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Architekten: Abruf von Fördermitteln gehört nicht zu den Grundleistungen des § 15 HOAI

Der Abruf öffentlicher Fördermittel sowie die Kontrolle der fristgerechten Verwendung abgerufener Fördermittel ist nicht Bestandteil der Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 HOAI.

LG Meiningen, Urteil vom 13.12.2007 – 1 O 415/07 (145) (rechtskräftig) § 15 HOAI

Problem/Sachverhalt

Für die Errichtung eines Altenpflegeheimes waren der Bauherrin öffentliche Fördermittel in einer Gesamthöhe von 2,58 Millionen Euro bewilligt worden. Nach den Förderrichtlinien durfte die Zuwendung nur insoweit und nicht eher angefordert werden, als sie innerhalb von zwei Monaten nach der Auszahlung für fällige Zahlungen benötigt wurde. Tatsächlich wurde ein Teil der abgerufenen und geleisteten Fördermittel nicht innerhalb dieser Frist ausbezahlt. Mit Bescheid des Freistaates Thüringen vom 10.07.2006 wurden deshalb gegen die Bauherrin Zinsen in einer Gesamthöhe von € 43.694,80 festgesetzt. Die Bauherrin zahlte diesen Betrag und verlangte sodann von den Architekten Schadenersatz in entsprechender Höhe wegen positiver Forderungsverletzung des Architektenvertrages. Im Rahmen des Architektenvertrages, insbesondere der Leistungsphase 8, sei es Aufgabe der Architekten gewesen, die Fördermittel abzurufen und innerhalb der Zweimonatsfrist zur Auszahlung an die jeweiligen Werkunternehmer freizugeben. Fördermittel seien teilweise zu früh abgerufen worden, weshalb sie nicht innerhalb der vorgesehenen Frist hätten ausbezahlt werden können. Die Architekten wenden hiergegen ein, wann die Klägerin welche Fördermittel abgerufen und wann sie auf welche Rechnungen Zahlungen geleistet habe, sei alleine deren Sache gewesen. Eine diesbezügliche Kontrollpflicht habe man nicht übernommen. Die Bauherrin erhebt Klage auf Zahlung von € 43.694,80.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Mit – inzwischen rechtskräftigem – Urteil weist das Landgericht die Klage ab. Der Klägerin steht weder ein Anspruch aus § 635 BGB a. F. noch aus positiver Forderungsverletzung des Architektenvertrages zu. Abruf und Kontrolle der fristgerechten Verwendung der abgerufenen Fördermittel seien nicht Vertragsbestandteil gewesen. Die Parteien haben einen Architektenvertrag mit den Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 HOAI abgeschlossen. Eine solche Vereinbarung durch Bezugnahme auf Leistungsbilder oder Leistungsphasen der HOAI stellt für das Gericht eine Auslegungshilfe zur Bestimmung der vertraglich geschuldeten Leistungen dar (BGH IBR 2007, 564). Der Abruf von Fördermitteln sowie die Kontrolle der fristgerechten Verwendung der abgerufenen Fördermittel ist nicht Bestandteil der Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 HOAI. Vielmehr gehören sie allenfalls zum Leistungsbild der Projektsteuerung (§ 31 HOAI). Hiermit war die Beklagte jedoch nicht beauftragt. Der Abruf der Fördermittel und die Kontrolle ihrer fristgerechten Verwendung oblag mangels ausdrücklich anderweitigen Vereinbarung der Klägerin als Bauherrin und Auftraggeberin. Sie hat den Fördermittelbescheid mit den entsprechenden Richtlinien und Bestimmungen erhalten. Sie hatte Kenntnis von den zu beachtenden Auszahlungsfristen. Den Beklagten oblag gegenüber der Klägerin auch keine Hinweispflicht dahingehend, dass die abgerufenen Fördermittel nicht innerhalb der Zweimonatsfrist verwendet wurden.

Praxishinweis

Wenn die Überwachung der Förderrichtlinien nach Auffassung des Landgerichts auch nicht zu den Grundleistungen des § 15 HOAI gehört, ist doch eine abweichende Vereinbarung möglich. Eine solche hatte die Auftraggeberin im entschiedenen Fall behauptet, aber nicht beweisen können. Übernimmt der Architekt zusätzliche Aufgaben im Hinblick auf die Verwendung von Fördermitteln, ist in jedem Fall darauf zu achten, dass hierdurch keine selbständigen Kontrollpflichten begründet werden. Anderenfalls muss der Architekt die fristgerechte Mittelverwendung überwachen.

Autor: Wolfgang Lehner, IBR 2008, 168

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