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Immobilienmakler – Maklerprovision trotz Erwerbs durch Zwangsversteigerung

Erwirbt der Käufer nach der Inanspruchnahme von Maklerleistungen das Eigentum an der Immobilie nicht rechtsgeschäftlich, sondern im Wege der Zwangsversteigerung durch Hoheitsakt, schuldet er den vereinbarten Maklerlohn jedenfalls dann, wenn der Maklervertrag auch für diesen Fall eine Provisionsabrede enthält.

LG Aachen, Urteil vom 13.12.2012 – 10 O 271/12

§ 652 BGB

Problem/Sachverhalt

Der Kläger, ein Makler, nimmt den Beklagten, seinen Kunden, auf Zahlung von Provision in Anspruch. Im schriftlichen Maklervertrag heißt es, der Provisionsanspruch sei „fällig mit Abschluss des vollwirksamen Kaufvertrages mit dem vom Makler nachgewiesenen oder vermittelten Vertragspartner“. Der Beklagte wendet ein, das Objekt nicht durch Kaufvertrag, sondern im Wege der Zwangsversteigerung, also durch Hoheitsakt erworben zu haben. Für diesen Fall sei keine Provision vereinbart worden. Da der Makler keinen Kaufvertrag nachgewiesen oder vermittelt habe, stehe ihm die Provision nicht zu. Daraufhin erhebt der Makler Klage.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das Landgericht geht davon aus, dass dem Makler aufgrund der mit dem Beklagten getroffenen Vereinbarung die Provision auch im Falle des Erwerbs durch Zwangsversteigerung zustehen sollte. Zwar spricht die Formulierung in dem Maklervertrag gegen eine den Erwerb durch Hoheitsakt umfassende Provisionsabrede. Aus den Gesamtumständen ergibt sich aber, dass den Parteien bewusst war, dass aufgrund der Besonderheiten des Falles nur ein Erwerb durch Zwangsversteigerung in Betracht kam. Der Kläger hatte dem Beklagten mitgeteilt, dass ein freihändiger Verkauf nach Mitteilung der die Zwangsver-steigerung betreibenden Bank nicht möglich sei. Das Landgericht stellt fest, dass keine Zweifel daran bestanden, dass der Beklagte wusste, dass sich der Erwerb nur im Wege der Zwangsvollstreckung vollziehen kann. Gleichwohl nahm er in Kenntnis der getroffenen Provisionsvereinbarung weiterhin die Hilfe des Klägers zum Erwerb des Objektes in Anspruch. Die Parteien haben daher den bereits bestehenden (schriftlichen) Vertrag (konkludent) dahingehend abgeändert, dass auch der Nachweis zum Erwerb in der Zwangsversteigerung den Provisionsanspruch auslösen sollte. Zwar ist in dem schriftlichen Maklervertrag nur von einem „Kauf“ die Rede. Die Vertragsurkunde, die die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich hat, spricht insoweit gegen eine den Erwerb durch Hoheitsakt umfassende Provisionsabrede. Diese Vermutung ist jedoch aufgrund der aufgezeigten Umstände widerlegt. Als die Parteien den schriftlichen Maklervertrag schlossen, wussten sie bereits, dass es zu einem „Kauf“ nicht mehr kommen konnte. Dass gleichwohl eine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen wurde, konnte nur von dem Willen getragen sein, einen Vertrag des Inhalts abzuschließen, dass auch der einzig noch in Betracht kommende Erwerb durch Hoheitsakt die Provisionspflicht auslösen sollte. Eine dahingehende Parteiabrede ist individualvertraglich möglich. Eine solche Abrede haben die Parteien – jedenfalls stillschweigend – getroffen.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist richtig. Es ist völlig unstreitig, dass eine Provision auch für den Fall des Erwerbs im Wege der Zwangsversteigerung vereinbart werden kann. Hierzu ist allerdings eine Individualabrede erforderlich. Im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen kann eine Provisionspflicht für den Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung nicht begründet werden (BGH NJW 1992, 2568). Die obergerichtliche Rechtsprechung folgt dieser Auffassung (OLG Zweibrücken IMR 2009, 61). Für die Entstehung des Provisionsanspruchs bei wirksamer Individualvereinbarung ist allerdings – wie auch sonst – erforderlich, dass die Tätigkeit des Maklers für den Eigentumserwerb im Rahmen der Zwangsversteigerung ursächlich ist (OLG Naumburg IMR 2008, 360). Der Erwerb durch Hoheitsakt muss „infolge“ der Maklertätigkeit erfolgt sein (§ 652 BGB), wobei Mitursächlichkeit grundsätzlich ausreicht.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2013, 205

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