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§§ 16, 16a EnEV: Makler sind Verkäufern gleichzusetzen.

Ein Makler muss in einem Angebot die Pflichtangaben nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) angeben, andernfalls würde die gesetzli-che Wertung der Vorschrift unterlaufen.*)

EnEV §§ 16, 16a, LG Tübingen, Urteil vom 19.10.2015 – 20 O 60/15

Problem/Sachverhalt

Der Kläger, ein Verein, der nach seiner Satzung unter anderem die Förderung der aufklärenden Verbraucherberatung bezweckt, mahnt den beklagten Makler ab. Dieser habe entgegen § 16a Abs. 1 Nr. 3 EnEV die im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes nicht angegeben. Der Makler gibt die Unterlassungserklärung nicht ab, unter anderem mit der Begründung, als Makler nicht Normadressat der genannten Vorschrift zu sein. Die Vorschrift betreffe ausdrücklich nur Verkäufer, Vermieter, Verpächter und Leasinggeber der betreffenden Immobilie. Die Klägerin beantragt daraufhin den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Entscheidung

Das LG gibt dem Antrag statt. Der Vortrag des Beklagten, er sei weder Verkäufer, noch Vermieter, noch Verpächter oder Leasinggeber der Immobilie, ist nicht durchgreifend. Informationspflichtiger und damit Haftungsadressat des § 16a EnEV ist über den Wortlaut der Vorschrift hinaus jeder Auftraggeber einer Immobilienanzeige. Es ist unerheblich, ob dieser selbst Verkäufer der Immobilie ist oder lediglich den Verkauf vorbereitender und vermittelnder Makler. Jede andere Auslegung der Norm würde dazu führen, dass die Intention der EU-Richtlinie unterlaufen würde. Mit der zu dieser Frage inzwischen ergangenen anderslautenden Rechtsprechung befasst sich das LG nicht.

Praxishinweis

Das Urteil ist unrichtig. Das Gericht verletzt allgemeine Auslegungsregeln. Es setzt sich zudem nicht mit der zu der streitgegenständlichen Frage inzwischen ergangenen Rechtsprechung auseinander. § 16 EnEV nennt – ebenso wie § 16a EnEV – als Normadressat ausdrücklich den Verkäufer. In § 16 Abs. 2 S. 4 und § 16a Abs. 2 EnEV erweitert der Gesetzgeber den Anwendungsbereich durch enumerative Aufzählung auf Vermieter, Verpächter und Leasinggeber. Der Makler ist dort nicht aufgeführt. Die Begründung des LG für die gleichwohl vorgenommene Einbeziehung des Maklers in den Pflichtenkreis des § 16 EnEV verletzt allgemeine Auslegungsregeln. Zunächst hätte das LG prüfen müssen, ob der Gesetzeswortlaut eine auslegungsbedürftige Lücke enthält (vgl. hierzu Zippelius, Einführung in die Juristische Methodenlehre, 1971, S. 67 ff, Fragen der Lückenergänzung). Bereits hieran fehlt es. Der Gesetzestext lässt weder eine Formulierungs-, noch eine Wertungslücke erkennen. Dies ergibt sich bereits aus dem Gesetzestext selbst. Der Gesetzgeber hat festgestellt, dass weitere Normadressaten in Betracht kommen und diese in § 16 Abs. 2 S. 4 und § 16a Abs. 2 EnEV ausdrücklich aufgezählt. Durch die enumerative Aufzählung hat er den Personenkreis bestimmt, auf den die Regelung neben dem Verkäufer entsprechende Anwendung finden soll. Die abschließende Aufzählung hat Ausschlusswirkung für alle nicht von der Regelung erfassten Tatbestände und kann nicht durch Auslegung erweitert werden (enumeratio ergo limitatio). Der Richter ist mithin nicht befugt, diesen Normenkreis zu erweitern, weil er dies für zweckmäßig hält. Es fehlt an einer ausfüllungsbedürftigen Lücke, weshalb sich weitere Analogieüberlegungen erübrigen. Hierzu ist lediglich anzumerken, dass die Verletzung der Angabepflicht gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 6 EnEV bußgeldbewehrt ist, weshalb der Normadressat nicht erst durch Auslegung oder Analogie ermittelt werden darf. Es gilt gem. Art. 103 Abs. 2 GG ein Analogieverbot, d. h. ein Verbot, de lege lata eine ausfüllungsbedürftige Lücke anzunehmen (Zippelius, a. a. O., S. 71). § 16 EnEV findet somit entgegen der Ansicht des LG (ebenso wie § 16a EnEV) auf Makler keine Anwendung (so auch LG Gießen, Urteil vom 11.09.2015 – 8 O 7/15 – Juris; LG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2014 – 12 O 167/14; LG Bielefeld, IMR 2016, 27; Osthus, AIZ 11/2015, S. 46).

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2016, 86

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