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Das „Kreuz“ mit der Einwilligung – Telefonmarketing und UWG

1. Das Direktmarketing kennt verschiedene Vorgehensweisen. Telefonwerbung wird jedoch als seine effektivste Ausprägung angesehen. Dies erscheint vor dem Hintergrund verständlich, dass entsprechende Werbemaßnahmen verhältnismäßig einfach und kostengünstig durchgeführt und sehr individuell auf den jeweils Angerufenen abgestimmt werden können. Deshalb bestand aus Sicht des Gesetzgebers Regelungsbedarf, um eine massenhafte und ungebremste Entwicklung von Telefonmarketing zu Lasten aller Marktteilnehmer – insbesondere der Verbraucher – zu verhindern. § 7 II Nr.2 UWG klassifiziert daher solche werblichen Telefonanrufe gegenüber Verbrauchern als wettbewerbswidrig, die ohne deren Einwilligung erfolgen, also die so genannten „Cold Calls“. Dasselbe gilt für entsprechende Anrufe gegenüber sonstigen Marktteilnehmern – also Unternehmern –, denen nicht zumindest eine mutmaßliche Einwilligung zugrunde liegt.

2. Dreh- und Angelpunkt der Frage, ob Telefonwerbung im Einzelfall durchgeführt werden darf, ist damit die Frage, ob und wann eine Einwilligung im Sinne von § 7 II Nr.2 UWG vorliegt. Wie ist also der Begriff der Einwilligung zu verstehen?

Das BGB – nicht das UWG – definiert die Einwilligung in § 183 BGB als die „vorherige Zustimmung“. Dies erscheint logisch. Doch wie hat die ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers in der Praxis konkret zu erfolgen? Wann liegt eine konkludente, also schlüssige Einwilligung vor? Dazu schweigt das Gesetz – weder im BGB noch im UWG oder sonstigen Gesetzen findet sich eine ausdrückliche Regelung. Die Rechtsprechung hat sich daher zunehmend mit dieser Frage auseinanderzusetzen.

Sensibilisiert durch die öffentliche Debatte, die das Telefonmarketing seit der Novellierung des UWG begleitet, mahnen vor allem die klagebefugten Verbraucherverbände wettbewerbswidriges Verhalten ab, erwirken einstweilige Verfügungen oder erheben Klagen. Das damit verbundene Kostenrisiko liegt – je nach Entwicklung des Rechtsstreits – leicht jenseits einer Grenze von € 5.000,00. Deshalb ist das Bemühen um eine Klärung der Begrifflichkeit nicht nur akademischer Natur, sondern überaus praxisrelevant.

Der Idealfall der ausdrücklichen Einwilligung liegt nach der Rechtsprechung des BGH dann vor, wenn der Adressat des werblichen Telefonanrufs konkret oder generell um einen Anruf zum Zwecke der Werbung für entsprechende Produkte oder Dienstleistungen gebeten hat.

Demgegenüber ist von einer konkludenten Einwilligung auszugehen, wenn sich aus dem Handeln des Adressaten bzw. aus den Umständen heraus mittelbar sein Einverständnis mit Anrufen zu Werbezwecken ergibt; dabei ist entscheidend auf die objektive Erklärungsbedeutung des konkreten Verhaltens des Anrufempfängers im Einzelfall abzustellen.

Demnach liegt eine konkludente Einwilligung dann vor, wenn ein Kunde einem Unternehmen sowohl seine Adresse also auch seine Telefonnummer in der erkennbaren Absicht mitteilt, diese werde zu Werbezwecken genutzt werden. Eine schlüssige Einwilligung in Werbeanrufe kann auch dann zu bejahen sein, wenn ein Kunde sich selbst telefonisch mit einem Unternehmen in Verbindung gesetzt hat, ohne dabei um Rückruf zu bitten, desgleichen auch dann, wenn der Kunde Anrufe eines Unternehmens in der Vergangenheit begrüßt oder dort sogar Bestellungen getätigt hat.

Wird also eine derartige konkludente Einwilligung angenommen, dann ist ihr Umfang jedoch dahingehend einzuschränken, dass sie nur solche Werbeanrufe zulässt, die das konkrete Vertragsverhältnis oder den Voranruf des Kunden betreffen.

3. Wer Kostenrisiken vermeiden möchte, wird sich nicht auf die von Einzelumständen abhängige und schwer zu beweisende konkludente Einwilligung verlassen. Für die Praxis ist daher das Vorliegen bzw. der Nachweis einer ausdrücklichen Einwilligung zur Vermeidung wettbewerbsrechtlicher Auseinandersetzungen empfehlenswert. Obwohl sich die Rechtsprechung bereits vielfach mit der Frage der Einwilligung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr.2 UWG auseinandergesetzt hat, liegt – soweit ersichtlich – noch keine Entscheidung vor, die konkret eine Aussage zu zwingenden Grundvoraussetzungen einer zulässigen Einwilligungserklärung getroffen hat. Werden die einschlägigen Urteile ausgewertet, lassen sich dennoch Empfehlungen aus ihnen herauslesen, wie die Rahmenbedingungen für eine wirksame ausdrückliche Einwilligungserklärung zu gestalten sind.

Ausgehend vom wohl häufigsten Fall der vorformulierten Einwilligungserklärung auf einer Werbekarte ist primär darauf zu achten, dass die entsprechenden Passagen einer Prüfung anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu allgemeinen Geschäftsbedingungen standhalten. Diese Bestimmungen entfalten deswegen Wirkung für vorformulierte Einwilligungserklärungen zu werblichen Telefonanrufen, da der jeweilige Kunde keinen Einfluss auf ihre Gestaltung hat.

Vor diesem Hintergrund ist zu differenzieren:

Vorformulierte Einwilligungserklärungen müssen für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Kunden klar und verständlich sein. Ferner dürfen derartige Erklärungen nicht überraschend an versteckter Stelle im Begleittext oder in AGB enthalten sein. Schließlich ist die vorformulierte Einwilligung auf solche werbliche Telefonanrufe zu beschränken, die sich auf die bestehende oder angebahnte konkrete Vertragsbeziehung richten. Es darf also die Werbung für andere Produkte oder mögliche Vertragsbeziehungen nicht von der Einwilligungserklärung erfasst sein. Selbst wenn die Möglichkeit eingeräumt wird, eine entsprechende Einwilligung zu widerrufen, ändert sich dadurch nichts an dem Verbot, den von der Einwilligung umfassten Bereich auszuweiten.

Im Ergebnis ist eine vorformulierte Einwilligungserklärung unter folgenden Voraussetzungen als zulässig anzusehen:

a) Der Unternehmer muss die vorgesehene Telefonwerbung ganz klar und deutlich einschränken. Es ist daher zu empfehlen, neben dem Gegenstand der Werbung – z. B. Zeitschriftenwerbung – auch das Werbemedium – z. B. Anruf oder Email – und den Werbeberechtigten – Name und Anschrift des werbenden Unternehmens –verständlich und unmissverständlich zu beschreiben. Auf diese Weise wird der Kunde über sämtliche entscheidungserheblichen Umstände informiert – und zwar vor Abgabe seiner Erklärung.

b) Desgleichen sollte die Einwilligungserklärung deutlich abgehoben zur gesonderten Unterschrift vorgelegt werden. Dringend abzuraten ist davon, die Einwilligung – wie gelegentlich beobachtet – in den „Lieferbedingungen“ aufzunehmen, weil der Verbraucher dort nicht mit einem entsprechenden Hinweis rechnen muss.

c) Dem Verbraucher muss die Wahl gelassen werden, ob er eine telefonische „Betreuung“ durch die jeweilige Firma wünscht oder nicht. Diese Wahlmöglichkeit kann insbesondere durch das Ankreuzen eines entsprechenden Kästchens umgesetzt werden. Klarheit über die Frage der tatsächlichen Einwilligung in werbliche Telefonanrufe und damit ihre Beweisbarkeit wird zudem dadurch erreicht, dass der Kunde nach dem Ankreuzen des „Ja“-Kästchens die vorformulierte Einwilligungserklärung signiert. Nur so wird bei der Verwendung der häufig zum Einsatz kommenden Gewinnspielkarte hinreichend deutlich, ob der Verbraucher an einem Gewinnspiel teilnehmen möchte und darüber hinaus an Werbeanrufen interessiert ist.

d) Folgende Einwilligungserklärung ist nach diesseits vertretener Auffassung geeignet, den strengen Maßstäben des Gesetzes textlich zu genügen, wenngleich dieser Hinweis mit Rücksicht auf anderweitige Anforderungen (vgl. a) – c)) in keinem Fall die Beratung im Einzelfall ersetzt:

Außerdem bin ich damit einverstanden, dass mir telefonisch weitere Zeitschriftenangebote gemacht werden. Dies bestätige ich mit meiner Unterschrift.

Datum Unterschrift

e) Soweit der Unternehmer seine Marketingaktivitäten nicht selbst steuert, die Vertragsvermittlung vielmehr Dritten – etwa einem Call-Center – überlässt, sollte ihm stets bewusst sein, dass ihm eine wettbewerbswidrige Telefonwerbung zugerechnet wird, denn er setzt das Call-Center für seine Zwecke ein. Werden dabei Adressen verwendet, deren Herkunft der Unternehmer nicht kennt, so ist es empfehlenswert, sich nicht ungeprüft auf die Zusicherung zu verlassen, es liege eine wirksame Einwilligung im Sinne des Gesetzes vor. Der Unternehmer ist gut beraten, wenn er die konkreten Einwilligungen prüft oder zumindest Vorgaben macht, wie die Einwilligung beschaffen sein muss.

Es mag sein, dass die aufgezeigten – vergleichsweise strengen – gesetzlichen Grenzen zu Lasten eines effizienten Telefonmarketings gehen, sodass die Praxis eher im Bereich der juristischen „Grauzone“ agiert.

Dem Unternehmer sollte allerdings stets bewusst sein, wo die Grenze zum Risiko verläuft.

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