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OLG Hamm – Beschaffenheitsangaben im Maklerexposé als Sachmangel

Unter der Geltung des neuen Schuldrechts kann die Abweichung eines verkauften Hauses von Angaben im Maklerexposé (hier: Baujahr) einen Sachmangel darstellen. Das Exposé wird zwar regelmäßig nicht als Beschaffenheitsvereinbarung Vertragsbestandteil, kann aber als öffentliche Äußerung eines Gehilfen des Verkäufers im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB eine zu erwartende Beschaffenheit begründen.

OLG Hamm, Urteil vom 15.12.2008 – 22 U 90/08

§§ 434, 652 BGB

Problem/Sachverhalt

Die Kläger hatten von der Beklagten eine im Jahre 1913 errichtete Doppelhaushälfte erworben. Im Maklerexposé war als Baujahr 1956 angegeben. Die Kläger verlangen deshalb die Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie die Erstattung der ihnen entstandenen Kaufnebenkosten. Das Landgericht gibt der Klage statt. Die Parteien hätten das Baujahr 1956 als Beschaffenheit vereinbart. Die Aufnahme der Angabe in das im Internet veröffentlichte Exposé sei von der Beklagten veranlasst worden, so dass ihr diese Erklärung zuzurechnen sei. Daraus folge ein arglistiges Verhalten der Beklagten, weshalb sie sich auf den im Kaufvertrag vereinbarten Haftungsausschluss nicht berufen könne. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Die Klagansprüche scheiterten bereits an dem im Kaufvertrag vereinbarten Haftungsausschuss. Ein arglistiges Verhalten läge nicht vor. Das Exposé stelle keine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Die Maklerin sei auch nicht ihre Erfüllungsgehilfin, deren Erklärungen sie sich zurechnen lassen müsste.

Entscheidung

Die Berufung hat Erfolg. Das OLG hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Klage ab. Ein Anspruch gemäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB steht den Klägern nicht zu. Allerdings bestätigt das OLG ausdrücklich den von den Klägern gerügten Mangel der verkauften Immobilie in Gestalt einer Abweichung von den Angaben im Maklerexposé. Seit der Schuldrechtsreform haftet der Verkäufer einer Immobilie für die im Maklerexposé enthaltenen Angaben schon unter dem Gesichtspunkt der zu erwartenden Beschaffenheit gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB. Dies ergibt sich aus Abs. 1 Satz 3 der Vorschrift, wonach hierzu auch die aufgrund öffentlicher Äußerung des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen zu erwartenden Eigenschaften gehören. „Gehilfen“ im Sinne dieser Vorschrift sind dabei trotz des missverständlichen Gesetzeswortlautes („seines Gehilfen“) nicht nur solche des Herstellers, sondern auch des Verkäufers. Die Vorschrift findet auch auf Privatverkäufer Anwendung. Als Gehilfen sind u. a. Selbständige, die bei der Vermarktung tätig sind, anzusehen. Damit fallen auch Makler unter den Begriff des „Gehilfen“, so dass deren Verkaufsexposés „öffentliche Äußerungen“ im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB darstellen. Ist mithin in einem Maklerexposé eine unzutreffende Angabe enthalten, muss sich diese der Verkäufer als Beschaffenheitsangabe im Sinne des § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB zurechnen lassen. Eine Haftung der Beklagten scheidet im vorliegenden Fall gleichwohl aus, weil nach Auffassung des OLG ein arglistiges Verhalten der Beklagten nicht festgestellt werden konnte, weshalb der vereinbarte Gewährleistungsausschuss wirksam war (§ 444 BGB).

Praxishinweis

Bislang musste sich der Verkäufer fehlerhafte Angaben im Maklerexposé nur dann zurechnen lassen, wenn er sie entweder selbst veranlasst oder wenn er dem Makler wesentliche Teile der Vertragsverhandlungen überlassen hatte. In diesen Fällen waren die Erklärungen des Maklers dem Auftraggeber zuzurechnen (BGH NJW 1996, 451). § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB erweitert die Haftung des Verkäufers auf die Angaben im Maklerexposé, auch wenn diese nicht Vertragsbestandteil geworden sind. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste. Ein Exposé wird der Verkäufer in der Regel kennen, jedenfalls aber kennen müssen.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2009, 136

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