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Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie – Anforderungen im Zeitschriftenvertrieb

Das Verbraucherprivatrecht ist ständigem Wandel unterworfen. Aktuell ist das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (VRRLUmsG), das ab 13.06.2014 in kraft tritt, eine Herausforderung für den Direktvertrieb, relevant auch für alle Akteure, die Presseprodukte vertreiben. Dabei geht es um eine umfassende Neuregelung des Fernabsatzrechts und des Rechts der „Haustürgeschäfte“. Der folgende Beitrag erläutert – zugeschnitten auf den Pressevertrieb – den wesentlichen Änderungsbedarf bei der Gestaltung von Vertragstexten, Web-Shop-Inhalten und Widerrufsbelehrungen.

I. Ausgangslage

Das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie transformiert die im November 2011 verkündete Richtlinie 2011/83 EU über die Rechte der Verbraucher in nationales Recht. Die Harmonisierung ist gerade für die Betreiber von Web-Shops ein Vorteil, soweit sie auch im EU-Ausland mit E-Commerce-Angeboten agieren. Das neue Recht sieht für das „Haustürgeschäft“ und für Fernabsatzverträge teilweise identische, teilweise unterschiedliche Regelungen vor. Neu konzipiert wird das Widerrufsrecht, das nunmehr ausnahmslos für alle Vertriebsformen gelten dürfte, also auch für die Werbung via Internet. Das neue Recht findet Anwendung auf B2C-Verträge (Unternehmer/Verbraucher).

II. „Haustürgeschäft“

Der Begriff „Haustürgeschäft“ wird ersetzt durch den weitergefassten Begriff des „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages“ (§ 312 b Abs. 1 BGB n. F.). Schon nach altem Recht (§ 312 BGB a. F.) waren nicht nur Vertragsschlüsse in der Privatwohnung erfasst. Auch Verträge, die etwa im Bereich öffentlicher Verkehrsflächen (z. B. Standwerbung in Fußgängerpassagen) geschlossen wurden, waren dem Recht des „Haustürgeschäfts“ unterworfen. Erfasst werden nunmehr auch Geschäfte auf privaten Messegeländen und auf privaten Märkten, denn es kommt nur darauf an, dass der Unternehmer seine Tätigkeit außerhalb des Gewerberaumes ausübt, den er für Zwecke seines Gewerbes dauerhaft einsetzt. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber im Bereich der sog. „face-to-face-Geschäfte“ keine Lücke mehr gelassen hat, soweit Verbraucherrechte gelten. Hatte der Unternehmer den Verbraucher beim „Haustürgeschäft“ bisher grundsätzlich nur über sein Widerrufsrecht und die Widerrufsfolgen zu belehren (§ 312 Abs. 2 BGB a. F.), treffen ihn nach neuem Recht (§ 312 d BGB n. F. i. V. m. Art. 246 a § 1 EGBGB n. F.) umfassende Informationspflichten. Dazu gehören u. a. Angaben über seine Identität und die Identität seines Auftraggebers. Wegen der weiteren Einzelheiten kann an dieser Stelle nur auf Art. 246 a § 1 EGBGB n. F. verwiesen werden, denn der Pflichtenkatalog ist umfassend. Der in der Branche verwendete „Bestellschein“, der häufig die Vertragskonditionen nur rudimentär erfasst, dürfte hinsichtlich seiner Gestaltung den vielfältigen Anforderungen kaum noch gerecht werden. § 312 f Abs. 1 BGB n. F. sieht ein Bestätigungsschreiben vor, das den Vertragsinhalt wiedergibt und zusätzlich alle Info-Pflichten des § 246 a § 1 EGBGB n. F. berücksichtigen muss, sofern die Info-Pflichten nicht vorvertraglich erfüllt wurden. Auf diese Anforderungen müssen die WBZ-Akteure in Absprache mit ihren Dienstleistern (Abo-Verwaltern) Rücksicht nehmen. Die Info-Pflichten können grundsätzlich nur in Papierform erfüllt werden.

III. Fernabsatzverträge (§ 312 c BGB n. F.)

Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen Fernkommunikationsmittel (Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telefaxe, E-Mails, SMS, Telemedien) verwendet werden. Tangiert sind insbesondere das Telemarketing und Angebote via Internet (Web-Shops, Web-Sites, Informationsdienste, Werbeportale etc.). Bestand nach altem Recht im elektronischen Geschäftsverkehr die Möglichkeit, das Widerrufsrecht bei Einhaltung der Bagatellgrenze (€ 200,00) auszuschließen (§ 510 Abs. 1 Nr. 2 BGB i. V. m. § 491 Abs. 2 Nr. 1 BGB), dürfte diese Ausnahme nunmehr entfallen (Argument aus § 312 g Abs. 2 Nr. 7 BGB n. F.). Daraus folgt, dass das Widerrufsrecht ausnahmslos im Direkt-Abo-Vertrieb Gültigkeit hat. Auch im Fernabsatz gelten die vorvertraglichen Informationspflichten des Art. 246 a § 1 EGBGB, darüber hinaus zusätzliche Informationspflichten bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr (Art. 246 c EGBGB n. F.). Bestimmte Info-Pflichten müssen dem Bestellbutton vorangestellt sein (§ 312 j Abs. 2 BGB n. F.) Die Verpflichtung zur Vertragsbestätigung ist beim Fernabsatzvertrag (§ 312 f Abs. 2 BGB n. F.) ähnlich geregelt wie beim „Haustürgeschäft“, wobei die Bestätigung auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen kann. Erinnert sei in diesem Zusammenhang daran, dass im elektronischen Geschäftsverkehr die Verträge unwirksam sind, wenn der Bestellbutton nicht die Aufschrift „zahlungspflichtig bestellen“ oder eine andere eindeutige Formulierung trägt (§ 312 j Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 BGB n. F.). Die sog. „Buttonlösung“ war im alten Recht bereits verankert (§ 312 g Abs. 3 BGB a. F.).

IV. Widerrufsrecht im Abo-Geschäft

Das Widerrufsrecht gilt einschränkungslos. Die Belehrungspflicht ist vorvertraglich zu erfüllen (Art. 246 Abs. 2 EGBGB n. F.) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage und beginnt im Pressevertrieb – neue Rechtslage – nach Erhalt der ersten Ware (§ 356 Abs. 2 Nr. 1 d BGB n. F.), soweit der Vertrag – wie zumeist – auf Lieferung über einen festgelegten Zeitraum gerichtet ist. Über die Möglichkeit und Ausübung des Widerrufs hat der Unternehmer gem. einem neuen Muster-Widerrufsformular zu belehren (Art. 246 a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB), das europaweit Gültigkeit hat. Der Widerruf kann neuerdings auch mündlich erfolgen.

V. Folgen von Gesetzesverstößen

Bedeutsam dürften vor allem drohende Abmahnungen, einstweilige Verfügungen und Klagen von Verbraucherverbänden – ggf. auch von Mitbewerbern – sein, wenn gegen Verbraucherschutzgesetze verstoßen wird (§ 2 UKlaG, §§ 3, 5 a Abs. 4 UWG i. V. m. § 8 Abs. 3 UWG). Im elektronischen Geschäftsverkehr kommt der Vertrag nicht zustande, wenn – wie ausgeführt – die sog. „Buttonlösung“ nicht umgesetzt wird (§ 312 j Abs. 4 BGB n. F.). Wer die Info-Pflichten nicht umsetzt, muss ggf. auch mit Vertragsanfechtungen rechnen.

VI. Regelungsbedarf

Die Akteure im Pressevertrieb, die das „Haustürgeschäft“ betreiben oder betreiben lassen, müssen die „Bestellscheine“ umgestalten. Die Identität des Unternehmers und des in seinem Auftrag Handelnden (z. B. Handelsvertreter) darf nicht mehr verschwiegen werden. Sämtliche Web-Shops bedürfen der Überprüfung hinsichtlich Ort und Umfang der einzuhaltenden Info-Pflichten. Die Widerrufsbelehrungen und die Vertragsbestätigungen sind anzupassen. Bei der Einschaltung von Call-Centern ist darauf zu achten, dass die vorgegebenen Leitfäden die Verbraucherrechte berücksichtigen. Erleichterte Bedingungen ergeben sich im Telemarketing aus Art. 246 a § 3 EGBGB n. F..

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