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Immobilienmakler – Maklerprovision durch „Hinhalten“ von Interessenten verwirkt!

Hält der Makler einen Kaufinteressenten hin, um den Abschluss eines (neuen) Alleinmaklerauftrags abzuwarten, so verstößt er damit schwerwiegend gegen seine vertraglichen Pflichten.

OLG Nürnberg, Urteil vom 27.05.2011 – 2 U 1676/10 – §§ 652, 654 BGB

Problem/Sachverhalt

Mit der Klage begehrt die Klägerin (Maklerin) von ihrem beklagten Auftraggeber (Verkäufer) die Zahlung von Maklerprovision in Höhe von € 12.852,00. Das Landgericht verurteilt den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung. Den Einwand des Beklagten, die Klägerin habe ihren Provisionsanspruch gemäß § 654 BGB verwirkt, weil sie entgegen den Interessen des Verkäufers einem Kaufinteressenten einen Besichtigungstermin verweigert habe, lässt das Landgericht nicht gelten. Hiergegen wendet sich dieser mit der Berufung.

Entscheidung

Mit Erfolg! Anders als das Landgericht kommt das OLG zu dem Ergebnis, dass die Klägerin einen ihr möglicherweise zustehender Provisionsanspruch gemäß § 654 BGB verwirkt hat. Sie habe nämlich die ihr gegenüber dem Beklagten obliegenden Pflichten grob verletzt. Gemäß § 654 BGB verwirkt ein Makler seinen Provisionsanspruch, wenn er seine Treuepflicht vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt (BGH NJW 2005, 1423). Diese Voraussetzung liegt vor: Die Parteien hatten vereinbart, dass die Maklerin die Verhandlungen mit dem Interessenten S. führen und den Verkäufer über den weiteren Verhandlungsstand auf dem Laufenden halten sollte. Hierdurch habe die Maklerin einen diesbezüglichen Vertrauenstatbestand gegenüber dem Verkäufer begründet. Tatsächlich habe sie aber den Kaufinteressenten S. hingehalten und diesem eine Besichtigung des Objekts verweigert, weil sie zunächst den Abschluss einer neuen Alleinvertriebsvereinbarung mit dem Verkäufer erreichen wollte. Damit hat die Klägerin ihr eigenes Interesse am Abschluss einer neuen, für sie günstigen Vereinbarung mit dem Beklagten über ihre Verpflichtung gestellt, dessen Interessen zu fördern. Dadurch hat sie den Interessen des Beklagten mit einer dem Vorsatz jedenfalls nahekommenden Leichtfertigkeit in so schwer-wiegender Weise zuwidergehandelt, dass sie eines Lohnes unwürdig erscheint.

Praxishinweis

Bereits das Reichsgericht hatte die Auffassung vertreten, dass § 654 BGB über den Regelungsgehalt hinaus einen allgemeinen Rechtsgedanken über die dem Makler gegenüber seinem Auftraggeber obliegenden Treuepflichten normiere (RGZ 113, 264). Der BGH hat diese – durch den Zeitgeist geprägte (vgl. hierzu Hamm/Schwerdtner, Maklerrecht, 6. Auflage, Rn. 716f m. w. N.) – Auslegung beibehalten. § 654 BGB habe Strafcharakter (BGHZ 36, 323, 326), weshalb es nicht darauf ankäme, ob dem Auftraggeber überhaupt ein Schaden entstanden sei (BGH NJW-RR 1990, 372). Diese Auffassung ist abzulehnen. Sie widerspricht der Systematik des BGB, das keine von einem Schaden unabhängige Zivilstrafe kennt (kritisch auch Hamm/Schwerdtner, a. a. O.). Mit Recht findet die Vorschrift des § 654 BGB in der Praxis über den eigentlichen Norminhalt hinaus (vertragswidrige Doppeltätigkeit) kaum Anwendung. Erstaunlich ist deshalb, dass Fischer (Mitglied des IX. Zivilsenats des BGH) in seiner im Jahr 2010 erschienen Veröffentlichung (Fischer, Maklerrecht anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung) fast ein Viertel seiner Ausführungen dieser Vorschrift widmet und dabei tendenziell eine weitere Ausweitung des Anwendungsbereichs befürwortet. Unabhängig davon gilt derzeit: Nicht jede objektiv erhebliche Pflichtverletzung des Maklers begründet den Verwirkungstatbestand. Es muss vielmehr subjektiv eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung vorliegen. Der Makler muss sich seines Lohnes „unwürdig“ erweisen. Das ist (nur) dann der Fall, wenn er seine Treuepflicht vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt (BGH NJW-RR 2005, 1423, 1424).

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2012, 338

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