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Immobilienmakler – Maklervertrag: Widerruf bei Abschluss über Internetkontakte?

1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO a.F. kommt einer Sache zu, wenn sie eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig sind Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind.

2. Die Frage der Anwendbarkeit des § 312b BGB auf Maklerverträge stellt eine klärungsfähige Rechtsfrage dar. Sie ist entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts auch klärungsbedürftig, denn sie ist höchstrichterlich nicht entschieden und in der Literatur umstritten.

BVerfG, Beschluss vom 17.06.2013 – 1 BvR 2246/11

BGB § 312 b

Problem/Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin, eine Maklerin, schloss mit ihrer Kundin, einer Verbraucherin, unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (nämlich per E-Mail) einen Maklervertrag ab. Nach erfolgreicher Maklertätigkeit stellte sie ihrer Kundin die vereinbarte Provision in Rechnung. Diese zahlte nicht. Stattdessen erklärte sie den Widerruf des Maklervertrages. Das Landgericht wies die Klage ab. Der Maklervertrag sei wirksam widerrufen worden. Das OLG wies die Berufung nach einem entsprechenden Hinweisbeschluss gem. § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO a.F. zurück. Maklerverträge seien vom Anwendungsbereich des § 312b BGB umfasst. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit der Verfassungsbeschwerde.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das BVerfG hebt den Beschluss auf und verweist die Sache an das OLG zurück. Der Beschluss über die Zurückweisung der Berufung hat den Justizgewährungsanspruch der Beschwerdeführerin verletzt. Die Annahme des OLG, die Sache habe keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung durch Urteil unter Zulassung der Revision sei nicht erforderlich, ist sachlich nicht zu rechtfertigen. Die Frage der Anwendbarkeit des § 312b BGB auf Maklerverträge stellt zweifelsfrei eine klärungsfähige Rechtsfrage dar. Sie ist entgegen der Ansicht des OLG auch klärungsbedürftig, denn sie ist höchstrichterlich nicht entschieden und in der Literatur umstritten. Dagegen spricht auch nicht, dass ein LG den Maklervertrag ohne Weiteres als Vertrag im Sinne von § 312b BGB eingestuft hat, denn damit ist eine höchstrichterliche Klärung nicht erreicht und der Streit in der Sache nicht beendet. Daher kann auch der Auffassung des OLG nicht gefolgt werden, der Wortlaut der Regelung sei eindeutig. Dagegen sprechen die Eigenarten und Besonderheiten des Maklervertrages, der gerade kein „normaler“ Dienstvertrag ist, sondern ein Vertrag eigener Art.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist konsequent und richtig. Die Auffassung des OLG, die strittige Frage, ob der Maklervertrag ein Vertrag „über die Erbringung von Dienstleistungen“ sei, ist ebenso wenig entschieden, wie die gesetzliche Regelung eindeutig ist. Bislang fehlt hierzu jegliche obergerichtliche Rechtsprechung. Maklerverträge sind gerade, worauf das BVerfG mit Recht hinweist, keine Dienstleistungsverträge. Der Makler wird nämlich nicht für eine Dienstleistung, sondern ausschließlich für die Herbeiführung eines Erfolges bezahlt. Das LG Bochum hat die Anwendung des § 312b BGB auf Maklerverträge bejaht (LG Bochum, IMR 2013, 300), das LG Hamburg hat sie verneint (IMR 2013, 301). Die Streit-frage wird sich allerdings erledigen: Am 13.06.2014 wird das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung in Kraft treten, nach dem dem Verbraucher bei allen Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht zusteht, also auch bei Maklerverträgen.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2013, 384

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