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Hat die Reservierungsvereinbarung noch eine Zukunft?

Eine kritische Bestandsaufnahme

Für eine auf dem Markt angebotene Immobilie finden sich häufig mehrere Interessenten. Der Erwerb einer Immobilie ist für den Kaufinteressenten in der Regel von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Vor einer Kaufentscheidung müssen deshalb häufig verschiedene Voraussetzungen geklärt werden, wie etwa die Finanzierung des Kaufpreises. Hierfür benötigt der Kaufinteressent Zeit.

In dieser Situation bietet der Makler dem Kaufinteressenten häufig den Abschluss einer sog. Reservierungsvereinbarung an. Darin verpflichtet sich der Makler, für einen vereinbarten Zeitraum seine sonstigen Nachweis- und Vermittlungsbemühungen einzustellen und anderen Interessenten befristet abzusagen. Andere Formulierungen sind denkbar. Manchmal wird einfach erklärt, das Objekt werde für den Kaufinteressenten „reserviert“.

Für diese „Reservierung“ verlangt der Makler in der Regel eine „Reservierungsgebühr“. Die Höhe dieser Gebühr variiert erfahrungsgemäß zwischen € 500,00 und € 800,00, im Einzelfall werden auch geringere oder höhere Beträge vereinbart.

Bereits seit Jahren sieht die Rechtsprechung derartige Vereinbarungen äußerst kritisch. Häufig werden Reservierungsvereinbarungen für unwirksam erklärt. Der Makler muss dann die erhaltene Reservierungsgebühr zurückzahlen.

Ursache der Kritik

Im Jahre 2010 hat der Bundesgerichtshof (BGH) die grundlegende Kritik der Rechtsprechung an derartigen Vereinbarungen formuliert. Reservierungsvereinbarungen werden in der Regel formularmäßig abgeschlossen, so dass das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Anwendung findet. Der BGH hat hierzu festgestellt, dass der vom Kaufinteressenten zu zahlenden Reservierungsgebühr in aller Regel keine werthaltige Gegenleistung des Maklers gegenübersteht. Mit deutlichen Worten erklärt der BGH, dass deshalb in derartigen Vereinbarungen eine unangemessene Benachteiligung des Kaufinteressenten liege. Wörtlich heißt es:

„Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BBG ist dann anzunehmen, wenn der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen.“ (BGH, Urteil vom 23.09.2010 – III ZR 21/10, NJW 2010, 3568).

Bei der Reservierungsvereinbarung sei im Wege einer Interessenabwägung festzustellen, ob der Kaufinteressent durch die Reservierungsvereinbarung für die Reservierungsgebühr tatsächlich eine geldwerte Gegenleistung des Maklers erhält.

Nach Auffassung des BGH ist dies nicht der Fall. Die Pflicht zur Zahlung des Reservierungsentgelts und der ausnahmslose Ausschluss der Rückzahlung dieses Entgelts bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrages gehe über die Wahrung schutzwürdiger Interessen des Maklers hinaus. Die Vereinbarung stelle deshalb eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar. Denn:

„Allgemein gehört es im Vertragsrecht zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, bei Abwicklung gegenseitiger Verträge auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung angemessen Rücksicht zu nehmen.“

Dieser Grundsatz sei bei Reservierungsvereinbarungen in aller Regel nicht gewahrt.

Nach Auffassung des BGH erbringt der Makler für die Reservierungsgebühr in Wirklichkeit keine werthaltige Reservierungsleistung. Die Reservierungsvereinbarung binde nämlich nur den Makler, nicht aber den Verkäufer. Dieser sei trotz der Reservierungsvereinbarung nicht gehindert, das Objekt während der Reservierungsdauer anderweitig zu veräußern. Er sei auch jederzeit berechtigt, seine Verkaufsabsicht aufzugeben, ohne dass der Makler dies verhindern könne. Eine „Reservierung“ im Wortsinne finde also tatsächlich nicht statt. Der Makler könne sich allenfalls selbst verpflichten, das Objekt während der Reservierungsdauer keinem anderen Interessenten anzubieten, seine Werbung einzustellen und anderen Interessenten befristet abzusagen. Dies biete für den Kaufinteressenten aber keine Gewähr, das Objekt tatsächlich erwerben zu können. Denn hierüber entscheide allein der Verkäufer.

Die vom Makler für die Reservierungsdauer versprochene Verzichtsleistung falle demgegenüber nicht ins Gewicht. Sie stelle jedenfalls keine Gegenleistung für die Zahlung der Reservierungsgebühr dar.

Der BGH schlussfolgert aus diesem Sachverhalt, dass es sich bei der Reservierungsgebühr deshalb in Wahrheit nicht um die Vergütung einer Reservierungsleistung, sondern um einen Versuch des Maklers handelt, sich letztlich eine erfolgsunabhängige (Teil-)Provision zu sichern. Wörtlich heißt es in der zitierten Entscheidung:

„Die streitgegenständliche Klausel stellt letztlich den Versuch der Beklagten (der Maklerin) dar, sich für den Fall des Scheiterns ihrer Vermittlungsbemühungen gleichwohl eine (erfolgsunabhängige) Vergütung zu sichern, ohne dass dabei gewährleistet ist, dass sich aus dieser entgeltpflichtigen Reservierungsvereinbarung für den Kunden nennenswerte Vorteile ergeben oder seitens der Beklagten (der Maklerin) eine geldwerte Gegenleistung zu erbringen ist.“

Konsequenzen

Angesichts dieser strengen Anforderungen der Rechtsprechung dürfte es kaum noch gelingen, jedenfalls in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksame und rechtssichere Reservierungsvereinbarungen mit der Verpflichtung zur Zahlung einer Reservierungsgebühr zu schließen.

Nach dieser Entscheidung des BGH wurde gelegentlich versucht, die Gegenleistung des Maklers während der Reservierungszeit auszuschmücken, um zu dokumentieren, dass der Makler für die Reservierungsgebühr tatsächlich eine geldwerte Gegenleistung erbringt.

Diesen Versuch kontert die Rechtsprechung mit dem naheliegenden Argument, dass der Makler damit selbst zugibt, eine tätigkeitsbezogene und damit erfolgsunabhängige Vergütung zu verlangen, eine Vereinbarung, die vom gesetzlichen Leitbild des Maklervertrages (erfolgsabhängige Provision) abweicht und schon deshalb in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbart werden kann.

Empfehlung

In der jüngsten Vergangenheit wurden zahlreiche Prozesse mit dem Ziel der Rettung der Reservierungsgebühr geführt, in aller Regel wegen des geringen Streitwertes vor den Amtsgerichten. Soweit ergangene Entscheidungen veröffentlicht wurden, gingen die Verfahren ganz überwiegend zum Nachteil des Maklers aus.

Anlass derartiger Verfahren ist stets die Forderung des Kaufinteressenten auf Rückzahlung der Reservierungsgebühr, nachdem es nicht zum Abschluss eines Kaufvertrages gekommen ist (in den Reservierungsvereinbarungen wird üblicherweise vereinbart, dass die Reservierungsgebühr im Erfolgsfall auf die Provision angerechnet wird, so dass um die Gebühr nur gestritten wird, wenn es nicht zum Kaufvertragsabschluss kommt).

Wird der Makler auf Rückzahlung der Reservierungsgebühr in Anspruch genommen, sollte er deshalb – schon aus wirtschaftlichen Gründen – erwägen, ob er die Reservierungsgebühr nicht zur Vermeidung eines zeit- und kostenaufwendigen Rechtsstreits freiwillig zurückzahlt. Noch besser wäre es, auf eine solche Vereinbarung ganz zu verzichten oder, wenn sie denn aus psychologischen Gründen für sinnvoll erachtet wird, jedenfalls von der Berechnung einer Reservierungsgebühr abzusehen. Denn unabhängig von den grundsätzlichen Bedenken stellt die Rechtsprechung auch die Frage der Beurkundungsbedürftigkeit derartiger Vereinbarungen jedenfalls dann, wenn durch die Höhe der geforderten Reservierungsgebühr möglicherweise ein unangemessener Druck auf den Kaufinteressenten zum Erwerb der Immobilie ausgeübt wird. Dann bedarf die Reservierungsgebühr zu ihrer Wirksamkeit auch noch der notariellen Beurkundung.

Es sind also im Streitfall viele Hürden zu nehmen. Darauf sollte der Makler seine Energie nicht verschwenden.

Autor: Wolfgang Lehner, ImmoProfessional 1/2016, S. 27

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