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Immobilienmakler – AGB: „Tätigkeitsentgelt“ für Reservierung?

Zur Wirksamkeit der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Klausel, wonach der am Erwerb einer Immobilie interessierte Kunde ein „Tätigkeitsentgelt“ für die Reservierung (Absehen von weiterem Anbieten) des Kaufobjekts an den mit dem Verkaufsinteressenten verflochtenen Verwender zu zahlen hat, das auch bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrags dem Verwender verbleiben soll.

BGH, Urteil vom 23.09.2010 – II ZR 21/10

BGB § 652

Problem/Sachverhalt

Die Kläger interessierten sich für den Kauf einer Eigentumswohnung zum Preis von € 296.000,00. Sie unterzeichneten einen von der Beklagten, der mit der Verkäuferin verflochtenen Baubetreuerin, vorgelegten „Auftrag zur Vorbereitung eines notariellen Kaufvertrages und Finanzierungsbearbeitung“. Darin wurde die Beklagte unter anderem beauftragt, die Wohnung „anderweitig nicht mehr anzubieten, sondern sie für den Kaufinteressenten reserviert zu halten“. Die Kläger verpflichten sich in dieser Vereinbarung, „für diese Tätigkeit“ an die Beklagte einen Betrag in Höhe von € 750,00 „als Tätigkeitsentgelt für die Reservierung (Verzicht auf weiteres Anbieten)“ zu bezahlen. Der Betrag war „mit Unterschrift auf diesem Auftrag zur Zahlung fällig“. Bei Abschluss des Kaufvertrages sollte er mit der ersten Kaufpreisrate verrechnet werden. Eine Erstattung für den Fall des Nichtzustandekommens des Kaufvertrages war nicht vorgesehen. Die Kläger zahlten den Betrag. In der Folgezeit gaben sie ihre Erwerbsabsicht auf und verlangten ihr Geld zurück, was die Beklagte ablehnte. Amtsgericht und Landgericht gaben der Klage statt. Hiergegen wendete sich die Beklagte mit der zugelassenen Revision.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Der BGH stellt fest, dass die Beklagte das Reservierungsentgelt rechtsgrundlos erhalten hat. Die fragliche Klausel ist als Teil der AGB der Beklagten wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Sie unterliegt gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle. Die vereinbarte „Vermittlungs-Dienstleitung“ der Beklagten stellt die eigentliche Hauptleistung dar. Die Vereinbarung des Reservierungsentgelts ist demgegenüber (nur) eine Klausel, die das Hauptleistungsversprechen ausgestaltet oder modifiziert. Solche Klauseln unterliegen der Inhaltskontrolle. Die Klausel benachteiligt die Kaufinteressenten unangemessen, weshalb sie gemäß § 307 BGB unwirksam ist. Hierbei kann offen bleiben, ob auf den vorliegenden Fall maklerrechtliche Grundsätze Anwendung finden, obwohl eine Maklertätigkeit wegen der Verflechtung der Beklagten mit der Verkäuferin ausgeschlossen ist. Denn die streitige Klausel hält in keinem Fall der Inhaltskontrolle stand. Durch sie versucht nämlich die Beklagte durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten ihres Vertragspartners durchzusetzen, ohne von vorn herein auch deren Belange hinreichend zu berücksichtigen. Die streitgegenständliche Klausel stellt letztlich den Versuch der Beklagten dar, sich für den Fall des Scheiterns ihrer Vermittlungsbemühungen gleichwohl eine (erfolgsunabhängige) Vergütung zu sichern, ohne dass dabei gewährleistet ist, dass sich hieraus für den Kunden nennenswerte Vorteile ergeben oder seitens der Beklagten eine geldwerte Gegenleistung zu erbringen ist. Das Versprechen der Beklagten, die Eigentumswohnung nicht mehr anderweitig anzubieten, lässt das Recht der Verkäuferin unberührt, ihre Verkaufsabsichten aufzugeben oder das Objekt ohne Einschaltung der Beklagten an Dritte zu veräußern. Die Käufer hatten deshalb keinerlei Gewähr, das Objekt erwerben zu können.

Praxishinweis

Es wird immer wieder versucht, die in § 652 BGB normierte Erfolgsabhängigkeit der Maklerprovision zu umgehen. Wenn der BGH letztlich auch offen lässt, ob auf den vorliegenden Fall maklerrechtliche Grundsätze Anwendung finden, ist doch der grundsätzliche Vorbehalt gegen den Abschluss sogenannter Reservierungsvereinbarungen deutlich zu spüren. Häufig sind solche Vereinbarungen unwirksam.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2010, 536

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