Gemeinschaftsgeschäfte wollen gut geregelt sein. Auf Gute Zusammenarbeit!
Gelegentlich ist es sinnvoll, Geschäfte gemeinsam abzuwickeln. Sucht beispielsweise ein Kaufinteressent ein Objekt an einem anderen Ort, ist es für dessen Makler gegebenenfalls zweckmäßig, einen Kollegen vor Ort einzuschalten. Oder umgekehrt: Möchte ein Verkäufer sein entfernt gelegenes Objekt veräußern, wird der von ihm beauftragte Makler einen am Ort des Objektes tätigen Kollegen mit der Suche nach Kaufinteressenten und der Durchführung von Besichtigungsterminen beauftragen.
Diese Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Maklern wird allgemein als Gemeinschaftsgeschäft bezeichnet. Was allerdings ein Gemeinschaftsgeschäft genau ist und welche Voraussetzungen hierfür gelten, ist nirgendwo geregelt. Es gibt auch keine gesetzlichen Vorschriften, auf die im Zweifelsfall zurückgegriffen werden könnte. Wollen zwei Makler deshalb in einem konkreten Fall zusammenarbeiten, müssen Sie sich zunächst darüber unterhalten, auf welcher Basis diese Zusammenarbeit stattfinden soll. Regeln müssen sie insbesondere, welche Leistungen der jeweils andere Makler erbringen und wie die Vergütung erfolgen soll. Wird dies versäumt, ist ein Streit über die spätere Provisionsverteilung fast schon vorprogrammiert.
In einem konkreten Fall, mit dem ich vor kurzem befasst war, hatte ein auswärtiger Makler einen örtlichen Kollegen gebeten, Käufer für ein dortiges Objekt seines Kunden zu suchen. Der örtliche Makler hatte daraufhin zunächst mit dem Verkäufer einen Alleinauftrag abgeschlossen und sodann erfolgreich Käufer akquiriert. Nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages überwies er dem Kollegen die Hälfte der Verkäuferprovision (da ja der auswärtige Makler den Kontakt zum Käufer hergestellt hatte). Der Kollege war damit nicht zufrieden. Er war der Auffassung, dass ihm auch die Hälfte der Käuferprovision zustehe. Der örtliche Makler wand dagegen ein, dass er allein den Kaufinteressenten das Objekt nachgewiesen habe. Hieran sei der auswärtige Makler nicht beteiligt gewesen, weshalb ihm insoweit keine Provision entstehe.
Man konnte sich nicht einigen, der Fall landete vor Gericht. Da eine schriftliche Vereinbarung nicht abgeschlossen worden war und der auswärtige Makler seine Behauptung, es sei ausdrücklich eine Teilung von Verkäufer- und Käuferprovision vereinbart worden, nicht beweisen konnte, berief er sich auf die Geschäftsgebräuche für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern, aus denen sich ergäbe, dass bei Gemeinschaftsgeschäften Verkäufer – und Käuferprovision unter den beteiligten Maklern zu teilen seien.
Der örtliche Makler wand hiergegen ein, die Geschäftsgebräuche für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern fänden überhaupt keine Anwendung, da sie nicht ausdrücklich vereinbart worden seien. Zudem habe gar kein Gemeinschaftsgeschäft vorgelegen. Der Kollege sei allenfalls als Tippgeber tätig geworden, so dass ihm – wenn überhaupt – nur eine sogenannte „Tippprovision“ zustünde, die nur einen geringfügigen Vergütungsanspruch auslösen könnte. Mit der hälftigen Verkäuferprovision habe der auswärtige Makler bereits mehr erhalten, als ihm eigentlich zustünde.
Das Gericht hatte somit zu entscheiden, ob dem auswärtigen Makler über die bereits erhaltene hälftige Verkäuferprovision hinaus auch noch die Hälfte der an den örtlichen Makler gezahlten Käuferprovision zustand. Wie hat das Gericht entschieden?
Der örtliche Makler hatte Recht! Das Gericht wies den auswärtigen Makler darauf hin, dass er für die behauptete Teilungsabrede hinsichtlich der Käuferprovision beweispflichtig sei. Ohne eine solche Vereinbarung stünde ihm der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Auf die „Geschäftsgebräuche für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern“ könne er sich ebenfalls nicht berufen, da deren Geltung nicht ausdrücklich vereinbart worden sei. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch sei deshalb unbegründet.
Worum handelt es sich überhaupt bei den „Geschäftsgebräuchen für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern“?
Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Maklern ist gesetzlich nicht geregelt. Wegen dieser fehlenden gesetzlichen Regelung hatten bereits RDM und VDM sogenannte Geschäftsgebräuche für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern entwickelt, um diese Art der Zusammenarbeit sachgerecht zu regeln. Nach dem Zusammenschluss der Verbände hat der IVD ebenfalls solche Geschäftsgebräuche formuliert. Diese Regeln gelten jedoch – auch zwischen verbandsangehörigen Maklern – nicht automatisch. Sie müssen vielmehr im Einzelfall ausdrücklich durch Vereinbarung zum Inhalt eines Gemeinschaftsgeschäfts gemacht werden. Dies bedeutet, dass die beteiligten Makler die Anwendung der Geschäftsgebräuche im konkreten Fall ausdrücklich vereinbaren müssen. Eine „automatische“ Geltung der Geschäftsgebräuche gibt es – auch unter verbandsangehörigen Maklern – nach der bisherigen Rechsprechung nicht. Die Geschäftsgebräuche stellen auch keinen Handelsbrauch im Sinne des § 346 HGB dar, so dass auch auf diesem Wege keine Einbeziehung erfolgt. Soweit also mehrere Makler in einem konkreten Fall eine Zusammenarbeit vereinbaren, bestimmen sich ihre Rechte und Pflichten grundsätzlich nach den getroffenen Vereinbarungen. Versäumen die Makler eine solche Vereinbarung, richtet sich ihr etwaiger Anspruch nach dem Gesetz. Da sich etwaige Provisionsansprüche ausschließlich gegen die jeweiligen Auftraggeber richten, scheiden wechselseitige Ansprüche zwischen den beteiligten Maklern grundsätzlich aus. Soll also der eine Makler an dem Provisionsanspruch des anderen Maklers beteiligt sein, bedarf dies in jedem Fall einer ausdrücklichen Vereinbarung. Diese Vereinbarung kann in sachgerechter Weise dadurch erfolgen, dass sich die beteiligten Makler für die konkrete Zusammenarbeit auf die Anwendung der Geschäftsgebräuche für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern verständigen.
Aber Achtung: Nicht jede irgendwie geartete Zusammenarbeit zwischen Maklern stellt ein Gemeinschaftsgeschäft dar. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen setzt ein Gemeinschaftsgeschäft vielmehr voraus, dass mehrere Makler auf entgegengesetzter Seite tätig werden, also der eine Makler als Verkäufer-, und der andere als Käufermakler. Auch die Geschäftsgebräuche stellen klar, dass ein Gemeinschaftsgeschäft nicht vorliegt, wenn mehrere Makler von einem Auftraggeber beauftragt werden. Im vorliegenden Fall fänden mithin die Geschäftsgebräuche nicht einmal dann Anwendung, wenn deren Geltung vereinbart worden wäre.
In dem erwähnten Rechtsstreit blieb deshalb im Ergebnis der Anspruch des ersten Maklers auf die hälftige Käuferprovision ohne Erfolg. Der Prozess ging für ihn verloren.
Wie bereits erwähnt, hatte der örtliche Makler unter anderem eingewandt, im Grunde stünde den auswärtigen Makler – wenn überhaupt – nur eine so genannte „Tippprovision“ zu. Worum handelt es sich hierbei? Eine „Tippprovision“ soll in der Regel derjenige erhalten, dessen Tätigkeit sich in dem Hinweis auf einen Kaufinteressenten oder ein Objekt erschöpft. In der Literatur wird der Makler in diesem Fall auch „Zubringer“ genannt. Ob und in welcher Höhe diesem „Zubringer“ ein Anteil an der dem anderen Makler im Erfolgsfall zufließenden Provision zusteht, beurteilt sich ebenfalls ausschließlich nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarung. Auch hier fehlt es an jeglicher gesetzlichen Regelung, aus der sich ohne eine entsprechende Vereinbarung ein Zahlungsanspruch des Tippgebers herleiten ließe. Es gilt also in diesem Fall der Grundsatz: Ohne Vereinbarung kein Anspruch.
Praxistipp: Will ein Makler in einem konkreten Fall einen Kollegen hinzuziehen, muss zwischen den beteiligten Maklern genau geregelt werden, welche Tätigkeit im Einzelnen erbracht werden und wie die Vergütung erfolgen soll. Handelt es sich bei der Zusammenarbeit um ein Gemeinschaftsgeschäft (mehrere Makler werden auf entgegengesetzter Seite tätig) kann die Anwendung der Geschäftsgebräuche für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern vereinbart werden (die Geschäftsgebräuche können von verbandsangehörigen Maklern beim IVD angefordert werden). Professionelle Hilfe gewähren in diesem Zusammenhang die Verbandsanwälte, die die IVD-Mitglieder, aber auch nichtverbandsangehörige Makler, bei der rechtlichen Gestaltung der Zusammenarbeit und der Formulierung der entsprechenden Vereinbarungen beraten und unterstützen. Im konkreten Fall hätte eine rechtzeitige Beratung zu einer klaren Provisionsregelung geführt. Der Rechtsstreit wäre vermieden worden.
Autor: Wolfgang Lehner, AIZ Das Immobilienmagazin 10/06, S. 62