitergabe der Mehrwertsteuererhöhung an den Erwerber ermöglichen.

Die Wirksamkeit derartiger Klauseln ist jedoch fraglich. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Mit dem Bauträgervertrag wird grundsätzlich auch Grundeigentum übertragen. Der Bauträgervertrag bedarf deshalb der notariellen Beurkundung. Bei diesen Verträgen handelt es sich durchweg um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB. In diesen Verträgen enthaltene Mehrwertsteuerklausen unterliegen mithin der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB. Bei solchen Erhöhungsklauseln handelt es sich nicht um Preisvereinbarungen, sondern um Preisnebenabreden.

Hinsichtlich derartiger Mehrwertsteueranpassungsklauseln ist vieles streitig. Eindeutig steht lediglich fest, dass eine formularvertragliche Preiserhöhungsklausel unzulässig ist, wenn die Leistung, deren Vergütung erhöht werden soll, innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss erbracht werden soll. Streitig ist schon, ob es hinsichtlich dieser Vier-Monatsfrist auf den vereinbarten Fertigstellungstermin oder auf die Fälligkeit der einzelnen Abschlagszahlungen im Sinne der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) ankommt. Auch wenn eine Klausel nicht gegen § 309 Nr. 1 BGB verstößt, kann sie wegen Verletzung des allgemeinen Transparenzgebotes gemäß § 307 BGB unwirksam sein. Außerdem kann sie den Erwerber entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, was ebenfalls zur Unwirksamkeit der Klausel führt. Letzteres wäre beispielsweise dann der Fall, wenn die Preiserhöhungsklausel zu einer im Vertrag nicht vorgesehenen Gewinnsteigerung des Bauträgers führt. Das Transparenzgebot ist verletzt, wenn der Erwerber nicht bereits bei Vertragsabschluss aus der Klausel ersehen kann, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf ihn zukommen können, wenn sich dem Vertrag beispielsweise nicht entnehmen lässt, wann die einzelnen Raten nach dem jeweiligen Baufortschritt fällig werden.

Hat der Erwerber den Bauträgervertrag als Unternehmer für sein Unternehmen abgeschlossen und hat der Bauträger nach § 9 Abs. 1 UStG auf die Befreiung von der Mehrwertsteuer verzichtet, spielt die Mehrwertsteuererhöhung keine Rolle. In diesem Fall kann der Erwerber die erhöhte Mehrwertsteuer aufgrund seiner Vorsteuerabzugsberechtigung von seiner eigenen Umsatzsteuerverpflichtung abziehen, so dass er im Ergebnis nicht belastet ist.

Zusammenfassung:

1. Hat der private Erwerber mit dem Bauträger einen Festpreis vereinbart und enthält der Vertrag keine Mehrwertsteuererhöhungsklausel, ändert sich durch die Mehrwertsteuererhöhung der mit dem Bauträger vereinbarte Preis nicht. Dem Bauträger steht auch nicht gemäß § 29 UStG ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch zu.

2. Enthält der Bauträgervertrag eine Mehrwertsteueranpassungsklausel, ist dem Erwerber zu empfehlen, diese Klausel rechtlich überprüfen zu lassen. In vielen Fällen wird die Klausel einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand halten. Ist die Klausel danach unwirksam, braucht der Erwerber den Erhöhungsbetrag nicht zu bezahlen.

3. Auch dem Bauträger ist zu empfehlen, die Klausel prüfen zu lassen. Sollte sie unwirksam sein, steht ihm möglicherweise ein Ersatzanspruch gegen den Notar zu, in dessen Verantwortungsbereich die Klausel fällt.

Autor: Wolfgang Lehner, IVD-Sonderheft Immobilienrecht 2007, S. 39

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