Urteil des OLG Oldenburg vom 16.06.2010: Eine Fundgrube zu vielen Fragen des Maklerrechts
Mit Urteil vom 16.06.2010 hat das Oberlandesgericht Oldenburg eine Entscheidung des Landgerichts Oldenburg vom 23.03.2009 aufgehoben und der klagenden Maklerin im Ergebnis in vollem Umfang zu der eingeklagten Provision verholfen. Im Rahmen dieser Entscheidung hat sich das Berufungsgericht mit vielen Fragen des Maklerrechts befasst. Es lohnt sich deshalb für jeden interessierten Makler, sich mit dieser Entscheidung zu befassen.
Der Sachverhalt
Die Klägerin ist Immobilienmaklerin. Sie verlangt von den Beklagten, einem Ehepaar, eine Käuferprovision in Höhe von € 14.815,50 für den erfolgreichen Nachweis der Gelegenheit zum Erwerb eines Einfamilienhauses. Die Klägerin hatte Exposés bei Immoscout24, bei Immowelt sowie auf ihrer eigenen Homepage veröffentlicht. Bei den jeweiligen Objektbeschreibungen befand sich eine Rubrik „Provision“. Dort hieß es: „Vermittlungsprovision 5,95% vom Kaufpreis“.
Schon früher hatte sich die Ehefrau bei der Maklerin aufgrund einer Anzeige wegen eines anderen Grundstücks gemeldet. Die Anzeige hatte damals den Hinweis enthalten, dass die Maklerin vom Käufer eine Provision in Höhe von 5,95% beanspruche. Damals war es nicht zum Abschluss eines Kaufvertrages gekommen.
Nach Durchführung einer Beweisaufnahme wies das Landgericht Oldenburg die Klage mit der Begründung ab, die Maklerin habe den Abschluss eines Maklervertrages nicht beweisen können. Hiergegen wandte sich die Maklerin mit der Berufung. Das Oberlandesgericht bestätigte die Abweisung der Klage gegen den Ehemann. Hinsichtlich der Ehefrau hob es das landgerichtliche Urteil auf und gab der Klage statt. Die Ehefrau wurde verurteilt, an die Maklerin die volle Provision in Höhe von € 14.815,50 zu bezahlen.
In den Urteilsgründen hat sich das Oberlandesgericht sehr ausführlich mit vielen Fragen auseinandergesetzt, die in Provisionsprozessen immer wieder eine Rolle spielen. Hier die Einzelheiten.
1. Zustandekommen des Maklervertrages:
Zunächst bestätigt das Gericht eine Selbstverständlichkeit: Die Wirksamkeit eines Maklervertrages ist grundsätzlich nicht von einer bestimmten Form abhängig. Ein Maklervertrag kann schriftlich, mündlich oder konkludent abgeschlossen werden. Ein konkludenter Vertragsabschluss liegt bspw. dann vor, wenn der Maklerkunde in Kenntnis des Provisionsverlangens des Maklers sog. maklertypische Leistungen in Anspruch nimmt. Dies wertet die Rechtsprechung als Annahme des Angebotes auf Abschluss eines Maklervertrages.
2. Ein Maklervertrag kann auch nach Erbringung der Maklerleistung noch wirksam abgeschlossen werden:
Im vorliegenden Fall hatte die Maklerin ihre Maklerleistung (den Nachweis) bereits erbracht, als der Maklervertrag abgeschlossen wurde. Hierin sieht das Oberlandesgericht kein Hindernis. Ein Maklerkunde kann sich auch dann noch wirksam zur Zahlung einer Nachweisprovision verpflichten, wenn der Makler den Nachweis bereits erbracht hat. Eine Provision kann sogar unabhängig von einer als Maklerleistung zu qualifizierenden Tätigkeit vereinbart werden. In diesem Fall spricht man von einem selbständigen Provisionsversprechen.
3. Keine Ehegattenhaftung für Maklerprovision:
Im vorliegenden Fall hatte die Maklerin auch den Ehemann der Kundin mit verklagt, obwohl der Maklervertrag nur mit der Ehefrau abgeschlossen worden war. Dies lässt das Oberlandesgericht nicht gelten: Zwar ist es im Rahmen der ehegemeinschaftlichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich möglich, dass ein Ehegatte für Geschäfte, die der andere Ehegatte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie abgeschlossen hat, haftet. Dies ist in § 1357 BGB so vorgesehen. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist jedoch auf solche Geschäfte beschränkt, über deren Abschluss die Ehegatten sich nach ihrem konkreten Lebenszuschnitt üblicherweise nicht vorher verständigen. Im vorliegenden Fall ging es um die Zahlung einer Maklerprovision in Höhe von knapp € 15.000,00 im Zusammenhang mit dem Kauf eines Einfamilienhauses. Über eine derartige Verpflichtung pflegen Eheleute sich in der Regel vorher abzustimmen. Allein der Umstand, dass die erworbene Immobilie als Wohnhaus der Familie dienen sollte, rechtfertigt nicht den Schluss, dass bei den damit im Zusammenhang stehenden Rechtsgeschäften generell keine vorherige Verständigung der Ehegatten zu erwarten ist. Wie der vorliegende Fall zeigt, können derartige Rechtsgeschäfte erhebliche finanzielle Verpflichtungen nach sich ziehen.
Im Falle einer – deutlich niedrigeren – Mietprovision hatte das Landgericht Darmstadt im Jahr 2005 anders entschieden. Aus einem nur vom Ehemann unterzeichneten Maklervertrag hinsichtlich eines Mietvertrages über ein Wohnhaus hatte das Landgericht auch die Ehefrau für verpflichtet gehalten, da die nach außen in Erscheinung getretene Abstimmung der Ehegatten ergeben habe, dass der Vertragsabschluss in den Geltungsbereich des § 1357 BGB fallen sollte.
4. Keine Provision ohne ausdrückliche Vereinbarung:
Auch hier befasst sich das Oberlandesgericht im Grunde mit einem alten Hut: Das Gericht bestätigt die herrschende Rechtsprechung, nach der ein Kaufinteressent, der sich an einen Makler wendet, damit noch nicht schlüssig seine Bereitschaft zur Zahlung einer Maklerprovision für den Fall bekundet, dass ein Vertrag über das angebotene Objekt zustande kommt. Der Kaufinteressent darf nämlich, soweit ihm Gegenteiliges nicht bekannt ist, davon ausgehen, dass der Makler das Objekt von dem Verkäufer an die Hand bekommen hat und deshalb mit der angetragenen Weitergabe von Informationen eine Leistung für den Anbieter erbringen will und deshalb von diesem auch hierfür bezahlt wird. Ohne weiteres braucht der Kaufinteressent in einem solchen Fall nicht damit zu rechnen, dass der Makler auch von ihm eine Provision erwartet.
Dies ist erst dann anders, wenn der Makler den Kaufinteressenten unmissverständlich auf eine von ihm im Erfolgsfall zu zahlende Käuferprovision hingewiesen hat. Ein Kaufinteressent, der in Kenntnis eines solchen eindeutigen Provisionsverlangens des Maklers dessen Dienste in Anspruch nimmt, gibt damit grundsätzlich in schlüssiger Weise zu erkennen, dass er den in dem Provisionsbegehren liegenden Antrag auf Abschluss eines Maklervertrages annehmen will. Auf diese Weise kommt also ein Maklervertrag (=Provisionsvereinbarung) zustande.
5. Provisionsverlangen muss das konkrete Objekt betreffen:
Es reicht auch nicht aus, dass der Makler den Kaufinteressenten im Hinblick auf ein anderes Objekt auf die anfallende Provision hingewiesen hat. Es kann nämlich durchaus sein, dass ein Makler in einem Fall vom Käufer eine Provision verlangen will, im anderen Fall aber nicht (etwa, weil der Verkäufer die Gesamtprovision trägt). Der Erklärung des Maklers, im Falle des Erwerbs eines bestimmten Objektes Provision zu verlangen, ist nicht zugleich auch für den Erwerb anderer Objekte ein eindeutiges Provisionsverlangen zu entnehmen. Hierzu bedarf es vielmehr einer Vereinbarung mit dem Makler, dass generell beim Erwerb einer von diesem nachgewiesenen oder vermittelten Vertragsgelegenheit eine Käuferprovision zu zahlen sei.
6. Provisionsverlangen muss deutlich erkennen lassen, wer provisionspflichtig sein soll:
Aus dem Umstand, dass der Kaufinteressent bis zur Vereinbarung des Gegenteils grundsätzlich davon ausgehen darf, dass der Verkäufer den Makler bezahlt, ergibt sich noch eine weitere Gefahr, auf die das OLG ausdrücklich hinweist: Der Kaufinteressent darf sich völlig ahnungslos stellen. Im vorliegenden Fall enthielt das Exposé der Maklerin folgenden Provisionshinweis:
„Provision: Vermittlungsprovision 5,95% vom Kaufpreis“.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist dies kein eindeutiges Provisionsverlangen gegenüber dem Kaufinteressenten. Vor dem Hintergrund, dass nämlich der Kaufinteressent grundsätzlich davon ausgehen könne, dass der Verkäufer den Makler bezahle (siehe oben) könne nämlich ein solcher Hinweis auf eine anfallende Provision ohne genaue Klarstellung, wer die Provision zu zahlen habe, auch dahin verstanden werden, dass der Verkäufer versuchen werde, seine eigene Provisionsbelastung versteckt – durch Erhöhung des Kaufpreises – oder offen – durch eine entsprechende Klausel im Kaufvertrag – auf den Käufer abzuwälzen. Unter solchen Umständen bilde der Hinweis auf eine neben dem Kaufpreis zu zahlende Provision lediglich eine Mitteilung rein tatsächlicher Art über zusätzliche Kosten und damit über einen bei den Kaufpreisverhandlungen zu berücksichtigenden Faktor.
Nach diesem Maßstab könne – so das OLG – bezweifelt werden, ob in der konkreten Angabe „Provision: Vermittlungsprovision 5,95% vom Kaufpreis“ ein eindeutiges Provisionsverlangen gegenüber dem Kaufinteressenten vorläge. Es sei nämlich nicht klar erkennbar, dass der Makler im Erfolgsfall berechtigt sein soll, die Provision vom Käufer zu verlangen.
Das Oberlandesgericht lässt offen, ob dieser Auffassung, die von verschiedenen anderen Gerichten vertreten wird, tatsächlich gefolgt werden kann. Es hält die mitgeteilte Auffassung jedoch für erwägenswert. Im konkreten Fall kam es hierauf nicht entscheidend an, so dass das Oberlandesgericht die Frage letztlich nicht entscheiden musste. Für den gewissenhaften Makler empfiehlt es sich jedoch in jedem Fall, diesen Erwägungen Rechnung zu tragen und die Provision eindeutig als „Verkäuferprovision“ oder „Käuferprovision“ zu bezeichnen.
7. Nachweis oder Vermittlung – alles dasselbe?
Das OLG fand schließlich noch ein weiteres Haar in der Suppe: In der zitierten Provisionsregelung ist nur von „Vermittlungsprovision“ die Rede. Das OLG hielt dies für eine „weitere Ungereimtheit“, machte doch die Maklerin mit ihrer Klage eine Nachweisprovision geltend. Mit Recht weist das Gericht darauf hin, dass Vermittlungs- und Nachweisprovision zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Wer nur eine Vermittlungsprovision vereinbart, kann auch nur eine solche verlangen. Für eine erfolgreiche Nachweistätigkeit stünde ihm dann keine Provision zu. Das OLG stellte hierzu fest: „Eine Vermittlung, die in § 652 Abs. 1 BGB als eigenständige Fallgruppe dem Nachweis gegenübergestellt ist, setzt prinzipiell voraus, dass der Makler bewusst und aktiv auf die Willensentschließung des Vertragspartners des Auftragsgebers eingewirkt hat, um dessen Bereitschaft zum Abschluss des beabsichtigten Hauptvertrages zu fördern“. Eine derartige Tätigkeit habe die Maklerin jedoch weder vorgetragen noch sei eine solche sonst erkennbar. Eine Nachweistätigkeit sei zwar dargelegt worden, eine hierauf gerichtete Nachweisprovision sei jedoch ausdrücklich nicht vereinbart worden. Trotz erfolgreichen Nachweises stünde mithin der Maklerin eine Nachweisprovision mangels entsprechender Vereinbarung nicht zu.
Auch diese Frage konnte das OLG letztlich offen lassen, da es hierauf nicht ankam. Die Tendenz dieser Rechtsprechung ist jedoch eindeutig: Nur wenn eine eindeutige und klare Provisionsvereinbarung vorliegt, steht dem Makler ein Provisionsanspruch zu, und zwar nur auf die Provision, die er konkret vereinbart hat.
Diese Auffassung wird nicht von allen Gerichten geteilt. So ist bspw. das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 17.02.1995 zu dem Ergebnis gelangt, dass häufig im allgemeinen Geschäftsverkehr zwischen Nachweis- und Vermittlungstätigkeit überhaupt nicht differenziert wird, sondern die Begriffe unspezifisch verwendet werden. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf hat der Makler grundsätzlich bereits dann einen Provisionsanspruch, wenn bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen den Parteien eines Maklervertrages bei Vertragsabschluss das Bewusstsein der Unterschiedlichkeit von Nachweis- und Vermittlungstätigkeit fehlte. Es muss nur eine der Leistungen, d. h. Nachweis oder Vermittlung, erbracht worden sein.
Auch hier wird jedoch der gewissenhafte Makler der unterschiedlichen Rechtsprechung Rechnung tragen und fürsorglich seinen Provisionsanspruch für beide Alternativen vereinbaren, nämlich als Nachweis- und/oder Vermittlungsprovision (vgl. zu dieser Problematik auch die Veröffentlichung des Unterzeichners in AIZ 07-08/2008, Seite 55: Doppelt genäht hält besser: Warum der Nachweismakler immer auch Vermittlungsmakler sein sollte – und umgekehrt).
8. Zusammenfassung
Das OLG Oldenburg legt den Finger schmerzhaft in diverse Wunden, die dem Makler schwer zu schaffen machen können. Ob nun ein Provision als „Verkäuferprovision“, „Käuferprovision“, „Courtage“, „Vermittlungsprovision“ oder „Nachweisprovision“ bezeichnet wird, hängt oft vom Zufall ab. Häufig ist auch lediglich Gedankenlosigkeit oder eine Ablenkung Grund für die jeweils gewählte Formulierung. Wenn sich dann ein Gericht an dieser Formulierung aufhängt und einen Provisionsanspruch verneint, ist dies eine allzu bittere Konsequenz nach dem Motto: „Kleine Ursache, große Wirkung.“
Häufig haben Gerichte auch ein aus dem konkreten Fall begründetes Unbehagen an einem an sich zwingenden Ergebnis. Dankbar werden dann die vorbeschriebenen Unkorrektheiten aufgegriffen, um ein als gerecht empfundenes anderes Ergebnis zu begründen.
Makler sollten deshalb bei der Formulierung ihrer Vertragsbedingungen oder Provisionsvereinbarungen, bei Angaben im Internet oder im Exposé stets sorgfältig arbeiten. Es gilt der Grundsatz: Je klarer und eindeutiger das Provisionsverlangen ist, umso sicherer lässt sich später ein Provisionsanspruch im Streitfall durchsetzen.
Autor: Wolfgang Lehner, AIZ Das Immobilienmagazin, Ausgabe 10 / 2010, S.58