Heidelberg: +49 (0) 6221-9756-0     Düsseldorf: +49 (0) 211-523964-0     Karlsruhe: +49 (0) 721-509953-40     München: +49 (0) 89-262003-46 English Version

Alles für den Sport

  • Sportvereine und externe Kapitalgesellschaften »Profisportler »Verbände
  • Sponsoren »Vermarktungs-Unternehmen »Sportberatungs-Unternehmen

SPORTVEREINE & EXTERNE KAPITALGESELLSCHAFTEN

  • Vertretung in Verfahren vor Verbandsgerichten, Schiedsgerichten und staatlichen Gerichten, z. B. in Lizenzierungsangelegenheiten
  • Rechtliche Beratung bei der Ausgliederung von Vereinsabteilungen in Kapitalgesellschaften
  • Gestaltung von Musterarbeitsverträgen
  • Gestaltung von Sponsoringverträgen
  • Gestaltung von Naming-Right-Verträgen usw.
  • Ticket Compliance und Ticket Enforcement

PROFISPORTLER

  • Rechtliche und steuerliche Beratung beim Aushandeln, der Gestaltung und dem Abschluss von Arbeits-, Sponsoren- und Werbeverträgen
  • Transferberatung bei Vereinswechseln
  • Laufbahnbetreuung und Karriereplanung
  • Vertretung in Verfahren vor Verbandsgerichten, Schiedsgerichten und staatlichen Gerichten, insbesondere Arbeitsgerichten
  • Übernahme sonstiger Rechtsangelegenheiten

Verbände

  • Gestaltung und Auslegung von Verbandssatzungen und Verbandsordnungen
  • Gestaltung von Musterarbeitsverträgen
  • Beratung bei der Durchführung von Verbandsstrafverfahren
  • Ticket Compliance und Ticket Enforcement

Sponsoren

  • Gestaltung von Sponsoringverträgen
  • Gestaltung von Naming-Right-Verträgen
  • Beratung bei Störungen des Sponsoringvertrages (z. B. Doping, vorzeitiges Karriereende)

Vermarktungsunternehmen

  • Gestaltung von Vermarktungs- und Werbeverträgen
  • Rechtliche Gestaltung der Nutzung von Persönlichkeitsrechten
  • Rechtliche Beratung bei der Organisation von Sportveranstaltungen

Sportberatungsunternehmen

  •  Gestaltung von Beratungsverträgen
  • Beurteilung rechtlicher Grenzen von Beratungstätigkeiten im Sport
  • Übernahme rechtlicher Anteile der Beratungstätigkeit

Ihre Ansprechpartner

Voraussetzung für die Entstehung des Provisionsanspruchs des Maklers ist, dass der Hauptvertrag bei wertender Betrachtung sich zumindest auch als Ergebnis einer dafür wesentlichen Maklerleistung darstellt.

LG Darmstadt, Urteil vom 11.02.2021 – 29 O 326/19

BGB § 652 Abs. 1 S. 1

Problem/Sachverhalt

Die Parteien streiten um Maklerprovision. Der seitens der Verkäufer beauftragte Makler führte mit den beklagten Kaufinteressenten nach Abschluss des Maklervertrages eine Besichtigung des Kaufgegenstandes durch. Ferner übersandte er ihnen weitere Objektunterlagen. Es kam zu Preisverhandlungen. Mit E-Mail vom 19.02.2019 teilten die Beklagten dem Kläger mit, dass sie „wohlwissend, dass uns jemand anderes zuvorkommen kann“, keine weitere Besichtigung wünschten, da ihnen dies zeitlich aktuell nicht möglich sei. Der Maklervertrag mit den Verkäufern lief zum 31.01.2019 aus. Ab Februar 2019 beauftragten die Verkäufer einen anderen Makler. In der Folgezeit (ein Datum lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen) kam es zum Abschluss des notariellen Kaufvertrages. Die daraufhin gestellte Rechnung des Klägers bezahlten die Beklagten nicht, woraufhin dieser mit der Behauptung, der Kaufvertrag sei durch seine Maklertätigkeit zustande gekommen, Name und Anschrift der Verkäufer seien den Beklagten durch seinen Mitarbeiter bei dem Besichtigungstermin mitgeteilt worden, Klage erhebt.

Entscheidung

Ohne Erfolg. Das Landgericht weist die Klage ab. Es könne dahinstehen, ob der Kläger die Vertragsgelegenheit nachgewiesen habe. Denn es fehle an der erforderlichen Kausalität zwischen Maklernachweis und abgeschlossenem Vertrag. Die Beklagten hätten nachweisen können, dass der Kaufvertrag nicht aufgrund des Nachweises des Klägers, sondern aufgrund des Nachweises des von den Verkäufern ab Februar 2019 beauftragten anderen Makler geschlossen wurde. Aus der zitierten Erklärung der Beklagten ergäbe sich, dass die Beklagten ihre Kaufabsicht zu diesem Zeitpunkt aufgegeben hätten. Durch die Bemühungen des Klägers sei bei den Beklagten „kein ernsthaftes Kaufinteresse geriert“ worden, weshalb der Nachweis des Klägers für den Abschluss des Kaufvertrages nicht maßgeblich gewesen sei. Die Kaufbereitschaft der Kläger sei durch den Nachweis des später beauftragten Maklers begründet worden, weshalb dem Kläger kein Provisionsanspruch zustehe.

Praxishinweis

Nach dem mitgeteilten Sachverhalt ist die Klagabweisung zu Unrecht erfolgt. Zwischen den Parteien ist ein Maklervertrag zustande gekommen. Das Gericht lässt die Erbringung einer Nachweistätigkeit des Klägers dahinstehen, so dass von einer solchen auszugehen ist. Der seitens des Klägers nachgewiesene Kaufvertrag erfolgte in angemessenem Zeitabstand, weshalb eine tatsächliche Vermutung für die Ursächlichkeit der Maklertätigkeit spricht (BGH NJW 2020, 2792, Rn.14). Die Annahme des Gerichts, aus der E-Mail vom 19.02.2019 ergäbe sich, dass die Beklagten ihre Kaufabsicht aufgegeben hätten, ist unzutreffend. Denn die Mitteilung der Beklagten, keine weitere Besichtigung zu wünschen, erfolgte nicht wegen Aufgabe der Kaufabsicht, sondern weil „ihnen dies zeitlich aktuell nicht möglich sei“. Damit kann entgegen der Annahme des Gerichts von einer Aufgabe der Erwerbsabsicht nicht ausgegangen werden. Im Übrigen ließe auch die nur vorübergehende Aufgabe der Erwerbsabsicht die Kausalität zwischen Maklerleistung und Kaufvertragsabschluss nicht entfallen (BGH NJW 2008,651,652). Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Tätigkeit des Klägers für den Abschluss des Hauptvertrages jedenfalls mitursächlich war, was zur Entstehung des Provisionsanspruchs ausreicht (BGH NJW 2008,65). Mitursächlichkeit liegt bereits vor, wenn die Tätigkeit des Erstmaklers dem Kaufinteressenten den Anstoß gegeben hat, sich um das in Rede stehende Objekt konkret zu bemühen (OLG Zweibrücken, NJW-RR 1999, 1502,1503). Dies war durch die Tätigkeit des Klägers (Durchführung eines Besichtigungstermins, Übermittlung weiterer Objektunterlagen) zweifellos der Fall. Denn hierbei handelte es sich um wesentliche Maklerleistungen.

Rechtsanwalt Wolfgang Lehner, Heidelberg

1.      Verwendet ein Verbraucher bei einer Leistung die Formulierung „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“, so bringt er damit hinreichend zum Ausdruck, die Leistung nur unter Vorbehalt erbringen zu wollen. Dies führt dazu, dass der Empfänger der Leistung nicht darauf vertrauen darf, das Empfangene behalten zu dürfen, wodurch die Einwendung des § 814 BGB regelmäßig ausgeschlossen wird.*)

2.    Ein Makler kann auch trotz Vorkenntnis seines Kunden die Maklerprovision verdienen, wenn der Makler zusätzliche Informationen liefert, die eine für den Erwerb wesentliche Maklerleistung darstellen. Um eine wesentliche Maklerleistung annehmen zu können, ist erforderlich (und ausreichend), dass der Kunden durch den Nachweis des Maklers den konkreten Anstoß bekommen hat, sich um das ihm bereits bekannte Objekt zu kümmern (vgl. BGH, Urteil vom 04.10.1995 – IV ZR 163/94; BGH, Urteil vom 20.11.1997 – ZR 57/96). Eine solche weitere wesentliche Maklerleistung kann in der Organisation und Durchführung einer Objektbesichtigung liegen. Dies kommt aber nur dann in Betracht, wenn dem Maklerkunden das Objekt nicht schon vorher gut bekannt gewesen ist.*)

3.       Ebenso kann eine weitere wesentliche Maklerleistung unter Umständen darin liegen, dass der Makler dem Kunden Unterlagen zur Verfügung stellt, die dieser benötigt, um eine Finanzierung zum Erwerb des Objekts zu erlangen. Hat er bereits vorher eine Zusage über die Finanzierung erhalten, so liegt in der Übermittlung der Unterlagen keine weitere wesentliche Maklerleistung.*)

OLG Hamm, Urteil vom 09.12.2021 – 18 U 68/20

BGB §§ 652, 812, 814

Problem/Sachverhalt

Die Maklerkunden verlangen vom beklagten Makler die Rückzahlung einer unter Bedenken und daher „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ geleisteten Maklerprovision. Sie berufen sich darauf, die Vertragsgelegenheit bereits im Detail gekannt zu haben. Der Makler bestreitet dies und beruft sich auf weitere Maklerleistungen, die für den Abschluss des Kaufvertrages (mit-)ursächlich gewesen seien. Das Landgericht weist die Klage unter Berufung auf § 814 BGB ab. Hiergegen wenden sich die Kunden mit der Berufung.

Entscheidung

Mit Erfolg! Die Provisionszahlung erfolgte ohne Rechtsgrund. § 814 BGB steht der Rückforderung nicht entgegen. Der Provisionsanspruch besteht mangels Kausalität zwischen Maklertätigkeit und Kaufvertragsabschluss nicht. Die Kaufinteressenten haben die Vertragsgelegenheit bereits vor Abschluss des Maklervertrages gekannt. Zwar kann der Makler trotz Vorkenntnis seines Kunden die Maklerprovision verdienen, wenn er zusätzliche Maklerleistungen erbracht hat. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Praxishinweis

Vorkenntnis des Maklerkunden schließt nicht eine Nachweisleistung als solche, sondern allenfalls deren Ursächlichkeit für das Zustandekommen des Hauptvertrages aus (BGH NJW-RR 1998, 411, 412). Vorkenntnis hindert eine Mitursächlichkeit der Maklertätigkeit nicht. Eine solche hat das OLG im vorliegenden Fall jedoch ausgeschlossen. Ein Provisionsanspruch könnte gleichwohl entstanden sein, wenn ein sog. selbstständiges Provisionsversprechen vorlag, das von den Voraussetzungen des § 652 BGB unabhängig ist (siehe hierzu Lehner, NJW 2000, 2405 m.w.N.). Mit dieser Frage hat sich das OLG jedoch nicht befasst.

Rechtsanwalt Wolfgang Lehner, Heidelberg

 

 

 

 

 

1.    Die ordnungsgemäße Belehrung eines Maklerkunden über sein Widerrufsrecht erfordert u.a., dass der Unternehmer dem Verbraucher diese Information gem. Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB in einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise zur Verfügung stellt.

2.    Ausreichend hierfür ist es, wenn die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher automatisch per E-Mail als Anhang übermittelt wird.

3.       Der Zugang einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung ist auch dann zu bejahen, wenn der Verbraucher sein E-Mail-Postfach so einstellt, dass E-Mails, die versehentlich in dem Spam-Ordner geraten, sofort gelöscht werden. Wenn der Verbraucher in dieser Weise verhindert, dass ordnungsgemäß versandte und ihm auch zugegangene E-Mails zu seiner Kenntnis gelangen, so ist das allein sein Problem.

OLG Schleswig, Urteil vom 07.06.2021 – 16 U 139/20

BGB § 312g Abs. 1, § 355 Abs. 1, § 356 Abs. 4 S. 1; EGBGB Art. 246a § 4 Abs. 3

Problem/Sachverhalt

Die Parteien streiten um Maklerprovision. Der Maklervertrag wurde im Wege des Fernabsatzes abgeschlossen. Der Makler verwendet die Maklersoftware der Fa. onOffice GmbH. Nach Ablauf der Zweiwochenfrist widerruft der Beklagte den Maklervertrag. Der Widerruf sei rechtzeitig, weil er keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erhalten habe. Zwar hat er den Erhalt der Widerrufsbelehrung bestätigt, dies aber nur, um anschließend das Exposé öffnen zu können. Das Landgericht gibt der Klage statt. Es könne dahinstehen, ob der Beklagte die Widerrufsbelehrung tatsächlich in Textform bekommen oder nur die Möglichkeit zu deren Abruf erhalten hat. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das OLG weist die Berufung bis auf eine geringfügige Korrektur zurück. Gemäß Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB muss der Unternehmer bei einem Fernabsatzvertrag die Informationen in einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise zur Verfügung stellen. Ein bloßer Link zum Aufrufen des Textes der Widerrufsbelehrung und der Muster-Widerrufserklärung reicht hierzu nicht aus. Im vorliegenden Fall versendet aber die benutzte Maklersoftware nach Setzen des fraglichen Häkchens automatisch eine E-Mail an den Maklerkunden, die die vollständige Widerrufsbelehrung nebst Muster-Widerrufserklärung enthält. Dies genügt den Anforderungen des Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB. Soweit der Beklagte bestreitet, die E-Mail erhalten zu haben, ist dies unbeachtlich. Der Senat ist gemäß § 286 ZPO davon überzeugt, „dass eine E-Mail, wenn denn die Adresse richtig geschrieben ist, praktisch immer ankommt“. Soweit der Beklagte behauptet, er habe sein Postfach so eingestellt, dass E-Mails, die versehentlich in den Spam-Ordner gerieten, sofort gelöscht würden, geht dies zu seinen Lasten.

Praxishinweis

Dem Maklerkunden muss die Widerrufsbelehrung nebst Muster-Widerrufserklärung so zur Verfügung gestellt werden, dass er die Möglichkeit einer dauerhaften Speicherung hat (BGH NJW-RR 2021, 177 Rn. 40 ff). Dies ist bei einem bloßen Link nicht der Fall. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es hingegen, wenn der Verbraucher, nachdem er das für den Download des Exposés erforderliche Häkchen gesetzt hat, von der Maklersoftware eine automatische E-Mail mit der Widerrufsbelehrung nebst Muster-Widerrufsformular zugesandt erhält. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) ist das OLG davon überzeugt, dass diese E-Mail den Beklagten erreicht hat. Den Einwand des Beklagten, versehentlich in seinem Spam-Ordner eingehende E-Mais werden sofort gelöscht, ohne dass er von deren Eingang Kenntnis erhält, lässt das OLG nicht gelten.

Rechtsanwalt Wolfgang Lehner, Heidelberg

 

Die in einem Maklervertrag enthaltene Klausel: „Kommt es zum Vertragsabschluss, schuldet der Interessent/Käufer/Mieter die o.g. Provision auch dann, wenn ein Dritter den Vertragsabschluss erwirkt.“ ist sprachlich wie inhaltlich teilbar (sog. „blue-pencil-Test“), so dass der Teil der Vereinbarung „Kommt es zum Vertragsabschluss, schuldet der Interessent/Käufer/Mieter die o.g. Provision.“ in jedem Fall Vertragsbestandteil geworden ist.

LG Frankfurt, Urteil vom 16.04.2021 – 2-07 O 214/20

BGB §§ 286, 288 Abs. 1, 2, §§ 291, 307, 652

Problem/Sachverhalt

Der Parteien streiten im Urkundenprozess über das Bestehen eines Anspruchs des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung von Maklerprovision. Der von der Beklagten unterzeichnete Maklervertrag enthält die im Leitsatz zitierte Klausel. Nach Abschluss des nachgewiesenen Kaufvertrages stellt der Kläger der Beklagten die vereinbarte Provision in Höhe von € 30.325,00 nebst Zinsen in Rechnung. Die Beklagte verweigert die Zahlung mit der Begründung, die Maklerklausel sei wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Der Kläger erhebt daraufhin Klage im Urkundsprozess.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das Landgericht gibt der Klage in vollem Umfang statt. Die beanstandete Klausel sei sprachlich wie inhaltlich teilbar (sog. „blue-pencil-Test“). Der Teil der Vereinbarung: „Kommt es zum Vertragsabschluss, schuldet der Interessent/Käufer/Mieter die o.g. Provision“ ist ungeachtet des zweiten Teils der Vereinbarung wirksam. Der erste Teil der Regelung ist deshalb Vertragsbestandteil geworden und begründet den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte. Hilfsweise argumentiert das Gericht: Selbst wenn die streitgegenständliche Klausel gem. § 307 Abs. 1 BGB im Ganzen unwirksam wäre, stünde dies dem Provisionsanspruch der Klägerin nicht entgegen. Denn gemäß § 306 Abs. 2 BGB hätten sich die Parteien in jedem Fall darüber geeinigt, dass die Beklagte, die die Maklertätigkeit des Klägers in Anspruch nehmen wollte, dafür im Erfolgsfall eine Provision in Höhe von 5,95% des Kaufpreises zahlen sollte. Da die Voraussetzungen des § 652 BGB erfüllt seien, ergäbe sich der Provisionsanspruch deshalb auch ohne die strittige Formulierung.

Praxishinweis

Die zweite Hälfte der Provisionsvereinbarung („… auch dann, wenn ein Dritter den Vertragsabschluss erwirkt.“) ist zweifellos unwirksam, weil sie von dem gesetzlichen Leitbild der Erfolgsabhängigkeit der Provision abweicht. Denn wenn nicht der Makler, sondern ein Dritter den Vertragsabschluss „erwirkt“, also kausal herbeiführt, hat der Makler gegen seinen Auftraggeber nach dem gesetzlichen Leitbild keinen Provisionsanspruch, es sei denn, seine Tätigkeit war wenigstens mitursächlich für den Abschluss des nachgewiesenen oder vermittelten Hauptvertrages. Die Auffassung des Landgerichts, die strittige Klausel enthalte in ihrer ersten Hälfte ohne den unwirksamen zweiten Teil einen eigenständigen, sinnvollen Regelungsgegenstand, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Provisionsregelung hat ohne Weiteres in ihrem ersten Teil („Kommt es zum Vertragsabschluss, schuldet der Interessent/Käufer/Mieter die o.g. Provision.“) einen eigenständigen Regelungsgehalt, der demjenigen des § 652 BGB entspricht. Der zweite Halbsatz hat seinerseits einen selbstständigen Regelungsgehalt nämlich dahingehend, dass der Maklerkunde auch dann Provision schuldet, „wenn ein Dritter den Vertragsabschluss erwirkt.“ Diese – unwirksame – Alternative spielt jedoch im vorliegenden Fall keine Rolle, da nicht ein Dritter, sondern der Kläger den Vertragsabschluss kausal herbeigeführt hat. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der unwirksame Halbsatz die im ersten Teil des Satzes enthaltene Regelung quasi „infiziert“ hat (vgl. hierzu auch OLG Hamm IMR 2021, 376).

Rechtsanwalt Wolfgang Lehner, Heidelberg

Rechtsanwalt (Of Counsel)

Sprachen: Englisch, Französisch und Spanisch

  • Studium der Rechtswissenschaft an den Universitäten München, Montpellier und La Réunion
  • 1. Juristisches Staatsexamen 1991 in München
  • Promotion zum Dr. jur. 1993 in München
  • 2. Juristisches Staatsexamen 1995 in München
  • Rechtsanwalt seit 1995
  • 1995 bis 2001 Rechtsanwalt (seit 1998 als Partner) bei SKW Schwarz in München
  • seit 2001 Geschäftsführender Gesellschafter der Clou Partners Gruppe. In diesem Zusammenhang u.a. Co-Founder der United Domains AG (bis 2004), Geschäftsführer von Celluloid Dreams Marketing GmbH, der Shotgun Pictures GmbH und der TheManipulators GmbH; Gesellschafter des Early Stage Investors Prince Invest GmbH
  • seit 2011 Aufsichtsratsmitglied der bmp Ventures AG, seit 2019 Aufsichtsratsvorsitzender
  • Privatdozent an der HFF Hochschule für Film und Fernsehen in München
  • Dozent an der Media Business Academy MBA in München
  • seit 2017 über Bogey GmbH Gesellschafter bei der X-Filme Holding GmbH und seit 2019 im Aufsichtsrat der X Verleih AG, Berlin (u.a. KÄNGURU CHRONIKEN; BABYLON BERLIN). Seit 2018 Gesellschafter bei Koryphäen Film GmbH, Berlin (ES IST ZU DEINEM BESTEN)
  • seit 2018 Geschäftsführender Gesellschafter der Digitalagentur &why GmbH, München und Berlin und des Schwesterunternehmens/Startups auteon GmbH

Schwerpunkte

  • Film- und Medienrecht
  • IT-Recht
  • Kapitalmarktrecht
  • Urheberrecht
  • Wettbewerbsrecht
  • Markenrecht
  • Patentrecht

Kontakt

Tel. +49-(0)89-262003-46
Fax +49-(0)89-262003-47
torsten.poeck@ldm-law.de
Pestalozzistraße 40c
80469 München

Rechtsanwalt (Of Counsel)

Sprachen: Englisch

  • Studium Unternehmensjurist mit Abschluss Bachelor of Laws (LL.B.) an der Universität Mannheim
  • Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Mannheim mit Schwerpunkt Gesellschaftsrecht
  • 1. juristisches Staatsexamen 2017 in Mannheim
  • 2. Juristisches Staatsexamen 2019 in Stuttgart
  • zugelassen als Rechtsanwalt seit 2020
  • bis November 2020 Syndikusanwalt in einer Landesbank

Schwerpunkte

  • Recht des professionellen Sports / Sportrecht
  • Verfahren vor nationalen und internationalen Schiedsgerichten
  • Arbeitsrecht
  • Vertragsrecht
  • Gesellschaftsrecht

Kontakt

Tel. +49 721 509953-40
Fax +49 721 509953-41
arno.metz@ldm-law.de
Erbprinzenstraße 29a
76133 Karlsruhe

Mitgliedschaften

  • Deutscher Anwaltverein
  • Anwaltsverein Karlsruhe e.V.

Eine verfestigte Interessenkollision als Voraussetzung einer unechten Verflechtung liegt nicht in dem bloßen Umstand begründet, dass in dem Grundbuch des vermittelten Grundstücks eine Grundschuld eingetragen ist, welche die Darlehensforderung einer Bank gegen den Makler sichert. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, wie etwa eine Verschuldung des Maklers und ein Verzug mit der Zahlung der Zinsraten des gesicherten Darlehens. In einer solchen Konstellation könnte ggf. auf sein Interesse an einem möglichst schnellen Verkauf des vermittelten Grundstücks und auf eine Interessenkollision geschlossen werden, wenn er an dem Veräußerungserlös ganz oder teilweise partizipiert.*)

Problem/Sachverhalt

Nach erfolgreicher Maklertätigkeit verweigert der Auftraggeber die Zahlung der Maklerprovision, u. a. mit der Begründung, Eigentümerin des Objektes sei die Mutter des Maklers gewesen, weshalb ein zum Provisionsverlust führender Verflechtungsfall vorläge. Zudem habe er ein erhebliches eigenes Interesse am Verkauf des Hauses gehabt, weil im Grundbuch eine seine Darlehensverbindlichkeiten absichernde Grundschuld eingetragen gewesen sei. Das Landgericht ist der Auffassung, der Kläger habe letztlich den Vertragsinhalt selbst bestimmt und stünde fest im Lager der Verkäuferin, weshalb ein Fall einer unechten Verflechtung vorläge. Es weist die Klage ab. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das OLG gibt der Klage bis auf einen geringen Zinsanteil statt. Der Provisionsanspruch ist begründet. Dass es sich bei der Eigentümerin um die Mutter des Maklers handelt, steht dem Provisionsanspruch ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass im Grundbuch eine den Interessen des Maklers dienende Grundschuld eingetragen war. Ein Fall unechter Verflechtung, der zu einem institutionalisierten Interessenkonflikt führt, liegt nicht vor. Auch enge Verwandtschaftsverhältnisse sind ohne Hinzutreten weiterer Umstände grundsätzlich unerheblich, so dass auch Geschäfte mit Geschwistern, Eltern oder Kindern die Provision im Grundsatz zum Entstehen bringen. Denn die Verflechtungsrechtsprechung sanktioniert nur eine bestehende wirtschaftliche Abhängigkeit des Maklers zum Vertragspartner. Eine solche besteht – außer bei der Ehe – bei sonstigen Verwandtschaftsverhältnissen nicht ohne weiteres. Erforderlich ist, dass der Makler mit der Person, der er persönlich oder verwandtschaftlich nahesteht, eine wirtschaftliche Beziehung unterhält. Eine solche ergibt sich zwischen dem Makler und der Eigentümerin auch nicht im Hinblick auf den im Grundbuch eingetragenen Nacherbenvermerk. Eine besondere Verknüpfung von persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die denen bei Eheleuten gleichkommt, liegt nicht vor.

Praxishinweis

Eine unechte Verflechtung ist zunächst dadurch gekennzeichnet, dass der Makler zum Vertragsgegner seines Kunden in einer solchen Beziehung steht, dass er sich im Streitfall bei regelmäßigem Verlauf auf die Seite des Vertragsgegners stellen wird (BGH NJW 2009, 1809, 1810 m. w. N.). Eine solche Interessenkollision kann jedoch grundsätzlich nicht lediglich aus persönlichen Beziehungen zwischen dem Makler und Vertragsgegner entstehen, mögen diese auch eng sein. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob dieses Verhältnis den Charakter einer Wirtschaftsgemeinschaft hat, die zu einer Institutionalisierung eines etwaigen Interessengegensatzes führt (BGH a. a. O.; BGH NJW 1981, 2293, 2294; BGHZ 138, 170, 174 = NJW 1998, 1552; OLG Düsseldorf, MDR 2016, 149; Fischer, Maklerrecht anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung, 4. Auflage, Kapitel V, Rn. 50 ff m. w. N.).

Rechtsanwalt Wolfgang Lehner, Heidelberg

1. Eine Doppeltätigkeit ist im Immobiliengeschäft regelmäßig nur dann Verwirkungsgrund, wenn eine Vermittlungstätigkeit (keine bloße Nachweistätigkeit) auf beiden Seiten vorliegt und dies dem Kunden nicht vorher offengelegt oder von ihm ausdrücklich gestattet wird.

2.  Eine Reservierungsvereinbarung ist unwirksam, wenn auf den Kunden unzulässiger wirtschaftlicher und scheinbar rechtlicher bzw. tatsächlich moralischer Druck in erheblichem Ausmaß ausgeübt wird.

3.  Bei formnichtigen Ankaufsvereinbarungen verwirkt ein Immobilienmakler seinen Lohnanspruch, wenn er mit an Vorsatz grenzender Leichtfertigkeit seinen Auftraggeber veranlasst, eine „Ankaufsverpflichtung“ zu unterzeichnen, um bei dem Auftraggeber den Eindruck einer Verpflichtung zum Kauf und zur Zahlung von erfolgsunabhängigem Maklerlohn zu erwecken.

Problem/Sachverhalt

Die Kläger verlangen von der beklagten Maklerin die Rückzahlung einer geleisteten Provision in Höhe von € 21.955,00. Die Beklagte hatte sich von den Klägern eine „Reservierungs-/ Ankaufsvereinbarung“ unterzeichnen lassen. Eingangs der umfangreichen Erklärung heißt es: „Käufer erklärt hiermit rechtsverbindlich handelnd, das von vorgenannter Immobilienfirma nachgewiesene und nachstehend bezeichnete Objekt, wie angeboten zu kaufen. Der Kaufpreis beträgt: € 615.000,00.“ Das Landgericht hat die Rückzahlungsklage abgewiesen. Zwischen den Parteien sei ein Maklervertrag zustande gekommen. Der seitens der Kläger behauptete Verwirkungstatbestand gemäß § 654 BGB läge nicht vor, weshalb die auf § 812 BGB gestützte Klage unbegründet sei. Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Berufung.

Entscheidung

Mit Erfolg! Es kann dahinstehen, ob die Beklagte für beide Kaufvertragsparteien tätig geworden ist. Eine Doppeltätigkeit ist im Immobilienmaklergeschäft durchaus üblich und grundsätzlich zulässig, sofern der Makler für beide Teile als Nachweismakler oder für den einen als Vermittlungs- und für den anderen als Nachweismakler tätig geworden ist. Eine unzulässige Doppeltätigkeit hat das OLG nicht festgestellt. Die Provision ist aber verwirkt, weil sich die Beklagte durch die Verwendung der von ihr vorformulierten Reservierungs-/Ankaufsvereinbarung ihres Maklerlohns für unwürdig gezeigt habe. Dies deshalb, weil durch die vorzitierte Regelung bei den Käufern der falsche rechtliche Eindruck erweckt worden ist, dass sie sich bereits mit der Unterschrift unter diese Vereinbarung rechtlich bindend zum Abschluss eines Kaufvertrages verpflichtet hätten.

Praxishinweis

Die Verwirkungsrechtsprechung zu § 654 BGB hat eine lange, bereits vom Reichsgericht begründete Tradition. Der BGH betont deren Ausnahmecharakter und hat hierzu in ständiger Rechtsprechung folgende Formulierung entwickelt: „Die Verwirkung des Maklerlohnanspruchs hat Strafcharakter. Nicht jede objektiv erhebliche Pflichtverletzung des Maklers und damit auch nicht jedes Informations- und Beratungsverschulden lässt den Provisionsanspruch nach § 654 BGB entfallen, vielmehr ist in erster Linie subjektiv eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung zu fordern; der Makler muss sich seines Lohnes ‚unwürdig‘ erwiesen haben. Das ist nach der Rechtsprechung erst dann der Fall, wenn er seine Treuepflicht vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt hat.“ (BGH NJW 2012, 3718 m. w. N.).

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Wolfgang Lehner, Heidelberg

Nach der Zielsetzung des Wohnungsvermittlungsgesetzes verliert der Vermittler seinen Provisionsanspruch nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 WoVermittG in der Regel auch dann, wenn er selbst oder   – wenn es sich bei ihm um eine juristische Person handelt – sein Organ zum Zeitpunkt der Vermittlung oder des Nachweises der Gelegenheit zum Abschluss des Mietvertrags oder beim Abschluss des Mietvertrags Gehilfe des Verwalters der vermittelten Wohnung ist (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 02.10.2003 – III ZR 5/03, IBR 2003, 700 = NJW 2004, 286, 287). *)

Problem/Sachverhalt

Die beklagte Maklerin war seitens des Eigentümers einer Reihenhausanlage beauftragt worden, Mietinteressenten zu suchen. Eine Vermieterprovision erhielt sie hierfür nicht. Am 20.07.2013 kam es nach einer entsprechenden Provisionsvereinbarung mit den Klägern zum Abschluss eines durch die Beklagte vermittelten bzw. nachgewiesenen Mietvertrages. Mit ihrer Klage verlangen die Kläger die gezahlte Provision mit der Begründung zurück, ein Provisionsanspruch entstehe nicht, wenn der Mietvertrag mit dem Makler selbst oder mit einem Dritten zustande komme, der wirtschaftlich, organisatorisch oder personell mit dem Makler eng verbunden sei. Letzteres sei hier der Fall. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten führte zur Klagabweisung. Hiergegen wenden sich die Kläger mit der – zugelassenen – Revision.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Auf den vorliegenden Fall findet das WoVermittG in der bis zum 31.05.2015 geltenden Fassung Anwendung. Die Beklagte war unstreitig nicht Verwalterin der Wohnräume. Die Verwaltung erfolgte auch nicht durch einen Gehilfen der Beklagten (vgl. hierzu BGH IBR 2003, 700 = NJW 2004, 286, 287). Provisionsschädlich ist allerdings auch der Fall, dass der Makler selbst oder – wenn es sich bei ihm wie im Streitfall um eine juristische Person handelt – sein Organ zum Zeitpunkt der Erbringung der Maklertätigkeit oder beim Abschluss des Mietvertrages Gehilfe des Verwalters ist. Bei der Einstufung als Gehilfe kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an (bspw. Makler als ausschließlicher Ansprechpartner auf Vermieterseite, Führung etwaiger Korrespondenz zwischen Mieter und Vermieter ausschließlich über den Makler, Tätigkeit erstreckt sich über einen längeren Zeitraum). Insgesamt muss der Umfang der Tätigkeit eine maklertypische Serviceleistung oder eine gelegentlich ausgeführte Gefälligkeit deutlich übersteigen. Branchenübliche Serviceleistungen eines Maklers oder allenfalls geringfügige Verwaltungstätigkeiten begründen keine provisionsschädliche Gehilfenstellung des Maklers. Nach diesen Kriterien war die Beklagte weder bei Erbringung der Maklertätigkeit noch beim Abschluss des Mietvertrages Gehilfen des Verwalters. Auch liegt kein Fall echter oder unechter Verflechtung vor.

Praxishinweis

Es ist bedenklich, wenn zwischen der gegenüber dem Kunden (hier: dem Mietinteressenten) erbrachten Maklertätigkeit und sonstigen Serviceleistungen gegenüber dem Auftraggeber (hier: dem Vermieter) keine deutliche Unterscheidung mehr möglich ist. Der Makler ist im Hinblick auf die Hauptvertragsparteien neutraler Dritter, insbesondere darf er nicht „im Lager“ seines Auftraggebers stehen. Die Trennung zwischen einer – provisionsunschädlichen – maklertypischen und branchenüblichen Serviceleistung des Maklers und einer – provisionsschädlichen – Gehilfentätigkeit ist oft fließend und im Einzelfall schwierig vorzunehmen. Die Rechtsprechung verlangt im Interesse des Wohnungssuchenden eine transparente Trennung von Wohnungsvermittlung und Wohnungsverwaltung (vgl. auch BGH NJW 2004, 286, 287).

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Wolfgang Lehner, Heidelberg

Ein Immobilienmakler ist gem. § 5a Abs. 2 und 4 UWG verpflichtet, in einer Immobilienanzeige den Energieverbrauch des Gebäudes anzugeben, wenn ein Energieausweis vorliegt. Dazu muss die Anzeige die in § 16a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 5 EnEV angeführten Angaben enthalten. *)

Problem/Sachverhalt

Die Beklagte ist Maklerin. Am 11.04.2015 veröffentlichte sie in einer Tageszeitung eine Werbeanzeige für den Verkauf eines Hauses und die Vermietung einer Wohnung, ohne die in § 16a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 5 EnEV aufgeführten Angaben zu machen. Das Landgericht hat sie deshalb antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Das Berufungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Revision.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Der Immobilienmakler ist verpflichtet, in einer Immobilienanzeige die in § 16a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 5 EnEV aufgeführten Angaben zu machen. Allerdings ergibt sich diese Verpflichtung nicht aus § 16a EnEV. Denn der Immobilienmakler ist nicht Adressat dieser Bestimmung. Der nationale Verordnungsgeber hat bewusst davon abgesehen, Immobilienmakler in den Kreis der nach § 16a EnEV Verpflichteten aufzunehmen. Richterliche Rechtsfortbildung berechtigt den Richter nicht dazu, seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu setzen. Eine richtlinienkonforme Auslegung kommt nur in Betracht, wenn eine Norm tatsächlich unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen zulässt, was der gesetzgeberischen Zweck- und Zielsetzung entspricht. Der klar zum Ausdruck gebrachte Wille des Verordnungsgebers, den Adressatenkreis der Informationsverpflichtung in Immobilienanzeigen nicht auf Immobilienmakler zu erstrecken, ist bindend. Er kann nicht im Wege der richtlinienkonformen Auslegung oder Rechtsfortbildung geändert werden. Angesichts der eindeutigen Regelung fehlt es an einer planwidrigen Unvollständigkeit der Verordnung. Allerdings ergibt sich die Verpflichtung aus § 5a Abs. 2 S. 1 UWG. Danach handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2). Die Pflichtangaben in Immobilienanzeigen nach § 16a EnEV haben ihre Grundlage in Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2010/31/EU und gelten gem. § 5a Abs. 4 UWG als wesentlich i. S. v. § 5 Abs. 2 UWG. Eine solche Information wird dem Verbraucher vorenthalten, wenn sie zum Geschäfts- und Verantwortungsbereich des Unternehmers gehört oder dieser sie sich mit zumutbarem Aufwand beschaffen kann und der Verbraucher sie nicht oder nicht so erhält, dass er sie bei seiner geschäftlichen Entscheidung berücksichtigen kann. Die in Rede stehenden Informationen kann sich der Makler mit zumutbarem Aufwand beschaffen, wenn bei Schaltung der Anzeige ein Energieausweis vorliegt. Erhält der Verbraucher die Information nicht, kann dies zu falschen Vorstellungen über den Energieverbrauch der beworbenen Immobilie führen und ihn deshalb zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen, die er bei richtiger Information über den Verbrauch nicht getroffen hätte.

Praxishinweis

Damit hat der BGH die in der Rechtsprechung lange umstrittene Frage verneint, ob § 16a EnEV auf Immobilienmakler Anwendung findet. Allerdings ergibt sich die Verpflichtung zu den Angaben aus § 16a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 5 EnEV nun aus § 5a Abs. 2 UWG, wenn ein Energieausweis vorliegt.

 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Wolfgang Lehner, Heidelberg

Eine Maklererlaubnis kann widerrufen werden, wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre.

Hat ein Makler Steuerrückstände von mehr als 10.000 Euro und auch eine mit dem Finanzamt abgeschlossene Ratenzahlungsvereinbarung nicht eingehalten, ist das öffentliche Interesse gefährdet und die Maklererlaubnis zu widerrufen.

Die Tätigkeit eines Maklers mit Bezug zum Vermögen der Kunden gehört zu den sogenannten „Vertrauensgewerben“, bei denen in besonderem Maß auf die Einhaltung gesetzlicher Verpflichtungen geachtet werden muss. Es werden deshalb hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Erlaubnisinhabers gestellt.

VGH München, Beschluss vom 08.02.2017 – 22 C 16.1107
BayVwVfG Art. 49.; GewO § 34 c; ZPO § 114 Abs. 1

Sachverhalt

Mit Bescheid vom 18.03.2015 widerrief die Verwaltungsbehörde die dem Kläger gemäß § 34 c GewO erteilte Gewerbeerlaubnis wegen erwiesener Unzuverlässigkeit. Das hiergegen angerufene Verwaltungsgericht versagte dem Kläger die begehrte Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht. Der Kläger hatte Steuerrückstände in Höhe von mehr als 10.000 Euro. Eine mit dem Finanzamt abgeschlossene Ratenzahlungsvereinbarung hielt er nicht ein. Zudem gab es im Schuldnerverzeichnis 11 Eintragungen. Diese Tatsachen hätten im Erlaubnisverfahren zur Versagung der Gewerbeerlaubnis geführt, weshalb diese nun-mehr mit Recht widerrufen wurde. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Widerrufs der Gewerbeerlaubnis. Der festgestellte Sachverhalt rechtfertigt den Widerruf. Die Missachtung steuerrechtlicher Erklärungs-pflichten über Jahre hinweg und die Nichtabführung von Steuern trotz eines gewährten Zahlungsaufschubs sind geeignet, Zweifel an der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers zu wecken. Die aufgelaufene Steuer-schuld sowie die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis indizieren überdies, dass die Vermögensverhältnisse des Klägers ungeordnet sind. Die ihm gewährten Möglichkeiten einer Verbesserung dieser Situation hat der Kläger nicht genutzt. Dem Kläger wurde auch mit Recht keine für die Zukunft günstige Prognose ausgestellt. Für die Prognose sind die Gründe, die zur wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit geführt haben, nicht entscheidend. Maßgeblich sind allein die Aussichten für deren Beendigung. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob erkennbar ist, dass und wie die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit künftig in einem hinnehmbaren Zeitraum beendet und damit Gefahren für andere abgewendet werden können. Der Makler übt ein sogenanntes „Vertrauensgewerbe“ aus. Deshalb sind hohe Anforderungen an seine Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu stellen, um das öffentliche Interesse nicht zu gefährden. Diese Gefährdung konnte nur durch den Wider-ruf der Gewerbeerlaubnis beseitigt werden.

Praxishinweis

Die Anforderungen an die Erteilung einer Gewerbeerlaubnis für ein sogenanntes „Vertrauensgewerbe“ sind in der Regel nicht sonderlich hoch. Überprüfungen erteilter Gewerbeerlaubnisse finden nur anlassbezogen statt. Im vor-liegenden Fall dürfte der Widerruf angesichts der Vielzahl und Dauer der Verstöße gerecht-fertigt sein. Künftig wird die Erteilung einer Gewerbeerlaubnis für Immobilienmakler zusätzlich von einem Sachkundenachweis abhängig sein (BT-Drucksache 18/10190 vom 02.11.2016).

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Wolfgang Lehner, Heidelberg

Die in § 16a Abs. 1 EnEV vorgeschriebenen Informationen (zur Art des Energieausweises, zum Endenergiebedarf oder Endenergieverbrauch p. p.) sind wesentlich im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG.

Die Vorschrift des § 16a Abs. 1 EnEV richtet sich nur an den Verkäufer / Vermieter einer Immobilie, nicht aber an einen Immobilienmakler.

OLG Bamberg, Urteil vom 05.04.2017 – 3 U 102/16
EnEV § 16a; UWG § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2 S. 1, § 8 Abs. 1, 3, § 12 Abs. 1 S. 2

Problem/Sachverhalt

Die beklagte Maklerin veröffentlichte zwei Zeitungsanzeigen, in denen sie hinsichtlich der beworbenen Immobilien unzureichende Angaben gem. § 16a EnEV machte, weshalb sie abgemahnt wurde. Die verlangte Unterlassungserklärung gab sie nicht ab. Das darauf-hin angerufene Landgericht vertrat die Auffassung, dass § 16a EnEV auch für Makler gelte und verurteilte die Maklerin antragsgemäß zur Unterlassung sowie zur Zahlung der Abmahn-kosten. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.

Entscheidung

Im Ergebnis ohne Erfolg! Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich der Klaganspruch allerdings nicht aus § 16a Abs. 1 EnEV. Der Makler ist nicht Normadressat dieser Vorschrift. Eine Erstreckung der Informationsverpflichtung auf den Makler würde einen Fall unzulässiger Rechtsfortbildung darstellen. Den Gesetzesmaterialien lässt sich eindeutig entnehmen, dass der nationale Verordnungsgeber bewusst davon abgesehen hat, Makler in den Kreis der nach § 16a EnEV Verpflichteten aufzunehmen. Deshalb trägt in allen Fällen – also auch bei Aufgabe einer Immobilienanzeige durch den Makler – (allein) der Verkäufer die Verantwortung dafür, dass die Anzeige die notwendigen Pflichtangaben nach § 16a EnEV enthält. Die Klage erweist sich jedoch gleich-wohl als begründet, weil die beanstandeten Annoncen nach § 5a Abs. 2 UWG unlauter waren. Die in § 16a Abs. 1 EnEV vorgeschriebenen Informationen sind wesentlich i. S. v. § 5a Abs. 2 UWG. Voraussetzung für die Wesentlichkeit ist dabei, dass die Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zudem ein erhebliches Gewicht zu-kommt. Die unzureichenden energiebezogenen Informationen können Verbraucher dazu veranlassen, Kontakt mit der Beklagten aufzunehmen. Die zugrunde liegende Entscheidung würden die Verbraucher möglicherweise nicht so getroffen haben, wenn sie schon durch die Immobilienanzeigen über die in § 16a Abs. 1 EnEV genannten Umstände informiert worden wären. Der Unterlassungsanspruch des Klägers ergibt sich mithin (jedenfalls) aus § 5a Abs. 2 i. V. m. §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 3 UWG.

Praxishinweis

Die Frage, ob § 16a EnEV entgegen seinem eindeutigen Wortlaut auch auf Makler Anwendung findet, war in der Rechtsprechung der Landgerichte umstritten. Zahlreiche Gerichte, so auch das Landgericht im vorliegenden Rechtsstreit, vertraten die Auffassung, bei richtlinienkonformer Auslegung des § 16a Abs. 1 EnEV sei der Makler, obwohl in dieser Vorschrift nicht aufgeführt, als Normadressat an-zusehen. Hiergegen wurde eingewandt, mangels auslegungsbedürftiger Lücke verletze eine Einbeziehung des Maklers in den Pflichtenkreis des § 16a EnEV allgemeine Auslegungsregeln. Dies auch deshalb, weil die Verletzung der Angabepflicht gem. § 27 Abs. 2 Nr. 6 EnEV bußgeldbewehrt ist, weshalb der Normadressat nicht erst durch Auslegung oder Analogie er-mittelt werden darf (vgl. hierzu LG Tübingen mit Anmerkung Lehner, IMR 2016, 86). Nach dem OLG München (IMR 2017, 337) hat nun auch das OLG Bamberg festgestellt, dass Immobilienmakler nicht zum Adressatenkreis des § 16a EnEV gehören. Der Makler muss die Angaben allerdings nun gem. § 5a Abs. 2 UWG machen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Wolfgang Lehner, Heidelberg

Die Vereinbarung eines Maklerlohns mit dem Wohnungssuchenden ist nichtig, wenn der Makler bereits vor dem Vertragsabschluss mit dem Wohnungssuchenden vom Vermieter den Auftrag eingeholt hatte, dessen Wohnung anzubieten.

Hat der Wohnungssuchende die Provision bezahlt, hat er einen Rückzahlungsanspruch sowie einen Anspruch auf Zinsen für die Zeit des Rückzahlungsverzugs.

AG Freiburg, Urteil vom 31.01.2017 – 5 C 1869/16
BGB §§ 134, 652, 812, WoVermG § 2 Abs. 1a, Abs. 5

Problem/Sachverhalt

Ein Maklerkunde verlangt vom Makler die Erstattung einer für die Vermittlung einer Mietwohnung gezahlten Provision in Höhe von € 1.500,00. Zur Begründung trägt er vor, zum Zeitpunkt des Maklervertragsabschlusses habe der Makler bereits einen Auftrag des Vermieters gehabt, weshalb er als Wohnungssuchen-der dem Makler keinen echten Suchauftrag mehr habe erteilen können. Nach den sehr kurz gefassten Urteilsgründen wendet der Makler hiergegen ein, das Wohnungsvermittlungsgesetz könne nicht so ausgelegt werden, dass es ihm als Makler kaum mehr möglich sei, Geld zu verdienen, obwohl er einen eigenen Aufwand gehabt habe.

Entscheidung

Das Amtsgericht verurteilt den Makler antrags-gemäß zur Rückzahlung der erhaltenen Provision. Der mit dem Kläger abgeschlossene Maklervertrag ist nichtig. Der Vertrag wurde unter Verstoß gegen das gesetzliche Verbot des § 2 Abs. 1a WoVermG abgeschlossen. Danach darf der Makler vom Wohnungssuchenden für die Vermittlung oder den Nach-weis der Gelegenheit zum Abschluss eines Mietvertrages über Wohnräume kein Entgelt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, es sei denn, der Makler holt ausschließlich wegen des ihm seitens des Mietinteressenten erteilten Suchauftrages vom Vermieter oder einem anderen Berechtigten den Auftrag ein, die Wohnung anzubieten. Diese Voraussetzung lag nicht vor. Der Makler hatte bereits zuvor einen entsprechenden Auftrag des Vermieters erhalten. Der Maklervertrag mit dem Kläger verstößt mithin gegen ein gesetzliches Verbot, weshalb er nichtig ist (§ 134 BGB). Mit seiner Rückzahlungsverpflichtung befand sich der Beklagte in Verzug, weshalb er auch die entstandenen Verzugszinsen zu zahlen hat.

Praxishinweis

Die Entscheidung entspricht der Rechtslage seit Inkrafttreten des Mietrechtsnovellierungsgesetzes am 01.06.2015. Danach kann eine Provisionspflicht mit dem Wohnungssuchen-den nur noch vereinbart werden, wenn der Makler ausschließlich in dessen Interesse tätig wird. Der Makler darf also zum Zeitpunkt der Erteilung des Suchauftrages noch keinen Auf-trag seitens des Vermieters haben. Allerdings darf der Makler gem. § 6 Abs. 1 WoVermG Wohnräume nur anbieten, wenn er dazu einen Auftrag vom Vermieter oder einem anderen Berechtigten erhalten hat. Deshalb formuliert § 2 Abs. 1a WoVermG ausdrücklich, dass der Makler mit dem Wohnungssuchenden eine Provision nur dann wirksam vereinbaren kann, wenn er ausschließlich wegen des ihm von dem Wohnungssuchenden erteilten Suchauftrages vom Vermieter oder von einem anderen Berechtigten den Auftrag einholt, die Wohnung anzubieten. Provisionsschädlich ist auch, wenn sich der Makler auf die Suche begibt, nachdem ihm mehrere Wohnungssuchende einen entsprechenden Auftrag erteilt haben. Denn in diesem Fall wird er ebenfalls nicht ausschließlich für einen konkreten Wohnungssuchenden tätig (BVerfG IBR 2016, 546). Danach kann nur der Vermittlungsvertrag mit einem einzigen Wohnungssuchenden einen Provisionsanspruch diesem gegenüber begründen (vgl. auch Fischer, NJW 2015, 1560).

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Wolfgang Lehner, Heidelberg

Ein Makler, der Veräußerer und Erwerber eines Grundstücks jeweils auf Zahlung einer Provision in Anspruch nimmt, kann nicht zum Zwecke der Überprüfung der Frage der Kongruenz des Hauptvertrages und des Ursachenzusammenhangs zwischen Maklerleistung und Vertragsschluss – seinem durch Auslegung ermittelten Begehren entsprechend – „erweiterte Grundbucheinsicht“ in Bezug auf die der Eigentumsübertragung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verträge verlangen.*)

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.01.2017 – 3 Wx 270/16
GBO § 12 Abs. 1 S. 1, § 12 Abs. 3 Nr. 1, § 12c Abs. 4 S. 2, § 71 Abs. 1; GBV § 46 Abs. 1

Problem/Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist Maklerin. Sie nimmt Veräußerer und Erwerber eines Grundstücks jeweils auf Zahlung einer Provision in Anspruch. Um die Begründetheit ihrer Ansprüche verlässlich zu prüfen, begehrt sie im Wege der Einsicht in die Grundakten gem. § 46 Abs. 1 GBV eine Kopie der Auflassungserklärung. Zur Beurteilung der inhaltlichen Kongruenz zwischen dem abgeschlossenen Kaufvertrag und dem Gegenstand des Maklervertrages sei die Kenntnis der Auflassungserklärung erforderlich. Das Grundbuchamt versagt die begehrte Abschrift. Hiergegen wendet sich die Maklerin mit der Beschwerde.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Bei der Entscheidung über die Gewährung von Grundbucheinsicht ist das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen gegen die berechtigten Belange des Antragstellers auf Einsichtsgewährung abzuwägen. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 GBO ist Grundbucheinsicht zu gewähren, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargelegt wird, wobei auch ein bloß tatsächliches, insbesondere wirtschaftliches Interesse das Recht auf Grundbucheinsicht begründen kann. Bei der erweiterten Grundbucheinsicht gem. § 46 GBV (Einsicht in die Grundakten) ist zu berücksichtigen, dass die Grundakten nicht zu demjenigen Grundbuchinhalt gehören, auf dessen Publizität § 12 Abs. 1 GBO zielt. Die Gestattung einer Einsicht in die Grundakten berührt das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Vertragsparteien in weit stärkerem Maße als die bloße Einsicht in den ohnehin in weitem Umfang publiken Grundbuchinhalt. Zur Rechtfertigung dieses erheblichen Grundrechtseingriffs ist eine besonders sorgfältige und strenge Prüfung des berechtigten Interesses des Antragstellers geboten. Diesem Umstand trägt die Rechtsprechung dadurch Rechnung, dass sie verlangt, dass für die Entstehung eines Provisionsanspruchs des Maklers nicht nur eine gewisse, sondern eine durch belegte Tatsachen erhärtete, ganz beträchtliche Wahrscheinlichkeit sprechen muss. An dieser Voraussetzung fehlt es im vorliegenden Fall schon deshalb, weil die Maklerin selbst ihren Provisionsanspruch als noch näher klärungs-bedürftig bezeichnet hat. Denn diesbezüglich soll die Grundbucheinsicht gerade erst Klarheit schaffen. Durch die Grundbucheinsicht möchte die Maklerin mithin erst ermitteln, ob ihr überhaupt ein Provisionsanspruch zusteht. Dieses bloße Ermittlungsinteresse der Maklerin vermag gegenüber dem Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung den Einsichtsanspruch nicht zu rechtfertigen. Es fehlt hier an der erforderlichen ganz beträchtlichen Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Provisionsanspruchs.

Praxishinweis

Die Entscheidung folgt ständiger Rechtsprechung (OLG Dresden IMR 2010, 249). Bei der Einsichtnahme in die Grundakten ist das in-formationelle Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen besonders schützenswert. Denn die Grundakten enthalten Informationen, die über den Grundbuchinhalt deutlich hinausgehen. Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen ist deshalb eine besonders sorgfältige und strenge Prüfung geboten.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Wolfgang Lehner, Heidelberg

Rechtsanwalt, Richter am Verwaltungsgerichtshof a. D.

Sprachen: Englisch und Französisch

  • Studium der Rechtswissenschaften in Lausanne/Schweiz, Berlin, Freiburg, Heidelberg
  • Wissenschaftlicher Assistent an der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg
  • 1. Juristisches Staatsexamen 1968 in Heidelberg
  • 2. Juristisches Staatsexamen 1972 in Stuttgart
  • Promotion zum Dr. jur. 1973 an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
  • 1997 Ernennung zum Richter am Verwaltungsgericht Karlsruhe
  • 1984 Ernennung zum Richter am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim
  • Juristischer Berater der Deutschen Stiftung für Internationale rechtliche Zusammenarbeit im Rahmen eines EU-Aufbauprojektes in Bukarest/Rumänien
  • Leiter einer Arbeitsgemeinschaft im öffentlichen Recht für Rechtsreferendare am Landgericht Heidelberg
  • 1978 bis 1986 Lehrbeauftragter für Schulrecht an der pädagogischen Hochschule in Heidelberg
  • 1990 bis 1993 Lehrbeauftragter für öffentliches Recht an der Fachhochschule für Rechtspflege in Schwetzingen
  • Rechtsanwalt seit 2011
  • seit 2011 Lehrbeauftragter an der SRH Hochschule Heidelberg

Schwerpunkte

  • Verwaltungsrecht
  • Verwaltungsprivatrecht
  • Verfassungsrecht

Kontakt

Tel. +49 721 509953-40
Fax +49 721 509953-41
guenter.breunig@ldm-law.de
Erbprinzenstraße 29 a
76133 Karlsruhe

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Sportrecht und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Richter am Verwaltungsgerichtshof a. D.

Sprachen: Englisch und Französisch

  • Studium an den Universitäten Heidelberg, München, Dijon und London
  • Wissenschaftlicher Assistent am Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg
  • 1. Juristisches Staatsexamen 1991 in Heidelberg
  • 2. Juristisches Staatsexamen 1994 in Stuttgart
  • 1993/1994 Tätigkeit bei der Rechtsanwaltskanzlei Hunt & Hunt in Sydney/Australien
  • Promotion zum Dr. jur. utr. 1995 an der Universität Heidelberg („UN-Kaufrecht und culpa in contrahendo“)
  • Richter am Verwaltungsgericht Karlsruhe ab 1994
  • 2000 bis 2004 Justitiar und Referatsleiter im Justizministerium Baden-Württemberg in Stuttgart
  • 2004 bis 2006 Richter am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim
  • Rechtsanwalt seit 2006
  • Graduierung zum Master of Laws (LL.M.) 2010
  • Dozent an der Fachhochschule für Rechtspflege in Schwetzingen
  • Dozent an der Deutschen Richterakademie in Trier
  • Prüfer im 1. und 2. Juristischen Staatsexamen
  • Prüfer für die Eignungsprüfung europäischer Rechtsanwälte
  • Schiedsrichter am Deutschen Sportschiedsgericht in Berlin/Köln
  • Schiedsrichter bei der Schlichtungs- und Mediationsstelle für kaufmännische Streitigkeiten der Industrie- und Handelskammern Karlsruhe und Rhein-Neckar

Schwerpunkte

  • Verfahren vor nationalen und internationalen Schiedsgerichten (DFB-Sportgericht, Internationaler Sportgerichtshof/Court of Arbitration for Sport CAS)
  • Gewerblicher Rechtsschutz
  • Das Recht des professionellen Sports
  • Vertragsrecht
  • Arbeitsrecht
  • Medienrecht
  • Verwaltungsrecht

Kontakt

Tel. +49 721 509953-40
Fax +49 721 509953-41
markus.schuetz@ldm-law.de
Erbprinzenstraße 29 a
76133 Karlsruhe

Mitgliedschaften

  • International Sport Lawyers Association (ISLA)
  • Arbeitsgemeinschaft Sportrecht im Deutschen Anwaltverein
  • Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein
  • Arbeitsgemeinschaft Geistiges Eigentum & Medien im Deutschen Anwaltverein
  • Hightech-Unternehmer-Netzwerk in der Technologieregion Karlsruhe (CyberForum)

Publikationen

Ein nicht ganz seltener Fall: Der Makler hat seine Arbeit erfolgreich beendet, der Kaufvertrag ist abgeschlossen, die Käuferprovisionsrechnung geschrieben. Plötzlich erfährt der Makler, dass ein Vorkaufsberechtigter von seinem Recht Gebrauch gemacht und in den Kaufvertrag eingetreten ist. Der Käufer verweigert die Provisionszahlung mit der Begründung, für ihn sei die Tätigkeit des Maklers wirtschaftlich wertlos gewesen, außer Ärger habe er vom Abschluss des Kaufvertrages nichts gehabt. Daraufhin wendet sich der Makler an den Vorkaufsberechtigten. Auch dieser verweigert jegliche Zahlung mit der Begründung, den Makler nicht beauftragt zu haben.

Käufer und Vorkaufsberechtigter sind im Recht! Nach ständiger Rechtsprechung schuldet der Käufer, der durch die Ausübung des Vorkaufsrechts aus dem Kaufvertrag – gegen seinen Willen – ausscheidet, keine Provision. Der Vorkaufsberechtigte schuldet dem Makler ebenfalls keine Provision, weil er mit ihm keine Vereinbarung getroffen hat.

Einfach Pech gehabt?
Provisionsanspruch sichern!

Durch die Ausübung des Vorkaufsrechts tritt der Vorkaufsberechtigte in den zwischen dem Verkäufer und dem Käufer abgeschlossenen Kaufvertrag ein, und zwar zu den Bedingungen, die diese beiden vereinbart hatten.

Zur Sicherung des Käuferprovisionsanspruchs ist es deshalb erforderlich, dass Verkäufer und Käufer in den Kaufvertrag eine Vereinbarung aufnehmen, durch die der Makler einen unmittelbaren Anspruch gegen den Käufer auf Zahlung der vereinbarten Käuferprovision erwirbt. Eine solche Vereinbarung sichert dem Makler jedoch nur dann einen eigenen durchsetzbaren Anspruch gegen den Käufer, wenn sie im Wege eines echten Vertrages zu Gunsten Dritter (§ 328 BGB) erfolgt. Wird eine solche Regelung in den Kaufvertrag aufgenommen, bindet sie auch den durch Ausübung des Vorkaufsrechts in den Kaufvertrag eintretenden Vorkaufsberechtigten.

Wie erreicht der Makler die Aufnahme einer solchen Klausel in den notariellen Kaufvertrag?

Der Makler ist nicht Partei des Kaufvertrages. Er ist außenstehender Dritter. Er hat keinen Anspruch auf die Aufnahme einer solchen Maklerklausel in den notariellen Kaufvertrag. Er muss vielmehr Verkäufer und Käufer davon überzeugen, dass es nur recht und billig ist, dass seine verdiente Käuferprovision im Falle der drohenden Ausübung eines bestehenden Vorkaufsrechts nicht verloren geht.

Zudem muss er den Notar davon überzeugen, dass die Aufnahme der Maklerklausel als echtem Vertrag zu Gunsten Dritter auch den Interessen der Vertragsparteien entspricht. Denn nur deren Interessen darf der Notar bei der Beurkundung des Vertrages berücksichtigen.

Was sind die Voraussetzungen?

Der BGH hat die Aufnahme eines echten Vertrages zu Gunsten Dritter in den notariellen Kaufvertrag unter drei Voraussetzungen für interessengerecht und damit beurkundungswürdig gehalten:

1. Der Verkäufer muss ein eigenes Interesse an der Provisionszahlung des Käufers haben.

2. Die getroffene Provisionsvereinbarung muss sich im üblichen Rahmen halten.

3. Der Makler sollte bereits mit dem „alten“ Käufer eine Provisionsvereinbarung außerhalb des Kaufvertrages geschlossen haben (dürfte in aller Regel ohnehin der Fall sein).

Zu diesen Voraussetzungen: Dass der Verkäufer ein eigenes Interesse an der Provisionszahlung des Käufers hat, wird in der Regel unterstellt, da die Maklerprovision zu den üblichen Erwerbskosten gehört, über die die Parteien zweckmäßigerweise eine Regelung im Kaufvertrag treffen sollten. Dies hat die Rechtsprechung entschieden. In der maßgeblichen Entscheidung des BGH heißt es hierzu:

„Nach Auffassung des Senats können Bestimmungen im Kaufvertrag über die Verteilung der Maklerkosten, wenn diese Kosten sich im üblichen Rahmen halten, in der Regel nicht als ‚Fremdkörper‘ im Kaufvertrag angesehen werden; sie gehören vielmehr normalerweise wesensgemäß zum Kaufvertrag. Die Frage, wer von den Vertragsparteien welchen Anteil solcher für das Zustandebringen des Kaufvertrages angefallener Maklerkosten im Endergebnis zu tragen hat, hängt im allgemeinen ähnlich eng mit der Regelung der Höhe des Kaufpreises zusammen wie die Frage, wer im Innenverhältnis für diejenigen Vertragskosten aufzukommen hat, für die die Vertragsparteien nach außen gemeinsam haften (etwa Beurkundungskosten). Hier wie dort kann sich aus wirtschaftlichen (etwa steuerlichen) Überlegungen die völlige oder überwiegende Zuordnung zu der einen oder anderen Vertragsseite im Rahmen der Gesamtregelung anbieten, ohne dass sich der Gesamtaufwand, den der Käufer für den Erwerb zu erbringen hat, wesentlich ändert; je höher der Anteil ist, den der Käufer übernimmt, desto geringer wird im allgemeinen der eigentliche Kaufpreis bemessen und umgekehrt.“ (BGH NJW 1996, 654, 655)

In derselben Entscheidung hat der BGH zudem ausdrücklich das berechtigte Interesse des Maklers an einer „vorkaufsfesten“ Sicherung des Käuferprovisionsanspruchs anerkannt. In einem Urteil aus dem Jahr 1995 hat er festgestellt, die Maklerklausel im notariellen Kaufvertrag sei

„die Voraussetzung dafür, dass der Anspruch des Klägers (des Maklers) auf die Käuferprovision den Vorkaufsfall überhaupt überdauern und sich – wie beabsichtigt – auch gegen den Vorkaufsberechtigten richten konnte; nämlich vor dem Hintergrund, dass sonst, wenn der Berechtigte sein Vorkaufsrecht ausübt, der Makler des Käufers regelmäßig seinen Provisionsanspruch verliert, weil infolge der Ausübung des Vorkaufsrechts der wirtschaftliche Erfolg der Maklertätigkeit für den Käufer ausgeblieben ist.“

Damit gehört die Regelung der Maklerprovision wesensgemäß zum Kaufvertrag, weshalb sie im Wege eines echten Vertrages zu Gunsten Dritter mit der Folge geregelt werden kann, dass der Vorkaufsberechtigte in diese Verpflichtung eintritt.

In der Vergangenheit haben sich diverse Notarkammern kritisch zur Aufnahme von Maklerklauseln in notarielle Kaufverträge geäußert. Einige Kammern haben von der Aufnahme solcher Klauseln ausdrücklich abgeraten. Dies betrifft jedoch in der Regel nur Fälle, in denen es nicht um die Ausübung eines Vorkaufsrechtes, sondern (nur) um eine zusätzliche Absicherung des bereits vereinbarten Käuferprovisionsanspruchs ging. Bei einem drohenden Vorkaufsrecht kann der Makler seinen Käuferprovisionsanspruch jedoch nur durch die Aufnahme eines echten Vertrages zu Gunsten Dritter in den notariellen Kaufvertrag absichern. Dass die Rechtsprechung die Aufnahme einer solchen Klausel bei der drohenden Ausübung eines Vorkaufsrechts ausdrücklich billigt, ergibt sich eindeutig aus dem zitierten Urteil.

In einer ganz aktuellen Entscheidung aus dem Jahr 2016 hat der BGH dies noch einmal ausdrücklich bekräftigt. Danach bestehen gegen eine solche Klausel keine Bedenken, „wenn der Verkäufer ein eigenes Interesse an der Provisionszahlung des Käufers hat und die getroffene Provisionsvereinbarung sich im üblichen Rahmen hält.“ (BGH NJW 2016, 3233, 3234). Für diesen Fall halten auch die Notarkammern entsprechende Klauseln durchweg für beurkundungswürdig. In einer Stellungnahme der Westfälischen Notarkammer vom Juli 2015 heißt es bspw. wörtlich: „Allerdings kann die Aufnahme einer konstitutiven Maklerklausel im Einzelfall bei konkret drohender Vorkaufsrechtsausübung interessengerecht sein.“

Handlungsempfehlung

Zur Sicherung des Käuferprovisionsanspruchs sollte der Makler vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages stets prüfen, ob möglicherweise die Ausübung eines vertraglichen oder gesetzlichen Vorkaufsrechtes droht. Ist dies der Fall, muss der Käuferprovisionsanspruch durch die Aufnahme einer Maklerklausel in den Kaufvertrag gesichert werden. Aus dieser Klausel muss eindeutig hervorgehen, dass dem Makler ein eigener Anspruch gegen den Käufer zustehen soll (vgl. hierzu auch Beck, AIZ 9/2014, S. 38 ff).

Es ist Aufgabe des Maklers, die Vertragsparteien und – soweit notwendig – den Notar von der Notwendigkeit der Aufnahme einer solchen Klausel in den Kaufvertrag zu überzeugen.

Autor: Wolfgang Lehner, ImmoProfessional 1/2017, S. 35

 

1. Wird der Grundstückswert fehlerhaft ermittelt, soll der zu leistende Schadenersatz die Vermögenslage herstellen, die bei pflichtgemäßem Verhalten, das heißt bei korrekter Ermittlung des Grundstückswerts eingetreten wäre.

2. Der Schadenersatz kann dabei entweder darauf gerichtet sein, den Geschädigten so zu stellen, als hätte er den Grundstückskaufvertrag nicht abgeschlossen, oder darauf, dass der Geschädigte den bewerteten Gegenstand bei korrekter Wertfestsetzung zu einem für ihn günstigeren Preis veräußert hätte.

BGH, Beschluss vom 02.12.2015 – I ZR 47/15
BGB § 249; ZPO § 287

Sachverhalt

Die Klägerin verlangt von der Beklagten restlichen Maklerlohn. Die Beklagte verlangt widerklagend Schadenersatz in Höhe von € 66.000,00 mit der Behauptung, die Klägerin habe als Maklerin den Verkehrswert zu niedrig ermittelt. Im Vertrauen auf die Richtigkeit der von der Klägerin veranlassten Schätzung habe sie das Objekt um ca. € 60.000,00 zu billig verkauft. Bei fehlerfreier Bewertung wäre sie zu dem letztlich vereinbarten Preis nicht verkaufsbereit gewesen. Das LG hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in Höhe von € 53.757,39 stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung hat das OLG gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Auffassung des OLG, der nach § 287 ZPO zu schätzende Schaden sei nicht um den – vom Berufungsgericht auf max. 20 % veranschlagten – fiktiven Spielraum der Klägerin bei der Bestimmung des Kaufpreises zu mindern.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Der zu leistende Schadenersatz soll die Vermögenslage herstellen, die bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre. Der Schadenersatz kann dabei entweder darauf gerichtet sein, den Geschädigten so zu stellen, als hätte er den Grundstückskaufvertrag nicht abgeschlossen, oder darauf gestützt werden, dass der Geschädigte den Gegenstand bei korrekter Wertfestsetzung zu einem für ihn günstigeren Preis veräußert hätte. Wenn der Geschädigte – wie im Streitfall – seinen Schaden nach der zweiten Methode berechnet, ist auf die Differenz zwischen dem fehlerhaft angegebenen und dem tatsächlichen Verkehrswert abzustellen, der bei ordnungsgemäßer Schätzung als Kaufpreis bezahlt worden wäre. Dabei ist der Betrag maßgeblich, um den der geschädigte Käufer den Gegenstand im Vertrauen auf die Richtigkeit der Schätzung zu teuer erworben oder umgekehrt der geschädigte Verkäufer den Gegenstandswert in diesem Vertrauen zu billig abgegeben hat. Dabei ist von dem tatsächlichen Verkehrswert auszugehen. Etwaige Bewertungsspielräume bei der Ermittlung des Verkehrswertes sind nicht zu berücksichtigen, weshalb sich die Haftung nicht nur auf außerhalb dieses Spielraums liegende Schäden bezieht. Dies rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass eine Fehleinschätzung des objektiven Verkehrswerts, die sich außerhalb der bei Schätzungen hinzunehmenden Toleranzschwelle bewegt, kein rechtmäßiges Alternativverhalten zu der noch gröberen Fehleinschätzung darstellt, die diesen Rahmen verlässt.

Praxishinweis

Der BGH formuliert, dass sich der „tatsächliche Verkehrswert“ aus einer „ordnungsgemäßen Schätzung“ ergebe. Dies ist zweifelhaft. Unter „Schätzung“ wird umgangssprachlich die genäherte Bestimmung von Werten verstanden. Der „tatsächliche Verkehrswert“ kann deshalb nicht durch Schätzung ermittelt werden. Eine genäherte Bestimmung enthält stets einen Spielraum, weil sie keinen exakten Wert liefert. Die Klägerin hatte nach dem mitgeteilten Sachverhalt lediglich einen „Schätzbetrag“ ermitteln lassen.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2017, 77

1. Das Widerrufsrecht bei vor dem 13.06.2014 im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Maklerverträgen erlischt mit Ablauf des 27.06.2015, wenn der Makler den Verbraucher über das Widerrufsrecht nicht belehrt hat.*)

2. Hat der Makler den Verbraucher nicht darauf hingewiesen, dass er nach einem erklärten Widerruf Wertersatz für bereits erbrachte Dienstleistungen zu leisten habe, steht ihm hierfür kein Wertersatzanspruch gem. § 312e Abs. 2 BGB a. F. zu.*)

BGH, Urteil vom 07.07.2016 – I ZR 30/15
BGB a. F. § 312b Abs. 1, 2, 3, § 312d Abs. 1. S. 1, § 312e Abs. 2, § 355 Abs. 1, 2, 4; BGB § 652

Sachverhalt

Ein Makler verlangt von seinem Kunden, dem Käufer, aus einem am 20.03.2013 abgeschlossenen Maklervertrag Provision in Höhe von € 15.000,00. Nachdem keine Zahlung erfolgt, tritt er die Forderung ab und lässt durch den Zessionar Klage erheben. Während des Rechtsstreits widerruft der Beklagte am 06.03.2014 den Maklervertrag. Das Landgericht verurteilte den Beklagten antragsgemäß. Seine Berufung wurde durch Urteil des OLG Schleswig vom 22.01.2015 (IMR 2015, 502) zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidung

Mit Erfolg! Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf und weist die Klage ab. Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Maklervertrag abgeschlossen worden. Der Makler hat die Maklerleistung vollständig erbracht. Gleichwohl steht ihm die vereinbarte Provision nicht zu, weil der Beklagte den Maklervertrag gem. § 312b, § 312d Abs. 1 S. 1, § 355 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. wirksam widerrufen hat. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dem Beklagten stehe in der bis zum 12.06.2014 geltenden Fassung der §§ 312b bis 312e und § 355 BGB kein Widerrufsrecht gem. § 312d Abs. 1 S. 1 BGB a.F. i. V. m. § 355 BGB a. F. zu. Bei dem Beklagten handelt es sich um einen Verbraucher. Der Maklervertrag wurde als Fernabsatzvertrag abgeschlossen. Die bislang streitige und höchstrichterlich nicht entschiedene Frage (vgl. hierzu BVerfG, NJW 2013, 2881 Rn. 14), ob es sich bei dem Maklervertrag um einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen i. S. d. § 312b BGB a.F. handelt, ist zu bejahen. Wegen der unionsrechtlichen Herkunft des Begriffs der Dienstleistungen ist eine weite Auslegung geboten. Auch eine systematische Auslegung spricht für eine Einbeziehung von Maklerverträgen in den Anwendungsbereich der Norm. Unstreitig hat der Kläger dem Beklagten keine Widerrufsbelehrung erteilt. Die Widerrufsfrist hatte mithin noch nicht zu laufen begonnen, als der Beklagte den Widerruf am 06.03.2014 erklärte. Ein Wertersatzanspruch steht dem Kläger nicht zu. Die Voraussetzungen des § 312e Abs. 2 BGB a.F. liegen nicht vor, weil der Beklagte über sein Widerrufsrecht nicht belehrt worden ist. Bei einer solchen Sachlage ist es ausgeschlossen, dass der Makler den Beklagten darauf hingewiesen haben könnte, dass er nach einem erklärten Widerruf Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung zu leisten habe.

Praxishinweis

Damit hat der BGH die lange streitige Frage entschieden, ob dem Verbraucher bei Maklerverträgen im Fernabsatz, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie am 13.06.2014 abgeschlossen wurden, ein Widerrufsrecht zusteht. Der Leitsatz 1 ergibt sich aus der Übergangsregelung in Art. 229 § 32 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB. Danach erlischt das Widerrufsrecht bei einem vor dem 13.06.2014 im Wege des Fernabsatzes geschlossenen Maklervertrages bei fehlender Belehrung mit Ablauf des 27.06.2015. Von rechtlicher Relevanz ist die Entscheidung deshalb nur (noch) insoweit, als ein Widerruf eines vor dem 13.06.2014 abgeschlossenen Maklervertrages innerhalb dieser Zeit erklärt wurde.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2017, 76

1. Übermittelt der Immobilienmakler einem Kaufinteressenten ein Exposé, das ein eindeutiges Provisionsverlangen enthält, liegt darin ein Angebot auf Abschluss eines Maklervertrages. Dieses Angebot nimmt der Kaufinteressent bereits an, wenn er den Makler um die Vereinbarung eines Besichtigungstermins bittet. Der Vertragsschluss erfolgt in einem derartigen Fall nicht erst, wenn der Kaufinteressent den Besichtigungstermin mit dem Makler wahrnimmt.*)

2. Ist die Übersendung des Exposés per E-Mail erfolgt und hat der Kaufinteressent den Besichtigungstermin fernmündlich vereinbart, ist der Maklervertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen. Für auf diese Weise zustande gekommene Maklerverträge bestand nach § 312d Abs. 1 S. 1 BGB a. F. ein Widerrufsrecht nach den Regelungen des Fernabsatzrechts, wenn der Vertrag im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- und Dienstleistungssystem abgeschlossen wurde.*)

3. Ein Immobilienmakler nutzt ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem, wenn er auf einem Onlinemarktplatz (hier: „ImmobilienScout24“) von ihm vertriebene Immobilien bewirbt, den Kontakt zu seinen Kunden auf elektronischem oder telefonischem Weg herstellt und der Vertrag in dieser Weise zustande kommt. Es kommt nicht darauf an, dass die Durchführung eines solchen Maklervertrags nicht auf elektronischem Weg erfolgt.*)

BGH, Urteil vom 07.07.2016 – I ZR 30/15
BGB a. F. § 312b Abs. 1, 2, 3, § 312d Abs. 1. S. 1, § 312e Abs. 2, § 355 Abs. 1, 2, 4; BGB § 652

Sachverhalt

Ein Makler verlangt von seinem Kunden, dem Käufer, aus einem am 20.03.2013 abgeschlossenen Maklervertrag Provision in Höhe von € 15.000,00. Nachdem keine Zahlung erfolgt, tritt er die Forderung ab und lässt durch den Zessionar Klage erheben. Während des Rechtsstreits widerruft der Beklagte am 06.03.2014 den Maklervertrag. LG und OLG halten die Klage für begründet. Der Beklagte legte Berufung ein.

Entscheidung

Mit Erfolg! Der BGH hebt das Urteil des LG auf und weist die Klage ab. Mit der Übersendung des Exposés per E-Mail am 20.03.2013 mit eindeutigem Provisionsverlangen hat der Makler ein Angebot auf Abschluss eines Maklervertrages abgegeben. Dieses Angebot hat der Beklagte dadurch angenommen, dass er fernmündlich um die Vereinbarung eines Besichtigungstermines gebeten hat. Der Vertrag ist damit unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen worden. Dabei bediente sich der Makler eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems i. S. v. § 312b Abs. 1 S. 2 BGB a.F. An die Annahme eines solchen Systems sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Bietet ein Makler seine Dienste durch Veröffentlichung eines Exposés im Internet an und stellt er den Kontakt zu seinen Kunden auf elektronischem oder telefonischem Weg her, schließt er regelmäßig Fernabsatzverträge ab.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist noch zu dem bis 12.06.2014 geltenden Recht ergangen. Sie klärt auch für das neue Recht, wann ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem i. S. d. § 312c BGB vorliegt.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2017, 75

 

 

1. Eine SMS mit dem Hinweis auf einen vermeintlich zu zahlenden Maklerlohn genügt nicht der erforderlichen Textform. Ein Vergütungsanspruch wird dadurch nicht begründet.

2. Ein angeblicher Schuldner, der mit einer unberechtigten Forderung des vermeintlichen Gläubigers konfrontiert wird, kann die ihm durch die Abwehr dieser Forderung entstandenen außergerichtlichen Anwaltskosten nur ersetzt verlangen, soweit die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm erfüllt sind (vorliegend nicht der Fall).

AG Dülmen, Urteil vom 22.03.2016 – 3 C 348/15
BGB §§ 125, 126b, 652 Abs. 1, 823 Abs. 1; WoVermittG § 2 Abs. 5 Nr. 1, §§ 6, 8; ZPO § 313a Abs. 1

Problem/Sachverhalt

Wegen des geringen Streitwertes ist das Urteil nicht berufungsfähig. Es enthält deshalb gem. § 313a Abs. 1 ZPO keinen Sachverhalt. Mit der Klage macht der Maklerkunde ihm entstandene Anwaltskosten als Schadenersatz geltend. Die Anwaltskosten sind ihm durch die vorgerichtliche Abwehr eines unbegründeten Provisionsanspruchs entstanden, den der Makler im Zusammenhang mit dem Zustandekommen eines Mietvertrages über Wohnraum geltend gemacht hatte. Den Provisionsanspruch hatte der Makler offenbar nicht weiterverfolgt, woraufhin der Maklerkunde Klage auf Erstattung der ihm durch die Abwehr der Provisionsforderung entstandenen Anwaltskosten erhob.

Entscheidung

Die Klage hat keinen Erfolg. Das Gericht stellt zunächst fest, dass dem Makler ein Provisionsanspruch nicht zusteht. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 WoVermittG bedarf der Maklervertrag bei der Vermietung über Wohnräume der Textform. Dem zur Gerichtsakte gereichten SMS-Schriftverkehr lässt sich eine in Textform dokumentierte Willensübereinstimmung über den Abschluss eines Maklervertrages nicht entnehmen. Es handelt sich vielmehr nur um einseitige, von dem Makler verfasste SMS, die einen Hinweis auf den vermeintlich zu zahlenden Maklerlohn enthielten. Gleichwohl steht dem Maklerkunden die strittige Schadenersatzforderung nicht zu. Es besteht kein genereller Kostenanspruch gegen denjenigen, der sich unberechtigt eines Anspruchs berühmt. Außergerichtliche Rechtsverteidigungskosten gehören vielmehr zum allgemeinen Lebensrisiko des in Anspruch Genommenen, soweit nicht die Voraussetzungen einer speziellen Haftungsnorm vorliegen. Im entschiedenen Fall ist nicht ersichtlich, aus welcher speziellen Haftungsnorm dem Maklerkunden ein solcher Anspruch zustehen soll.

Praxishinweis

Seit Inkrafttreten des Mietrechtsnovellierungsgesetzes (MietNovG) am 01.06.2015 gilt das sog. Bestellerprinzip. Danach bedarf der Maklervertrag beim Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume der Textform. Eine hiervon abweichende Vereinbarung ist unwirksam (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 WoVermittG). Nach Auffassung des Amtsgerichts erfüllt eine SMS das Textformerfordernis nicht. Allerdings wird dies nicht näher begründet. Das Gericht vermisst „eine in Textform dokumentierte Willensübereinstimmung“. Es lägen lediglich SMS vor, die einen Hinweis auf den Maklerlohn enthielten. Es fehlt mithin an einer Provisionsvereinbarung, so dass der Provisionsanspruch bereits hieran scheitert. Ein „Hinweis“ auf eine Provision löst keinen Provisionsanspruch aus, weil ein „Hinweis“ keine Vereinbarung ist. Auf die Einhaltung der Textform kommt es also nicht an. Das Urteil ist insoweit nicht eindeutig. Ob eine SMS dem Textformerfordernis genügt, ist bislang – soweit ersichtlich – höchstrichterlich nicht entschieden. Nach Ellenberger (Palandt, BGB, 75. Auflage) erfüllen derzeit Papier, USB-Stick, CD-ROM, Speicherkarten, Festplatten, E-Mails sowie Computerfax die Voraussetzungen des § 126a BGB. SMS werden dort nicht aufgeführt. Zweifellos ist eine SMS „während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich“. Fraglich ist, ob eine SMS geeignet ist, die in ihr enthaltene Erklärung unverändert wiederzugeben (§ 126b Nr. 2 BGB).

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2016, 393

1. Damit sich ein Immobilienmakler als Mitbewerber auf lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche berufen kann, muss er nachweisen, dass er als Makler tätig und damit tatsächlich Mitbewerber ist.

2. Weder die Genehmigung zur Maklertätigkeit noch die Gewerbeanmeldung können ein tatsächliches Tätigsein belegen.

OLG München, Urteil vom 28.04.2016 – 29 U 179/16
EnEV § 16a; UWG §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 3

Sachverhalt

Die Verfügungsbeklagte ist Maklerin. Auf einer Immobilienplattform veröffentlichte sie ein Exposé über eine Immobilie, für die ein Energieausweis vorlag, ohne Angaben zum Wert des Energiebedarfs und zum Energieträger zu machen. Die Verfügungsklägerin erwirkte deshalb gegen sie eine einstweilige Verfügung, die das Landgericht nach Widerspruch und mündlicher Verhandlung bestätigte. Hiergegen wendet sich die Verfügungsbeklagte mit der Berufung.

Entscheidung

Mit Erfolg! Einstweilige Verfügung und Urteil werden durch das OLG aufgehoben. Das OLG lässt die bislang höchstrichterlich nicht entschiedene Frage dahinstehen, ob § 16a EnEV trotz anderslautenden Wortlauts auf Makler Anwendung findet. Es lässt den Verfügungsanspruch an der fehlenden Mitbewerbereigenschaft der Verfügungsklägerin gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG scheitern. Die Verfügungsklägerin hat diese Eigenschaft nicht glaubhaft gemacht. Sie hat die ihr erteilte Erlaubnis gem. § 34c GewO und ihre Gewerbeanmeldung vorgelegt. Diese Unterlagen sind nicht als Nachweis dafür geeignet, dass die Verfügungsklägerin tatsächlich als Maklerin unternehmerisch tätig ist. Auch die von der Verfügungsklägerin vorgelegten Internetausdrucke aus der Immobilienplattform Immobilienscout24 sind hierzu nicht geeignet. Die Ausdrucke zeigen lediglich deaktivierte Immobilienangebote. Diesen kann nicht entnommen werden, dass sie jemals für einen praktisch erfolgversprechenden Zeitraum aktiviert waren. Die Verfügungsklägerin hat auch nicht vorgetragen, dass sie ein einziges der darin dargestellten Objekte tatsächlich vermittelt hat. Bei einer Gesamtwürdigung des Vorbringens der Verfügungsklägerin erscheint es nicht überwiegend wahrscheinlich und damit glaubhaft gemacht, dass sie tatsächlich Immobilien vermakelt. Sie kann deshalb nicht als Mitbewerberin der Verfügungsbeklagten angesehen werden, weshalb sie nicht aktivlegitimiert ist. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Verfügungsbeklagte mit der beanstandeten Anzeige gegen § 16a EnEV verstoßen und sich deshalb unlauter verhalten hat.

Praxishinweis

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Verfügungsklägerin ihre Mitbewerbereigenschaft nicht glaubhaft gemacht, weshalb es bereits an ihrer Abmahnbefugnis gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG fehlte. Der Mitbewerber muss seine unternehmerische Tätigkeit im Zeitpunkt der Verletzungshandlung bereits aufgenommen und darf sie im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht beendet haben (BGH, GRUR 1995, 697; Köhler/Bornkam UWG, 33. Auflage § 8 Rdnr. 3.29). Diese Voraussetzungen hat die Verfügungsklägerin nicht glaubhaft gemacht. § 16a EnEV regelt die Verpflichtung, bei Immobilienanzeigen in kommerziellen Medien bestimmte Pflichtangaben zu machen. Die Vorschrift richtet sich an den Verkäufer und gem. § 16a Abs. 2 an Vermieter, Verpächter und Leasinggeber. Umstritten ist, ob die Vorschrift auch auf Makler Anwendung findet (Bejahend: LG Würzburg, IMR 2016, 303, LG Tübingen, IMR 2016, 86; LG München I, Urteil vom 16.11.2015 – 4 HK O 6347/15; LG Bayreuth, Urteil vom 28.04.2016 – 12 HK 57/15. Verneinend: LG Gießen, Urteil vom 11.09.2015 – 8 O 7/15 – juris; LG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2014; 12 O 167/14; LG Bielefeld, IMR 2016, 27; LG München II, Urteil vom 29.10.2015 – 2 HK O 3089/15; LG Berlin IMR 2016, 253; LG Flensburg, Hinweisbeschluss vom 22.02.2016 – 6 HK O 68/15;LG Berlin IMR 2016, 253, Osthus, AIZ 11/2015, Seite 46). Eine obergerichtliche Entscheidung liegt bislang nicht vor. Mit einer Entscheidung des OLG Hamm ist in Kürze zu rechnen.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2016, 388

1. Wenn ein Makler mit der Aussage „Unsere Kunden – Ihre neuen Mieter? FÜR VERMIETER KOSTENFREI. Wir suchen für unsere Kunden in guter Wohnlage … Vertrauen auch Sie Ihre Immobilie unseren Experten an“ wirbt, wird dem angesprochenen Vermieter vorgespiegelt, dass sich der Makler um die kostenlose Vermietung bemühen wird, wobei er aufgrund des Bestellerprinzips über das Empfehlen eines einzigen Mietinteressenten hinaus umsonst tätig werden müsste.

2. Sofern der Makler die Absicht hat, den Vermieter darauf hinzuweisen, dass er bei weiterer Tätigkeit für ihn über die Erstzuführung eines Mietinteressenten hinaus einen Maklervertrag mit ihm abschließen müsste, bleibt das Anlocken des Vermieterinteressenten durch die zunächst gegebene Irreführung wettbewerbswidrig.

LG Stuttgart, Urteil vom 30.09.2015 – 40 O 76/15 KfH
UWG § 3 Abs. 1, 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2; WoVermG § 2 Abs. 1a, § 6 Abs. 1

Problem/Sachverhalt

Der Beklagte (Makler) wirbt für seine Tätigkeit gegenüber Vermietern wie in Leitsatz 1 zitiert. Der Kläger, ein Mitbewerber, hält dies für irreführend und damit wettbewerbswidrig i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG. Ein unbefangener Vermieter verstehe die Werbung so, dass der Makler für ihn im Falle einer Beauftragung insgesamt provisionsfrei tätig werde. Das sei aber nicht der Fall, da der Makler nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a WoVermG vom Mietinteressent Provision verlangen könne. Der Makler weigert sich die verlangte Unterlassungserklärung abzugeben, weshalb der Mitbewerber Klage erhebt.

Entscheidung

Mit Erfolg! Die Werbung ist irreführend. Gemäß § 2 Abs. 1a WoVermG darf der Makler vom Mietinteressenten nur Provision verlangen, wenn er von ihm einen echten Suchauftrag erhalten hat. Kommt es mit diesem ersten Interessenten nicht zum Abschluss, kann der Makler für diese Wohnung von keinem weiteren Interessenten mehr Provision verlangen, da er sie dann „im Bestand“ hat. Der Makler wird also nun für seine weitere Tätigkeit im Erfolgsfall Provision vom Vermieter verlangen müssen. Durch die Aussage „Für Vermieter kostenfrei“ ohne Offenbarung der Voraussetzung hierfür, liegt eine Irreführung des Vermietungsinteressenten vor. Diese und der Anlockeffekt, den der Makler nutzt, um mit dem so Geworbenen unter Ausnutzung des Kontakts nach Beseitigung des Irrtums ein Geschäft abzuschließen, fällt unter § 3 Abs. 1, §§ 5 Abs. 1 Nr. 2 bzw. 5a Abs. 1 UWG, Irreführung durch Verschweigen einer Tatsache (vgl. Köhler/Bornkamm, 33. Auflage, § 5 UWG Rn. 2.177).

Praxishinweis

Nach dem seit 01.06.2015 geltenden Bestellerprinzip kann der Makler vom Wohnungssuchenden Provision nur noch unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a WoVermG verlangen. Hat der Makler Wohnungen, die er dem Wohnungssuchenden anbietet, bereits „im Bestand“, scheidet ein Provisionsanspruch gegen den Mietinteressenten aus. In diesen Fällen muss die Provision also vom Vermieter kommen. Die beanstandete Werbung ist irreführend. Sie suggeriert dem Vermieter, dass der beauftragte Makler für ihn bis zur Vermietung der Wohnung „kostenfrei“ tätig wird. Tatsächlich ist dies nur dann der Fall, wenn der Wohnungssuchende bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a WoVermG provisionspflichtig ist. Kommt es mit diesem nicht zum Abschluss, kann der Makler von weiteren Mietinteressenten keine Provision mehr verlangen. Er wird also nachträglich versuchen, mit dem Vermieter eine Provisionsvereinbarung zu treffen. Deshalb hält das Landgericht die Werbung auch unter dem Gesichtspunkt des Anlockens für wettbewerbswidrig.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2016, 254

Wer Zeitschriften – oder andere Waren – vertreibt, haftet auch für kriminelles (betrügerisches) Verhalten seiner Sub-Affiliates. Das ergibt sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.08.2011 (Az.: I ZR 134/10). Es konstituiert eine Art „Gefährdungshaftung“ im Affiliate-Marketing und zwingt Unternehmen im b2c-Geschäft verbraucherorientierte Prävention zu betreiben.

Ein Unternehmen im Zeitschriftenvertrieb hatte Kundendaten im sog. „Affiliate-System“ erhoben, eine internetbasierte Vertriebslösung, bei der ein kommerzieller Anbieter seine Vertriebspartner erfolgsorientiert durch eine Provision vergütet. Nach der beim Zeitschriftenvertrieb vorhandenen Datenlage hatte eine Kundin den „Harvard Business Manager“ bestellt, verifiziert durch eine Bestätigungs-E-Mail. Guten Gewissens übersandte der Zeitschriftenvertrieb eine „Auftragsbestätigung“ an die Kundin, die sodann durch eine Verbraucherzentrale mitteilen ließ, sie habe das Magazin nicht bestellt. Die Verbraucherzentrale machte einen Unterlassungsanspruch geltend, und zwar mit dem Argument, bereits die Ankündigung der Zusendung einer unbestellten Ware sei eine „unzumutbare Belästigung“ i. S. d. § 7 Abs. 1 UWG. Die erhobenen Kundendaten stellte die Verbraucherzentrale – zur Überraschung des Zeitschriftenvertriebs – als unzutreffend dar. Weder sei das Geburtsdatum der Kundin richtig, noch verfüge diese über einen Internet-Anschluss oder einen E-Mail-Account.

Der Zeitschriftenvertrieb stornierte die vermeintliche Kundenbestellung umgehend und stellte Recherchen zur Erhebung der Kundendaten an. Dabei wurde festgestellt, dass der E-Mail-Account der Kundin unmittelbar nach Übersendung der Bestätigungs-E-Mail gelöscht worden war. Ein nicht mehr zu ermittelnder Sub-Affiliate hatte Kundendaten manipuliert und eine Bestellung vorgetäuscht, um Provisionen zu erschleichen.

Da der Zeitschriftenvertrieb die Abmahnung der Verbraucherzentrale nicht akzeptieren wollte, stritten die Parteien in drei Instanzen um folgende Frage:

Können unverschuldete Belästigungen eines Verbrauchers dem Unternehmer auch dann zugerechnet werden, wenn der Unternehmer selbst Opfer betrügerischer Manipulationen wird?

Nachdem das Landgericht Heilbronn (21 O 70/09 KfH) dem Zeitschriftenvertrieb Recht gegeben hatte, hob das Oberlandesgericht Stuttgart (2 U 96/09) die Entscheidung auf und argumentierte wie folgt:

Der Unterlassungsanspruch der Verbraucherzentrale folge aus § 7 Abs. 1 S. 1 UWG. Die Zusendung der „Auftragsbestätigung“ sei objektiv eine „unzumutbare Belästigung“. Auf subjektive Faktoren – etwa die Erkennbarkeit der Belästigung für den Unternehmer – komme es nicht an. Die betrügerische Manipulation eines Dritten sei dem Zeitschriftenvertrieb auch zurechenbar. Mit der Teilnahme am Affiliate-Marketing sei eine Gefahrenquelle eröffnet worden, weshalb den Zeitschriftenvertrieb eine wettbewerbsrechtliche Verkehrssicherungspflicht und damit im Ergebnis eine Haftung treffe. Die grundrechtlich geschützte unternehmerische Freiheit habe gegenüber den Interessen der Verbraucher keinen Vorrang. Ein Geschäftsmodell müsse immer so beschaffen sein und unterhalten werden, dass ein Verbraucher von Belästigungen verschont werde.

Mit Urteil vom 17.08.2011 (Az.: I ZR 134/10) hat der Bundesgerichtshofs die Entscheidung des OLG Stuttgart bestätigt und den Unterlassungsanspruch der Verbraucherzentrale sowohl aus § 7 Abs. 1 S. 1 UWG als auch aus § 3 Abs. 3 UWG – Anhang Nr. 29 – hergeleitet. Der Irrtum des Zeitschriftenvertriebs sei irrelevant, denn er müsse sich jede Böswilligkeit der in seinem Geschäfts- und Verantwortungsbereich tätig gewordenen unbekannten Personen zurechnen lassen. Aus der zitierten Entscheidung des BGH geht hervor, dass sich dieser die detaillierten Begründungen des OLG Stuttgart zu Eigen macht.

Die Entscheidung des BGH unterstreicht zum wiederholten Male die Bedeutung des Verbraucherschutzes. Für Online-Händler dürfte es ratsam sein, in zweifacher Weise auf das Risiko zu reagieren:

Zum einen sollte die Empfehlungskette im Affiliate-System noch überschaubar sein, so dass die Qualität der Vermittlung überprüft werden kann. Zum anderen ist zu überlegen, ob Provisionen nicht erst dann fällig werden sollten, wenn der angeschriebene Verbraucher (Kunde) innerhalb eines gewissen Zeitraums keinen Widerspruch erklärt. Je nach Gestaltung des Provisionssystems erhöht oder verringert sich die Gefahr betrügerischer Manipulationen (Vertragsgestaltung).

Und schließlich – entgegen aller Aufregung – noch ein Hinweis zur Beruhigung:

Richtig teuer wird es erst dann, wenn im Wiederholungsfalle ein Ordnungsgeld droht. Eine Sanktion aus § 890 Abs. 1 ZPO setzt nämlich – anders als beim Unterlassungsanspruch – Verschulden voraus. Im Ordnungsgeldverfahren würden daher „die Karten neu gemischt“, denn das Verschulden des Zeitschriftenvertriebs dürfte nach Sachlage äußerst zweifelhaft sein.

1. Das Direktmarketing kennt verschiedene Vorgehensweisen. Telefonwerbung wird jedoch als seine effektivste Ausprägung angesehen. Dies erscheint vor dem Hintergrund verständlich, dass entsprechende Werbemaßnahmen verhältnismäßig einfach und kostengünstig durchgeführt und sehr individuell auf den jeweils Angerufenen abgestimmt werden können. Deshalb bestand aus Sicht des Gesetzgebers Regelungsbedarf, um eine massenhafte und ungebremste Entwicklung von Telefonmarketing zu Lasten aller Marktteilnehmer – insbesondere der Verbraucher – zu verhindern. § 7 II Nr.2 UWG klassifiziert daher solche werblichen Telefonanrufe gegenüber Verbrauchern als wettbewerbswidrig, die ohne deren Einwilligung erfolgen, also die so genannten „Cold Calls“. Dasselbe gilt für entsprechende Anrufe gegenüber sonstigen Marktteilnehmern – also Unternehmern –, denen nicht zumindest eine mutmaßliche Einwilligung zugrunde liegt.

2. Dreh- und Angelpunkt der Frage, ob Telefonwerbung im Einzelfall durchgeführt werden darf, ist damit die Frage, ob und wann eine Einwilligung im Sinne von § 7 II Nr.2 UWG vorliegt. Wie ist also der Begriff der Einwilligung zu verstehen?

Das BGB – nicht das UWG – definiert die Einwilligung in § 183 BGB als die „vorherige Zustimmung“. Dies erscheint logisch. Doch wie hat die ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers in der Praxis konkret zu erfolgen? Wann liegt eine konkludente, also schlüssige Einwilligung vor? Dazu schweigt das Gesetz – weder im BGB noch im UWG oder sonstigen Gesetzen findet sich eine ausdrückliche Regelung. Die Rechtsprechung hat sich daher zunehmend mit dieser Frage auseinanderzusetzen.

Sensibilisiert durch die öffentliche Debatte, die das Telefonmarketing seit der Novellierung des UWG begleitet, mahnen vor allem die klagebefugten Verbraucherverbände wettbewerbswidriges Verhalten ab, erwirken einstweilige Verfügungen oder erheben Klagen. Das damit verbundene Kostenrisiko liegt – je nach Entwicklung des Rechtsstreits – leicht jenseits einer Grenze von € 5.000,00. Deshalb ist das Bemühen um eine Klärung der Begrifflichkeit nicht nur akademischer Natur, sondern überaus praxisrelevant.

Der Idealfall der ausdrücklichen Einwilligung liegt nach der Rechtsprechung des BGH dann vor, wenn der Adressat des werblichen Telefonanrufs konkret oder generell um einen Anruf zum Zwecke der Werbung für entsprechende Produkte oder Dienstleistungen gebeten hat.

Demgegenüber ist von einer konkludenten Einwilligung auszugehen, wenn sich aus dem Handeln des Adressaten bzw. aus den Umständen heraus mittelbar sein Einverständnis mit Anrufen zu Werbezwecken ergibt; dabei ist entscheidend auf die objektive Erklärungsbedeutung des konkreten Verhaltens des Anrufempfängers im Einzelfall abzustellen.

Demnach liegt eine konkludente Einwilligung dann vor, wenn ein Kunde einem Unternehmen sowohl seine Adresse also auch seine Telefonnummer in der erkennbaren Absicht mitteilt, diese werde zu Werbezwecken genutzt werden. Eine schlüssige Einwilligung in Werbeanrufe kann auch dann zu bejahen sein, wenn ein Kunde sich selbst telefonisch mit einem Unternehmen in Verbindung gesetzt hat, ohne dabei um Rückruf zu bitten, desgleichen auch dann, wenn der Kunde Anrufe eines Unternehmens in der Vergangenheit begrüßt oder dort sogar Bestellungen getätigt hat.

Wird also eine derartige konkludente Einwilligung angenommen, dann ist ihr Umfang jedoch dahingehend einzuschränken, dass sie nur solche Werbeanrufe zulässt, die das konkrete Vertragsverhältnis oder den Voranruf des Kunden betreffen.

3. Wer Kostenrisiken vermeiden möchte, wird sich nicht auf die von Einzelumständen abhängige und schwer zu beweisende konkludente Einwilligung verlassen. Für die Praxis ist daher das Vorliegen bzw. der Nachweis einer ausdrücklichen Einwilligung zur Vermeidung wettbewerbsrechtlicher Auseinandersetzungen empfehlenswert. Obwohl sich die Rechtsprechung bereits vielfach mit der Frage der Einwilligung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr.2 UWG auseinandergesetzt hat, liegt – soweit ersichtlich – noch keine Entscheidung vor, die konkret eine Aussage zu zwingenden Grundvoraussetzungen einer zulässigen Einwilligungserklärung getroffen hat. Werden die einschlägigen Urteile ausgewertet, lassen sich dennoch Empfehlungen aus ihnen herauslesen, wie die Rahmenbedingungen für eine wirksame ausdrückliche Einwilligungserklärung zu gestalten sind.

Ausgehend vom wohl häufigsten Fall der vorformulierten Einwilligungserklärung auf einer Werbekarte ist primär darauf zu achten, dass die entsprechenden Passagen einer Prüfung anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu allgemeinen Geschäftsbedingungen standhalten. Diese Bestimmungen entfalten deswegen Wirkung für vorformulierte Einwilligungserklärungen zu werblichen Telefonanrufen, da der jeweilige Kunde keinen Einfluss auf ihre Gestaltung hat.

Vor diesem Hintergrund ist zu differenzieren:

Vorformulierte Einwilligungserklärungen müssen für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Kunden klar und verständlich sein. Ferner dürfen derartige Erklärungen nicht überraschend an versteckter Stelle im Begleittext oder in AGB enthalten sein. Schließlich ist die vorformulierte Einwilligung auf solche werbliche Telefonanrufe zu beschränken, die sich auf die bestehende oder angebahnte konkrete Vertragsbeziehung richten. Es darf also die Werbung für andere Produkte oder mögliche Vertragsbeziehungen nicht von der Einwilligungserklärung erfasst sein. Selbst wenn die Möglichkeit eingeräumt wird, eine entsprechende Einwilligung zu widerrufen, ändert sich dadurch nichts an dem Verbot, den von der Einwilligung umfassten Bereich auszuweiten.

Im Ergebnis ist eine vorformulierte Einwilligungserklärung unter folgenden Voraussetzungen als zulässig anzusehen:

a) Der Unternehmer muss die vorgesehene Telefonwerbung ganz klar und deutlich einschränken. Es ist daher zu empfehlen, neben dem Gegenstand der Werbung – z. B. Zeitschriftenwerbung – auch das Werbemedium – z. B. Anruf oder Email – und den Werbeberechtigten – Name und Anschrift des werbenden Unternehmens –verständlich und unmissverständlich zu beschreiben. Auf diese Weise wird der Kunde über sämtliche entscheidungserheblichen Umstände informiert – und zwar vor Abgabe seiner Erklärung.

b) Desgleichen sollte die Einwilligungserklärung deutlich abgehoben zur gesonderten Unterschrift vorgelegt werden. Dringend abzuraten ist davon, die Einwilligung – wie gelegentlich beobachtet – in den „Lieferbedingungen“ aufzunehmen, weil der Verbraucher dort nicht mit einem entsprechenden Hinweis rechnen muss.

c) Dem Verbraucher muss die Wahl gelassen werden, ob er eine telefonische „Betreuung“ durch die jeweilige Firma wünscht oder nicht. Diese Wahlmöglichkeit kann insbesondere durch das Ankreuzen eines entsprechenden Kästchens umgesetzt werden. Klarheit über die Frage der tatsächlichen Einwilligung in werbliche Telefonanrufe und damit ihre Beweisbarkeit wird zudem dadurch erreicht, dass der Kunde nach dem Ankreuzen des „Ja“-Kästchens die vorformulierte Einwilligungserklärung signiert. Nur so wird bei der Verwendung der häufig zum Einsatz kommenden Gewinnspielkarte hinreichend deutlich, ob der Verbraucher an einem Gewinnspiel teilnehmen möchte und darüber hinaus an Werbeanrufen interessiert ist.

d) Folgende Einwilligungserklärung ist nach diesseits vertretener Auffassung geeignet, den strengen Maßstäben des Gesetzes textlich zu genügen, wenngleich dieser Hinweis mit Rücksicht auf anderweitige Anforderungen (vgl. a) – c)) in keinem Fall die Beratung im Einzelfall ersetzt:

Außerdem bin ich damit einverstanden, dass mir telefonisch weitere Zeitschriftenangebote gemacht werden. Dies bestätige ich mit meiner Unterschrift.

Datum Unterschrift

e) Soweit der Unternehmer seine Marketingaktivitäten nicht selbst steuert, die Vertragsvermittlung vielmehr Dritten – etwa einem Call-Center – überlässt, sollte ihm stets bewusst sein, dass ihm eine wettbewerbswidrige Telefonwerbung zugerechnet wird, denn er setzt das Call-Center für seine Zwecke ein. Werden dabei Adressen verwendet, deren Herkunft der Unternehmer nicht kennt, so ist es empfehlenswert, sich nicht ungeprüft auf die Zusicherung zu verlassen, es liege eine wirksame Einwilligung im Sinne des Gesetzes vor. Der Unternehmer ist gut beraten, wenn er die konkreten Einwilligungen prüft oder zumindest Vorgaben macht, wie die Einwilligung beschaffen sein muss.

Es mag sein, dass die aufgezeigten – vergleichsweise strengen – gesetzlichen Grenzen zu Lasten eines effizienten Telefonmarketings gehen, sodass die Praxis eher im Bereich der juristischen „Grauzone“ agiert.

Dem Unternehmer sollte allerdings stets bewusst sein, wo die Grenze zum Risiko verläuft.

Sie wissen alle, mit welcher Kriegslist die antiken Griechen den Trojanischen Krieg gewannen. Metaphorisch versteht man unter einem „Trojaner“ bekanntlich jene List, die zum Ziel hat, harmlos getarnt in einen geschützten Bereich einzudringen. Kassandra, die Tochter des Königs, sah in Troja das Unheil voraus. Sie wurde nicht gehört, und heute bestaunen wir die Trümmer.

Was der Trojanische Krieg mit dem BMD zu tun hat? Nun, in fast jeder BMD-Ausgabe, die parallel auch als digitales Produkt zu haben ist, steckt ein „Trojaner“, der die Kundenbeziehung zwischen Abonnent und BMD untergräbt.

Das soll am Beispiel des Magazins „Spiegel“ erläutert werden, und zwar wie folgt:

Für den treuen Spiegel-Abonnenten, der im Beispielsfall eine BMD-Ausgabe bezieht, ist schon die Print-Ausgabe das Lesevergnügen am Montag. Ist dieser Abonnent 46 Jahre alt, verfügt er über einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss und ein überdurchschnittliches Einkommen, erfüllt er alle Merkmale eines durchschnittlichen IPad-Besitzers (vgl. 2. VDZ-Studie „Zeitschriftennutzung auf dem IPad“ vom 01.08.2012).

„Sie mögen den Spiegel und Sie haben ein Tablet oder ein Smartphone“, wird der BMD-Abonnent in der Print-Ausgabe gefragt, „dann entdecken Sie den Spiegel neu“, „Sie sehen, was andere nur lesen können, 360° Fotos eröffnen Ihnen neue ungewöhnliche Perspektiven, viele interaktive Grafiken verhelfen Ihnen schneller zu verstehen, was wirklich wichtig ist. Der Spiegel in der digitalen Welt kann mehr und das schon sonntags ab 8.00 Uhr. Wenn Sie schon Spiegel-Abonnent sind, kostet die digitale Ausgabe nur € 0,50 mehr.“

In der griechischen Mythologie widerstand Odysseus dem betörenden Gesang der Sirenen, während der BMD-Abonnent sich dem Charme der Werbestrategen des Spiegel-Verlags kaum zu entziehen vermag. Also meldet er sich unter www.spiegel.de/spiegel an und… scheitert bei der Eingabe der Kundennummer, die der Verlag nicht kennt. Kunststück, er ist nur BMD-Abonnent. Die freundliche Dame des sodann telefonisch kontaktierten Abonnenten-Services weiß Abhilfe, identifiziert ihn als BMD-Abonnenten und liefert auch ihm die „Eintrittskarte zur digitalen Welt“ à la Spiegel. Wie im Werbeslogan versprochen, erlebt er den Spiegel neu und hat – ganz nebenbei – auch einen neuen (weiteren) Vertragspartner, nämlich den Spiegel-Verlag. Harmlos getarnt hat sich ein „Trojaner“ in Form der Print-Ausgabe des Magazins in die Vertragsbeziehung zum BMD eingeschlichen. Von den Trojanern ist die Torheit überliefert, dass sie – listig getäuscht – den „Trojaner“ selbst hinter ihre sichergeglaubte Festung zogen und so „das eigene Grab schaufelten“. Den BMD-Unternehmern geht es ganz ähnlich, denn sie sorgen dafür, dass ihre Abonnenten jeden Montag „frei Haus“ einen „Trojaner“ erhalten, sie finanzieren die List über die Zustellungskosten und werden so zum Werkzeug ihres eigenen „Untergangs“. An die friedliche Koexistenz von Verlag und BMD-Unternehmer mag so recht niemand glauben, denn wenn der Leser die Werbebotschaft verstanden hat, dass der digitale Spiegel mehr kann als die Print-Ausgabe, entscheidet er sich früher oder später für den Verlag. Spätestens mit dem Ende des vielleicht befristeten Print-Abos bei seinem BMD-Vertragspartner endet das preisgünstige digitale Zusatzangebot. Und dann? Wird der Verlag „seine“ Vertragsbeziehung zum Kunden nicht nutzen? Wie interessant ist das Angebot des BMD-Unternehmers noch, der das (noch) nicht kann, was dem Verlag möglich ist, und folglich nur „alte Hüte“ anbietet?

Wer dann doch die Kassandra-Rufe des Advokaten hört, stellt die Frage: Dürfen die Verlage das?

Nun, ein Unterlassungsanspruch könnte sich aus dem Gesichtspunkt der sog. „positiven Vertragsverletzung“ (§ 280 Abs. 1 BGB) ergeben. Das würde voraussetzen, dass die Verlage eine ihnen obliegende Pflicht aus dem Vertragsverhältnis verletzen. Was aber macht die Rechtsbeziehung zwischen Verlagen und BMD-Unternehmen aus? Wer die Frage beantworten will, muss sich – historisch interessiert – mit verstaubten Relikten aus den 50er Jahren auseinandersetzen, wird dann allerdings auch belohnt. „Schriftlich fixierte Lieferungs- und Zahlungsbedingungen werden durch Usancen ergänzt, die durch jahrzehntelange Praktizierung inzwischen zu ungeschriebenem Handelsbrauch geworden und zum Teil durch Rechtsprechung erhärtet worden sind“ (vgl. Brummend, Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung, Struktur und Organisation des Pressevertriebs, München 2006, S. 406). Aus Handelsbräuchen der 50er Jahre ist bekannt, dass sich Verleger und Buch- und Zeitschriftenhändler gegenseitig „unbedingten Kundenschutz“ zusichern. Zwischen den Parteien besteht ein Dauerlieferungsvertrag, dessen wesentliches Ziel es ist, langfristige Abonnements zum wechselseitigen Nutzen zu schaffen. Das kommt vor allem in den Vergütungsregelungen zum Ausdruck. Der Werbekostenzuschuss (WKZ) wird häufig nur unter der Voraussetzung gezahlt, dass die Abonnements eine bestimmte „Haltbarkeit“ haben. Das wechselseitige Bemühen um eine dauerhafte Kundenbeziehung ist seit Jahrzehnten ein prägendes Merkmal in der Vertragsbeziehung zwischen Verlagen und BMD-Unternehmen.

Dieses durch Verkehrssitte und Vereinbarungen festgelegte Ziel wird aber geradezu konterkariert, wenn die Verlage die BMD-Auflage als Blattform für ein Produkt nutzen, das sie in ihrer Werbung als „überlegen“ herausstellen und damit den Leser früher   oder später zum Anbieterwechsel provozieren. In einer bestehenden Vertragsbeziehung gilt darüber hinaus der Grundsatz der wechselseitigen Rücksichtnahme, der verletzt wird, wenn das Verlags-Marketing die „Umdeckung“ der BMD-Bestände zur Konsequenz hat.

Wegen der Gefährdung der Bestände durch laufende „Umdeckung“ besteht also ein Unterlassungsanspruch, der jedenfalls – sollen weitergehende Konflikte vermieden werden – Veranlassung sein muss, den Umgang mit dem digitalen Produkt zu ordnen. Brisant ist das Problem, solange den BMD-Unternehmen der Zugang zum digitalen Produkt verweigert wird. Der Aufwärtstrend beim Verkauf von Tablets hält nämlich an. Die Verkaufszahlen stiegen in Deutschland 2012 um 29 % auf 2,7 Mio. Stück (www.bitkom.org/de/markt_statistik/64050_70631.aspx). Die Verlage tragen mit ihren rabattierten Tablet-Angeboten zur Verbreitung der „Easy to use“-Geräte bei. Platziert in der BMD-Auflage wird der „Trojaner“ so zum existentiellen Problem der BMD-Unternehmen.

IMR-Beitrag: Entscheidungsbesprechung

Folgt der Nachweistätigkeit des Maklers der Hauptvertragsabschluss in angemessenem Zeitabstand, spricht eine tatsächliche Vermutung für deren Kausalität. An den Gegenbeweis sind strenge Anforderungen zu stellen.

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 01.12.2015 – 8 U 2/14, BGB § 652

Sachverhalt

Der klagende Makler veröffentlichte im Internet ein Exposé mit einem eindeutigen Provisionsverlangen. Der Beklagte meldete sich daraufhin bei dem Makler, und bat um Vereinbarung eines Besichtigungstermins, den der Makler für den nächsten Tag organisierte. Die Besichtigung fand in Anwesenheit des Verkäufers statt. Gut zwei Monate später kam es zum Abschluss des Kaufvertrages. Die entsprechende Provisionsrechnung zahlte der Beklagte nicht. Die Tätigkeit des Maklers sei nicht ursächlich für den Abschluss des Kaufvertrages gewesen. Der daraufhin erhobenen Provisionsklage gab das Landgericht ohne Beweisaufnahme statt. Aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts spreche eine tatsächliche Vermutung für die Kausalität der Maklerleistung für den Abschluss des Kaufvertrages. Diese tatsächliche Vermutung habe der Beklagte nicht zu erschüttern vermocht. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das OLG bestätigt zunächst den Abschluss des Maklervertrages und die Nachweistätigkeit des Maklers. Diese sei auch für den Abschluss des Kaufvertrages kausal gewesen. Grundsätzlich trägt zwar der Makler die Darlegungs- und Beweislast für die Kausalität zwischen Maklertätigkeit und Kaufvertragsabschluss. Der Schluss auf den Ursachenzusammenhang ergibt sich dabei jedoch von selbst, wenn der Nachweistätigkeit der Vertragsabschluss in angemessenem Zeitabstand folgt (BGH IMR 2008, 98). Dies gilt nur dann nicht, wenn der Maklerkunde die ihm vom Makler gegebenen Informationen bereits zuvor anderweitig erlangt hat. Denn dann spricht nichts dafür, dass gerade die Tätigkeit des klagenden Maklers zum Erfolg geführt hat. Jedoch steht, da Mitursächlichkeit ausreicht, eine Vorkenntnis dem Vergütungsanspruch des Maklers nicht entgegen, wenn dieser
über die Mitteilung der bereits bekannten Umstände hinaus – dem Kunden eine wesentliche Maklerleistung erbringt (BGH NJW-RR 2014, 1272, 1274 Nr. 16 a. E.). Der die tatsächliche Vermutung begründende angemessene zeitliche Zusammenhang zwischen der Nachweistätigkeit des Klägers und dem Abschluss des Hauptvertrages ist im vorliegenden Fall gewahrt. Bei der tatsächlichen Vermutung handelt es sich um einen Fall des Anscheinsbeweises (BGH NJW 1993, 3259). Den für den Kläger sprechenden Anscheinsbeweis hat der Beklagte nicht zu erschüttern vermocht. An den Gegenbeweis zur Erschütterung des Anscheinsbeweises sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Auftraggeber hat substantiiert Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Kausalverlaufs ergibt. Der Vortrag des Beklagten genügt diesen strengen Anforderungen nicht.

Praxishinweis

Die Entscheidung folgt ständiger Rechtsprechung. Als angemessener Zeitabstand, der die tatsächliche Kausalitätsvermutung rechtfertigt, sind drei bis fünf Monate (BGH NJW 1980, 123), vier Monate (BGH IBR 1999, 286), mehr als ein halbes Jahr (BGH NJW 2005, 3779, 3781) und acht Monate (OLG Bamberg, IMR 2012, 299) angenommen worden. Sind zwischen dem Nachweis und dem Abschluss des Hauptvertrages ein Jahr (oder mehr) vergangen, streitet dagegen nicht mehr ein sich von selbst ergebender Schluss auf den Ursachenzusammenhang für den Makler (BGH IMR 2006, 89; OLG Stuttgart NJW-RR 2010, 486; OLG München IMR 2015, 424). Im Übrigen kommt es hinsichtlich der Angemessenheit des Zeitabstandes auf die Besonderheiten des Einzelfalles an.

 

Rechtsanwälte Franz Dänekamp und RAin Dr. Melanie Kölln*

Dauerbezugsverträge werden nicht selten von selbstständigen Vertriebspartnern gegen Provision vermittelt. Dabei ergeben sich erhebliche wirtschaftliche Risiken, denn in den mit dem Massengeschäft befassten Branchen wird vielfach übersehen, dass die gesetzlichen Provisionsregelungen nicht dispositiv sind. Für Zündstoff sorgt die aktuelle Entscheidung des BGH vom 12.3.2015 (NJW 2015, 1754), weil dort die Grenzen vertraglicher Gestaltungsfreiheit in Bezug auf so genannte Sprunghaftungsklauseln aufgezeigt werden. Dieser Beitrag zeigt einerseits die enge Verzahnung zwischen vertraglicher Provisionsgestaltung und prozessualer Durchsetzung streitiger Ansprüche und lotet andererseits aus, welche Folgen bestimmte Gestaltungsvarianten – vor allem im Massengeschäft – haben können.

I.
Einleitung:
Die wirtschaftliche Bedeutung der Vermittlung von Dauerschuldverhältnissen

Die wirtschaftliche Bedeutung von Vertriebsverträgen in den angesprochenen Branchen (Telekommunikation, Energie, Verlage etc) ist erheblich. Der Vertrieb umfasst zunächst generell den Unternehmensbereich, der unmittelbar auf den Absatz von Waren oder Dienstleistungen des Unternehmens gerichtet ist, mit anderen Worten den Bereich, in dem das Unternehmen Geld verdient. Ist ein Vertriebspartner effizient und verfügt er gegebenenfalls über ein Netz von Untervertriebspartnern, so erwirtschaftet er nicht selten jährlich Provisionsumsätze in Millionenhöhe. Telekommunikations- und Energieversorgungsunternehmen zahlen etwa im B2C-Geschäft (Business-to-Customer) 3-stellige Beträge als Einmalprovisionen pro vermitteltem Endkundenvertrag. Einmalprovisionen zeichnen sich dadurch aus, dass die gesamte Vermittlungstätigkeit, die auf den jeweiligen Kundenvertrag entfallen ist, abgegolten wird. Angesichts der beachtlichen wirtschaftlichen Bedeutung der Vermittlung von Dauerschuldverhältnissen ist es erstaunlich, dass sich die Rechtsprechung bisher wenig mit der Verprovisionierung derartiger Verträge beschäftigt hat.

II.
Die Komplexität von Provisionsstreitigkeiten im Massengeschäft

Ein Grund dafür, dass Provisionsstreitigkeiten im Massengeschäft relativ selten in gerichtliche Auseinandersetzungen münden, dürfte der Umstand sein, dass Vertriebspartner den insoweit erforderlichen Aufwand scheuen. Wer beurteilen will, ob er die ihm – nach Vertrag oder Gesetz – zustehenden Provisionen erhalten hat, muss wissen, ob der Vermittlungserfolg (§ 87 I HGB) eingetreten und ob der Provisionsanspruch entstanden und fällig ist (§ 87 a HGB), zum Beispiel, ob der Unternehmer und/oder der Dritte (Kunde) das Geschäft ausgeführt haben. Prozessual ist dieses Wissen im Fall der Klage von Bedeutung, weil der Vertriebspartner (Handelsvertreter) als Anspruchsteller Grund und Höhe seines Provisionsanspruchs darlegen und beweisen muss.

1. Darlegung des Provisionsanspruchs

Die Konsequenzen der Vortrags- und Beweislast sind im Massengeschäft erheblich. Denn bezogen auf jeden einzelnen Vertrag, den der Vertriebspartner vermittelt hat, muss substanziiert in einer Qualität vorgetragen werden, die den Anforderungen des § 253 II Nr. 2 ZPO an eine wirksame Klageerhebung genügt. Folglich ist für eine Vielzahl von Einzelfällen der Nachweis zu führen, dass sämtliche Provisionsentstehungsvoraussetzungen vorliegen und der Provisionsanspruch – in der geltend gemachten Höhe – besteht.

2. Darlegung des Anspruchs auf Provisionsrückzahlung

Das gleiche Problem kann sich stellen, wenn der Unternehmer Ansprüche auf Rückzahlung bereits ausbezahlter Provisionen mit einer Klage geltend macht. Der Provisionsanspruch kann etwa auf Grund vertraglicher Bestimmungen wieder entfallen. Aber auch das Gesetz sieht Rückforderungsansprüche vor, wenn der vermittelte Vertrag scheitert (§ 87 a II und III 2 HGB).

Keinesfalls reicht es aus, wenn sich der Vertriebspartner hinsichtlich des Anspruchs auf Provisionsvergütung oder der Unternehmer bezüglich seines Rückforderungsanspruchs im Wesentlichen auf Anlagenkonvolute (Abrechnungsunterlagen) bezieht, wie es häufig zu beobachten ist. Dies ist allenfalls zulässig, wenn die Anlagenkonvolute aus sich heraus verständlich sind, also die Anspruchsvoraussetzungen für jede einzelne Forderung belegen, die in der Summe den mit der Klage geltend gemachten Betrag ergeben. In der Praxis ist dies jedoch häufig nicht der Fall.

Bedeutung haben aus sich heraus verständliche Anlagenkonvolute für den fakultativen Inhalt eines Schriftsatzes. Sie können aber den zwingenden Inhalt eines Schriftsatzes nicht ersetzen, das heißt, diejenigen Voraussetzungen, welche die Klageschrift nach § 253 II Nr. 2 ZPO enthalten muss.

3. Unzulässigkeit der Klage/Verjährung

Der Erfolg oder Misserfolg einer derartigen Klage, die auf die Zahlung oder Rückzahlung von Provisionen gerichtet ist, entscheidet sich – häufiger als sonst – bereits bei Klageerhebung. Denn wenn vorab nicht sorgfältig geprüft wird, ob der Prozessstoff ausreichend ist, um den jeweils einzelnen Anspruch substanziiert darlegen und beweisen zu können, ist der Fehler bisweilen kaum noch korrigierbar. Die Folgen, die sich aus einer den Anforderungen des § 253 II Nr. 2 ZPO nicht genügenden Klage ergeben, können fatal sein. Verletzt nämlich der Kläger die obligatorischen Voraussetzungen der Klageschrift (§ 253 II ZPO), so ist die Klage nicht ordnungsgemäß erhoben und daher unzulässig. Mängel, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vor allem aber die wesentlichen Formerfordernisse des § 253 II ZPO berühren, sind im Hinblick auf die Verjährung der geltend gemachten Ansprüche problematisch. Zwar hemmt auch die zunächst unzulässige Klage die Verjährung, allerdings kommt es darauf an, dass der Mangel bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung behoben wird und auch noch behoben werden kann. Die praktische Hürde, die es zu nehmen gilt, stellen Abrechnungstabellen mit oft mehreren tausend Kundensätzen dar, welche die notwendigen Angaben nicht immer in der erforderlichen Detailliertheit vorhalten.

Die praktische Relevanz der Verjährungsprobleme ergibt sich aus Folgendem: Der Provisionsanspruch unterliegt der Regelverjährung von drei Jahren (§ 195 BGB). Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt gem. § 199 I BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmalen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit objektiv erlangen müsste. Viele Provisionsstreitigkeiten entstehen aber erst, wenn Vertriebsverträge durch Kündigung beendet werden oder wenn – nach längerer Zeit – Unstimmigkeiten über die Abrechnungen entstehen. Rückwirkend wird dann betrachtet, welche Stornierungen provisionsrelevant sind, innerhalb eines Kontokorrentverhältnisses zu berechtigten oder unberechtigten Verrechnungen geführt haben, welche Provisionsforderungen noch bestehen oder welche Provisionen zurückgezahlt werden müssen. Innerhalb der vergleichsweise kurz bemessenen Regelverjährung von drei Jahren sind oft erhebliche Provisionsforderungen oder verrechnete Ansprüche auf Rückzahlung von Provisionen entstanden, und zwar auf Basis von Vermittlungsleistungen, die dann kurz vor Ende der Verjährung im Detail geprüft werden müssen. Es kommt zu einem Konflikt verschiedener Anforderungen. Einerseits soll die Verjährung durch Erhebung der Klage gehemmt werden (§ 204 I Nr. 1 BGB), andererseits wird diese Wirkung letztendlich nur erzielt, wenn es gelingt, jeden einzelnen Anspruch aus einer Vielzahl von Provisionsansprüchen so darzulegen, dass der Klageanspruch jeweils hinreichend individualisiert ist.

4. Individualisierung des Streitgegenstandes (Anforderungen)

In der Regel beziehen sich die Parteien bei der Darlegung ihrer Klageforderung auf Rechnungen oder Gutschriften, die eine Vielzahl von behaupteten Einzelforderungen enthalten, deren Individualisierung sich aber nicht aus den Rechnungen – zumeist auch nicht aus deren Anlagen – ergibt. Bleibt die Individualisierung bei Erhebung der Klage unklar, so kann nicht geklärt werden, welche konkreten Einzelforderungen streitgegenständlich sein sollen. Aus gutem Grund hat daher auch der BGH die Klage eines Handelsvertreters für nicht hinreichend bestimmt gehalten, bei der eine Forderung auf Zahlung restlicher Provisionen nur als Summe eingeklagt wurde, ohne dass der Kläger hinreichend präzisiert hatte, welche Einzelforderungen noch offen waren, nachdem der Beklagte unstreitig Zahlungen auf einzelne Forderungen erbracht hatte. Nur unter der Voraussetzung der Individualisierung kann im Übrigen das Gericht den Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis beurteilen, und nur unter dieser Voraussetzung wird der Umfang der inneren (materiellen) Rechtskraft nach § 322 ZPO deutlich. Im Hinblick auf diese Anforderungen muss der Streitgegenstand klar umrissen sein.

5. Auskunftsklage

Ist die Klage aber bereits erhoben und erweist sie sich als nicht hinreichend individualisiert, so sind Korrekturen insbesondere für den klagenden Vertriebspartner kaum möglich, wenn dieser nicht auf die Unterlagen und Dateien zugreifen kann, aus denen sich die anspruchsbegründenden Umstände ergeben. Diese „lagern“ in der Regel in der Sphäre des Unternehmers, so dass der richtige und erfolgsversprechende Weg nur über die Auskunftsklage nach Maßgabe des § 87 c II HGB gehen kann.

III.
Leistungsklage oder vorbereitende Stufenklage

Die Beantwortung der Frage, ob der (verjährungshemmenden) Leistungsklage eine Auskunftsklage im Rahmen einer Stufenklage (§ 254 ZPO) vorgeschaltet sein sollte, ist von verschiedenen Faktoren abhängig.

1. Situation des Unternehmers

Der Unternehmer, der die Rückzahlung von Provisionen beansprucht, dürfte die Leistungsklage direkt erheben können, weil sich die Umstände, die als anspruchsbegründende Tatsachen vorzutragen sind, aus seiner Sphäre ergeben.

2. Situation des Vertriebspartners

Die Situation des Vertriebspartners ist wesentlich schwieriger. Er vermittelt in der Regel nur den Abschluss von Geschäften im Namen des Unternehmers, ohne aber auch den Abschluss selbst zu vollziehen. Soll der Vertriebspartner auch als Abschlussvertreter tätig sein, benötigt er einen gesonderten Auftrag und eine Vollmacht. Der Vertriebspartner nimmt zumeist einen Kundenauftrag entgegen, der Angebot iSd § 145 BGB ist und der Annahme (§ 146 BGB) durch den Unternehmer bedarf. Denn provisionspflichtig sind nach dem Gesetz nur die abgeschlossenen Geschäfte, die der Vertriebspartner vermittelt hat (§ 87 I HGB).

Im Massengeschäft übermittelt der Vertriebspartner die Kundenaufträge häufig via elektronischer Schnittstelle. Damit beginnt das Problem, denn im weiteren Verlauf erfährt der Vertriebspartner oft nichts über das Schicksal des vermittelten Auftrags. Zumindest bleibt in vielen Fällen unklar, woran der Provisionsanspruch gescheitert sein könnte, sei es, weil eine Annahme (§ 146 BGB) des Unternehmers ausgeblieben ist, sei es, weil nicht näher feststellbare Umstände zum Scheitern des vermittelten Vertrages geführt haben. Zwar ist der Unternehmer zur Abrechnung (§ 87c HGB) über die Provision verpflichtet, aber derartige Abrechnungen sind gerade im Massengeschäft häufig derart lückenhaft, dass eine präzise Einschätzung, ob der Provisionsanspruch – im jeweiligen Einzelfall – besteht oder nicht, nicht möglich ist.

Sind dagegen die Abrechnungen hinreichend präzise, kann sich der Vertriebspartner für die Leistungsklage entscheiden, falls sich aus diesen ergibt, dass Provisionen nicht in vollem Umfang ausgezahlt worden sind. Im anderen Fall bleibt nur der – wie sich noch zeigen wird – „steinige Weg“ der vorgeschalteten Auskunftsklage (§ 87 c II HGB). Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass der Hilfsanspruch aus § 87c II HGB nicht isoliert geltend gemacht wird, denn die nur isolierte Geltendmachung würde nicht die Verjährung hemmen.

IV.
Der Buchauszug bei der Vermittlung von Verträgen im Massengeschäft

1. Inhalt des Buchauszugs

Macht der Handelsvertreter seine Rechte aus § 87 c II HGB geltend, verlangt er also die Erteilung eines Buchauszugs, so bedient er sich eines Instruments, das Informationsdefizite bei der Durchsetzung von Provisionsansprüchen beheben soll. Der Buchauszug muss eine vollständige und lückenlose rechtliche Überprüfung der auf die Provisionen bezogenen Anspruchsvoraussetzungen ermöglichen. Dabei geht die Rechtsprechung davon aus, dass Buchauszüge grundsätzlich umfassender sind als Abrechnungen. Daher sei die Überlassung des Auszugs nur dann nicht erforderlich, wenn der Handelsvertreter Provisionsabrechnungen erhalten habe, die sich lückenlos über den gesamten Vertragszeitraum erstreckten, chronologisch geordnet seien und alle für den Buchauszug erforderlichen Angaben enthielten.

Gegen die Erfassung der oben genannten Individualisierungsmerkmale wird in der Praxis bisweilen eingewandt, der Vertriebspartner verfüge bereits aus den erhaltenen Abrechnungen über die Kunden- und Antragsdaten, weshalb kein entsprechender Auskunftsanspruch gegen den Unternehmer bestehe. Dem ist indessen entgegenzuhalten, dass Auskünfte zu den vermittelten Anträgen und Geschäften nur dann Sinn machen, wenn ein konkreter Bezug zu Kundendaten (Kundenname, Anschrift, Auftragsnummer etc) hergestellt wird.

2. Formulierung des Klageantrags

Um sodann den erforderlichen Inhalt des Buchauszugs beurteilen zu können, der Gegenstand eines spezifizierten Klagantrags sein muss, ist eine umfassende Analyse aller Tatbestandsmerkmale erforderlich, die für den jeweiligen Provisionsanspruch relevant sind. Fehlen derartige Merkmale oder werden sie nicht präzise beschrieben, wäre ein auf dieser Grundlage ergehendes Urteil entweder unzureichend oder hätte keinen vollstreckungsfähigen Inhalt.

3. In den Buchauszug aufzunehmende „Geschäfte“

In einem weiteren Schritt ist – insbesondere im Massengeschäft – zu überlegen, welche vermittelten Anträge provisionsrelevant sein könnten, nach den Abrechnungen des Unternehmers aber offenbar nicht provisionsrelevant sein sollen, ohne dass insoweit nachvollziehbare Gründe gegeben sind. Zu klären ist daher das Schicksal der eingereichten (ggf. vom Unternehmer nicht angenommenen) Anträge und das Schicksal der tatsächlich zu Stande gekommenen Verträge. Diese Differenzierung ist erforderlich, weil der Wortlaut des Gesetzes irritierend ist. Gem. § 87 c II HGB kann der Handelsvertreter einen Buchauszug „über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt“. Nach § 87 HGB hat der Handelsvertreter „Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte“.

Wird nur der Wortlaut der Vorschrift berücksichtigt, könnte tatsächlich der Eindruck entstehen, dass nur abgeschlossene Geschäfte in den Buchauszug aufzunehmen sind, also Verträge, die durch korrespondierende Willenserklärungen (Angebot und Annahme) zu Stande gekommen sind. Die Konsequenzen wären allerdings absurd, denn der Unternehmer könnte das Schicksal vermittelter Angebote iSd § 145 BGB mit der pauschalen Begründung offenlassen, diese seien nicht iSd § 146 BGB angenommen worden, sie hätten keine „Geschäfte“ bewirkt. Damit würde § 87 c II HGB, der dem Handelsvertreter – wenn man so will – einen Blick „hinter die Kulissen“ gestatten soll, teilweise seinen Sinn verlieren. Aus diesem Grund wird nahezu einhellig vertreten, dass der Buchauszug alles erfassen muss, was die Bücher des Unternehmers im Zeitpunkt der Ausstellung über die fraglichen Geschäfte ausweisen und für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein kann. Weil alle provisionsrelevanten Umstände in den Buchauszug aufzunehmen sind, gehört auch die Annahmeerklärung – gegebenenfalls das Datum der Annahmeerklärung – zum notwendigen Inhalt des Buchauszugs. Das gilt selbst dann, wenn die Entstehung des Provisionsanspruchs nach den individuellen Regeln im Vertriebsvertrag vorverlagert wird, die Provision also schon dann auszuzahlen ist, wenn der vermittelte Antrag (§ 145 BGB), der ein definiertes „Prüfungsstadium“ erreicht hat, noch nicht einmal angenommen worden ist. Auch in diesem Fall kann die spätere Annahmeerklärung – wenn auch vertraglich nicht provisionsrelevant – rechtlich von Bedeutung sein, dann nämlich, wenn das Geschäft nicht ausgeführt wird und deshalb im Regelfall nach § 87 a III 1 HGB der Provisionsanspruch entstanden ist. Um den Provisionsanspruch nach § 87 a III 1 HGB begründen zu können, muss der Handelsvertreter den Geschäftsabschluss nachweisen.

4. Form des Buchauszugs

Im Massengeschäft ist von Bedeutung, dass die Daten ausschließlich rechnergestützt verarbeitet werden und die Vertragsparteien zumeist Excel-Listen mit Kundenstatus austauschen, die auch Gegenstand der Abrechnungen sind. Unter dieser Voraussetzung dürfte nicht zweifelhaft sein, dass der Buchauszug in entsprechender Form zu erteilen ist, denn eine manuelle Bearbeitung der Auskünfte ist nicht zumutbar, allemal dann nicht, wenn die rechnergestützte Verarbeitung der Übung der Parteien entsprach.

V.
Provisionsklauseln und Inhalt des Buchauszugs

Wie aufgezeigt wurde, sind nach der Rechtsprechung des BGH alle Angaben über die vermittelten Geschäfte und ihre Ausführung in den Buchauszug aufzunehmen, soweit sie nach der getroffenen Provisionsvereinbarung von Bedeutung sind.

1. Vertragsdetails im Massengeschäft

Im Massengeschäft enthält die Provisionsvereinbarung häufig komplizierte Details, insbesondere dann, wenn technische Leistungen Gegenstand des vermittelten Vertrags sind. Der Unternehmer versucht, regelmäßig alle Anforderungen zu berücksichtigen, die sich im Hinblick auf das vermittelte Geschäft ergeben können. Er definiert dabei die Anforderungen des Geschäfts, für dessen Vermittlung er eine Provision zahlen will, und bestimmt Merkmale, die dem Provisionsanspruch entgegenstehen oder diesen entfallen lassen. Er beschreibt in diesem Zusammenhang das Prüfungsprozedere (Clearing-Verfahren) und die Auswirkungen auf den Provisionsanspruch. Geprüft wird etwa die Bonität des Kunden, die Plausibilität der übermittelten Daten, die Wirksamkeit der Willenserklärung, der eventuelle Widerruf, die Anfechtung oder die technische Verfügbarkeit der dem Kunden angebotenen Leistung nach detaillierten Vorgaben. Teilweise sind derartige Merkmale als Provisionsentstehungsvoraussetzungen gestaltet, teilweise definieren die Merkmale Umstände, die den Provisionsanspruch erst rückwirkend wieder entfallen lassen.

2. Begründungsaufwand in der Provisionsklage

Nicht selten wird die Provisionsentstehung – abweichend von § 87a I 1 HGB – vorverlagert, um die Liquidität des Vertriebspartners zu verbessern. In Betracht kommt etwa, den Provisionsanspruch schon dann entstehen zu lassen, wenn das vermittelte Geschäft zu Stande gekommen ist. In solchen Fällen werden allerdings zumeist zahlreiche Umstände der geschilderten Art beschrieben, die – soweit sie vorliegen – den Provisionsanspruch rückwirkend wieder entfallen lassen. Je nach Gestaltung verschiebt sich die Vortrags- und Beweislast zu Gunsten oder zu Lasten des Handelsvertreters oder des Unternehmers. Ist die Provisionsentstehung von vielen Voraussetzungen abhängig, erfordert die Darlegung im Rahmen der Provisionsklage (Leistungsklage) einen ganz erheblichen Begründungsaufwand, nachdem der – entsprechend detailreich ausgestaltete – Buchauszug ausgewertet worden ist. An dieser Stelle zeigt sich der Zusammenhang zwischen der Gestaltung der Provisionsklausel und dem Inhalt des Buchauszugs. Je detailreicher die Provisionsentstehungsvoraussetzungen formuliert sind, umso mehr Informationen hat der Buchauszug auszuweisen.

3. Qualität des Abrechnungsverfahrens

Vordergründig mögen detailreich gestaltete Provisionsklauseln in der gerichtlichen Auseinandersetzung für den Unternehmer vorteilhaft sein, weil der vortrags- und beweispflichtige Handelsvertreter mit einem erheblichen Begründungsaufwand konfrontiert ist. Bei genauerer Betrachtung erweist sich eine derartige Gestaltungsvariante unter Umständen aber als „Damoklesschwert“, denn der Unternehmer muss die Abrechnungsverfahren rechnergestützt so wählen, dass er – gewissermaßen auf Knopfdruck – die Anforderungen des entsprechend auszugestaltenden Buchauszugs erfüllen kann. Sind indessen die Vertragsklauseln und das Abrechnungsprozedere nicht kompatibel, ergeben sich erhebliche Probleme, insbesondere in Bezug auf Stornierungstatbestände. Wurden die entsprechenden Informationen, etwa bei der Ausübung des Widerrufsrechts durch den Kunden, nicht präzise erfasst, so sind diese zu einem späteren Zeitpunkt kaum noch rekonstruierbar.

4. Problem: Nicht ausgeführte Geschäfte (§ 87 a III HGB)

Besonders folgenreich erweist sich dabei die Anwendung des bereits erwähnten § 87 a III HGB. Wird der vermittelte Antrag angenommen, das Geschäft aber nicht ausgeführt, so besteht grundsätzlich der Provisionsanspruch (Regelfall). Dieser Anspruch besteht zwingend, also unabhängig von einer abweichenden Provisionsvereinbarung, denn gem. § 87 a V HGB sind von diesem Grundsatz abweichende, für den Handelsvertreter nachteilige Vereinbarungen unwirksam. Der Anspruch kann gem. § 87 a III 2 HGB nur noch entfallen, wenn die Nichtausführung auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. In der gerichtlichen Auseinandersetzung muss der Handelsvertreter lediglich vortragen und beweisen, dass die Nichtausführung des Geschäfts feststeht. Sodann muss der Unternehmer – um der Provisionspflicht zu entgehen – vortragen und beweisen, dass er die Nichtausführung nicht zu vertreten hat. Hat allerdings der Unternehmer die Umstände, die für die Nichtausführung des Geschäfts maßgeblich waren, nicht ausreichend dokumentiert und finden sich diese im Buchauszug nicht wieder, so ist die Provision zu zahlen. Unklarheiten gehen also zu Lasten des Unternehmers, und zwar mit der Konsequenz, dass möglicherweise alle oder ein großer Teil der Geschäfte zu verprovisionieren sind, die Gegenstand der vom Unternehmer geführten Stornierungslisten sind. Hier liegt daher eines der vielen Probleme, die zu den typischen Risiken des Massengeschäfts gehören.

VI.
Ausschluss von Teilprovisionsansprüchen

Bei der Ermittlung des Provisionsanspruchs – respektive hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an den Buchauszug – ist nicht nur auf die vertraglichen Inhalte der Provisionsregelung abzustellen. Vielmehr ist auch unter Berücksichtigung des § 87 a I 3, 5 HGB zu fragen, ob bei der Gestaltung der Provisionsklauseln nicht dispositive Bestimmungen im Recht des Handelsvertreters verletzt wurden.

1. Sprunghaftung/Einmalprovision

Es geht im Kern um eine häufig in Vertriebsverträgen aufzufindende Klausel, die immer dann Anwendung findet, wenn die Vermittlung von Dauerschuldverhältnissen mit einer Einmalprovision vergütet wird. Da der Unternehmer im Dauerschuldverhältnis den Ertrag erst sukzessive, zumeist durch monatliche Zahlungen des Kunden, erwirtschaftet, versucht er zu definieren, unter welchen Voraussetzungen das vermittelte Geschäft für ihn so werthaltig geworden ist, dass die Provision bei seinem Vertriebspartner verbleiben kann. In den eingangs erwähnten Branchen werden entsprechende Haftungsklauseln verwendet. Der Unternehmer definiert eine so genannte „Sprunghaftung“ des Inhalts, dass eine gezahlte Provision rückerstattet werden muss, wenn der vermittelte Vertrag innerhalb einer festgelegten „Sprunghaftungsfrist“ scheitert. Gebräuchlich sind „Sprunghaftungsfristen“ von zwölf oder 18 Wochen, in dem vom BGH entschiedenen Fall gar von 27 Wochen. Es leuchtet ein, dass derartige Klauseln den Vertriebspartner unangemessen benachteiligen, und zwar auch dann, wenn – wie häufig behauptet – vergleichsweise hohe Einmalprovisionen gezahlt werden sollten. Wären derartige Klauseln wirksam, könnte der Unternehmer provisionsrelevant beliebig bestimmen, wann der Ertrag die Größenordnung erreicht, die seinen Vorstellungen entspricht, gegebenenfalls den von ihm für maßgeblich gehaltenen „Break Even“ übersteigt. Das hätte zur Konsequenz, dass Leistungen (Zahlungen) des Kunden, die innerhalb der „Sprunghaftungsfrist“ vom Kunden erbracht werden, vom Unternehmer vereinnahmt werden, ohne dass er als Äquivalent eine Provision ausschütten muss. Das wirtschaftliche Risiko des Unternehmers bis zur Erreichung des „Break Even“ würde dann auf den Handelsvertreter abgewälzt werden können. Darüber hinaus ergeben sich durch die Vermittlung des Geschäfts weitere Vorteile, etwa Kundenbindungen oder auch Kundendaten, die zweifellos einen wirtschaftlichen Wert haben, aber ohne Vergütungspflicht genutzt werden können.

2. Teilprovisionsanspruch nicht dispositiv

Wenn der vom Unternehmer bezweckte wirtschaftliche Erfolg indessen eingetreten ist, so hat der Vertriebspartner gem. § 87 a I 3 HGB zwingend einen Anspruch auf eine Teilprovision. Diese ist „unabhängig von einer Vereinbarung“ (vgl. § 87 a I 3 HGB) – also nicht dispositiv – zu zahlen, „soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat“. Vor der HGB-Novelle 1990 konnte der Anspruch auf Teilprovision ausgeschlossen werden (vgl. § 87 a I 4 HGB aF). Die aktuelle Vorschrift des § 87 a I 3 HGB setzte die Vorgaben des Art. 10 II und IV der RL 86/653/EWG des Rates vom 18.12.1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbstständigen Handelsvertreter in deutsches Recht um. Fortan war der Ausschluss des Teilprovisionsanspruchs nicht mehr zulässig. Dies hat der BGH in seinem Urteil vom 12.3.2015 bestätigt.

Auf das vorgenannte BGH-Urteil wird die Branche vermutlich mit veränderten Provisionsmodellen reagieren. Bei jedem Provisionsmodell ist allerdings zu überlegen, welche Konsequenzen es für den Ausgleichsanspruch (§ 89 b HGB) hat. Wird etwa eine Umsatzprovision gezahlt, so entsteht nach Beendigung des Vertriebsvertrags ein Ausgleichsanspruch, der im Fall der Zahlung einer Einmalprovision durchaus fraglich sein kann.

VII.
Umfang und Höhe des Teilprovisionsanspruchs

Hinsichtlich der Höhe des Teilprovisionsanspruchs hat der BGH in seiner Entscheidung vom 12.3.2015 festgestellt, dass der Handelsvertreter als Provision den üblichen Satz gem. § 87 b I HGB verlangen kann. Dies ist eine Konsequenz daraus, dass der BGH davon ausgeht, dass die „vertragliche Regelung über die Sprunghaftung nicht in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil aufgespalten werden“ kann. Danach soll das Provisionsmodell insgesamt seinen Sinn verlieren, wenn eine für den Provisionsanspruch maßgebliche Bedingung nicht wirksam vereinbart werden kann.

1. Anspruchsumfang

Diese Vorgaben des BGH sind bei der Ermittlung der Höhe des Teilprovisionsanspruchs mit der Regelungsanordnung von § 87 a I 3 HGB in Einklang zu bringen, da diese (zwingende) Norm ebenfalls Aussagen zur Höhe des Teilprovisionsanspruchs enthält: Nach dem unmittelbaren Wortlaut der Vorschrift hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und – vor allem aber – „soweit“ der Dritte das Geschäft ausgeführt hat. In der praktischen Anwendung bedeutet dies, dass – gemessen an dem vollen Provisionsanspruch – ein lediglich anteiliger Provisionsanspruch entsteht, und zwar in dem Verhältnis der teilweisen zur vollen Ausführung. Entscheidend ist mithin bei der Vermittlung von Dauerbezugsverträgen, wie lange der Kunde tatsächlich Zahlungen erbracht hat und wie lange diese im Fall der vollen vertraglich vereinbarten Ausführung insgesamt erfolgt wären. Wenn man so will, gibt letztlich der Wortlaut des § 87 a I 3 HGB selbst vor, wie der jeweilige Umfang des Teilprovisionsanspruchs zu berechnen ist. Die zu Grunde zu legende Formel lautet demnach: Anzahl der tatsächlich bezahlten Wochen (oder Monate), das heißt, die Dauer der teilweisen Ausführung, im Verhältnis zur Anzahl der zu zahlenden Wochen (oder Monate) im Falle vollständiger Ausführung des Geschäfts durch den Dritten. Die Einfügung konkreter Zahlen des jeweiligen Einzelfalles in diese Formel liefert den Prozentsatz, zu welchem dem Handelsvertreter Provisionen gebühren, mithin den Umfang seines Teilprovisionsanspruchs.

2. Anspruchshöhe

Mit dieser Ermittlung des Anspruchsumfangs iSd § 87 a I 3 HGB steht jedoch noch nicht fest, in welcher konkreten Höhe der Teilprovisionsanspruch besteht. Aus der Anwendung von § 87 a I 3 HGB auf den jeweiligen Einzelfall folgt lediglich eine Quote, mit der der volle Provisionsanspruch zu multiplizieren ist. Erst daraus ergibt sich die konkrete Höhe des Teilprovisionsanspruchs. Sofern die vertragliche Vergütungsregelung im Vertriebsvertrag wirksam ist, folgt die Höhe des vollen Provisionsanspruchs aus der vertraglichen Vereinbarung der Parteien. Wenn aber ein Provisionsmodell im Hinblick auf § 87 a I 3 HGB nicht wirksam vereinbart werden kann, so ergibt sich nach Ansicht des BGH die Höhe des Teilprovisionsanspruchs des Weiteren aus § 87 b I HGB. Denn ein solches Provisionsmodell könne auch „nicht mehr entsprechend dem von den Parteien vereinbarten Inhalt und der damit einhergehenden Risikoverteilung teilweise aufrechterhalten werden“, so dass die Dauer der vereinbarten Sprunghaftungsfrist nicht Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des Umfangs der Teilprovision gem. § 87 a I 3 HGB sein könne. Vielmehr stünde dem Handelsvertreter in diesem Fall „der übliche Satz nach § 87 b I HGB“ zu.

3. § 87 a I 3 HGB einschlägig

Da die vertragliche Sprunghaftungsfrist in dem vom BGH entschiedenen Fall 27 Wochen betrug, lehnte der BGH die erstinstanzliche und berufungsgerichtliche Berechnungsformel von x bezahlten Wochen, in denen der Kunde tatsächlich Zahlungen für das Abonnement geleistet hat, im Verhältnis zu dem Zeitraum der vertraglichen Sprunghaftungsfrist von 27 Wochen ab. Damit geht jedoch keine generelle Absage des BGH an eine Berechnungsmethode zur Ermittlung des Umfangs des Teilprovisionsanspruchs einher, die den Zeitraum der teilweisen Erfüllung durch den Kunden und den Zahlungszeitraum im Falle der vollen Ausführung durch den Dritten zueinander ins Verhältnis setzt. Wie gezeigt wurde, folgt die Ermittlung einer Quote aus den beiden genannten Zeiträumen vielmehr unmittelbar aus dem Wortlaut des § 87 a I 3 HGB, dessen Einschlägigkeit und Unabdingbarkeit der BGH gerade ausdrücklich bestätigt hat.

4. Provisionssatz gem. § 87 b I HGB

Der BGH hat in seinem Urteil nicht näher erläutert, wie der übliche Provisionssatz iSd § 87 b I HGB zu ermitteln ist. Weiteren Anhalt gibt jedoch auch an dieser Stelle das Gesetz. Nach § 87 b II HGB ist die Provision von dem Entgelt zu berechnen, das der Dritte an den Unternehmer zu leisten hat.

5. Entgeltberechnung

Zu den Entgelten iSd § 87 b II 1 HGB werden auch geldwerte Nebenleistungen gezählt, die dem Unternehmer zugutekommen. Demzufolge dürften bei der Ermittlung des provisionspflichtigen Umsatzes des Unternehmers neben dem vom Kunden vertragsgemäß zu leistenden Entgelt auch weitere Vorteile zu berücksichtigen sein, welche dieser durch die erfolgreiche Vermittlungstätigkeit des Handelsvertreters erzielt. Wie weit der Begriff des Entgelts reicht, haben unlängst Brönneke/Schmidt gezeigt, und zwar im Zusammenhang mit der Anwendung des § 312 I BGB (Anwendungsbereich und Grundsätze bei Verbraucherverträgen). Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass etwa die Hingabe von Daten zunehmend zu einer Art Ersatzwährung avanciert sei, die Weitergabe personenbezogener Daten bzw. die Einwilligung zu deren Speicherung, Nutzung oder Weitergabe könne eben auch Entgelt für eine Leistung des Unternehmers sein. Bedeutsam sind solche Daten etwa für die Kundenrückgewinnung (Winback) und das so genannte Cross-Selling, also die Nutzung der Daten in Kooperationen mit anderen Unternehmen zur Generierung weiterer Umsätze. In der Verlagsbranche, auf die sich die BGH-Entscheidung bezieht, spielt darüber hinaus eine Rolle, dass die vermittelten Endkundenverträgen die Auflagenzahlen steigern und deshalb höhere Werbeeinnahmen erzielt werden können. Denn Verlage finanzieren sich nicht nur durch den Verkauf des Titels. Sie erzielen ihre Erlöse auch durch Werbeanzeigen. Je höher die verbreitete Auflage ist, um so höher ist der vom Werbetreibenden für die Werbeanzeige zu zahlende Preis. Der Gesetzgeber hatte bei der Abfassung der §§ 87 ff. HGB vorwiegend den einfachen Warenaustausch im Blick. Dauerbezugsverträge – zumal in der Form des Massengeschäfts – waren bei Erlass des HGB im Jahre 1897 nicht existent und daher nicht vom Regelungsgehalt des Gesetzes umfasst. Auch die nachfolgenden HGB-Novellen haben diese Regelungslücke nicht geschlossen. Dementsprechend ist heute anerkannt, dass der Wortlaut des § 87 b I HGB in mancherlei Hinsicht zu eng geraten ist. Abweichend von der strikten gesetzlichen Formulierung „Entgelt, das der Dritte zu leisten hat“, entspricht es daher der heute herrschenden Meinung, dass „Provisionsbemessungsgrundlage der vom Handelsvertreter (mit-)verursachte Umsatz ist, dessen Wert sich im Regelfall nach dem für das Kundengeschäft in Rechnung gestellten Geldbetrag bestimmt“, aber eben nur im „Regelfall“. Individuelle Betrachtungsweisen sind im Hinblick auf Dauerbezugsverträge angezeigt.

VIII.
Fazit

Bei der prozessualen Durchsetzung seiner Provisionsansprüche ist der Handelsvertreter zunächst oft im Nachteil. Die Ursachen hierfür liegen in dem typischerweise bestehenden Informationsvorsprung des Unternehmers hinsichtlich der provisionsbegründenden Umstände, was sich im Massengeschäft besonders gravierend auswirkt. Das Verlangen eines exakt auf die Provisionsregelung abgestimmten Buchauszugs kann dieses Informationsdefizit des Handelsvertreters beheben. Diese Schwierigkeiten gilt es, schon im Vorfeld bei der Gestaltung von Vertriebsverträgen im Blick zu haben. Der Konflikt kann letztlich nur durch die kohärente Abstimmung von Abrechnungs- und Bearbeitungsprozessen des Unternehmers einerseits und der vertraglichen Provisionsregelung anderseits aufgelöst werden, das heißt, der Unternehmer muss die rechnergestützten Bearbeitungsvorgänge technisch und inhaltlich so gestalten, dass er den Anforderungen der eigenen Provisionsregelung gerecht werden kann.

Durch sein Urteil vom 12.3.2015 hat der BGH die Position des Handelsvertreters weiter gestärkt. Die in den Branchen Telekommunikation, Energie und Pressevertrieb weit verbreiteten Sprunghaftungsklauseln können den Teilprovisionsanspruch des Handelsvertreters wegen Verstoßes gegen § 87 a I 3 HGB nicht wirksam ausschließen. Der Handelsvertreter ist auf Basis der Rechtsprechung des BGH auch dann am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmers zu beteiligen, sobald und soweit der Kunde das Geschäft ausgeführt hat. Bei der Ermittlung der Höhe des Teilprovisionsanspruchs kommt § 87 a I 3 HGB insoweit eigenständige Bedeutung neben der Anwendung des § 87 b I HGB zu. Die Vorschrift des § 87 b I HGB ist – entsprechend ihrem Sinn und Zweck – über ihren Wortlaut hinaus so auszulegen, dass Provisionsbemessungsgrundlage der vom Handelsvertreter (mit-)verursachte Umsatz ist und nicht nur das „Entgelt, das der Dritte zu leisten hat“.

Die Provisionsregelung bildet das Herzstück jeder Vertriebsvereinbarung. Den Vertragsparteien stehen dabei verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die grundlegende Entscheidung ist zwischen der Gewährung einer Umsatzprovision oder einer Einmalprovision zu treffen. Vor allem, wenn Dauerschuldverhältnisse vermittelt werden, ergeben sich – je nach Provisionsart – Probleme, die zumeist übersehen werden.

I.
Umsatzprovision und Einmalprovision

Der Anspruch auf Umsatzprovision, in der Telekommunikationsbranche auch „Airtime-Provision“ genannt, erlischt zumeist mit dem Ende des Vertriebsvertrages, in jedem Fall mit der Beendigung des vermittelten Vertrages. Sie kann aber ggf. auch nach Vertragsende weitergezahlt werden und bildet vor allem in dieser Konstellation häufig eine wesentliche Motivation für den Vertriebspartner, nachhaltige Geschäfte zu vermitteln, weil er dadurch auch nach Ende seines Vertrages vom Geschäftserfolg des Prinzipals profitieren kann.

Die Einmalprovision fällt oft höher als die Umsatzprovision aus. Sie wird daher von den Vertriebspartnern wegen ihrer Liquiditätsfreundlichkeit geschätzt. Im Vertriebsvertrag ist exakt zu regeln, wann die Einmalprovision verdient ist und unter welchen Voraussetzungen sie wieder entfällt.

Die sich darüber hinaus ergebenden Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Provisionsarten bleiben allerdings im Verborgenen und zeigen sich häufig erst, wenn um Provisionen gestritten wird.

II.
Die Wahl der Provisionsart, Vor- und Nachteile aus Unternehmersicht

Des einen Freud, des anderen Leid? In der Vertriebspraxis gilt diese Regel nicht einschränkungslos, denn nicht wenige Unternehmen sind in einer Art „Zwitterstellung“ tätig. Einerseits vermitteln sie Geschäfte für einen Prinzipal, andererseits sind sie mit Untervertretern vertraglich verbunden und müssen einen Perspektivenwechsel vollziehen, etwa bezogen auf die Provisionsgestaltung.

Ausgleichsanspruch

Gemäß § 89 b HGB besteht nach Ende des Vertriebsvertrages ggf. ein Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters (Vertriebspartners). Die Einzelheiten sind kompliziert, der Anspruch ist abhängig davon, welche Provisionsgestaltung die Parteien gewählt haben. Grundidee des Gesetzgebers ist, dass der Vertriebspartner einen Ausgleich – bis zu einer Jahresprovision – erhalten soll, wenn der Prinzipal aus den vermittelten Geschäften weiterhin Vorteile hat, die durch die Provision bisher nicht in vollem Umfang ausgeglichen worden sind. Das Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung drängt sich auf, wenn eine Umsatzprovision gezahlt wird, die mit dem Ende des Vertriebsvertrages entfällt. Bei seinen Kalkulationen muss der Prinzipal also berücksichtigen, dass weitere Ansprüche des Handelsvertreters „schlummern“, die vertraglich nicht ausgeschlossen werden können und innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend gemacht werden müssen (§ 89 b Abs. 4 HGB). Ist dagegen eine Einmalprovision vereinbart, so bestehen für den Unternehmer größere Chancen, sich gegen den Ausgleichsanspruch zu verteidigen. Das OLG Stuttgart hat in seinem Urteil vom 19.09.2012, Az: 3 U 195/11, festgestellt, dass die Zahlung eines Ausgleichs ohne Provisionsverluste des Handelsvertreters – d. h. im Falle der Einmalprovision – in der Regel nicht der Billigkeit entspricht. Das von den Parteien vereinbarte Provisionssystem könne nicht nachträglich über den Ausgleichsanspruch korrigiert werden und dem Handelsvertreter damit letztendlich ein Mehr an Vergütung zugebilligt werden, als der bei Fortsetzung des Vertrages an Provision erhalten hätte (OLG Stuttgart, a. a. O., Rz. 46). Allerdings räumt das OLG Stuttgart in seinem Urteil gleichzeitig ein, dass Ausnahmefälle denkbar seien, die das Entstehen eines Ausgleichsanspruchs auch ohne den Eintritt von Provisionsverlusten rechtfertigen könnten.

Abrechnung und Buchauszug

Gem. § 87 c Abs. 2 HGB kann der Vertriebspartner (Handelsvertreter) bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provisionen gebühren. Zwar dürften Abrechnungen inzwischen nahezu ausschließlich digital abgewickelt werden, aber der Buchauszug ist nach wie vor ein „Damoklesschwert“ über dem Kopf des Prinzipals. Er muss alle Daten enthalten, die für die Feststellung der Provision maßgeblich sind (BGH, Urteil vom 21.03.2011, Az: 8 ZR 149/99; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.01.2013, Az: I-16 U 89/11). Bei der Umsatzprovision dürfte das vergleichsweise leicht fallen, weil Transparenz in Bezug auf Umsätze in aller Regel mühelos herstellbar ist. Kompliziert wird es allerdings bei der Einmalprovision, denn häufig macht der Prinzipal die Entstehung der Provision oder das Entfallen des Anspruchs von zahlreichen Voraussetzungen abhängig, die er spezifizieren muss, wenn ein Buchauszug verlangt wird. Sehr häufig sind vertragliche Gestaltungen und faktische Abrechnungsprozesse nicht kompatibel, so dass der Prinzipal schon logistisch vor einer nicht zu bewältigenden Aufgabe steht. Die Durchsetzung etwaiger Rückforderungsansprüche gegen den Vertriebspartner (Handelsvertreter) wird zur Illusion, weil dieser von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen kann (vgl. etwa OLG Frankfurt, Urteil vom 01.06.2012, Az: 14 U 15/12). Darüber hinaus stellt sich die Frage von Schadensersatzansprüchen, wenn der Prinzipal den Buchauszug in letzter Konsequenz nicht so zur Verfügung stellen kann, dass er verwertbar ist.

Teilprovisionsanspruch

Im Falle der Vermittlung von Dauerschuldverhältnissen wird zumeist ein sog. „Haftungszeitraum“ vorgegeben, wenn die Parteien eine Einmalprovision vereinbaren. Der Provisionsanspruch entsteht nicht oder entfällt, wenn der vermittelte Vertrag innerhalb eines definierten Zeitraums scheitert. Lange „Haftungszeiträume“ haben gravierende Nachteile für den Vertriebspartner (Handelsvertreter), weil sein Vermittlungsaufwand nutzlos wird, obwohl der Unternehmer bei teilweiser Ausführung des Vertrages mit dem Kunden erhebliche Vorteile hat. Solche Kalkulationsvorstellungen des Prinzipals verkennen allerdings, dass für einen Teilerfolg – Zahlungen des Kunden – auch eine Teilprovision gezahlt werden muss, denn der Vertriebspartner (Handelsvertreter) hat Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Dritte (Kunde) das Geschäft ausgeführt, folglich Zahlung geleistet hat (OLG Hamburg, Urteil vom 12.11.2013, Az: 9 U 11/12). Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Teilprovisionsanspruchs ist das Verhältnis zwischen tatsächlicher Laufzeit und vertraglich vereinbarter Laufzeit (OLG Hamburg, a. a. O., S. 13). Der Anspruch kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden, denn der Teilprovisionsanspruch besteht gem. § 87 a Abs. 1 S. 3 HGB „unabhängig von einer Vereinbarung“.

III.
Fazit

In allen Vertragsbeziehungen zwischen Prinzipal und Vertriebspartnern (Handelsvertretern) „schlummern“ (Provisions-)Ansprüche oder – je nach Perspektive – Risiken, solchen Ansprüchen ausgesetzt zu sein. Der Gesetzgeber schützt den Vertriebspartner (Handelsvertreter) und garantiert in einem gewissen Umfang die Angemessenheit der Vergütung. Eine Abwägung von Vor- und Nachteilen im Rahmen der Vertragsgestaltung setzt voraus, dass insbesondere der Prinzipal eine Vorstellung davon hat, an welcher Grenze das nicht dispositive Recht verläuft.

daenekamp-e-commerce-dialogmarketing-quo-vadis

Die Provisionsregelung bildet das Herzstück jeder Vertriebsvereinbarung. Den Vertragsparteien stehen dabei verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die grundlegende Entscheidung ist zwischen der Gewährung einer Umsatzprovision oder einer Einmalprovision zu treffen. Vor allem, wenn Dauerschuldverhältnisse vermittelt werden, ergeben sich – je nach Provisionsart – Probleme, die zumeist übersehen werden.

I.
Umsatzprovision und Einmalprovision

Der Anspruch auf Umsatzprovision, in der Telekommunikationsbranche auch „Airtime-Provision“ genannt, erlischt zumeist mit dem Ende des Vertriebsvertrages, in jedem Fall mit der Beendigung des vermittelten Vertrages. Sie kann aber ggf. auch nach Vertragsende weitergezahlt werden und bildet vor allem in dieser Konstellation häufig eine wesentliche Motivation für den Vertriebspartner, nachhaltige Geschäfte zu vermitteln, weil er dadurch auch nach Ende seines Vertrages vom Geschäftserfolg des Prinzipals profitieren kann.

Die Einmalprovision fällt oft höher als die Umsatzprovision aus. Sie wird daher von den Vertriebspartnern wegen ihrer Liquiditätsfreundlichkeit geschätzt. Im Vertriebsvertrag ist exakt zu regeln, wann die Einmalprovision verdient ist und unter welchen Voraussetzungen sie wieder entfällt.

Die sich darüber hinaus ergebenden Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Provisionsarten bleiben allerdings im Verborgenen und zeigen sich häufig erst, wenn um Provisionen gestritten wird.

II.
Die Wahl der Provisionsart, Vor- und Nachteile aus Unternehmersicht

Des einen Freud, des anderen Leid? In der Vertriebspraxis gilt diese Regel nicht einschränkungslos, denn nicht wenige Unternehmen sind in einer Art „Zwitterstellung“ tätig. Einerseits vermitteln sie Geschäfte für einen Prinzipal, andererseits sind sie mit Untervertretern vertraglich verbunden und müssen einen Perspektivenwechsel vollziehen, etwa bezogen auf die Provisionsgestaltung.

Ausgleichsanspruch

Gemäß § 89 b HGB besteht nach Ende des Vertriebsvertrages ggf. ein Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters (Vertriebspartners). Die Einzelheiten sind kompliziert, der Anspruch ist abhängig davon, welche Provisionsgestaltung die Parteien gewählt haben. Grundidee des Gesetzgebers ist, dass der Vertriebspartner einen Ausgleich – bis zu einer Jahresprovision – erhalten soll, wenn der Prinzipal aus den vermittelten Geschäften weiterhin Vorteile hat, die durch die Provision bisher nicht in vollem Umfang ausgeglichen worden sind. Das Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung drängt sich auf, wenn eine Umsatzprovision gezahlt wird, die mit dem Ende des Vertriebsvertrages entfällt. Bei seinen Kalkulationen muss der Prinzipal also berücksichtigen, dass weitere Ansprüche des Handelsvertreters „schlummern“, die vertraglich nicht ausgeschlossen werden können und innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend gemacht werden müssen (§ 89 b Abs. 4 HGB). Ist dagegen eine Einmalprovision vereinbart, so bestehen für den Unternehmer größere Chancen, sich gegen den Ausgleichsanspruch zu verteidigen. Das OLG Stuttgart hat in seinem Urteil vom 19.09.2012, Az: 3 U 195/11, festgestellt, dass die Zahlung eines Ausgleichs ohne Provisionsverluste des Handelsvertreters – d. h. im Falle der Einmalprovision – in der Regel nicht der Billigkeit entspricht. Das von den Parteien vereinbarte Provisionssystem könne nicht nachträglich über den Ausgleichsanspruch korrigiert werden und dem Handelsvertreter damit letztendlich ein Mehr an Vergütung zugebilligt werden, als der bei Fortsetzung des Vertrages an Provision erhalten hätte (OLG Stuttgart, a. a. O., Rz. 46). Allerdings räumt das OLG Stuttgart in seinem Urteil gleichzeitig ein, dass Ausnahmefälle denkbar seien, die das Entstehen eines Ausgleichsanspruchs auch ohne den Eintritt von Provisionsverlusten rechtfertigen könnten.

Abrechnung und Buchauszug

Gem. § 87 c Abs. 2 HGB kann der Vertriebspartner (Handelsvertreter) bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provisionen gebühren. Zwar dürften Abrechnungen inzwischen nahezu ausschließlich digital abgewickelt werden, aber der Buchauszug ist nach wie vor ein „Damoklesschwert“ über dem Kopf des Prinzipals. Er muss alle Daten enthalten, die für die Feststellung der Provision maßgeblich sind (BGH, Urteil vom 21.03.2011, Az: 8 ZR 149/99; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.01.2013, Az: I-16 U 89/11). Bei der Umsatzprovision dürfte das vergleichsweise leicht fallen, weil Transparenz in Bezug auf Umsätze in aller Regel mühelos herstellbar ist. Kompliziert wird es allerdings bei der Einmalprovision, denn häufig macht der Prinzipal die Entstehung der Provision oder das Entfallen des Anspruchs von zahlreichen Voraussetzungen abhängig, die er spezifizieren muss, wenn ein Buchauszug verlangt wird. Sehr häufig sind vertragliche Gestaltungen und faktische Abrechnungsprozesse nicht kompatibel, so dass der Prinzipal schon logistisch vor einer nicht zu bewältigenden Aufgabe steht. Die Durchsetzung etwaiger Rückforderungsansprüche gegen den Vertriebspartner (Handelsvertreter) wird zur Illusion, weil dieser von einem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen kann (vgl. etwa OLG Frankfurt, Urteil vom 01.06.2012, Az: 14 U 15/12). Darüber hinaus stellt sich die Frage von Schadensersatzansprüchen, wenn der Prinzipal den Buchauszug in letzter Konsequenz nicht so zur Verfügung stellen kann, dass er verwertbar ist.

Teilprovisionsanspruch

Im Falle der Vermittlung von Dauerschuldverhältnissen wird zumeist ein sog. „Haftungszeitraum“ vorgegeben, wenn die Parteien eine Einmalprovision vereinbaren. Der Provisionsanspruch entsteht nicht oder entfällt, wenn der vermittelte Vertrag innerhalb eines definierten Zeitraums scheitert. Lange „Haftungszeiträume“ haben gravierende Nachteile für den Vertriebspartner (Handelsvertreter), weil sein Vermittlungsaufwand nutzlos wird, obwohl der Unternehmer bei teilweiser Ausführung des Vertrages mit dem Kunden erhebliche Vorteile hat. Solche Kalkulationsvorstellungen des Prinzipals verkennen allerdings, dass für einen Teilerfolg – Zahlungen des Kunden – auch eine Teilprovision gezahlt werden muss, denn der Vertriebspartner (Handelsvertreter) hat Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Dritte (Kunde) das Geschäft ausgeführt, folglich Zahlung geleistet hat (OLG Hamburg, Urteil vom 12.11.2013, Az: 9 U 11/12). Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Teilprovisionsanspruchs ist das Verhältnis zwischen tatsächlicher Laufzeit und vertraglich vereinbarter Laufzeit (OLG Hamburg, a. a. O., S. 13). Der Anspruch kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden, denn der Teilprovisionsanspruch besteht gem. § 87 a Abs. 1 S. 3 HGB „unabhängig von einer Vereinbarung“.

III.
Fazit

In allen Vertragsbeziehungen zwischen Prinzipal und Vertriebspartnern (Handelsvertretern) „schlummern“ (Provisions-)Ansprüche oder – je nach Perspektive – Risiken, solchen Ansprüchen ausgesetzt zu sein. Der Gesetzgeber schützt den Vertriebspartner (Handelsvertreter) und garantiert in einem gewissen Umfang die Angemessenheit der Vergütung. Eine Abwägung von Vor- und Nachteilen im Rahmen der Vertragsgestaltung setzt voraus, dass insbesondere der Prinzipal eine Vorstellung davon hat, an welcher Grenze das nicht dispositive Recht verläuft.

I. Einheitlicher Ehrenkodex für das Telemarketing

Ausweislich einer aktuellen Pressemitteilung des DDV hat der Verband eine Version für einen standardisierten Ehrenkodex der Deutschen Telefonmarketing-Branche vorgelegt. Die beiden DDV-Councils Direct Sales & Relations und TeleMedien- & CallCenter-Services hatten den Entwurf im Frühjahr gemeinsam erarbeitet, wobei im Dezember 2007 auch das Call Center Forum (CCF) am Diskussionsprozess beteiligt wurde. Der Verband geht davon aus, dass sich das CCF seinem Vorschlag anschließen wird, wenngleich für den 07.07.2008 zwischen den Beteiligten eine weitere Diskussion geplant ist.

In den vorausgegangenen Diskussionen haben sich die Vertreter der Councils auf eine straffe Version des Ehrenkodex verständigt.

Folgende Gründe waren dafür ausschlaggebend:

Der Ehrenkodex soll einerseits den Unternehmen, die sich seinen Regelungen unterwerfen, eine verbindliche und klare Handlungsanweisung für ihre Marketingaktivitäten geben. Vor dem Hintergrund einer kritischen Medienberichterstattung über das Telemarketing richtet sich der Ehrenkodex aber auch an die Öffentlichkeit. Er ist der Versuch, gegenüber Politik und Verbraucherverbänden deutlich zu machen, dass die Branche ernsthaft bemüht ist, durch Maßnahmen der Selbstregulierung Auswüchse im Direktmarketing zu unterbinden. Gerade deshalb muss der Ehrenkodex so gefasst sein, dass er auch für den mit der Materie nicht im Detail vertrauten Leser verständlich und nachvollziehbar ist. Die zur Diskussion gestellten Entwürfe waren teilweise derart detailreich, dass auf einen Anhang ausgewichen werden musste. Ein mit einem Anhang versehener Kodex, der die abstrakten Regeln kommentiert und jeden Zweifelsfall zu klären versucht, genügt dem Erfordernis nach Überschaubarkeit nicht. Es sollte daher den nach der DDV-Satzung vorzusehenden Kontrollorganen überlassen bleiben, im Einzelfall zu klären, ob

ein Regelverstoß vorliegt und welche Konsequenzen dieser nach sich zieht. Zweifellos zeichnen sich die Probleme im Telemarketing durch ihre Komplexität aus, aber es ist fraglich, ob derartige Probleme durch ein kompliziertes und überfrachtetes Regelwerk gelöst werden können.

Die Vertreter der DDV-Councils haben es vorgezogen, vor allem die Verbraucher und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den persönlichen Schutzbereich des Ehrenkodex einzubeziehen. Es mag gute Gründe dafür geben, auch Wettbewerber und Auftraggeber auf den Kodex zu verpflichten, aber Wettbewerber und Auftraggeber begegnen den unterzeichnenden Unternehmen eher auf der Gleichordnungsebene, sind also weniger schutzwürdig. Das Wettbewerbsrecht (UWG) gestattet es den Wettbewerbern, unlautere Werbung zu unterbinden. Auftraggeber können die Konditionen der Zusammenarbeit im Rahmen der Vertragsverhandlungen beeinflussen, wenngleich nicht verkannt wird, dass diverse Marktteilnehmer Konditionen diktieren. Medien und Parteien sowie insbesondere auch die Verbraucherminister der Länder kritisieren Auswüchse im Marketing, die die Interessen der Verbraucher und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – etwa der im Call-Center – maßgeblich beeinträchtigen. Es macht deshalb Sinn, den Kodex in den Dienst dieser Personengruppen zu stellen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die aktuelle Version des Ehrenkodex im Anhang verwiesen.

II. Der Ehrenkodex – ein Element der Unternehmensethik

Die Gründung des Councils DSR, die Formulierung eines Ehrenkodex und schließlich auch die Bemühungen, einen einheitlichen Ehrenkodex für das Direktmarketing zu etablieren, folgen der Einsicht diverser Unternehmen, dass un-

seriöse Verhaltensweisen im Direktmarketing die Existenz einer ganzen Branche gefährden.

Solche Verhaltensweisen sind keineswegs nur eine Erfindung von Günter Wallraff, der mit seiner Sendung „Bei Anruf Abzocke!“ am 11.12.2007 ein beachtliches Echo in der Öffentlichkeit auslöste. Polemische Diskussionen, plakative Äußerungen und Schwarz-Weiß-Malereien gehören zum redaktionellen Konzept bestimmter Medien und entsprechen dem Bedürfnis der Öffentlichkeit, auf komplexe Fragen möglichst einfache Antworten zu finden. Es nützt deswegen auch wenig, über derartige Berichterstattungen zu lamentieren.

Eine ganze Branche muss sich selbstkritisch die Frage stellen, weshalb es Journalisten gelingt, die gesamte Öffentlichkeit zu mobilisieren und Gesetzesinitiativen eine neue Dynamik zu geben.

Die Präambel des Ehrenkodex gibt darauf eine Antwort, nämlich in ihrer Abgrenzung gegenüber unseriös agierenden Unternehmen, die den Imageschaden bewirken.

Dort heißt es:

„Wer langfristig das Vertrauen seiner Kunden gewinnt, schafft werthaltige Vertragsbeziehungen, die für die Unterzeichner Priorität haben. Die so entstehende Nachhaltigkeit setzt einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen Verbrauchern und Unternehmen voraus.“

Diese Abgrenzung müsste nicht formuliert werden, wenn es nicht diverse Unternehmen gäbe, die sich ausschließlich vom Gedanken der Profitmaximierung in der Kundenbeziehung leiten lassen.

Nachhaltigkeit, auf die sich die Mitglieder des Councils verständigt haben, steht deutlich im Gegensatz zum kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolg und setzt auf die dauerhafte Vertragsbeziehung zum Kunden. Das lässt sich nur erreichen durch

die Qualität des Produkts, durch Fairness, Vertrauen und Respekt, auch und vor allem gegenüber der Privatsphäre.

Der Ehrenkodex formuliert also, das macht bereits seine Präambel deutlich, moralische Werte, die bei ernstzunehmenden Diskussionspartnern kaum auf Widerspruch stoßen werden und sich gut „verkaufen lassen“. Wer aber mit einem moralischen Anspruch auftritt, ist auf Dauer nur authentisch, wenn er die Moral auch konsequent umsetzt.

Ein Ehrenkodex ist schnell unterschrieben, er eignet sich als „Gütesiegel“ hervorragend, um die Marketingaktivitäten zu unterstützen, aber er ist eben nicht nachhaltig, wenn er von den Unternehmen nicht verinnerlicht wird und als Chance begriffen wird, eine Diskussion über die Unternehmensethik auszulösen.

Die Unternehmensethik ist ein Teilgebiet der Wirtschaftsethik und beschäftigt sich mit der Frage, welche moralischen Wertvorstellungen für Unternehmen maßgeblich sein sollen.

Dabei stellt sich die Frage, wie unternehmerisches Gewinnstreben und moralische Ideale zusammenpassen. Nicht wenige pragmatisch Orientierte dürften auch weiterhin der Auffassung sein, dass das Philosophieren über Wirtschaftsethik eher „Sonntagsreden“ und „akademischen Sandkastenspielen“ an den Lehrstühlen von Universitäten vorbehalten bleiben sollte.

„Deutschland lebt noch immer in einer wirtschaftsethischen Steinzeit“, sagt Jesco Kreft, ein Politikwissenschaftler aus Hamburg. „Wenn jemand Gutes tut und damit erfolgreich ist oder auch seinen Gewinn steigert, gilt sein Engagement in Deutschland typischerweise als desavouiert.“

Ethik wird – jedenfalls in Deutschland – unter Kostengesichtspunkten gesehen, sie gilt als teuer und eignet sich offenbar allenfalls für Hochglanzbroschüren.

„The business of business is business“, sagt der US-amerikanische Wirtschaftsprofessor und Nobelpreisträger Milton Friedman und meint damit: Ein Unternehmen lässt sich vom Profit leiten, von sonst nichts. Dass aber Unternehmensethik auch als Teil des Risikomanagements verstanden werden kann, belegen Beispiele aus der Vergangenheit:

Als der Ölkonzern Shell 1995 seine Ölplattform Brent Spar im Meer versenken wollte, erhob sich weltweit Protest. Die Ignoranz des Unternehmens hatte einen desolaten Imageverlust zur Folge. Aus Schaden wird allerdings der Mensch klug, weshalb sich Shell heute besonders im Umweltschutz engagiert.

Die Mobilfunkgesellschaft O2 setzt sich mit dem Jugendschutz auseinander und folgt einem Verhaltenskodex. Minderjährige werden vor Inhalten geschützt, die nur Erwachsenen zugänglich sein sollen. Damit wird das Unternehmen zum aufmerksamen und sachkundigen Vertragspartner im Bereich Telekommunikationstechnik und der Informationstechnologien.

Der Henkel-Konzern hat ein Programm zum schonenden Umgang mit der Umwelt aufgelegt und will damit nicht nur Verantwortung übernehmen, sondern auch wirtschaftlichen Erfolg haben.

Warum stellen zukunftsorientierte Unternehmen soziale, moralische und ökologische Standards auf?

Der US-amerikanische Investor Warren Buffett meint dazu: „Es dauert 10 Jahre, einem Unternehmen ein positives Image zu verleihen, aber nur 10 Sekunden, dieses zu verlieren“.

Was hat das alles konkret mit dem Ehrenkodex zu tun?

Mit dem Ehrenkodex unterwerfen sich die Unterzeichner – ob nun zähneknirschend oder positiv gestimmt – einer Moral. Wir haben uns viel damit befasst, welche Standards Geltung haben sollen, aber wir müssen den Weg konsequent zu Ende gehen und uns Gedanken über die Ethik machen. Die Ethik ist dabei nichts anderes als die Systematisierung und die Anwendung der Moral. Moral und Ethik stehen also im Verhältnis von Theorie und Praxis.

Praxis meint dabei die Umsetzung der Moral – des Ehrenkodex – auf Verbandsebene (Verbandsethik) und auf der Ebene der Unternehmen (Unternehmensethik).

Auf Verbandsebene bedeutet das, dass ein Ehrenkodex regelmäßig zu überprüfen ist und fortentwickelt werden muss. Der Ehrenkodex ist ein lebendiges Dokument. Das bedeutet auch, dass die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, dass gegen den Ehrenkodex verstoßen wird, auf Basis einer Satzung formuliert werden müssen. Wenn die Konsequenzen im semantischen Nebel der Satzung verschwinden, wird der Ehrenkodex zum „Papiertiger“. Deswegen müssen klare Sanktionen das pädagogische Mittel der Disziplinierung sein, etwa im Sinne einer internen Rüge, einer öffentlichen Rüge, bestimmter Verbandsstrafen oder des Ausschlusses aus dem Verband. Auf der Verfahrensebene könnte ein Kontrollgremium tätig werden, etwa ein „Ehrenrat“, dem sachkundige Persönlichkeiten angehören und der deswegen auch den verzeihlichen vom nachhaltigen Verstoß unterscheiden kann.

Je nachhaltiger der Verband bereit ist, einen Ehrenkodex als authentisches „Gütesiegel“ durchzusetzen, umso mehr empfiehlt er sich als ernstzunehmender Partner in der öffentlichen Debatte.

Umsetzung des Ehrenkodex auf Unternehmensebene bedeutet: Jedes Unternehmen, das den Ehrenkodex unterzeichnet, muss die Regeln verinnerlichen. Große Unternehmen beschäftigen inzwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Master- und MBA-Programme in den Bereichen Ethik- und Nachhaltigkeitsmanagement absolviert haben.

Es mag Konzernen und großen Unternehmen vorbehalten sein, ein Ressort Unternehmensethik zu schaffen und personell entsprechend zu besetzen, aber auch kleinere und mittelständische Unternehmen können sich diese Thematik erschließen, indem sie eine Unternehmensphilosophie entwerfen. Im konkreten Fall geht es darum, die Umsetzung des Ehrenkodex im eigenen Unternehmen zu thematisieren, diese Aufgabe an geeignetes Führungspersonal zu delegieren und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Regelwerk zu sensibilisieren.

Die Wirkung des Ehrenkodex verpufft, wenn die Unternehmensführung keine Struktur für die Umsetzung schafft.

Dazu ein Beispiel:

Vertragspartner, die in den Aufbau, die Vermittlung und Pflege von Kundenbeziehungen eingebunden werden, sind nach dem Ehrenkodex schriftlich zu verpflichten, die Regeln zu beachten und etwaige Subunternehmer einzubinden.

Wer prüft, ob die im Unternehmen verwendeten Verträge (Arbeits-, Vertriebs- oder beispielsweise Kooperationsvertrag) eine entsprechende Klausel vorsehen? Wird Sorge dafür getragen, dass der Ehrenkodex auf diese Weise auch auf Dienstleister übertragen wird, die ihn nicht unterzeichnet haben?

Aus der Umsetzung eines Ehrenkodex im Unternehmen, aus der Beschäftigung mit dem Thema Unternehmensethik können sich Impulse ergeben, die die Identifikation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit ihrem Unternehmen stärken und das Profil des Unternehmens im Wettbewerb schärfen. Wer solchermaßen Unternehmensethik praktiziert, bewirkt Vertrauen und hat Wettbewerbsvorteile.

Ethisches Verhalten schafft Attraktivität, motiviert, ist messbar und wird profitabel. Moral und Markt müssen nicht im Widerstreit zueinander stehen.

Für ein Unternehmen lassen sich daraus langfristige Strategien entwickeln, die mit dem Ehrenkodex beginnen und über Modelle der Corporate Social Responsibility (CSR) fortentwickelt werden können.

Im Leitfaden der in Kaiserslautern ansässigen Consulting-Akademie Unternehmensethik heißt es:

„Künftige Führungskräfte werden Kompetenzen brauchen, die weit über die Instrumente der traditionellen Betriebswirtschaft hinausreichen. Sie werden die Stellung von Unternehmen (ethisch) reflektieren und geeignete Maßnahmen zur Umsetzung eines verantwortungsvollen Handelns initiieren müssen.“

Nutzungszinsen nach § 452 BGB – Haftungsrisiko für Notare bei der Gestaltung von Grundstückskaufverträgen*

I. Einführung

Nach § 452 BGB ist der Käufer verpflichtet, den Kaufpreis von dem Zeitpunkt an zu verzinsen, von welchem an die Nutzungen des gekauften Gegenstandes ihm gebühren, sofern nicht der Kaufpreis gestundet ist. Die praktische Bedeutung dieser Vorschrift ist angeblich gering. Dabei wird allerdings übersehen, daß aufgrund der bisherigen Rechtsprechung der Anwendungsbereich erheblich ausgeweitet wird. Soweit Entscheidungen zu § 452 BGB in der Vergangenheit eher selten waren, dürfte dies darauf zurückzuführen sein, daß die Vorschrift vielfach übersehen wird und nur deswegen ein Schattendasein führt. Dies verdeutlicht die Entscheidung des LG Heidelberg, deren Sachverhalt in wenigen Worten geschildert ist:

Die Kläger hatten an die Beklagten ein Hausgrundstück verkauft, wobei die Fälligkeit des Kaufpreises von bestimmten grundbuchrechtlichen Voraussetzungen abhängig war. Vor Eintritt der Fälligkeitsvoraussetzungen konnten die Beklagten das Grundstück nutzen. Obwohl die Verzinsungspflicht nur für den Verzugsfall geregelt war, begehrten die Kläger Zahlung von Zinsen gem. § 452 BGB seit Übergang der Nutzung. Das LG Heidelberg hat den geltend gemachten Zinsanspruch mit dem Hinweis zurückgewiesen, § 452 BGB setze die Fälligkeit des Kaufpreisanspruches voraus.

II. Praktische Bedeutung des § 452 BGB für die Notarhaftung

Verzugsregelung und § 452 BGB

In der Praxis kann die Regelung zu einer tückischen Haftungsfalle für den Notar werden, der einen Grundstückskaufvertrag gestaltet, nämlich immer dann, wenn – wie nicht selten – Besitz, Nutzen und Lasten auf den Käufer übergehen, bevor der Kaufpreis fällig wird und die Parteien keine Regelung zur Verzinsung des Kaufpreises vorgesehen haben oder diese an den Eintritt des Verzugs geknüpft haben. Auf Seiten des Verkäufers stellt sich in derartigen Fällen die Frage nach dem Anspruch auf Verzinsung des Kaufpreises spätestens dann, wenn der Eintritt der Fälligkeitsvoraussetzungen lange auf sich warten läßt, etwa weil eine Auflassungsvormerkung noch nicht im Grundbuch eingetragen oder eine Grundschuld noch nicht gelöscht ist und somit die vertraglich vorgesehenen Fälligkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt sind.

Mag der Zinsanspruch für den Zeitraum zwischen dem Übergang der Nutzungen und der Fälligkeit des Kaufpreises in der Vergangenheit wirtschaftlich unbedeutend gewesen sein, so hat sich diese Situation dadurch gewandelt, daß inzwischen mit erheblichen Bearbeitungszeiten bei den Grundbuchämtern zu rechnen ist – ein Umstand, der von den Parteien vielfach nicht hinreichend bedacht wird.

Besteht in der konkreten Situation der Zinsanspruch des Verkäufers nach § 452 BGB, so hat der Käufer unter Umständen erhebliche finanzielle Nachteile, mit denen er nicht gerechnet hat, weil ihm nicht bekannt war, daß der Übergang der Nutzungen vor Fälligkeit die Rechtsfolgen des § 452 BGB auslösen kann. Versagt umgekehrt der Zinsanspruch des Verkäufers, weil § 452 BGB unter den genannten Voraussetzungen keine Anwendung findet, so stellt sich für ihn die Frage nach einer etwaigen Lücke des Vertrages. Es wird dabei nicht übersehen, daß notarielle Kaufverträge – so auch im Ausgangsfall – in der Regel eine Verzinsungspflicht für den Verzugsfall enthalten. Da § 452 BGB eine dispositive Vorschrift ist, stellt sich die Frage, ob durch die Verwendung der üblichen Verzugszinsklausel nicht die Vorschrift des § 452 BGB abbedungen wird, so daß eine Vertragslücke nicht besteht. Das Schrifttum vertritt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH die Auffassung, daß die Vereinbarung von Verzugszinsen im Falle nicht fristgemäßer Zahlung die Anwendung de § 452 BGB ausschließt.

Es erscheint jedoch problematisch, ob der zitierten Entscheidung des BGH ein derartiger Grundsatz entnommen werden kann, denn der Ausschluß der Vorschrift des § 452 BGB war mit der speziellen Erwägung begründet worden, daß die Parteien für den Fall nicht rechtzeitiger Zahlung „Zinsen vom Datum des Wareneingangs eingefordert hatten“. Es leuchtet ein, daß die vereinbarte Vorverlagerung des Verzinsungsbeginns im Verzugsfall auf den Zeitpunkt des Wareneingangs der Anwendung des § 452 BGB keinen Raum läßt, weil damit die Frage der Verzinsung des Kaufpreises in der vom § 452 BGB berücksichtigten Phase eine spezielle Regelung erfahren hat. Ein weitergehender Schluß kann dieser Argumentation jedoch nicht entnommen werden. Daraus folgt, daß sich auch im Falle der Vereinbarung von Verzugszinsen durchaus die Frage der Anwendbarkeit des § 452 stellen kann. Auch im Ausgangsfall hatte das LG Heidelberg seine Entscheidung für die Zurückweisung des Zinsanspruchs keineswegs mit dem Argument begründet, daß die Anwendung des § 452 BGB wegen der eindeutigen Verzugszinsklausel im notariellen Kaufvertrag nicht in Betracht kommt.

Notarpflichten

Ist somit § 452 BGB trotz Verzugszinsklausel grundsätzlich anwendbar, entsteht Handlungsbedarf für den beurkundenden Notar, will er eine eventuell entstehende Haftungsproblematik ausschließen. Regreßansprüche gegen Notare basieren häufig auf einer Verletzung der Belehrungspflicht. Der Notar hat nicht lediglich die Funktion eines Urkundsbeamten ohne Belehrungspflicht, sondern nach der Rechtsprechung des BGH eine erweiterte Betreuungspflicht, welche die wirtschaftlichen Auswirkungen der beurkundeten Erklärung zu berücksichtigen hat. Bezogen auf die Problematik des § 452 BGB in der beschriebenen Fallkonstellation bedeutet dies, daß der Notar in der Regel verpflichtet ist, die Parteien darüber aufzuklären, daß der
Übergang der Nutzungsmöglichkeit vor Fälligkeit die Verzinsungspflicht auslöst, sofern § 452 BGB nicht die Fälligkeit der Kaufpreisforderung voraussetzt. Andernfalls hat eine Aufklärung darüber zu erfolgen, daß nach dem Gesetz ein Zinsanspruch nicht besteht und die Frage der Verzinsung über den Verzugsfall hinaus ggf. zu regeln ist. Daraus folgt, daß eine ausreichende Belehrung ohne zutreffende Vorstellungen von der Reichweite der Vorschrift nicht möglich ist.

III. Zinsanspruch nach § 452 BGB vor Fälligkeit der Kaufpreisforderung

Ob der Zinsanspruch nach § 452 BGB neben einem wirksamen Kaufvertrag, dem Übergang der Nutzungsmöglichkeit und dem Fehlen einer Stundungsabrede auch die Fälligkeit des Kaufpreisanspruchs – obwohl vom Gesetz nicht erwähnt – voraussetzt, ist streitig. Folgt man der bisher bekannten Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte, so ist die Fälligkeit des Kaufpreisanspruchs im Rahmen der Anwendung des § 452 BGB unerheblich, mit der Folge, daß im Ausgangsfall ein Zinsanspruch bestehen würde. Demgegenüber vertritt die Literatur nahezu einhellig die Auffassung, daß ein Zinsanspruch vor Fälligkeit nicht besteht. Das LG Heidelberg ist nunmehr dem im Schrifttum vertretenen Analogieschluß gefolgt. Wenn, so das LG Heidelberg, eine Pflicht zur Verzinsung entfällt, soweit der Kaufpreis gestundet ist (d. h. also eine Vereinbarung zur Fälligkeit vorliegt), so muß dies erst recht – argumentum a maiore ad minus – dann gelten, wenn der Kaufpreis noch nicht einmal fällig ist. Der BGH hat – soweit ersichtlich – zu dieser Frage bisher jedenfalls nicht ausdrücklich Stellung genommen. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1986 zur Problematik der Unvereinbarkeit einer Zinsklausel mit § 9 AGBG scheint jedoch unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 452 BGB die Auffassung vertreten zu werden, daß ein Zinsanspruch ohne Fälligkeit der Forderung nicht denkbar ist, wenn ausgeführt wird, „daß Zinsen regelmäßig nur bei Verzug oder seit Rechtshängigkeit, allenfalls bei Fälligkeit der Forderung zu zahlen sind“.

Ratio legis

Der Bestimmung liegt nach häufig vertretener Ansicht der Gedanke zugrunde, daß der Käufer nicht gegen den Willen des Verkäufers Kaufgeld und Sache zugleich nutzen sollte. Ein derartiger allgemeiner Rechtsgedanke – demzufolge Fälligkeit und Einredefreiheit der Kaufpreisforderung völlig irrelevant wären – kann jedoch den Materialien zum BGB nicht entnommen werden, worauf Huber und Kanzleiter zutreffend hinweisen. Die Argumente für die im Gesetzgebungsverfahren umstrittene Vorschrift, die vor allem für „bedeutende Objekte“ Relevanz haben sollte, deuten darauf hin, daß die Fälligkeit der Kaufpreisforderung nur deswegen als Gesetzesvoraussetzung keine Aufnahme in die Vorschrift gefunden hat, weil sie selbstverständlich war.

Die Reichstagskommission hat die knappe Annahme der Regelung damit begründet, daß sie vor allem einen Wert habe, für die „Fälle längerer Zahlungssäumnis, in denen es schließlich zur Klage komme“. In den Motiven wird darauf hingewiesen, daß die gesetzliche Verpflichtung des Käufers zur Verzinsung des „fälligen“ Kaufpreises von der Übergabe der Sache an in den Quellen des gemeinen Rechts und in der sonstigen Gesetzgebung aus Billigkeitsgründen abgeleitet wird. Auch vor der Schaffung eines einheitlichen Privatrechts für ganz Deutschland bestand kein davon abweichendes allgemeines Rechtsprinzip, wie vom OLG Oldenburg vertreten. So erwähnte beispielsweise § 277 I, XI ALR die Verzinsungspflicht („Zögerungszins“) nur für den Fall, daß der Käufer die Zahlung bei Übergabe ohne Rechtsgrund nicht leistet.

Aus alledem folgt, daß ratio legis des § 452 BGB ist, dem säumigen Schuldner einer fälligen Forderung den Zinsanspruch bereits vor Mahnung oder Klageerhebung zuzugestehen.

Das argumentum e contrario der Rechtsprechung

Neben dem wohl unzutreffenden Hinweis auf die ratio legis hat das OLG Oldenburg und ihm folgend das OLG Hamm die eigenen Auffassung mit einer – soweit ersichtlich – von der Literatur bislang nicht behandelten Wortlautinterpretation gestützt, deren Logik auf den ersten Blick bestechend erscheint. Das OLG Oldenburg differenziert zwischen der Stundung als der „rechtsgeschäftlichen Übereinkunft“ zur Frage der Fälligkeit und den „übrigen Fällen“ der Fälligkeit und zieht aus der Tatsache, daß § 452 Halbs. 2 BGB nur den Fall der „rechtsgeschäftlichen Übereinkunft“ erwähnt, den logisch an sich richtigen Schluß, daß es im Übrigen keine Rolle spielen kann, „ob der Kaufpreis im Zeitpunkt des Nutzungsüberganges bereits fällig ist oder nicht“.

Der gedankliche Schluß von der Unterschiedlichkeit der gesetzlichen Voraussetzungen auf die Unterschiedlichkeit der Rechtsfolgen (argumentum e contratio) geht nach diesseits vertretener Auffassung jedoch deswegen fehl, weil die Unterschiedlichkeit der einander gegenübergestellten Voraussetzungen auf einer unzutreffenden Interpretation des Begriffes der „Stundung“ beruht. Das OLG Oldenburg versteht die Stundung offensichtlich als eine die Fälligkeit begründende rechtsgeschäftliche Übereinkunft und stellt dieser jene Fälligkeit gegenüber, die auf dem Gesetz (etwa § 271 BGB) beruht. Nach überwiegend vertretener Ansicht ist jedoch unter Stundung „das Hinausschieben der Fälligkeit einer Forderung bei Bestehenbleiben der Erfüllbarkeit“ zu verstehen. Nicht jede rechtsgeschäftliche Übereinkunft zur späteren Fälligkeit einer Forderung bei Vertragsschluß (oder später) läßt sich demnach als „Stundung“ bezeichnen, sondern nur eine solche, bei der die Parteien über eine – an sich schon bestehende – Fälligkeit disponieren. Ein derartiges Verständnis der Stundung dürfte auch der Ansicht des BGH entsprechen, der nicht jede Übereinkunft der Parteien bei Vertragsschluß über die spätere Fälligkeit unter dem Begriff der Stundung subsumiert.

Dies hat zur Konsequenz, daß § 452 Halbs. 2 BGB, nämlich die Stundung als Ausnahmezustand, eine an sich bestehende Fälligkeit voraussetzt, so daß das Argument des OLG Oldenburg ins Leere geht. Ratio legis von § 452 Halbs. 2 BGB dürfte somit sein, daß der Gesetzgeber für den Fall eine Verzinsungspflicht entfallen lassen wollte, daß bei – an sich bestehender Fälligkeit der Kaufpreisforderung – eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung über den Aufschub getroffen wird.

IV. Zusammenfassung

Der Zinsanspruch nach § 452 BGB setzt die Fälligkeit der Forderung voraus. Der beurkundende Notar sollte die Parteien im Falle des vertraglich vereinbarten Übergangs der Nutzungsmöglichkeit vor Fälligkeit des Kaufpreises darüber belehren, daß ein gesetzlicher Anspruch auf Nutzungszinsen vor Fälligkeit der Kaufpreisforderung nicht besteht. Im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte besteht Veranlassung, die Anwendung des § 452 BGB auszuschließen bzw. die Frage der Nutzungszinsen eindeutig zu regeln, und zwar selbst dann, wenn eine Regelung für den Verzugsfall getroffen wird.

TKG §§ 33, 35; NZV § 2, 3, 5; RL 90/387/EWG i.d.F. RL 97/51/EG Art. 3 Abs. 2

Entscheidung der Beschlusskammer 3 vom 07.06.2000 BK 3-2-99/033

mit Anmerkung Mayer (nachfolgend in Auszügen)

Leitsätze der Redaktion

1. Beim Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) als besonderen Netzzugang handelt es sich um eine wesentliche Leistung i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG, da eine wirtschaftlich realisierbare Alternativtechnik für die „Letzte Meile“ noch nicht zur Verfügung steht. Das Merkmal der Wesentlichkeit i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG bezieht sich hierbei nur auf die Leistung selbst (hier Zugang zur TAL), nicht aber auf den Umfang oder die Bedingungen ihrer Nutzung.

2. Unter Diskriminierung i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG ist nicht nur ein Verhalten zu verstehen, das gegen den Grundsatz formaler Gleichbehandlung der Betroffenen zu den Wettbewerbern oder der Wettbewerber untereinander verstößt, sondern vielmehr auch solche Verhaltensweisen, die die nachfragenden Wettbewerber trotz formaler interner und externer Gleichbehandlung mittelbar oder unmittelbar unbillig behindern.

3. Die Deutsche Telekom (DTAG) nutzt ihre marktbeherrschende Stellung entgegen § 33 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 35 Abs. 2 TKG hinsichtlich einzelner den Vertragspartnern im Wesentlichen einseitig auferlegter Klauseln des TAL-Standardvertrags aus, in dem sie den Zugang zur TAL nur zu diskriminierenden Konditionen gewährt, die nicht auf objektiven Maßstäben beruhen, nicht nachvollziehbar sind und keinen gleichwertigen Zugang zu ihrem TK-Netz gewährleisten, ohne dass ihr Vorgehen insoweit sachlich gerechtfertigt wäre.

4. Die von der DTAG in ihrem TAL-Standardvertrag verwendeten Klauseln, wonach der Vertragspartner bei der Verlegung des Kollokationsraumes die hiermit verbundenen Kosten alleine zu tragen hat und die Bereitstellungsfristen in Bezug auf die Kollokationsvarianten und den Zugang zur TAL nur Regelbearbeitungsfristen sind, sind nicht nachvollziehbar, beruhen nicht auf objektiven Maßstäben und verhindern somit in diskriminierender Weise einen gleichwertigen Zugang.

5. In Bezug auf die Kostenregelung bei der Verlegung eines Kollokationsraums wird der DTAG auferlegt, die Klausel dahingehend abzuändern, dass sie sich zur Übernahme der hälftigen Kosten verpflichtet. Hinsichtlich der Bereitstellungsfristen wird der DTAG auferlegt, diese als verbindlich auszugestalten, ferner bei bloßer Erweiterung der Kollokationsflächen oder dem Hinzutreten eines neuen Wettbewerbers in eine bestehende Kollokationsfläche die Bereitstellungsfrist von 16 Kalenderwochen auf sieben Kalenderwochen zu verkürzen und die Bereitstellungsfrist für den Zugang zur TAL von zehn Werktagen auf sieben Werktage zu verkürzen.

6. Die von der DTAG in ihrem TAL-Standardvertrag verwendete Klausel, wonach der an den Vertragspartner überlassene Zugang zur TAL ausschließlich für die eigene Nutzung durch den Vertragspartner bestimmt und eine Überlassung an Drittunternehmen nicht gestattet ist, ist insoweit missbräuchlich, als hierdurch dem Vertragspartner ein eigenes (Resale) –Angebot von TK-Dienstleistungen unter Einbeziehung der TAL an Drittunternehmen nicht erlaubt ist, die diese zur Erbringung eigener Dienstleistungen beim Vertragspartner nachfragen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Vertragspartner der DTAG die TAL weiterhin zum Angebot eigener TK-Dienstleistungen an Endkunden nutzt. Eine Untervermietung der TAL als solcher wird hiervon nicht umfasst.

7. Als Leistung i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG ist ein vom marktbeherrschenden Anbieter oder seinem Rechtsvorgänger geschaffenes oder erworbenes Vorprodukt auf niederer betrieblicher Wertschöpfungsebene zur Erbringung von TK Dienstleistungen auf höherer Ebene zu verstehen, wobei der Begriff der Leistung weit auszulegen und nicht auf TK-Dienstleistungen zu beschränken ist. Besteht die intern in Anspruch genommene Leistung aus Teilen einer Anlage, kann von einem Vorprodukt nur die Rede sein, wenn bei deren Zusammenfügung ein funktionell eigenständiges, abgrenzbares Ergebnis erzielt wird, welches sich als solches ohne weiteres aus der – wenn auch niederen Wertschöpfungskette des Marktbeherrscher – herausgelöst und ohne weiteres in diejenige des Wettbewerbers eingefügt werden kann. Diese Voraussetzungen des Leistungsbegriffs sind beim Zugang zur TAL gegeben. Die einzelnen Komponenten/Bedingungen der Zugangsgewährung stellen hierbei nur einen unselbständigen Charakter der Leistung dar.

8. Der Begriff der „Netzzugangsbeschränkung“ nach § 35 Abs. 2 TKG, die nur unter den Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 ONP-Richtlinie zulässig ist, ist eng auszulegen und umfasst nur solche Maßnahmen, die physisch oder faktisch den Zugang zu dem gesamten Netz oder Teilen des Netzes, zu dem Zugang gewährt wird, beschränken. Bei sonstigen einzelnen Reglungen der Zugangsgewährung handelt es sich hingegen um Zugangsbedingungen, die in ihrer konkreten Ausgestaltung jedoch nach § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG unzulässig sein können.

Autor: Frank Joachim Mayer, veröffentlicht in „MMR 2000, 500 ff.“

mit Anmerkung Mayer (nachfolgend in Auszügen)

Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 Art. 2, 3, 4 TKG §§ 33, 35 Beschluss vom 31.03.2001 – BK 3c-00/029

Leitsätze der Redaktion

1. Rechtsgrundlage für die Aufforderung zur Gewährung eines gemeinsamen Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) ist Art. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 4 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18.12.2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss. Kommt hiernach die Deutsche Telekom AG (DTAG) als gemeldeter Betreiber angemessenen Anträgen von Begünstigten auf entbündelten Zugang zur TAL und zugehöriger Entrichtungen trotz Fehlens objektiver Kriterien nicht nach, stellt dies zugleich einen Verstoß gegen § 33 Abs. 1 TKG dar, der die Reg TP zu Maßnahmen nach § 33 Abs. 2 Sätze 1, 2 TKG ermächtigt. Insoweit stellt § 33 TKG das relevante Streitbeilegungsverfahren i.S.d. Art. 3 Abs. 5 der VO (EG) Nr. 2887/2000 dar.

2. Beim Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form des gemeinsamen Zugangs gem. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 2 lit. e der VO (EG) Nr. 2887/2000 handelt es sich um eine wesentliche Leistung i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG. Die Anwendung des § 33 TKG bleibt hinsichtlich weiter gehender Maßnahmen neben den unmittelbar geltenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften unberührt.

3. Die Nutzung des Hochfrequenzkanals der TAL mittels der DSL-Technik zur Erbringung von Datendiensten bedarf mangels der Erbringung von Sprachtelefondienst und mangels Vorliegens eines zusätzlichen eigenständigen Übertragungsweg i.S.d. § 3 Nr. 22 TKG keiner Lizenz.

4. Unter einem angemessenen Antrag eines begünstigten Nachfragers auf entbündelten Zugang zur TAL gem. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 2887/2000 ist ein Antrag zu verstehen, der erforderlich ist, damit der Begünstigte Kommunikationsdienste bereitstellen kann, und bei einer Ablehnung des Antrags der Wettbewerb verhindert, beschränkt oder verzerrt würde.

5. Die DATAG ist als gemeldeter Betreiber nicht nur zur Vorlage und Veröffentlichung eines Standardangebots für den entbündelten Zugang zu ihren Teilnehmeranschlüssen und zugehörigen Einrichtungen verpflichtet, sondern hat gem. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 2887/2000 auf Nachfrage einem Begünstigten unter Offenlegung ihrer internen Schnittstellen ein konkretes Angebot vorzulegen. Das konkrete Angebot muss dem Begünstigen im Hinblick auf die Sicherstellung einer frühzeitigen Aufnahme der wettbewerblichen Tätigkeit den Zugang auch vor dem Vorliegen einer vollständigen ETSI-Standardisierung der Schnittstellen und standardkonformer Geräte für den begehrten Netzzugang auf Basis proprietärer Lösungen ermöglichen, wenn im Markt ausreichend verfügbare proprietäre Lösungen vorhanden sind.

Autor: Frank Joachim Mayer, veröffentlicht in „MMR 2001, S. 775 ff.“

UWG §§ 8 Abs. 1; 3; 4 Nr. 10

Urteil vom 27.11.2007 – I-20 U 22/07 (LG Düsseldorf); rechtskräftig

Leitsatz der Redaktion

Ein Netzbetreiber, der die Anrufzustellung (Terminierung) von Verbindungen aus dem Festnetz in ein Mobilfunknetz nicht auf Grund einer unmittelbaren Netzzusammenschaltung mit dem Mobilfunknetzbetreiber, sondern mittelbar über zwischengeschaltete Netzbetreiber (Transitnetzbetreiber) vornimmt, ist nicht verpflichtet, gegenüber dem Mobilfunknetzbetreiber auf Verlangen den Nachweis zu erbringen, dass der von ihm angewählte Transitnetzbetreiber die Anrufzustellung auf Grundlage einer Netzzusammenschaltung mit dem Mobilfunknetzbetreiber erbringt.

Sachverhalt

Die Kl. zu 2. betreibt das Mobilfunknetz X. Die Kl. zu 1. ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Kl. zu 2. und bietet Dienstleistungen – Verbindungsaufbau, Gesprächsübertragung und Anrufzustellung – für Endkunden an. Zu diesem Zweck bietet sie Endkunden sog. SIM-Karten an. Die ursprüngliche Bekl. zu 1., über deren Vermögen währen des Berufungsverfahrens mit Wirkung v. 1.3.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und hinsichtlich derer der Rechtsstreit daher mit B. des Senats v. 18.6.2007 abgetrennt worden ist, war Großhändlerin für die TK-Dienstleistungen. Die Bekl. zu 2., 3. und 4. waren die Vorstandsmitglieder der Erstbekl. Dabei betrieb die Erstbekl. den Großhandel mit TK-Dienstleistungen technisch in der Weise, dass sie in Frankfurt/M. einen Vermittlungsrechner betrieb, an den auf Grund von Verträgen (Carrier-Verträge) eine Vielzahl von Netzbetreibern angeschlossen waren. Auf diesem Wege leitete die Bekl. Verbindungen von einem Netzbetreiber an einen anderen Netzbetreiber weiter, der die Weiterleitung zum Zielanschluss übernahm.

Die Verbindung zwischen den Netzen einzelner Netzbetreiber wird dabei grds. über eine Zusammenschaltung bewirkt, hinsichtlich derer die Netzbetreiber untereinander Zusammenschaltungsvereinbarungen getroffen haben. Die Zusammenschaltung erfolgt durch Übergabe der Daten an vertraglich festgelegten „Points of Interconnection“ (POI). Da nicht sämtliche weltweit tätigen Netzbetreiber jeweils miteinander Zusammenschaltungsvereinbarungen geschlossen haben, kann die Zusammenschaltung auch in der Weise bewirkt werden, dass der Betreiber des Ausgangsnetzes sein Netz mit einem anderen Netzbetreiber zusammenschaltet, der wiederum sein Netz mit dem Teilnehmernetz zusammenschaltet, in dem der Zielanschluss sich befindet (von den Parteien als „unmittelbarer Transitfall“ bezeichnet). Ein solcher Transitnetzbetreiber ist z. B. die DTAG. Darüber hinaus ist es technisch möglich, dass der Betreiber des Ausgangsnetzes sein Netz mit einem Drittnetz zusammenschaltet, in welchem die Terminierung dann durch Weiterleitung an einen weiteren Netzbetreiber bewirkt wird, der nun seinerseits eine Zusammenschaltung mit dem Zielnetz durchführt (von den Parteien als „mittelbarer Transitfall“ bezeichnet). Für die Übernahme und Terminierung des Gesprächs fällt eine von den übergebenden Netzbetreiber zu zahlende Interconnection (IC-)Gebühr an. Ferner erheben die Transitnetzbetreiber Gebühren für die Durchleitung von Gesprächen.

Nach einem von den Kl. eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren haben die Bekl. eine Abschlusserklärung abgegeben, nach der sie verpflichtet sind, es zu unterlassen, SIM-Karten zum Zwecke der Ein- oder Weiterleitung von Verbindungen eines Dritten aus einem fremden Kommunikationsnetz in das X-Mobilfunknetz zu nutzen. Die Bekl. haben damals aber darauf verwiesen, die Verwendung von SIM-Karten durch die Fa. B.T. sei auf deren Veranlassung erfolgt, weshalb sie sich nur als Mitstörer ansähen.

Die Kl. haben den Bekl. dann aber vorgeworfen, von ihnen weitergeleitete Gespräche seien überhaupt mittels GSM-Gateways in ihr, der Kl., Netz zur Terminierung eingeleitet worden. Sie haben diesbezüglich geltend gemacht, die von den Bekl. vorgenommenen Netzzusammenschaltungen seien von vornherein nur wirtschaftlich sinnvoll, wenn GSM-Gateways verwendet würden. Es sei zudem nicht akzeptabel, dass durch die mittelbaren Trasitfälle eine Art anonymer Transitverkehr entstehe. Die Vermittlung an Drittnetzbetreiber, die nicht über eine Zusammenschaltungsvereinbarung mit der Kl. zu 2. verfügten, stelle sich als unlautere Wettbewerbshandlung nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG dar.

Das LG hat die Klage abgewiesen, soweit die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Zur Begründung hat das LH ausgeführt, zwar stelle sich der bewusste Einsatz von GSM-Gateways und die damit verbundene Ausnutzung von Tarifdifferenzen als unlautere Wettbewerbshandlung i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 10 UWG dar. Die Kl. könnten dementsprechend von jedem Unternehmen und jeder Person, die eine solche Behinderung im Wettbewerb vornehme, Unterlassung verlangen. Es bestehe aber keine wettebwerbsliche Pflicht, Dritte dahingehend zu überprüfen, ob diese die Anrufweiterleistung in das X-Netz nur auf Grundlage einer mit der Kl. zu 2. geschlossenen Weiterleitungsvereinbarung durchführten. Es bestehe keine rechtliche Pflicht, vorbeugend das rechtswidrige Tun eines Dritten zu verhindern. eine evtl. Erstbegehungsgefahr könne nicht so weit ausgelegt werden, dass ohne konkrete Anhaltspunkte eine Prüfung bei Dritten vorgenommen werden müsste.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien unstreitig gestellt, dass die Betreiber von Transitnetzen unterschiedlich hohe Verbindungsentgelte verlangen und dass eine unmittelbare Netzzusammenschaltung mit dem Netz der Kl. zu 2. einen hohen technischen und finanziellen Aufwand erfordert, sodass die Nutzung eines Transitnetzes durchaus wirtschaftlich sinnvoll sein kann.

Aus den Gründen

… Die Kl. zu 2. hat gegen den Bekl. … keinen Anspruch darauf, dass dieser es unterlässt, Gespräche zur Terminierung in das X-Netz an Dritte weiterzuleiten, die ihrerseits nicht nachweisen, dass die Terminierung unmittelbar oder mittelbar auf Grund einer Zusammenschaltungsvereinbarung mit der Kl. zu 2. erfolgt. Ein solcher Anspruch kann sich nur aus §§ 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 10 UWG ergeben.

Nach § 4 Nr. 10 UWG handelt unlauter, wird Mitbewerber gezielt behindert. Eine gezielte Behinderung in diesem Sinne liegt vor, wenn die wettbewerbsrechtliche Handlung weniger auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung gerichtet ist als auf die Störung der fremden wettbewerblichen Entfaltung (Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rdnr. 10.7). Dabei liegt eine kundenbezogene unlautere Behinderung in der Regel dann vor, wenn die von oder für einen Mitbewerber geschaffenen Einrichtungen ausgenutzt werden, um Kunden abzufangen (Köhler, a. a. O., Rdnr. 10.27).

Aus diesem Grunde ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, dass die Vermittlung von Telefonaten von einem Drittnetz in das Mobilfunknetz vermittels der für Endkunden bestimmten SIM-Karten der Kl. Zu 1. in sog. GSM-Gateways eine gezielte Behinderung des Wettbewerbs der Kl. Darstellt. Dieses Verhalten ist i. Ü. nicht nur unter dem Gesichtspunkt unlauter, dass die Einrichtung der Kl. (Basisstationen, SIM-Karten) zur Umgehung der eigentlich zu entrichtenden IC-Gebühr eingesetzt werden, sondern auch, weil dies nur möglich ist, indem Endkunden der Kl. zu 1. gezielt zum Vertragsbruch veranlasst werden.

Die Kl. zu 2. verlangt von dem Bekl. jedoch nicht, dass dieser eine Mitwirkung an Terminierungen mittels derartiger GSM-Gateways unterlässt. Insoweit würde es einer entsprechenden Klage wegen der vom Bekl. abgegebenen Abschlusserklärung auch am Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Sie verlangt vielmehr, dass dieser bei Terminierungen in ihr Netz von seinem Vertragspartner nachweisen lässt, dass dieser die Terminierungsleistung letztendlich auf Grund einer Netzzusammenschaltungsvereinbarung erbringt.

In der Rspr. ist anerkannt, dass zumindest auch derjenige selber unlauter handelt, der einen Wettbewerbsverstoß durch sein eigenes Verhalten gefördert oder gar erst ermöglicht hat, indem er zumindest bedingt vorsätzlich zu einer Lage beigetragen hat, die nach der Lebenserfahrung zu einem bestimmten wettbewerbswidrigen Verhalten führt (BGH GRUR 2003, 624; BGH GRUR 1973, 370, 371). Ein Anspruch auf das von der Kl. begehrte Verhalten wäre danach aber nur dann gegeben, wenn die Vermittlung der Terminierung mittels der von den Parteien sog. „mittelbaren Transitlösung“ nur bei Verwendung von GSM-Gateways wirtschaftlich vernünftig wäre, denn dann würde bereits das Angebot einer solchen Leistung indizieren, dass die Terminierung auf unlauterem Wege erfolgt und der Bekl. müsste sich entgegenhalten lassen, an dieser unlauteren Wettbewerbshandlung mitgewirkt zu haben.

So ist es hier aber gerade nicht. Wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt haben, ist die unmittelbare Netzzusammenschaltung technisch und finanziell sehr aufwändig, weil die Kl. zu 2. z. Zt. eine Realisierung der Netzzusammenschaltung an mindestens acht bundesweit verteilten POIs verlangt. Das ist eine Startinvestition, die sich für andere Angebote nur bei einem entsprechend hohen Terminierungsaufkommen in das Netz der Kl. lohnt. Ferner ist zwar die von der Kl. zu 2. verlangte Gebühr stets gleich, die Transitgebühren sind jedoch variabel, sodass es durchaus wirtschaftlich sinnvoll sein kann, auch die Transitleistung z. B. über einen Transitnetzbetreiber besonders günstige Konditionen – etwa wegen eines hohen Gesprächsaufkommens – erhält. Es gibt daher eine Vielzahl von Konstellationen, in denen auch ohne den Einsatz von GSM.Gateways die „mittelbare Transitlösung“ wirtschaftlich vernünftig ist, sodass aus dem Angebot mittelbaren Transits nicht auf den unlauteren Einsatz derartiger Geräte geschlossen werden kann.

Die sog. „mittelbare Transitlösung“ stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als unlauter dar. Bei ordnungsgemäßer Durchführung führt die „mittelbare Transitlösung“ weder zu einer anonymen Terminierungskette, noch erschwert sich der Kl. zu 2. die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen. Anders als beim Einsatz von GSM-Gateways, bei denen das Gespräch ja scheinbar seinen Ursprung im Netz der Kl. zu 2. hat, werden bei der „mittelbaren Transitlösung“ alle erforderlichen Daten weitergeleitet, da ja lediglich mehrere Netzzusammenschaltungen hintereinander geschaltet werden. Der Fall der „mittelbaren Transitlösung“ unterscheidet sich insoweit technisch nicht von dem unstreitig zulässigen Fall der „unmittelbaren Transitlösung“.

Auch verstößt die „mittelbare Transitlösung“ entgegen der Ansicht der Kl. zu 2) nicht gegen § 613 BGB enthält nämlich kein gesetzliches Verbot, sondern eine Auslegungsregel (Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Aufl., § 613 Rdnr. 1). Beim TK-Vertrag, bei dem ein Teilnehmer aus dem Anschlussnetz eines Betreibers ggf. unter bewusster Wahl einer Verbindungsnetzbetreibers eine Kommunikationsverbindung in das Netz eines anderen Anschlussnetzbetreibers wählt, ergibt sich aber bereits aus den Umständen, dass die Dienstleistung nicht nur vom Vertragspartner des Anrufers erbracht wird. Vielmehr muss die Terminierungsleistung in einem solchen Fall unter Mitwirkung der beiden Teilnehmernetzbetreiber hergestellt werden. Der Verbindungsnetzbetreiber kann in einem derartigen Fall auch ohne weiteres davon ausgehen, dass es dem Dienstberechtigten gleichgültig ist, welche Netzbetreiber an der Verbindungsherstellung beteiligt sind, sodass im Falle von TK-Dienstleistungen in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass die Parteien des jeweiligen Dienstvertrages § 613 BGB zumindest stillschweigend abbedungen haben. Andernfalls wäre i. Ü. auch der – unstreitig zulässige und technisch zwingend notwendige – „unmittelbare Transit“ z. B. über das Netz der DTAG unzulässig, denn auch in diesem Fall wird ein erheblicher Teil der Terminierungsleistung von einem Dritten, der DTAG nämlich, und einem Vierten, der Kl. zu 2. nämlich, erbracht.

Letztlich aus dem gleichen Grund haftet der Bekl. … auch nicht als Störer auf Unterlassung dahin, Gespräche zur Terminierung in das X-Netz an Dritte weiterzuleiten, die ihrerseits nicht nachweisen, dass die Terminierung unmittelbar oder mittelbar auf Grund einer Zusammenschaltungsvereinbarung mit der Kl. zu 2. erfolgt.

Als Störer haftet derjenige auf Unterlassung, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt. Weil die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rspr. des BGH de Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist(BGH GRUR 2007, 708 =MMR 2007, 507 m. Anm. Spindler – Internetversteigerung II; BGH GRUR 2003, 969). Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen eine Prüfung zuzumuten ist, richtet sich wiederum nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Funktion und Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch Genommen sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH GRUR 2003, 969).

Die in Rede stehende Vermittlungsleistung des Bekl. … reicht nach diesen Grundsätzen nicht aus, um seine Haftung als Störer zu begründen. Grds. ist es Sache desjenigen, der dem Bekl. … eine Gesprächsterminierung in das X-Netz anbietet, dafür Sorge zu tragen, dass diese in rechtlich einwandfreier Weise, d.h. über eine Kette von Netzzusammenschaltungsvereinbarungen, erfolgt. Diese Dienstleistung erbringt der anbietende Netzbetreiber daher grds. selbstständig und in eigener Verantwortung. Eine Prüfungspflicht kann daher den Bekl. … nur treffen, wenn dieser Anhaltspunkte dafür hat, dass sich sein Vertragspartner seinerseits unlauter verhält. Da aber die Terminierung über die „mittelbare Transitlösung“ als solche aus den vorstehend erörterten Gründen nicht unlauter ist und auch nicht den Schluss auf ein unlauteres Verhalten zulässt, kann von dem Bekl. … auch nicht verlangt werden, dass er ohne konkrete Verdachtsmomente das Verhalten seiner Vertragspartner auf die Lauterkeit hin prüft. Das verlangt die Kl. Aber letztendlich.

Dem lässt sich auch nicht … entgegenhalten, dass es in der Vergangenheit mehrfach zu Terminierungen in ihr Netz mittels GSM-Gateways gekommen ist, wobei die ursprüngliche Erstbekl. an der Vermittlung der Terminierungsleistung beteiligt war. Der Bekl. hat ohne Frage die wissentliche Mitwirkung an derartigen unlauteren Handlungen zu unterlassen. Das Begehren der Kl. geht hierüber jedoch weit hinaus: Es wird von dem Bekl. verlangt, dass dieser ohne jeden konkreten Verdacht die Überwachung des lauteren Verhaltens anderer Marktteilnehmer übernimmt. Eine derartige Verpflichtung kann auch dann, wenn einzelne Vertragspartner in der Vergangenheit ein auf Grund konkreter Anhaltspunkte die Annahme, es werde in unlauterer Weise unter Verwendung von GSM-Gateways terminiert, naheliegt.

Der Fall lässt sich insoweit mit dem Verkauf gestohlener Ware vergleichen. Auch beim Ankauf gebrauchter Gegenstände muss sich der Käufer vom Verkäufer ohne konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es sich um Diebesgut handelt, nicht nachweisen lassen, dass dieser die Ware durch eine ununterbrochene Kette von Erwerbsvorgängen erworben hat. Erst dann, wenn er auf Grund der Umstände, z.B. eines verdächtig niedrigen Preises, Grund zu ernsthaften Zweifeln hat, trifft ihn eine Nachforschungspflicht und andernfalls der Vorwurf der Hehlerei. Das gilt auch dann, wenn der Händler in der Vergangenheit schon einmal Diebesgut erworben hat. Es wird dann nicht ernsthaft gefordert werden können, dass auf Grund dieses Vorfalls ein derartiger Händler sich von jedem künftigen Verkäufer die Herkunft der Ware lückenlos nachweisen lässt. Übertragen auf den hier zu entscheidenden Fall bedeutet dies, dass der Bekl. … wohl Veranlassung zur Nachforschung haben könnte, wenn ihm jemand Terminierungsleistungen in das X-Netz unterhalb der von der Kl. … erhobenen IC-Gebühr anbietet. Dass dies der Fall gewesen wäre, ist aber nicht vorgetragen. Ohne einen solchen konkreten Anlass ist ihm eine Überprüfung jedoch nicht zuzumuten. Es wäre eine schwere dem Bekl. … nicht zumutbare Belastung, ihm allein im Wettbewerb die Beschaffung von Nachweisen aufzuerlegen und ihn damit in eine Außenseiterstellung zu bringen, nur weil er in der Vergangenheit auf Partner getroffen ist, die Gespräche in einer Weise weitergeleitet haben, dass es zum Einsatz von GSM-Gateways gekommen ist.

Es trifft schließlich auch nicht zu, dass die ursprüngliche Erstbekl. eine „anonyme Terminierungskette“ ermöglicht hätte. Eine anonyme Terminierungskette entsteht zwar beim Einsatz von GSM-Gateways deshalb, weil z.B. die CLI-Daten nicht übermittelt werden. Die Vermittlungsleistung der ursprünglichen Erstbekl. schafft eine solche anonyme Terminierungskette jedoch nicht, denn die Gespräche und ihre Weiterleitung lassen sich letztlich lückenlos rückverfolgen, da die jeweiligen Netzbetreiber jeweils den Netzbetreiber kennen, von dem sie die Daten übernommen haben, und denjenigen, an den die Daten weiterübermittelt worden sind. So hat in dem von der Kl. vorgetragenen Fall … die frühere Erstbekl. ohne weiteres mitteilen können, dass dieses Gespräch an die besagte Firma weitergeleitet wurde. Von einer anonymen Terminierungskette kann daher schon in tatsächlicher Hinsicht keine Rede sein. …

Anmerkung

Die Kl. betreibt ein Mobilfunknetz. Bei der ursprünglichen Bekl. Zu 1. handelt es sich umeine zwischenzeitlich insolvente Großhändlerin für TK-Minuten, an dessen Vermittlungsrechner eine Vielzahl von Netzbetreibern zwecks Kauf und Verkauf von Telefonminuten angeschlossen waren. Bei den weiteren Bekl. handelt es sich um die ehemaligen Vorstandsmitglieder der Erstbekl., gegen die die Kl. das Verfahren aus den Grundsätzen der Mitstörerhaftung fortführte.

Die Erstbekl. wurde zunächst von der Kl. als Mitstörer abgemahnt, weil ein an dem Vermittlungsrechner der Erstbekl. auf Grundlage einer Netzzusammenschaltung angeschlossener Netzbetreiber die Terminierung in das Mobilfunknetz der KL. in unzulässiger Weise über ein GSM-Gateway vornahm. Nachdem die Erstbekl. diesbezüglich eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte und das Verfahren insoweit für erledigt erklärt wurde, erweiterte die Kl. ihren Klageantrag dahingehend, dass die Bekl. es zu unterlassen hatten, Telefonate zum Zwecke der Anrufzustellung in das Mobilfunknetz an Dritte weiterzuleiten, ohne sich von diesen den Nachweis erbringen zu lassen, dass die Anrufzustellung in das Mobilfunknetz auf Grundlage einer mit der Kl. geschlossenen Zusammenschaltungsvereinbarung erfolgte.

I.E. wandte sich die Kl. damit gegen die sog. „mittelbare Transitlösung“, bei der die Erstbekl. das Gespräch zwecks Terminierung in das Mobilfunk(ziel)netz an einen Zusammenschaltungspartner übergibt, der die Terminierungsleistung in das Teilnehmerzielnetz nicht auf Grund einer eigenen Netzzusammenschaltung mit dem Teilnehmerzielnetz, sondern über weiter dahintergeschaltete Netzbetreiber anbietet (auch „mittelbarer Transitfall“ genannt).

Die Kl. sah diesen mittelbaren Transitfall als eine Art „anonyme Terminierungskette“ an, der die Gefahr begründe, dass sich unbekannte Dritte hinter dieser Terminierungskette verstreckten und am Ende doch GSM-Gateway einsetzten.

Das OLG Düsseldorf ist unter Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils des LG Düsseldorf zu Recht dieser Auffassung nicht gefolgt. Denn es besteht keine wettbewerbliche Pflicht, Netzbetreiber als Zusammenschaltungspartner dahingehend zu prüfen, ob diese die Anrufweiterleitung in das Mobilfunk(ziel)netz nur auf Grundlage einer mit dem Zielnetzbetreiber umittelbar geschlossenen Zusammenschaltungsvereinbarung vornehmen. Dies würde einer rechtlichen Verpflichtung gleichkommen, vorbeugend ein mögliches rechtswidriges Tun eines Dritten zu verhindern. Eine eventuelle Erstbegehungsgefahr kann jedoch nicht so weit ausgelegt werden, dass ohne konkrete Anhaltspunkte eine Prüfung bei Netzbetreibern vorgenommen werden müsste. Dies käme i.E. auch dem Verlangen gleich, von Wettbewerbern generell, ohne konkreten Anlass und ohne konkret gesetzten Ursachenbeitrag die Mitwirkung bei der Aufklärung von Missbrauchsfällen zu verlangen. Einen derartigen Rechtsanspruch kennt die Rechtsordnung jedoch nicht.

Im Hinblick auf den tk-rechtlichen Grundsatz, dass nicht jeder Netzbetreiber mit jedem anderen Netzbetreiber zusammengeschaltet sein muss, andererseits aber jedes Drittnetz für jeden Netzbetreiber erreichbar sein und es deshalb entgegen der klägerischen Auffassung Transitnetzbetreiber geben muss, die die Anrufzustellung in das Zielnetz entweder unmittelbar selbst oder über weiter dahintergeschaltete Netzbetreiber vornehmen, hätte ein stattgebendes Urteil auch verheerende Folgen im TK- Markt gehabt. Denn jeder Ausgangsnetzbetreiber hätte sich von seinem Netzzusammenschaltungspartner den Nachweis erbringen lassen müssen, dass die Terminierung in das Zielnetz am Ende einer Terminierungskette durch einen unmittelbar mit dem Zielnetzbetreiber zusammengeschalteten Terminierungsanbieter erfolgt. Abgesehen davon, dass dies in der Praxis nicht durchführbar wäre und dass i.R.e. Gesprächsübergabe innerhalb von Zusammenschaltungsverträgen die ordnungsgemäße Terminierung in das Zielnetz durch einen mit dem Zielnetz direkt zusammengeschlateten Netzanbeiter mangels konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte auch bei Terminierungsketten ohnehin unterstellt werden kann, hätte eine anderslautende Entscheidung den Grundsatz der Interoperabilität der Dienste auf den Kopf gestellt. Solange jedoch die Anrufzustellung auf Grund von Netzzusammenschaltungsverträgen erfolgt, bedarf es keiner weiteren Kontrolle dahingehend, ob die Terminierung letztlich wirklich durch einen mit dem Zielnetz unmittelbar zusammengeschalteten Netzbetreiber erfolgt, da dies der Anrufzustellung auf der Grundlage bestehender Netzzusammenschaltungsverträge immanent ist.

Solange also die Übergabe des zu terminierenden Verkehrs wie vorliegend auf Grundlage eines Netzzusammenschaltungsvertrags erfolgt, besteht keine Pflicht zur Überprüfung, ob der terminierende Zusammenschaltungspartner die Anrufzustellung entweder auf Grund einer unmittelbaren Netzzusammenschaltung mit dem Zielnetz selbst vornimmt oder ob er seinerseits bei weiteren Drittnetzbetreibern die Anrufzustellung einkauft.

Bemerkenswert ist, dass sich selbst die Kl. der von ihr eingeforderten Verpflichtung in vergleichbaren Fällen nicht unterzieht. Denn auch die Kl. unterhält ihrerseits mit einer Vielzahl von in Deutschland bzw. im Ausland ansässigen Teilnehmernetzbetreibern keine direkten Zusammenschaltungsverhältnisse, weswegen sie ihrerseits die DTAG oder eine Vielzahl anderer in- und ausländischer Netzbetreiber als sog. Transitnetzbetreiber in Anspruch nehmen muss. Die Kl. käme hierbei sicherlich auch nicht auf die Idee, sich jeweils bei der DTAG bzw. bei den zahlreich auch von ihr genutzten nationalen und internationalen Transitnetzbetreibern jeweils die Versicherung nachweisen zu lassen, dass die Terminierung in das Zielnetz jeweils nur auf Grund einer ordnungsgemäßen Netzzusammenschaltung erfolgt. Denn solange – wenn auch mittelbar – Anrufzustellungen i.R.v. Netzzusammenschaltungen von Netzbetreibern erfolgen, ist die Terminierungskette entgegen der Ansicht der Kl. weder anonym noch unsauber. Zu diesem Ergebnis gelangt auch das erkennende Gericht, wenn es feststellt, dass bei ordnungsgemäßer Durchführung auch die „mittelbare Transitlösung“ weder zu einer anonymen Terminierungskette führt noch der Kl. die Erfüllung öffentlich-rechtlicher bzw. datenschutzrechtlicher Verpflichtungen erschwert.

Autor: Frank Joachim Mayer, veröffentlicht in „MMR 2008, 336“

Franz Dänekamp greift die zentralen Probleme der Verträge auf und weist darauf hin, daß eine unzureichende Vertragsgestaltung ganz erhebliche wirtschaftliche und juristische Konsequenzen haben kann.

Wer sich mit den in der Praxis verwendeten Verträgen für Außendienstmitarbeiter beschäftigt, dem fällt auf, daß der Vertragsgestaltung nur wenig Bedeutung beigemessen wird, obwohl es in aller Regel um so viel Geld geht, daß ein sorgloser Umgang mit den Problemen geradezu existentielle Bedeutung für den Unternehmer haben kann. Gegenstand der nachfolgenden Betrachtung werden die Tatbestände sein, die insoweit von besonderer Brisanz sind und denen daher besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist.

1. Abgrenzung Arbeitsvertrag / Handelsvertretervertrag

Für erhebliche Verunsicherung hat ein Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 31.07.1996 (2 Ca 4546/95) zum Thema „Schein-Selbständigkeit“ gesorgt. Die Entscheidung ist publikumswirksam in den Medien („Versicherungsvertreter sind Arbeitnehmer“) veröffentlicht worden. Die Bedeutung des Urteils wird, gemessen an seiner juristischen Qualität, überschätzt. Seine Relevanz besteht vor allem darin, daß es der Branche gewisse Risiken ihrer Geschäftstätigkeit bewusst macht und in diesem Sinne als durchaus heilsamer Schock bezeichnet werden kann. Das Urteil stellt keine Trendwende in der Rechtsprechung dar, sondern wendet in einer Einzelfallentscheidung lediglich Abgrenzungskriterien an, die höchstrichterlich in unterschiedlichen Gerichtszweigen über Jahrzehnte entwickelt worden sind (BGH, VersR 1964, 331; BSozG, BB 1980, 1471; BSozG, BB 1974, 233; BfH, DB 1970, 862).

Das Handelsgesetzbuch umschreibt die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien im Rahmen einer Legaldefinition (§ 84 I 1 HGB). Handelsvertreter sind danach, wer als selbständiger Gewerbetreibender Geschäfte vermittelt oder abschließt und dabei im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Im Unterschied zum Arbeitnehmer, der persönlich und wirtschaftlich abhängig ist, muss der Handelsvertreter stets in den Stand versetzt werden, seine persönliche Unabhängigkeit im Verhältnis zum Unternehmer aufrechtzuerhalten. Dies setzt voraus, daß er sowohl fachlich als auch hinsichtlich Ort und Zeit der von ihm zu erbringenden Leistung grundsätzlich weisungsunabhängig vom Unternehmer ist (BAG, VersR 1966, 382; BB 1982, 1877).

Richtlinien sind zwar entsprechend den §§ 662, 665 BGB grundsätzlich zulässig, dürfen jedoch nicht in den Kerngehalt der Weisungsfreiheit des Handelsvertreters eingreifen. Insbesondere ist darauf zu achten, daß als Handelsvertreter nur bezeichnet werden kann, wer ein unternehmerisches Risiko trägt (BAG, Urteil vom 21.01.1966 – 3 AZR 183/65 – AP, § 92 HGB Nr. 2). Die Abgrenzungsproblematik wird in den vorerwähnten Musterverträgen in besonderer Weise berücksichtigt und kommentiert. Es wird ausdrücklich empfohlen, die rechtliche Stellung des Handelsvertreters zum Gegenstand einer ausführlichen Regelung im Vertrag zu machen. Der Begriff „Handelsvertreter/Arbeitnehmer“ ist Anknüpfungspunkt für eine Vielzahl rechtlicher Regelungen. Gerichte, Behörden und Interessenvertreter werden sich im Rahmen der Einzelfallprüfung zunächst mit der Frage beschäftigen, ob der zwischen den Parteien bestehende Vertrag als Handelsvertretervertrag oder als Arbeitsvertrag gestaltet ist. Wenn in einem solchen Fall ein schriftlicher Vertrag fehlt oder allenfalls – wie vielfach beobachtet – Personalfragebögen Verwendung finden, verbleibt nur die Prüfung der Frage, wie das Vertragsverhältnis praktisch gehandhabt wird; dies geht nicht selten mit einer für den Unternehmer risikoreichen und unangenehmen Prüfung von Betriebsinterna und Organisationsdetails einher. Bereits dies zeigt, daß der Vertragstext von entscheidender Bedeutung sein kann, mag dabei allerdings nicht übersehen werden, daß die praktische Abwicklung und Vertragshandhabung nicht – jedenfalls nicht gänzlich – im Widerspruch zum geschriebenen Text stehen darf (vgl. BAG, DB 1966, 546). Wer daher nur auf den Vertrag vertraut und den Handelsvertreter in der Praxis zum Arbeitnehmer macht, setzt sich der Gefahr unangenehmer Konsequenzen aus.

Die steuer-, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen, die sich daraus ergeben, daß der Unternehmer das Vertragsverhältnis zum Außendienstmitarbeiter fälschlicherweise als „Handelsvertretervertrag“ einordnet, sind äußerst brisant. Insbesondere die Finanzämter greifen im Rahmen von Lohnsteuer-Außenprüfungen die Abgrenzungsproblematik gerne auf. Nach § 42 d des Einkommensteuergesetzes haftet der „Unternehmer“ (Arbeitgeber) für alle Steuerverbindlichkeiten. Die sich daraus unter Umständen ergebenden Nachforderungen setzen die Finanzämter im Rahmen von Haftungsbescheiden fest, wobei die steuerpflichtigen Beträge für alle Handelsvertreter gegebenenfalls über Jahre zurückgerechnet werden. Die entsprechenden Steuerbescheide sind grundsätzlich sofort vollziehbar (vgl. § 361 I AO). Überdies prüft das Finanzamt die straf- und bußgeldrechtliche Relevanz des festgestellten Sachverhalts. Der angestellte Außendienstmitarbeiter (§ 84 II HGB) hat im Unterschied zum selbständigen Handelsvertreter Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und unterliegt dem Schutz des Arbeitsrechts. Letzteres hat vor allem zur Konsequenz, daß die Kündigungsschutzvorschriften unter Umständen Anwendung finden und im Falle einer Kündigung möglicherweise Kündigungsschutzklage erhoben wird, die in der Regel kostenaufwendige Vergleiche zufolge hat, will sich der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer endgültig trennen.

Die Betriebsprüfer der Krankenkassen überprüfen die renten-, kranken- und pflegeversicherungsrechtliche Relevanz des Vertragsverhältnisses. Gemäß §§ 28 e ff. Sozialgesetzbuch IV haftet der Arbeitgeber für nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge, wobei den Sozialversicherungsträgern umfassende Prüfungs- und Auskunftsrechte zustehen. Das Arbeitsamt prüft, ob die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt worden sind.

Es ist leicht nachvollziehbar, daß die steuer- oder sozialversicherungsrechtlich veranlaßten Haftungsbescheide existenzvernichtend sein können. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Unternehmer im Hinblick auf nachentrichtete Lohnsteuer oder Sozialversicherungsbeiträge – wenn überhaupt – nur beschränkt Regreß gegenüber dem Handelsvertreter / Arbeitnehmer nehmen kann. Ein verschuldet unterbliebener Abzug der Sozialversicherungsbeiträge kann nur bei den nächsten drei Lohn- oder Gehaltsnachzahlungen nachgeholt werden (§ 28 g SGB IV). Die Durchsetzung von Rückzahlungsansprüchen wegen nicht einbehaltener Lohnsteuer dürfte nicht nur praktisch, sondern auch juristisch schwierig sein, weil sich die Frage stellt, ob sich der Unternehmer nicht schadensersatzpflichtig gemacht hat, weil das Vertragsverhältnis in vorwerfbarer Weise falsch eingeordnet worden ist. Im Ergebnis wird dem Unternehmer daher dringend geraten, seine bisherige Handhabung zu überprüfen und seine Verträge überarbeiten zu lassen.

2. Provisionen

Die Provisionsregelungen sind, neben der vorerwähnten Abgrenzungsproblematik, gewissermaßen das Kernstück des Regelungswerks, denn sie sind für beide Vertragsparteien von zentraler wirtschaftlicher Bedeutung. Der Unternehmer, der bei der Gestaltung der Provisionsregelung seinen wirtschaftlichen Vorstellungen Rechnung tragen will, hat sich zu vergegenwärtigen, daß er mit einer Gesetzesmaterie konfrontiert ist, die restriktiv die Rechte des Handelsvertreters schützen.

Das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB) aus dem Jahre 1900 ist 1953 und 1990 novelliert worden und in beiden Fällen hatten die Gesetznovellen den Zweck, die Rechtsstellung des Handelsvertreters zu verbessern. Aus diesen Gründen sind zahlreiche Regelungen im Handelsvertreterrecht nicht dispositiv, d. h. entgegenstehende Vereinbarungen sind unwirksam. Dies gilt ganz besonders für die Provisionsregelungen der §§ 87, 87 a, 87 c, 92 HGB. Der Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters hat in § 92 HGB eine besondere Regelung erfahren, die nach Auffassung des Verfassers in der Tendenz einen etwas größeren Gestaltungsspielraum beläßt, mögen auch die Unterschiede nur von marginaler Bedeutung sein. Im Übrigen sind die auf die Provisionsregelung bezogenen Schwierigkeiten in der Versicherungs- und Zeitschriftenwerbung teilweise identisch, teilweise unterschiedlich.

a. Teilprovisionsanspruch / Stornohaftungsklauseln

Gesetzlich zwingend hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, wenn und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat, also etwa der Zeitschriftenabonnent gezahlt hat (§ 87 a I 3 HGB). Der Versicherungsvertreter hat Anspruch auf Provision, sobald der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Vertragsverhältnis berechnet (§ 92 IV HGB). In der Versicherungswerbung wird in der Regel der Teilprovisionsanspruch korrekt gehandhabt.

Demgegenüber verwendet die Zeitschriftenbranche Stornohaftungsklauseln und schließt den Anspruch des Handelsvertreters grundsätzlich dann aus, wenn der Vertrag innerhalb einer bestimmten Stornohaftungszeit scheitert. Dies ist insoweit unzulässig, als definitiv Teilprovisionen für den Fall zu bezahlen sind, daß der Zeitschriftenbezieher den Vertrag teilweise erfüllt hat. Seit der vorerwähnten Gesetzesnovellierung im Jahre 1990 kann der Teilprovisionsanspruch im Vertrag nicht mehr ausgeschlossen werden („Gesetz zur Durchführung der EG-Richtlinie zur Koordinierung des Rechts der Handelsvertreter“; Ankele, DB 1989, 2111 ff.).

b. Stornosicherheitsklauseln / Kautionskonten

Wegen des nachvollziehbar dringenden Erfordernisses in der Branche werden Stornosicherheitsklauseln vereinbart, und zwar des Inhalts, daß ein bestimmter Prozentsatz der Provision als Stornoreserve einbehalten wird. Die Bildung der Stornoreserve verstößt nach Auffassung des Verfassers gegen die nicht dispositiven Vorschriften der §§ 87 a I 3, 87 a IV HGB. Sie bezieht sich nämlich auf Provisionen, die definitiv entstanden und definitiv fällig sind, mithin ausgezahlt werden müssen. In der Versicherungswerbung mag wegen des Wortlauts des § 92 HGB die Stornoreserve eher zu rechtfertigen sein, als in der Zeitschriftenwerbung.

Grundsätzlich unzulässig ist es, die Auszahlung eines Kautionskontos – wie vielfach vorgesehen – über das Vertragsende hinaus vor Ablauf von zwei oder drei Jahren auszuschließen; derartige Klauseln verstoßen gegen § 9 AGBG (vgl. OLG Düsseldorf, BB 1990, 1086).

c. Einmalprovision / Ausgleichsanspruch

Gemäß § 89 b HGB hat der Handelsvertreter im Falle der Beendigung des Vertragsverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen den sogenannten Ausgleichsanspruch, der bis zu einer Jahresprovision (Warenvertreter) bzw. drei Jahresprovisionen (Versicherungsvertreter) umfassen kann. Voraussetzung ist jedoch, daß der Unternehmer noch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses aus der Tätigkeit des Handelsvertreters erhebliche Vorteile zieht und dieser infolge der Beendigung des Vertrages Provisionen verliert.

Die Sorge, im Falle der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses Ausgleichsansprüchen ausgesetzt zu sein, ist dann grundlos, wenn die sogenannte Einmalprovision gezahlt wird, weil der Handelsvertreter in diesem Fall keine Provision verliert, wenn der Vertrag endet. Umgekehrt stellt sich die Frage des Ausgleichsanspruchs immer dann, wenn die Provisionsregelung die Zahlung mehrerer Provisionen vorsieht oder – bezogen auf den Warenvertreter – Folgeprovisionsansprüche nicht ausschließt und demgemäß mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses Provisionsansprüche entfallen. Deshalb ist jede Provisionsregelung unter Berücksichtigung auf ihrer auf den Ausgleichsanspruch bezogenen Wechselwirkung zu prüfen und zu gestalten.

d. Leistungsstörungen im mehrstufigen Handelsvertreter-Vertragsverhältnis

Der Mustervertrag bezieht sich auf die Untervertreter, die im mehrstufigen Vertragsverhältnis für die sogenannten Generalagenturen tätig werden. Im mehrstufigen Handelsvertreter-Vertragsverhältnis ist der Fall denkbar, daß zwar keine Leistungsstörungen im Verhältnis zwischen der Versicherungsgesellschaft und dem Versicherungsnehmer auftreten, vielmehr Leistungsstörungen ausschließlich im Verhältnis zwischen der Versicherungsgesellschaft und der Generalagentur festzustellen sind, etwa Provisionen nicht gezahlt werden.

In all diesen Fällen ist streitig, unter welchen Voraussetzungen davon ausgegangen werden kann, daß die Nichtleistung des Dritten, sei es des Versicherungsnehmers, sei es der Versicherungsgesellschaft, feststeht. Grundsätzlich dürfte die Versicherungsgesellschaft oder die Generalagentur verpflichtet sein, ihre Rechte einzuklagen, da anderenfalls keine die Provisionspflicht ausschließende Nichtleistung des Dritte vorliegt (Hopt, HGB-Kommentar, § 87 a, Rn. 15). Nur dann, wenn ein gerichtliches Vorgehen unzumutbar ist, kann auf die Klage verzichtet werden. Bei der Lebensversicherung soll das Einklagen der ersten Prämie in der Regel nicht zumutbar sein (BAG, NJW 1968, 518; OLG Frankfurt, VersR 1981, 480; anders in der Sachversicherung: OLG Frankfurt, VersR 1986, 462).

e. Buchauszug

Zur Überprüfung seiner Provisionsansprüche hat der Handelsvertreter gemäß § 87 c II HGB Anspruch auf einen Buchauszug, der alles enthalten muss, was die Bücher des Unternehmers über die fraglichen Geschäfte ausweisen und für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein kann (BGH, NJW 1981, 457). Der Anspruch auf den Buchauszug kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden (§ 87 c V HGB) und besteht auch dann, wenn der Handelsvertreter die Abrechnung über viele Jahre widerspruchslos hingenommen hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann aus dem insoweit untätigen Verhalten des Handelsvertreters kein Einverständnis mit den Provisionsabrechnungen geschlossen werden. Für eine Einigung über die Abrechnung ist vielmehr eine eindeutige Willenserklärung des Handelsvertreters erforderlich (BGH, Urteil vom 28.11.1963 – VII ZR 90/62, nicht veröffentlicht).

Der Anspruch besteht allerdings nicht mehr, wenn sich die Parteien über die Abrechnung der Provisionen geeinigt haben (BGH, Urteil vom 13.03.1961 – VII ZR 35/60; BGH, Urteil vom 28.11.1995 – VIII ZR 293/94). Deshalb wird empfohlen, vom Handelsvertreter ein sogenanntes „Saldoanerkenntnis“ zeichnen zu lassen, mit dem die Vollständigkeit und Richtigkeit der Abrechnung bestätigt wird.

Schlußbemerkung:

Die Verwendung eines Formularvertrags, mag er noch so sorgfältig abgefaßt sein, ersetzt nicht die Beratung im Einzelfall. Stets ist das Zusammenspiel zwischen dem zu vermittelten Vertrag und dem Handelsvertretervertrag zu prüfen, damit nicht nur juristisch korrekte, sondern auch wirtschaftlich angemessene Ergebnisse erzielt werden. Abweichungen vom Mustervertrag sind nur dann zulässig, wenn insbesondere das HGB oder das AGBG einen Gestaltungsspielraum zuläßt.

Autor: Franz Dänekamp, veröffentlicht in „der neue vertrieb 4/97, S. 30 ff.“

Franz Dänekamp stellt ein aktuelles Urteil vor und kommentiert es.

Urteile von Arbeitsgerichten und der „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit“ haben für erhebliche Verunsicherung sowohl in der Versicherungsbranche als auch im werbenden Buch- und Zeitschriftenhandel geführt. Wer die Selbständigkeit von Handelsvertretern grundsätzlich in Frage stellt, greift erheblich in die Entscheidungsfreiheit des Unternehmers für eine bestimmte Vertriebsform (angestellte oder selbständige Absatzmittler) ein. Angesichts der betriebswirtschaftlichen Auswirkungen dieses Eingriffs sind die Reaktionen der Verbände und Unternehmen durchaus verständlich.

Urteil des Landesarbeitsgericht Nürnberg (Az.: Sa 670/97 – 12 Ca 4696/96)

Mit Urteil vom 17.12.1997 hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg den Arbeitnehmerstatus eines Versicherungsvertreters (Handelsvertreters) festgestellt. Es hat dabei inhaltlich Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe in einem vorinstanzlichen Parallelverfahren (Arbeitsgericht Nürnberg 2 Ca 4546/95), das bundesweit für Aufsehen gesorgt hatte. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Nürnberg ist seinerzeit publikumswirksam in den Medien („Versicherungsvertreter sind Arbeitnehmer“) veröffentlicht worden. In anderen Zusammenhängen wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Bedeutung der vorgenannten arbeitsgerichtlichen Entscheidung vielfach überschätzt wurde. Diese Einschätzung hat sich nicht geändert.

Auch nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg gilt, dass die Rechtsprechung keine Trendwende vorgenommen hat, sondern in einer Einzelfallentscheidung Abgrenzungskriterien anwendet, die höchstrichterlich in unterschiedlichen Gerichtszweigen über Jahrzehnte entwickelt worden sind (BGH, VersR 1964, 331; BSozG, BB 1980, 1471; BSozG, BB 1974, 233; BFH, DB 1970, 862).

a) Urteilstatbestand / Ausgangsfall

Im konkreten Fall war die Klägerin aufgrund eines schriftlichen Vertrages als Versicherungsvermittlerin für die Beklagte im Außendienst tätig. Die von der Beklagten vorformulierten allgemeinen Vertragsbedingungen waren unter anderem bis ins Detail reichende Weisungen („Arbeitsauftrag“) vor; der Klägerin war es – über das gesetzlich vorgesehene Konkurrenzverbot hinaus – generell auch versagt, versicherungsfremde Geschäfte zu vermitteln. In tatsächlicher Hinsicht war die Tätigkeit der Klägerin dadurch gekennzeichnet, dass von der Beklagten zur Verfügung gestelltes Adressmaterial im Rahmen der Vermittlungstätigkeit „abgearbeitet“ wurde, wobei sie sich der Telefonanlage und der örtlichen Büroorganisation der Beklagten bedienen konnte. Die Tätigkeit wurde ohne eigenes Personal und ohne eigenen Kapitaleinsatz ausgeführt. Auf die Auswahl der zu vermittelnden Versicherungsprodukte bestand seitens der Klägerin kein Einfluss. Gemäß dem Angebot der Beklagten hat die Klägerin an einer berufsbegleitenden Fortbildung (Versicherungsfachmann/Versicherungsfachfrau) teilgenommen.

b) Entscheidungsgründe / rechtliche Würdigung

Zutreffend erläutert das Arbeitsgericht zunächst die Kriterien, die vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung zum Arbeitnehmerbegriff judiziert werden, verweist auf die Legaldefinition in § 84 HGB und führt Folgendes aus:

„Arbeitnehmer und freie Mitarbeiter unterscheiden sich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung verpflichtete befindet. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit ist weder erforderlich noch ausreichend. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Insoweit enthält § 84 I 2 HGB ein typisches Abgrenzungsmerkmal. Nach dieser Bestimmung ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbständig und deshalb persönlich abhängig ist dagegen der Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist.“

Vor diesem Hintergrund stellt das Arbeitsgericht – und ihm folgend das Landesarbeitsgericht Nürnberg – zunächst fest, daß die Klägerin in der Bestimmung ihrer Arbeitszeit frei war und die vertraglich fixierten Weisungen insoweit nicht zu beanstanden sind, als komplizierte Produkte – wie etwa eine Lebensversicherung oder Krankenversicherung – fachliche Direktiven erfordern. Die Klägerin sei auch nicht in die Organisation der Beklagten eingebunden, da sie ungeachtet der ihr angebotenen Hilfsmittel nicht von der technischen Organisation der Beklagten abhängig sei.

Ungeachtet dieser Feststellungen wird das Vertragsverhältnis gleichwohl als Arbeitsvertrag qualifiziert, und zwar mit folgenden Erwägungen:

Ein Aspekt sei unter anderem, daß der Klägerin die Qualifizierung zur Versicherungsfachfrau nahegelegt worden sei und diese Qualifizierung auch finanziell unterstützt werde; dies sei ein typisches Phänomen der Arbeitswelt.

In der folgenden Argumentation wird sodann – und dies ist der eindeutige Schwerpunkt des Urteils – darauf abgestellt, dass die Klägerin ausschließlich ein unternehmerisches Risiko trage, dem als Äquivalent keine unternehmerische Freiheit gegenüberstehe. Da sie nicht in einem eigenen Unternehmen arbeite, erschöpfe sich die unternehmerische Freiheit darin, das zur Verfügung gestellte Adressmaterial aufzuarbeiten oder dies nicht zu tun. Insbesondere wird auf die fehlende Möglichkeit hingewiesen, mit eigenen Kapitalmitteln eine eigene Betriebsstätte zu errichten und weitere Mitarbeiter zu beschäftigen. In diesem Zusammenhang wird insbesondere auf die allgemeinen Vertragsbestimmungen der Beklagten hingewiesen, insbesondere auf das erweiterte Verbot einer „Konkurrenztätigkeit“.

c) Kritische Würdigung

Die Entscheidung unterstreicht zunächst zutreffend, daß bei der rechtlichen Qualifizierung eines Vertragsverhältnisses nicht nur auf den Vertragstext, sondern darüber hinaus auch auf die tatsächlichen Umstände abzustellen ist (vgl. etwa BAG, DB 1966, 546). Soweit in diesem Zusammenhang allerdings auf das schriftlich fixierte Verbot der Konkurrenztätigkeit hingewiesen wird, das dem Arbeitsrecht entspreche, ist die Argumentation unzutreffend. Es wird verkannt, dass ein Wettbewerbsverbot für den Handelsvertreter ohne besondere Vereinbarung bereits aus § 86 I Halbs. 2 HGB folgt (vgl. Hopt, Handelsvertreterrecht, München 1992, § 86 Rdnr. 26). Insoweit ist also ein Konkurrenz- oder Wettbewerbsverbot für den Handelsvertretervertrag geradezu typisch.

Für die Beklagte außerordentlich problematisch ist allerdings das vertraglich vorgesehene Verbot anderer Vermittlungstätigkeiten. Damit ist der Beklagten im Rahmen der Vertragsgestaltung ein klassischer Fauxpas unterlaufen, denn in der Tat wird die Klägerin in die Nähe einer abhängig Beschäftigten gerückt, wenn die Beklagte eine derart ausschließliche Anbindung in den Vertrag aufnimmt. Hier zeigt sich, dass die Gestaltung der Vertragsklauseln kein unnötiger Formalismus ist, weil sie in derartigen Fallgestaltungen Anknüpfungspunkt einer für den Unternehmer ungünstigen Argumentation sein kann. Dies ist in den vom Verfasser erarbeiteten Musterverträgen für Handelsvertreter in der Versicherungswerbung und im werbenden Buch- und Zeitschriftenhandel berücksichtigt und kommentiert worden.

Schwerpunkt der Argumentation ist – wie bereits erwähnt – die fehlende unternehmerische Freiheit, die im konkreten Fall mit durchaus nachvollziehbaren Erwägungen betrieben wird. Wenn die Entscheidung gleichwohl nicht zu überzeugen vermag, so deswegen, weil die nach der Rechtsprechung gebotene Abwägung der Entscheidungskriterien unterblieben ist. Sowenig die persönliche Freiheit des Handelsvertreters i. S. d. § 84 I 2 HGB einziges Differenzierungskriterium sein kann, sowenig kann die fehlende unternehmerische Freiheit im engeren Sinne als alleinige Beurteilungsgrundlage herangezogen werden. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung stets das Gesamtbild der vertraglichen Gestaltung und der tatsächlichen Handhabung (BVerfG, NJW 1978, 365; BAG, VersR 1966, 382; BGH BB 1982, 1877, NJW 1982, 1758).

In den Entscheidungsbegründungen wird weder die persönliche Freiheit der Klägerin bezweifelt, noch die fehlende Einbindung in die technische Organisation der Beklagten oder die grundsätzliche Unhabhängigkeit von Weisungen, Kriterien also, die regelmäßig den Arbeitnehmerstatus entfallen lassen. Warum ausgerechnet das Kriterium der unternehmerischen Freiheit im Verhältnis dazu von derart ausschlaggebender Bedeutung sein soll, ist umso weniger verständlich, als diese einseitige Gewichtung sowohl der Rechtswirklichkeit als auch der Gesetzessystematik widerspricht.

Das Erscheinungsbild des Handelsvertreters ist in der Praxis außerordentlich vielgestaltig und reicht vom großen Vertriebsunternehmer mit Marktmacht über den wirtschaftlich abhängigen Handelsvertreter im Nebenberuf (§ 92 b HGB) bis zum Einfirmenvertreter mit arbeitnehmerähnlicher Stellung (§ 92 a HGB). Nach dem Verständnis des Arbeitsgerichts bzw. Landesarbeitsgerichts setzt unternehmerische Freiheit die Möglichkeit voraus, „unter Einsatz eigenen Kapitals eine Eigenorganisation mit eigenen Mitarbeitern aufzubauen, mithin ein eigenes Unternehmen, und damit eine unternehmerische Chance am Markt wahrzunehmen.“

Insoweit wird jedoch contra legem judiziert, weil auch der Handelsvertreter im Nebenberuf und der Einfirmenvertreter über eine derartige unternehmerische Freiheit nicht verfügen und gleichwohl das Gesetz den Status dieser Vertragspartner als Handelsvertreter nicht bezweifelt, vielmehr ausdrücklich voraussetzt.

Ausblick:

In seiner Entscheidung vom 17.12.1997 hat das Landesarbeitsgericht die Revision zugelassen. Es bleibt zu hoffen, daß die Entscheidungen der Vorinstanzen korrigiert werden. Es ist nicht Aufgabe der Judikative, vermeintlich schutzbedürftige Vertragspartner contra legem dem gesamten Schutz des Arbeitsrechts zu unterstellen. Mit dieser Kritik sollen die Verdienste der Arbeitsgerichtsbarkeit für einen sachgerechten Sozialausgleich in unserer Wirtschaftsordnung keineswegs in Frage gestellt werden. Wer sich jedoch vergegenwärtigt, daß etwa 50 % der Handelsvertreter Einfirmenvertreter sind, die in der Regel keine Untervertreter beschäftigen, dem werden die wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen Entscheidung bewußt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Urteile über den Einzelfall hinaus Bedeutung haben sollten. Eine extensive Interpretation des Begriffs „Scheinselbständigkeit“ greift in funktionierende Vertriebssysteme ein, so daß im Ergebnis ein gesamtwirtschaftlicher Flurschaden angerichtet wird, der alle Unternehmen und Handelsvertreter gleichermaßen betrifft. Die Entscheidungen des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts Nürnberg sind wegen der individuellen Besonderheiten des Ausgangsfalles nicht stets auf andere Handelsvertreterverträge übertragbar. Sie sind insoweit problematisch, als sie Ausdruck einer Tendenz sind, die in dem Bemühen verschiedener Gesetzesinitiativen gipfelt, mit Hilfe des Begriffs der Scheinselbständigkeit in die Vertragsautonomie einzugreifen. Das deutsche HGB aus dem Jahre 1900 ist mehrfach novelliert worden. Stets hatten die Gesetzesnovellen den Zweck, die Rechtsstellung des Handelsvertreters zu verbessern. Es gewährleistet einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen den Vertragspartnern. Einer Korrektur bedarf es nicht, schon gar nicht der Korrektur durch die Arbeitsgerichte.

Autor: Franz Dänekamp, veröffentlicht in „der neue vertrieb 5/98, S. 59 ff.“

Oder: Wenn die Wohltaten des Staates zur Pflege werden

Von den Gewerkschaften vielfach gelobt, soll es die „Flucht aus der Sozialversicherung“ stoppen (Finanztest 3/99), eine Antwort auf die „verschärfte Wettbewerbs- und Arbeitsmarktsituation“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 14/45) sein, den „Weg für die Beseitigung des Normalarbeitsverhältnisses“ verstellen (betrieb/gewerkschaften 1/99).

Was für die einen eine längst überfällige Korrektur bedeutet, charakterisieren andere – je nach politischer Couleur oder Verbandszugehörigkeit – als „Gesetz der industriellen Frühzeit“ (Die Welt, 17.03.1999).

Die Rede ist vom „Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte“ vom 18.12.1998, das die Einbeziehung von „Scheinselbstständigen“ in die Sozialversicherung erleichtern soll.

Die wichtigste Bestimmung dieser Neuregelung bildet der § 7 Abs. 4 SGB IV.

Danach wird zur Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft fortan geprüft, ob der „freie Mitarbeiter“

1. keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt

2. regelmäßig nur für einen Auftraggeber arbeitet

3. für Beschäftigte typische Arbeitsleistungen erbringt

4. nicht aufgrund unternehmerischer Tätigkeit am Markt auftritt.

Erfüllt der „freie Mitarbeiter“ mindestens zwei dieser vier Kriterien, wird vermutet, dass er Arbeitnehmer und somit sozialversicherungspflichtig ist und zwar mit gravierenden rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen, die noch aufzuzeigen sein werden.

Das Korrekturgesetz, ein Beschäftigungsprogramm für Anwälte?

Nicht ganz zu Unrecht wird die gesetzgeberische Maßnahme als „Beschäftigungsprogramm für Anwälte“ beschrieben. Die Juristen prüfen Verträge, entwerfen Fragebögen und denken über Schlupflöcher nach (Wirtschaftswoche Nr. 12/18.03.1999).

Der Verfasser ist mit Anfragen aus dem gesamten Bundesgebiet und aus nahezu allen Branchen konfrontiert, die belegen, dass eine erhebliche Verunsicherung eingetreten ist, die nachhaltigen Einfluss auf die Investitionsbereitschaft hat und daher alle nachdenklich stimmen sollte, die sich um einen sachgerechten Ausgleich unterschiedlicher Standpunkte und um eine funktionierende Wirtschafts- und Sozialordnung bemühen, und zwar im Interesse aller Beteiligten.

Die Furcht von Unternehmern, kaum überschaubaren finanziellen Risiken ausgesetzt zu sein, ist nicht unbegründet. Eben deswegen ist jedoch hektische Betriebsamkeit ebenso wenig ratsam, wie ein allzu sorgloser Umgang mit der Neuregelung. Die bisherigen Erfahrungen lassen vermuten, dass die zuständigen Sozialversicherungsträger mit einer lückenlosen Erfassung sog. Scheinselbstständiger beginnen.

So verständlich der Wunsch nach einfachen Lösungsmodellen sein mag, eine passe-partout-Variante gibt es nicht. Dennoch ist es möglich, Verhaltensmuster und individuelle vertragliche Lösungen zu entwickeln, die eine gesetzeskonforme und verlässliche Grundlage für Unternehmen und ihre Vertragspartner sind.

Zu empfehlen ist in jedem Fall:

  • problembehaftete Vertragsverhältnisse und ihre faktische Ausgestaltung zu überprüfen und gegebenenfalls der veränderten Situation anzupassen;
  • Bescheide der Sozialversicherungsträger wegen der zu erwartenden Fehlerhäufigkeit anzugreifen. Dabei sollte nicht ausschließlich formaljuristisch argumentiert werden; vielmehr sind die jeweiligen Verfahren zu nutzen, um den Entscheidungsträgern deutlich zu machen, daß die Regelung nicht praktikabel ist.

Richtig akzentuiertes präventives Verhalten setzt jedoch ein gewisses Verständnis für die rechtlichen und politischen Gesamtzusammenhänge voraus. Ohne dieses Verständnis ist eine richtige Reaktion im „Ernstfall“ kaum möglich.

Die Regelungswut des deutschen Gesetzgebers

Von Montesquieu stammt der Satz: „Wenn es nicht nötig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es nötig, kein Gesetz zu machen“ (De l’Esprit des Loix). Diese Weisheit des französischen Rechts- und Staatsphilosophen hat nichts von ihrer Gültigkeit eingebüßt, und sie gilt allemal für die Regelungswut des deutschen Gesetzgebers.

Fragwürdige „Scheinarbeitsverhältnisse“ gibt es seit langer Zeit. Wer vertragliche Konstruktionen so wählt, dass der Vertragspartner in den Betrieb eingeordnet wird und weisungsabhängig ist, beschäftigt Arbeitnehmer. Wer in diesem Fall die Arbeitgeberanteile zu den Sozialversicherungen nicht zahlt, umgeht in unzulässiger Weise die Schutzfunktion des Arbeits- und Sozialrechts. Die bisherigen Regelungen boten stets ein geeignetes Instrumentarium, einen derartigen Missbrauch zu unterbinden, etwa durch die Meldung an die Sozialversicherungsträger oder durch die Statusklage zum Arbeitsgericht. Sie wurden allerdings nicht in gebotener Weise genutzt. Schon insoweit ist das Bedürfnis nach einer Neuregelung zumindest zweifelhaft.

Das Korrekturgesetz hat die Wirkung einer Lawine

Es gibt zentrale Begriffe im Recht, die in ihrer Wirkungsweise an das „Window-Prinzip“ des Software-Herstellers Microsoft erinnern: Werden sie auf der Benutzeroberfläche „angeklickt“, so öffnen sich zahlreiche Unterfunktionen. So verhält es sich mit den Begriffen „Arbeitnehmer“ oder „Selbstständiger“ (Scheinselbstständiger). Diese Begriffe sind Schaltstellen, die den Zugang zum gesamten Sozialversicherungsrecht ermöglichen, also einem gesetzlichen Programm, das grundlegende Gesundheits- und Lebensrisiken absichern will (Unfall, Alter, Arbeitslosigkeit, Invalidität oder Tod eines Unterhaltspflichtigen). Darüber hinaus öffnet der Begriff das Tor für das gesamte Arbeitnehmerschutzrecht (Kündigungsschutzgesetz, Tarifvertragsgesetz, Arbeitszeitgesetz, Entgeltfortzahlungsgesetz usw.)

Auf diese Weise ist ein Sicherungssystem geschaffen worden, das Ergebnis einer mehr als 100-jährigen Entwicklung ist. Es ist das Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft, ein sorgfältig austarierter Regulationsmechanismus nach dem Prinzip: soviel Freiheit wie möglich, soviel Schutz wie nötig.

Wer – wie im Ergebnis geschehen – durch Vereinfachung des Arbeitnehmerbegriffs, durch seine statische Festlegung, das Zugangstor erweitert, löst eine Lawine aus. Er bezieht Vertragsverhältnisse oder Personenkreise ein, die des Schutzes häufig nicht bedürfen oder aus legitimen Gründen auf diesen Schutz bewusst verzichten wollen. Dabei gerät das System in eine gefährliche Schieflage, denn es sollte den Kreis der Berechtigten nicht unnötig erweitern, vielmehr nur dort greifen, wo der Schutz notwendig ist. Dem Patienten, das marode Sozialversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland, wird ein Medikament verabreicht, das den Kranken kurzfristig belebt, weil es die Kassen klingeln lässt. Freilich ist das Medikament nicht mit einem Beipackzettel versehen. Mit den Risiken und Nebenwirkungen beschäftigen sich die Anwälte.

Exakt dies ist die Crux:

Vermutlich hat der von ehrenwerten Motiven geleitete Gesetzgeber die vielfältigen Auswirkungen eines mit „heißer Nadel“ gestrickten Gesetzes nicht gesehen.

Entsprechend heftig ist die Kritik von Verbänden, Interessengruppierungen und Unternehmern, die durch folgende – exemplarisch vorgetragene Sachverhalte – nachvollziehbar werden:

1. Ein mittelständisches Unternehmen aus der (problembehafteten) Frachtbranche beschäftigt laufend etwa 60 Spediteure, davon zur Hälfte Familienunternehmen, die ein beachtliches Einkommen erzielen, jedoch dem o. g. Kriterienkatalog des § 7 Abs. 4 SGB IV unterfallen. Aus der Neuregelung zieht der Unternehmer eine – aus seiner Sicht nachvollziehbare – Konsequenz: Er kündigt die Verträge und konzentriert die zu vergebenden Aufträge auf größere Unternehmen. Die Folge ist der Verlust der Existenzgrundlage zahlreicher Familien. Das Gesetz wirkt damit kontraproduktiv, indem es nämlich negative Auswirkungen für den vermeintlich „Schwächeren“ hat, dessen Schutz es eigentlich bezwecken soll.

2. Ein Unternehmer der Computerbranche erhält ständig von einem namhaften deutschen Konzern High-Tech-Aufträge, zu deren Bewältigung er hochspezialisierte Ingenieure, Physiker und Informatiker als Subunternehmer einsetzt. Die Auftragslage ist derart exzellent, ein Beleg für die Güte der Arbeit, dass die vorgenannten Subunternehmer ausschließlich für einen Auftraggeber tätig werden und vor allem damit dem Kriterienkatalog unterfallen, obwohl sie – verteilt im ganzen Bundesgebiet – eigene Betriebsstätten unterhalten und nicht das geringste Interesse daran haben, in einen Betrieb eingegliedert zu werden.

3. Vom Gesetz betroffen sind vor allem auch freie Journalisten, die sich häufig nicht den Weisungen eines „Arbeitgebers“ unterwerfen wollen und frei entscheiden möchten, welchen Medien sie ihre Beiträge anbieten. In einem Protestbrief an den Bundeskanzler kritisieren Zeitungs- und Zeitschriftenverleger die Gefahr der „Reduzierung des redaktionellen Angebots“ und die drohende „Verarmung der Presselandschaft“. Unterzeichner sind unter anderem der Präsident des Bundesverbandes deutscher Zeitungsverleger, Wilhelm Sandmann, der Präsident des Zeitschriftenverlegerverbandes, Hubert Burda sowie weitere namhafte Verleger, darunter Rudolf Augstein, Heinz Bauer, August Fischer, Dieter von Holtzbrinck und Gerd Schulte-Hillen (Die Welt, 18.03.1999). Deren Kritik ist um so verständlicher, wenn man berücksichtigt, dass Journalisten vom Künstlersozialversicherungsgesetz erfasst werden, für die soziale Absicherung der Journalisten außerhalb des sonstigen Sozialversicherungssystems also bereits Sorge getragen wurde.

Alter Wein in neuen Schläuchen

Nun ist es an sich kein ungewöhnlicher Vorgang, dass mächtige Interessenverbände – von welcher Seite auch immer – kollektive Betroffenheit artikulieren, wann immer Veränderungen vorgenommen werden, die die jeweiligen materiellen Interessen berühren. Dies mag Grund dafür sein, dass eine befriedigende Resonanz der Bundesregierung auf kritische Stimmen kaum auszumachen ist, wenngleich über gewisse Änderungen des Gesetzes bereits diskutiert wird (Frankfurter Rundschau, 17.03.1999).

Die Kritik aus sehr unterschiedlichen Branchen und von sehr unterschiedlichen Verbänden macht jedoch eine Besonderheit deutlich, die nachdenklich stimmen muss. Die Vielzahl kritischer Stimmen belegen wie die exemplarisch vorgetragenen Sachverhalte, dass hier offensichtlich ein Gesetz erarbeitet worden ist, das einer veränderten Lebenswirklichkeit nicht mehr entspricht. Das hier diskutierte Korrekturgesetz knüpft an einen überholten Begriff des „Arbeitnehmers“ oder des „Selbständigen“ an. Nicht nur in diesem Zusammenhang wird in der juristischen Literatur die „Überalterung des arbeitsrechtlichen Systems“ kritisiert (Heinze, Neue Zeitschrift für Arbeit und Sozialrecht 1997, 1). Bei allem Respekt vor den unzweifelhaften Verdiensten deutscher Obergerichte bei der Gestaltung der Rechtsordnung: Auf manche Herausforderung reagiert die Rechtsprechung so schwerfällig wie die Titanic vor dem Eisberg. Die Folgen sind bekannt. Mit Hümmerich lässt sich daher zutreffender formulieren: „Es gibt Zeiten, in denen die Gedankengebäude der Rechtswissenschaft zusammenbrechen, weil sie sich von dem Phänomen der realen Welt entfernt haben und der Wirklichkeit keinen ausreichenden Platz mehr bieten“ (Hümmerich, Neue Juristische Wochenschrift 1998, 2625 ff).

In der Tat ist der heutige Arbeitnehmerbegriff mit der Entstehung der Bismarck’schen Sozialgesetze verbunden, entstand somit zu Beginn der Industrialisierung vor über 100 Jahren. „Leitfigur war der (Fabrik)Arbeiter, der, in erbärmlichen Verhältnissen lebend, einen ganzen Tag lang unter harten Arbeitsbedingungen zu einem geringen Arbeitslohn schuftete“ (vgl. Hümmerich, Neue Juristische Wochenschrift 1998, a. a. O.).

1. Zu Recht ist in der juristischen Literatur darauf hingewiesen worden, dass menschliche Arbeit nicht selten nur betriebswirtschaftlich beurteilt wird, nämlich als ein Kostenfaktor bei der Gewinnerzielung. Vor diesem Hintergrund entscheiden Banken über Kreditvergaben im Rahmen von Investitionen, analysieren die Kosten, „ähnlich wie die Börse, ähnlich wie die Aktionäre“ (vgl. Hümmerich, Neue Juristische Wochenschrift 1998, a. a. O.). Man mag das Diktat von Preisen, Wettbewerb- und Marktchancen beklagen. Es ist und bleibt jedoch eine Realität, die zur Kenntnis genommen werden muss.

Allerdings bedeutet das Akzeptieren dieser Realität nicht notwendigerweise eine Abkehr vom Sozialstaatsprinzip. Wer in dieser Diskussion ernst genommen werden will, wird dieses fundamentale Verfassungsprinzip und die mit dem sozialen Sicherungssystem verbundenen historischen Leistungen nicht in Frage stellen. Eine dauerhaft stabile Wirtschaft ist ohne ausgeglichene Wirtschafts- und Sozialordnung nicht denkbar. Allerdings verlangen veränderte Bedingungen unter Umständen fundamental neue Strukturen.

2. Die Vermutung, dass Unternehmen herkömmliche Arbeitnehmer ausschließlich in den Status des Selbstständigen / Scheinselbstständigen „drängen“, um die Schutzfunktionen des Sozial- und Arbeitsrechts zu umgehen, verkennt, dass neue Bedürfnisse im Wirtschaftsleben entstanden sind, die sich teilweise nur sekundär mit dem Erfordernis der Kostensenkung erklären lassen. In der juristischen Literatur wurde darauf hingewiesen, dass die Dynamik technischer Entwicklungen Auswirkungen auf Organisations-, Fertigungs- und Kommunikationsstrukturen hat. Dies erfordert bzw. ermöglicht, „Eigenverantwortlichkeit zu stärken“ und die Weisungsunterworfenheit einzuschränken (vgl. Hümmerich, Neue Juristische Wochenschrift 1998, a. a. O.), und zwar, dies ist entscheidend, ungeachtet bestehender wirtschaftlicher Abhängigkeit.

Die Befürworter der Neuregelung werden diesem Argument entgegenhalten, die angesprochenen Personenkreise seien nicht tangiert, vielmehr könne, etwa bei angenommener wirtschaftlicher Abhängigkeit, der Beweis der Selbständigkeit erbracht werden. Exakt hier setzt jedoch die Kritik an, da die gesetzliche Regelung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen menschliche Dienstleistungen schwerpunktmäßig in den „Schoß des Arbeitsrechts“ einbetten will.

Daher ist mit Heinze (Heinze, Neue Zeitschrift für Arbeit und Sozialrecht 1997, 2) die Frage zu stellen, ob etwa das arbeitsrechtliche System seinen Segen über wirklich Gerechte wie Ungerechte, über Schutzbedürftige wie solche, die des Schutzes nicht oder nicht in jeder Hinsicht bedürfen, ausschütten muss, kurz: Wann werden die Wohltaten des Sozialstaats zur Plage?

Autor: Franz Dänekamp, veröffentlicht in „der neue vertrieb 5/99, S. 60 ff.“

Die Begriffe E-Commerce und Internet beflügeln die Fantasien der Menschen und haben eine Euphorie ausgelöst, die an den amerikanischen Goldrausch des 19. Jahrhunderts erinnert. Wir befinden uns auf dem Weg in die digitale Revolution. Längst hat die Thematik für die Staats- und Regierungschefs Europas oberste Priorität, wie sich unlängst auf dem Gipfeltreffen in Lissabon zeigte. Entsprechend entwickelt die Brüsseler EU-Bürokratie Initiativen, erarbeitet Studien und Richtlinien, die die nationalen Gesetzgeber nicht zur Ruhe kommen lassen.

Unternehmer ohne Internet-Ambitionen stellen sich die Frage, ob sie den Zug in das gelobte Land verpassen. Zweifler indessen sehen sich von manchen Entwicklungen an der Börse bestätigt. Allein der Begriff „Internetwerte“ löst dort Reaktionen aus, die mit dem Handeln vernünftiger Zeitgenossen nur noch wenig zu tun haben und Träume platzen, weil manche Aktien – gemessen an ihrem tatsächlichen Wert – eher der virtuellen, nämlich künstlich erzeugten Welt angehören. Wer allerdings die Initiativen der „Global Player“ als Marktbarometer interpretiert, muss über Handlungsbedarf nachdenken.

So hat sich beispielsweise die Bertelsmann AG wie kaum ein anderes Unternehmen dem Thema Multimedia verschrieben und in die eigene Internet-Präsenz investiert.

„Wer nicht schnell genug ist, den bestraft der Markt“, schreibt Bertelsmannschef Thomas Middelhoff in der Ausgabe Multimedia und Recht 2/1998.

Die Zahlen geben ihm Recht:

Weltweit haben über 200 Millionen Menschen Zugang zum Internet. Deutschland liegt mit fast 10 Millionen Nutzern auf Platz 2 im europäischen Vergleich; jeder achte Deutsche ist bereits online. Golem Network News (www.gnn.de) belegt unter dem 21.12.1999 mit einer Studie der Marktforscher Forrester, dass Deutschland spätestens im Jahre 2004 der größte E-Commerce-Markt in Westeuropa sein wird, und zwar mit großem Abstand vor Großbritannien, Frankreich und Italien. Prognostiziert wird ein Umsatz von 406 Milliarden Euro und eine jährliche Wachstumsrate von 100 %.

In Deutschland bestellen schon jetzt jährlich rund 3 Millionen Menschen Produkte via Internet.

Der WBZ kann sich dieser Entwicklung schon deswegen nicht verschließen, weil die Print-Medien die mit Abstand gefragtesten Artikel sind, Produkte also, die sich offenbar in besonderer Weise für den E-Commerce eignen.

Es verwundert daher nicht, dass die großen deutschen Verlage ebenso im Internet präsent sind wie viele Unternehmen im werbenden Buch- und Zeitschriftenhandel.

Zunehmend – bei manchen allerdings reichlich spät – wird in der Internet-Euphorie die Frage gestellt, welchen rechtlichen Regeln das E-Commerce eigentlich unterworfen ist.

Kann ich bedenkenlos meine Domain, also meine individuelle Internetadresse, nutzen? Ist der via Internet geschlossene Vertrag wirksam? Wie lässt sich der Vertragsabschluss beweisen? Sind meine Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Internet-Geschäften wirksam in den Vertrag einbezogen worden? Ist meine Homepage wettbewerbsrechtlich zu beanstanden?

Wer solchermaßen sensibilisiert durch das World Wide Web surft, traut bald seinen eigenen Augen nicht mehr. Neben dem Outlook Express, dem E-Mail-Programm der Firma Microsoft, existiert offenbar auch ein Outlaw Express, auf den man nach dem Motto aufspringt: Erlaubt ist, was Spaß macht. Die Freiheit im Internet, so erscheint es auf den ersten Blick, gleicht derjenigen über den Wolken. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Neben dem kalkulierten Rechtsbruch ist eine derartige Sorglosigkeit im Umgang mit rechtlichen Fragen zu beobachten, dass sich der Schluss aufdrängt: Die virtuelle Welt ist so grenzenlos wie die Naivität derer, die sich darin bewegen.

Nicht ganz ohne Grund reagieren daher manche Branchen, die ebenfalls dem WBZ zuzurechnen sind, mit Zurückhaltung. So nutzen 90 % der Finanzdienstleister – mithin auch die Versicherer – die Möglichkeiten des Internets kaum aus, wie unlängst in einem Beitrag „Banken und Versicherungen – wie steht es um den Service im Netz?“, (Electronik Commerce InfoNet / www.ecin.de) dargestellt wurde. Die Versicherungen verfügen lediglich über ein beschränktes Angebot im Internet, das sich vorwiegend auf Produktbeschreibungen konzentriert. Die Furcht vor Datenmissbrauch bremst die Geschäfte ebenso sehr wie die bestehende rechtliche Unsicherheit.

Die Furcht ist insoweit berechtigt, als das Internet das Recht revolutionieren wird und der Gesetzgeber kaum in der Lage ist, mit den technischen Entwicklungen Schritt zu halten. Als eine der ersten Konsequenzen der Internet-Revolution sollen das Rabattgesetz und die Zugabeverordnung abgeschafft werden, weil die Bundesrepublik eine weitere Richtlinie der Europäischen Union in nationales Recht umsetzen muss. Danach wird beim elektronischen Handel zukünftig die Rechtsgrundlage desjenigen Landes gelten, in dem der Anbieter einer Ware oder Dienstleistung seinen Firmensitz hat. Dieses „Herkunftslandprinzip“ würde eklatante Nachteile deutscher Anbieter zur Folge haben, denn in keinem anderen Land gelten derart strenge Wettbewerbsregeln und nirgendwo sonst spielt der Verbraucherschutz eine derart große Rolle.

Zwangsläufig wird E-Commerce somit zur weiteren Rechtsvereinheitlichung in Europa beitragen. In der Zwischenzeit wird jedoch das deutsche Recht im E-Commerce ein Stolperstein sein.

Dies soll ein für die WBZ-Unternehmen relevantes Beispiel verdeutlichen:

Wer eine Zeitung oder Zeitschrift abonnieren will, kann dies via Internet tun. Alle großen deutschen Verlage und auch WBZ-Unternehmen bieten diese Produkte über das Internet an. Der Abonnent wählt das Produkt, trägt in einer vorgefertigten Maske seine persönlichen Daten ein, wird in der Regel über das Widerrufsrecht belehrt und sodann unter dem Vermerk „gezeichnet (Namenseintrag gilt als Unterschrift)“ nochmals aufgefordert, seinen Namen einzutragen.

Was offenbar den Unternehmen nicht bewusst ist: Der Vertrag ist unwirksam, das verwendete Formular wettbewerbswidrig. Abonnementbestellungen unterfallen dem Verbraucherkreditgesetz, denn der monatliche Bezug von Zeitungen oder Zeitschriften betrifft die regelmäßige Lieferung gleichartiger Sachen (BGH NJW 1987, 124, seinerzeit noch zu §§ 1 c Nr. 2, 1 b AbzG). Dies hat vor allem zwei Konsequenzen: Der Vertrag ist nach den §§ 2, 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG schriftlich zu schließen. Ferner ist der Verbraucher in einer drucktechnisch deutlich gestalteten und gesondert zu unterschreibenden Belehrung auf das Widerrufsrecht hinzuweisen (§§ 2, 7 Abs. 2 VerbrKrG).

Der Schriftform des § 126 BGB genügt die elektronisch übermittelte Erklärung nicht, denn dies würde voraussetzen, dass eine Urkunde vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet wird.

Damit ist der vorerwähnte Hinweis „Namenseintrag gilt als Unterschrift“ ein frommer Wunsch und schlicht falsch.

Selbstverständlich gibt es längst Verfahren, um Identitätsnachweise zu ermöglichen. Mit einem „secret key“ verschlüsselt der Aussteller der Erklärung seine Nachricht, die vom Empfänger sodann mit Hilfe eines allgemein zugänglichen „public key“ gelesen werden kann. Das Verschlüsselungsverfahren ist im Signaturgesetz (SigG) vom 22.07.1997 geregelt; allerdings hat sich der deutsche Gesetzgeber bisher nicht dazu entschließen können, die Signatur der Schriftform gleichzusetzen. Als Konsequenz aus diesen Problemen hat am 22.04.1999 der Europäische Rat eine Signaturrichtlinie erlassen, die innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden muss. Erst dann wird es möglich sein, Verträge via Internet zu schließen, die dem Schriftformerfordernis genügen.

Bis dahin besteht die Gefahr, dass derartige Internet-Formulare Gegenstand von Abmahnverfahren werden, ganz abgesehen davon, dass eine Inkassotätigkeit im Falle ausbleibender Zahlungen dann höchst problematisch sein dürfte, wenn der zu Grunde liegende Vertrag eindeutig unwirksam ist. Dass auch per Mausklick elektronisch abgesandte Zeitschriftenbestellungen in vollem Umfang den Erfordernissen des VerbrKrG genügen müssen, hat das LG München mit seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 13.08.1998 (7 O 22251/97) bestätigt. Ein Eldorado für Verbraucherschützer und abmahnwütige Advokaten tut sich auf; nur entdeckt wurde es offenbar noch nicht. An dieser Rechtslage wird sich auch dann nichts ändern, wenn bis zum Ablauf des 4.Juni 2000 die EG-Fernabsatzrichtlinie in nationales Recht umgesetzt wird. Der entsprechende Gesetzentwurf(Bundestagsdrucksache 14/2658) sieht eine Erweiterung des Widerrufsrechts vor; das Schriftformerfordernis ist in vollem Umfang beibehalten worden.

Es ist nicht Sinn dieses Beitrags, den E-Commerce-Skeptikern das Wort zu reden oder die Internet-Euphorie zu bremsen. Die moderne Telekommunikation bietet enorme Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten. Allerdings verlangt sie neben der Bereitstellung von technischem Know How und betriebswirtschaftlichen Überlegungen auch Sensibilität für rechtliche Rahmenbedingungen. Soweit noch Unsicherheiten bestehen, ist dies kein Grund, eine Internet-Präsenz zu verschieben. Es gibt durchaus Möglichkeiten, Lösungen im Rahmen des bestehenden Rechts zu finden – Kreativität vorausgesetzt!

Autor: Franz Dänekamp, veröffentlicht in „der neue vertrieb 6/00, S. 44 ff.“

Das Damoklesschwert über den Köpfen der Unternehmer – oder – des einen Freud des anderen Leid

Damokles, so erzählt uns Cicero, beneidete den Tyrannen Dionys um das Glück, mit allen Gütern der Erde gesegnet zu sein. Der Tyrann erteilte dem Neider eine drastische Lehre. Er räumte für Damokles seinen Platz an der fürstlichen Tafel, ließ aber gleichzeitig ein Schwert an einem Pferdehaar über dem armen Tropf aufhängen.

Die Metapher vom Damoklesschwert kennzeichnet anschaulich die Situation des Unternehmers, der seinen Vertriebspartner Woche für Woche mit den sog. Storni belastet. Je nach Umfang des Vertriebes kommen über die Jahre Beträge (entgangene Provisionen) zusammen, die – sollten sie Gegenstand eines Rechtsstreits werden – die „fürstliche Tafel“ des Unternehmers arg in Bedrängnis bringen könnten.

Des einen Freud des anderen Leid, dies gilt auch für die Akteure des werbenden Buch- und Zeitschriftenhandels, die sich durchaus in wechselnden Rollen wiederfinden. Sie treten als Unternehmer auf, wenn sie Verträge für sich vermitteln lassen, wechseln aber nicht selten in die Rolle des Vertriebspartners und werden dann für andere Unternehmen tätig, manchmal auch branchenübergreifend. Entsprechend sind die Stornierungen in einem Fall das Damoklesschwert, nämlich eine Gefährdung der mühsam erwirtschafteten Renditen, im anderen Fall können sie Quelle beachtlichen Reichtums sein, unentdeckte Schätze im Dickicht der Abrechnungen.

Stornierungsprobleme ergeben sich für nahezu alle AGA- bzw. WBZ-Mitglieder. Ob nun Abonnements, Buchclub- oder Vereinsmitgliedschaften, Versicherungen, Stromlieferungsverträge oder Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen (Telefonverträge) vermittelt werden, immer stellt sich die Frage, welcher Anteil dem Vertriebspartner am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmers zusteht: Welche Provisionen entfallen, welche nicht?

Zunächst verfolgen die Vertragspartner ein gleiches Interesse. Der Unternehmer ist am Zustandekommen des Vertrages mit dem Kunden interessiert und möchte die Vertragsbeziehung, die sich daraus ergebende Rendite, langfristig sichern (Haltbarkeit). Der Vertriebspartner verfolgt das gleiche Interesse, damit sein Provisionsanspruch entsteht und erhalten bleibt – so weit so gut.

Krach steht allerdings ins Haus, wenn dem Vertriebspartner die Stornierungsquote zu hoch erscheint, der Unternehmer die Sicherheitsleistung (Kautionskonto) erweitern möchte, das Kontokorrentverhältnis zwischen den Parteien ein Soll des Vertriebspartners ausweist oder sonstwie Streit entsteht, der das Bedürfnis weckt, sich mit den Details hinter den Kulissen zu beschäftigen. Nun stehen plötzlich Provisionsansprüche bis zur Verjährungsgrenze (vier Jahre) im Raum, Stornierungen werden bestritten und der Vertriebspartner bezweifelt, je eine ordnungsgemäße Abrechnung erhalten zu haben. Unmittelbar nach dem Prolog der Tragödie betritt sodann in der Regel der Advokat die Bühne des Geschehens. Während der Advokat als Deus ex machina des Vertriebspartners seine Folterwerkzeuge auspackt (in ihrer Reihenfolge: Abrechnung, Buchauszug, Auskunft, Bucheinsicht), sympathisiert der verunsicherte Unternehmer kurzfristig mit einer drastischen Maßnahme Friedrichs des Großen, – der hatte in einer berühmt gewordenen Cabinettsordre die Advokaten einfach abgeschafft. Dessen ungeachtet sucht auch er sich den Anwalt seines Vertrauens, erbittet eine einfache Antwort auf die Frage, wer denn nun Recht in dieser komplizierten Situation hat und verfällt nach der typischen Antwort des Juristen, das komme alles darauf an, endgültig in tiefe Depression.

In der Tat sind die Einzelheiten überaus kompliziert, und dieser Beitrag kann nicht mehr leisten, als dem Vertriebspartner und dem Unternehmer eine grobe Orientierungshilfe bei der Beantwortung der Frage zu vermitteln, ob die Euphorie oder die Depression berechtigt ist.

1. Abrechnung, Buchauszug, Auskunft, Bucheinsicht

Die in § 87 c HGB genannten Hilfsrechte des Vertriebspartners haben den Zweck, die Provisionsansprüche präzise zu ermitteln. Die Durchsetzung bisher nicht berücksichtigter Provisionsansprüche (auch WKZ-Ansprüche oder andere erfolgsbezogene Vergütungen) beginnt der gewissenhaft agierende Jurist mit diesem Instrumentarium, mit Hilfsansprüchen, die einklagbar sind und denen sich der Unternehmer nicht entziehen kann. Der Buchauszug muss alles enthalten, was die Unterlagen des Unternehmers über die fraglichen Geschäfte ausweisen und für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein kann, z. B. Namen und Anschrift der Besteller, Art, Menge, Preis des gelieferten Produkts, Rückgaben und Nichtausführung von Geschäften sowie die Gründe dafür (BGH NJW 81, 457, 96, 588; WM 82, 152; 89, 1073). Je nach dem, wie die Bücher geführt worden sind, ist bereits der klug eingesetzte Anspruch auf den Buchauszug eine kaum zu überwindende Klippe für den Unternehmer. Nicht selten ist sie für ihn Veranlassung, im Rechtsstreit die weiße Fahne zu hissen und in Form eines zumeist kostspieligen Vergleichs eine Teilkapitulation anzukündigen. Dies umso mehr, als er die (evtl. auch hohen) Kosten des Buchauszugs trägt (BGHZ 56, 296).

Gegen die Buchauszugs- und Abrechnungsansprüche ist kein Kraut gewachsen. Im Handelsvertreter- oder Vertriebsvertrag können diese Hilfsansprüche nicht ausgeschlossen werden (§ 87 c Abs. 5 HGB). Spätestens jetzt dämmert dem gebeutelten Unternehmer, dass die Kassandrarufe eines Heidelberger Rechtsanwalts ihren Sinn hatten. Dessen Empfehlung (vgl. Dänekamp, Handelsvertretervertrag und Unternehmerrisiko, Der Neue Vertrieb, Sondernummer April 1997, S. 30 ff.), Abrechnungen in regelmäßigen Zeitabständen mit einem Saldoanerkenntnis zu versehen und vom Vertriebspartner unterzeichnen zu lassen, verhallen zumeist ungehört wie die Warnungen der trojanischen Seherin Kassandra.

Das schriftliche Saldoanerkenntnis, also die rechnerische Feststellung des status quo durch schriftliche Vereinbarung, verbessert die Position des Unternehmers im Abrechnungsstreit ungemein, denn wenn sich die Parteien ausdrücklich darauf geeinigt haben, dass das Abrechnungsergebnis zutreffend ermittelt worden ist, kann eben dieses Ergebnis später nicht ohne weiteres in Frage gestellt werden; umgekehrt hat der Vertriebspartner Veranlassung, ein derartiges Anerkenntnis nicht unbesehen und ohne detaillierte Prüfung zu unterzeichnen, will er seine Ansprüche aus § 87 c HGB nicht verlieren.

2. Stornierte Verträge und Provisionsanspruch

Liegt das Ergebnis des Buchauszugs bzw. der Bucheinsicht vor, ist der Unternehmer seinen Informationspflichten nachgekommen, so beginnt die Detailarbeit.

Der Anwalt prüft, ob dem Vertriebspartner (Handelsvertreter) zu Unrecht Provisionen rückberechnet oder provisionspflichtige Geschäfte ignoriert wurden.

Wer nun hofft, das Durchforsten der Aktenberge werde schon den gleichen Erfolg haben wie die Bemühungen des Frevlers Sisyphus, um weiter aus den Bildern der griechischen Mythologie zu schöpfen, wird bald enttäuscht sein. Der findige Jurist arbeitet mit der gleichen Erfolgsaussicht wie der Pathologe auf der Suche nach dem ärztlichen Kunstfehler: Meistens findet man etwas.

Beschäftigt man sich ein wenig mit den vergleichsweise komplizierten Provisionsregelungen des HGB, wird man recht bald ein sicheres Gespür für die „Tretminen“ im Vertriebsgeschäft entwickeln.

Auf dem Weg von der Entstehung bis zur gefestigten Rechtsposition durchläuft der Provisionsanspruch mehrere Phasen. Im Folgenden soll auf die gesetzliche Situation abgestellt werden. Einzelvertragliche Vereinbarungen können, soweit sie wirksam sind, zu anderen Ergebnissen führen:

a) Erste Phase

Nach § 87 Abs. 1 HGB hat der Vertriebspartner (Handelsvertreter) Anspruch auf Provision für alle während der Vertragszeit von ihm vermittelten Geschäfte.

Ist also der Versicherungsvertrag, die Buch- oder Vereinsmitgliedschaft vom Unternehmer bestätigt worden, hat das Telekommunikationsunternehmen, das Unternehmen in der Stromwirtschaft den Vertrag durch eine entsprechende Willenserklärung gegenüber dem Kunden akzeptiert, so entsteht eine sog. Provisionsanwartschaft. Nicht selten entzündet sich bereits hier der Streit, weil die Vertragsbeziehung gar nicht erst entsteht.

Der Vertriebspartner (Handelsvertreter) wirft dem Unternehmer etwa vor, er habe aus nicht nachvollziehbaren Gründen den Kunden nicht akzeptiert, er habe durch eine unzureichende Betriebsorganisation dazu beigetragen, dass der Vertrag nicht zu Stande gekommen sei. Beispiele dafür sind vielfältig: Der Vertriebspartner (Handelsvertreter) kann das Ergebnis der Bonitätsprüfung nicht nachvollziehen, der Unternehmer reagiert zu spät auf den Lieferungswunsch des Kunden, das sog. Begrüßungsschreiben oder die Vertragsbestätigung erreicht den Kunden mit großen Zeitverzögerungen, die Erstbestellung (Buchclubgeschäft) erfolgt nicht rechtzeitig etc..

Im Grundsatz gilt: Der Vertriebspartner (Handelsvertreter) muss beweisen, dass er einen Vertrag erfolgreich vermittelt hat. Der Unternehmer entscheidet allein, ob er den Vertrag mit dem Kunden akzeptiert oder nicht; der Vertriebspartner (Handelsvertreter) kann grundsätzlich keinen Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmers nehmen (BGHZ 26, 161; 49, 39; 93, 38).

Andererseits: Der Unternehmer hat gegenüber dem Vertriebspartner (Handelsvertreter) Rücksichtnahmepflichten, denn dieser erbringt teilweise recht hohe Aufwendungen für die Vermittlungstätigkeit. Es müssen daher vernünftige und einleuchtende Gründe vorliegen, wenn der Unternehmer durch Ablehnung des Geschäfts dem Vertriebspartner (Handelsvertreter) den Lohn für seine Bemühungen verkürzt (BGHZ, a. a. O.). Er hat außerdem seinen Betrieb so zu organisieren, dass Verträge mit an sich erwünschten Kunden auch zu Stande kommen. Verletzt der Unternehmer diese Verpflichtungen, so macht er sich schadensersatzpflichtig und haftet aus sog. positiver Vertragsverletzung (BGH, BB 59, 865; 60, 1222).

Ergeben sich also in der ersten Phase (Vorphase) Probleme, so stellt sich ausschließlich die Frage nach Schadensersatzansprüchen, denn für einen Provisionsanspruch fehlen die gesetzlichen bzw. vertraglichen Voraussetzungen.

b) Zweite Phase

Die zweite Phase ist dadurch gekennzeichnet, dass der Vertrag zu Stande gekommen ist. Der Vertriebspartner (Handelsvertreter) hat nun einen aufschiebend bedingten Provisionsanspruch (Anwartschaft). Dieser wird dadurch zum „Vollrecht“, dass entweder der Unternehmer den vermittelten Vertrag erfüllt, also Zeitschriften, Bücher, Strom etc. liefert, oder der Kunde seine Leistung erbringt, nämlich zahlt (§ 87 a Abs. 1 HGB). Besonderheiten gelten in der Versicherungswirtschaft, denn hier ist der Anspruch auf Provision grundsätzlich von der Prämienzahlung abhängig (§ 92 HGB).

Ergibt sich also aus dem Buchauszug, dass entweder der Unternehmer oder der Dritte erfüllt hat, Versicherungsprämien gezahlt wurden, so steht zunächst der Provisionsanspruch fest. Für die Unternehmen des werbenden Buch- und Zeitschriftenhandels ist selbstverständlich von Bedeutung, dass die vermittelten Verträge sukzessiv erfüllt werden. Ein Provisionsanspruch entsteht zumindest, soweit die Verträge erfüllt wurden, und dieser „Teilprovisionsanspruch“ kann auch durch Vertrag nicht ausgeschlossen werden (§ 87 a Abs. 1 S. 3 HGB). Dies ist ein unabdingbarer Grundsatz, der auch für alle vermittelten Sukzessivlieferungs-, Bezugs- und Dienstleistungsverträge von Bedeutung ist. Aus diesem Grund sind auch die in den Verträgen regelmäßig vorgesehenen Haftungszeiträume problematisch (vgl. dazu Dänekamp, Der Neue Vertrieb, a. a. O., S. 32).

Von Bedeutung ist in der zweiten Phase ferner die Situation, dass der – etwa vorleistungspflichtige – Unternehmer den Vertrag nicht erfüllt. In dieser Situation muss nämlich der Unternehmer den Nachweis führen, dass die Nichtausführung nicht von ihm verschuldet wurde, eine Beweislastverteilung, die besonders für die Versicherungswirtschaft von Bedeutung ist (vgl. BGH DB 1983, 2135).

c) Dritte Phase

Gänzlich schwierig wird die Situation des Unternehmers – entsprechend günstig die des Vertriebspartners (Handelsvertreters) – wenn er im Rahmen des Streits über die Berechtigung von Stornierungen geltend macht, er habe seine vertraglichen Leistungen zwar erbracht, die Zahlungen des Kunden seien jedoch ausgeblieben.

In diesem Fall muss der Unternehmer den Beweis führen, dass er alles ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche durchzusetzen. Auch hier wirkt sich die Verpflichtung zur Rücksichtnahme gegenüber dem Vertriebspartner (Handelsvertreter) aus.

Für den Warenvertreter gilt, dass der Unternehmer grundsätzlich seine Rechte gegenüber dem Kunden einklagen muss (Baumbach/Hopt, HGB-Kommentar, § 87 a, Rdnr. 15; OLG Zelle, NJW 72, 879). Von diesem Grundsatz hat allerdings der BGH für die sog. „Massengüter des täglichen Bedarfs mit geringem Wert des Einzelstücks“ eine wichtige Ausnahme gemacht (BGH, BB 1971, 1430 ff.). Eine Klageerhebung ist in diesen Fällen unzumutbar. Allerdings ist es mit Rücksicht auf die Interessen des Vertriebspartners (Handelsvertreters) geboten, ein ordnungsgemäßes Mahnverfahren durchzuführen. Unmittelbare Konsequenz aus dieser Rechtsprechung ist also die Empfehlung, die Verfolgung der Zahlungsansprüche effektiv zu organisieren oder auf professionelle Verwaltungsfirmen zu übertragen, die EDV-gestützt und je nach Qualität ihrer Arbeit dazu beitragen, dass dem Unternehmer ein ganz erhebliches Prozessrisiko im Stornorechtsstreit abgenommen wird; die Bedeutung der Verwaltungsfirmen darf mithin nicht unterschätzt werden, insbesondere für die Zeitschriftenbranche.

Zumindest Nachlässigkeiten in diesem Bereich begründen die Verpflichtung des Unternehmers, dem Vertriebspartner (Handelsvertreter) die aus der Versicherungsbranche bekannte Stornogefahrmitteilung zukommen zu lassen. Über Umfang und Einzelheiten dieser Unterrichtungspflicht hat sich eine weitgefächerte Rechtsprechung entwickelt (z. B. LG Bochum, VW 1979, S. 191; LG Freiburg, VersR 1980, S. 329; LG Hildesheim, VersR 1980, S. 330; LG Baden-Baden, VersR 1981, S. 776; LAG Hamm, VersR 1981, S. 1054; OLG Karlsruhe, VersR 1982, S. 267; LAG Frankfurt, VW 1982, S. 238; OLG Karlsruhe, VersR 1989, S. 511). Die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze sind meines Erachtens auch auf andere Branchen anwendbar, und zwar umso eher, je intensiver der Kontakt des Vertriebspartners (Handelsvertreters) zum Kunden ist. Mit wachsender Kundennähe verbessert sich dessen Einflussmöglichkeit und damit auch die Chance, den „notleidenden“ Vertrag zu erhalten.

Fazit:

Die Handhabung der Storni muss umsichtig erfolgen. Wer Vermögensverluste vermeiden will, muss mit seinem Vertriebspartner den Konsens suchen und regelmäßig die Abrechnungsergebnisse durch schriftliche Stornoaner-kenntnisse bestätigen lassen. Dies gilt sowohl für das Verhältnis zwischen Unternehmer und Vertriebspartner als auch für das Verhältnis zwischen Vertriebspartner und Untervertriebspartner.

Bei allzu großer Sorglosigkeit droht an der „fürstlichen Tafel“ des Unternehmers ein existenzielles Problem, und unter dem Damoklesschwert bleibt dann nur die Erkenntnis:

„Bei aller Herrlichkeit stört ihn des Todes Schrecken, und lässt ihn nichts als teures Elend schmecken.“ (Christian Fürchtegott Gellert).

Autor: Wolfgang Lehner, veröffentlicht in „der neue vertrieb 6/00, S. 44 ff.“

Seit einem halben Jahr ist die UWG-Novelle in Kraft. Die Rechtsanwälte Christina Schmitt und Franz Dänekamp über erste Erfahrungen der Branche mit dem neuen Gesetz.

Bis zuletzt hatte die Branche gehofft, die von der Regierung im Zusammenhang mit Direktmarketing-Maßnahmen favorisierte Opt-In-Lösung würde in den Beratungen von Bundestag und Bundesrat gekippt werden (vgl. Artikel „Bei Anruf Anzeige?“, dnv 10/2004, 32 f.). Diese Hoffnung war durchaus berechtigt. Noch in der Begründung ihrer Empfehlung an den Bundesrat, den Vermittlungsausschuss anzurufen, haben sich der Rechts- und der Wirtschaftsausschuss gegen die vom Bundestag favorisierte Opt-In-Regelung ausgesprochen und unter dem Gesichtspunkt der Standortkonkurrenz im Vergleich zu den anderen EU-Staaten für eine Opt-Out-Regelung plädiert.

Die Hoffnung wurde allerdings enttäuscht. Seit Juli 2004 ist die Opt-In-Regelung Gesetz. Sie ist fortan von allen Akteuren im Telefonmarketing zu beachten, die nicht in das benachbarte Ausland abwandern.

§ 7 UWG (n. F.) verbietet die „unzumutbare Belästigung“ eines Marktteilnehmers, die bei einer Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern dann anzunehmen ist, wenn deren Einwilligung nicht vorliegt; sonstige Marktteilnehmer müssen zumindest ihre mutmaßliche Einwilligung erklärt haben.

Obwohl diese gesetzlichen Regelungen weitestgehend die über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrzehnten entwickelten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung widerspiegeln (BGH, GRUR 1970, 523 f.; GRUR 1989, 753 ff.; GRUR 1990, 280 f.; GRUR 1995, 220 f.; GRUR 2000, 818 ff.; NJW-RR 2004, 978 ff.), ist seit der gesetzlichen Fixierung ein Wandel im Umgang mit dem Recht zu beobachten.

Seit Inkrafttreten der Gesetzesnovelle werden die Unternehmen der Branche deutlich häufiger als bislang mit Abmahnungen überzogen.

Neben Wettbewerbern, insbesondere Mitgliedern der Verbände der Lotto- und Totoverkaufsstellen, sind zunehmend auch Verbraucherverbände Urheber entsprechender Abmahnungen.

Dies scheint eine Konsequenz der breiten Diskussion des Themas in den Medien zu sein, durch die die Verbraucher sensibilisiert worden sind.

Wegen der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung wettbewerbsrechtlicher Verfahren für die beteiligten Unternehmen ist es daher wichtiger denn je, den Rahmen des rechtlich Zulässigen zu kennen und rechtliche Nischen zu nutzen. Wer die Realität ignoriert, akzeptiert nicht unerhebliche Risiken. Allein die erstinstanzlichen Verfahrenskosten, die der zu Recht abgemahnte Unternehmer im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu tragen hat, erreichen mit etwa 4.000 bis 10.000,00 Euro eine Größenordnung, die umsichtiges Handeln erfordert.

In diesem Zusammenhang ist ein kürzlich ergangenes Urteil des LG Hamburg (Geschäfts-Nr.: 312 O 975/04) von richtungsweisender Bedeutung.

Das Gericht hatte darüber zu entscheiden, ob der in der Branche vielfach verwendete Satz: „Ich bin damit einverstanden, dass mir die Firma XYZ telefonisch weitere interessante Angebote macht (ggf. bitte streichen).“ als – zumindest konkludente – Einwilligung eines Verbrauchers im Sinne von § 7 II 2 UWG (n. F.) zu qualifizieren ist, wenn der Verbraucher von der Aufforderung, eine etwaige Streichung vorzunehmen, keinen Gebrauch macht.

Im konkreten Fall wurde der Verbraucher von einer selbstständigen Vertriebsfirma per Telefon zu Zwecken des Abschlusses eines Zeitschriftenabonnementvertrages kontaktiert. Der Verbraucher hatte zuvor an einem Gewinnspiel teilgenommen, in dem ein Mittelklassefahrzeug ausgelobt worden war. Die Gewinnspielkarten sahen Rubriken für Namen, Anschrift und Telefonnummer des Verbrauchers vor. Der umstrittene Satz, der das Einverständnis des Verbrauchers zum Ausdruck bringen sollte, war unter der Abbildung des ausgelobten Fahrzeugs gedruckt. Nach Auffassung des Landgerichts Hamburg ist der verwendete Satz keine ausreichende Einwilligung des Verbrauchers im Sinne des § 7 II 2 UWG (n. F.). Die Entscheidung ist sorgfältig begründet. Einerseits bestimmt sie im konkreten Fall den Bereich dessen, was unzulässig sein soll. Andererseits sind den Gründen der Entscheidung aber auch Anhaltspunkte zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen von einer zulässigen Telefonwerbung auszugehen ist.

Folgende Überlegungen stehen dabei im Vordergrund:

1. Der beanstandete Satz läuft nach Auffassung des Landgerichts Hamburg, wäre er zulässig, auf eine Opt-Out-Lösung hinaus, weil er an das Schweigen oder die Passivität des Verbrauchers anknüpft und eine Zustimmung fingiert. Die – im europäischen Ausland überwiegend praktizierte – Opt-Out-Lösung geht von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Telefonwerbung aus, unterstellt gewissermaßen eine allgemeine Zustimmung der Verbraucher, räumt ihnen jedoch die Option ein, nicht mitzumachen, auszusteigen (to opt out). Seinen Ausstieg (Austritt) erklärt der Verbraucher beispielsweise dadurch, dass er sich in eine „Robinsonliste“ eintragen lässt, die alle „Aussteiger“ erfasst. Der Begriff „opt-in“ geht demgegenüber von der grundsätzlichen Unzulässigkeit des Telefonmarketings aus. Wer demgegenüber bei einer telefonischen Werbemaßnahme „mitmachen“ möchte (to opt in) muss ausdrücklich zustimmen, also für eine Werbemaßnahme ausdrücklich optieren. Weil der Gesetzgeber dem sog. Opt-In-Modell“ folgt, verlangt er ein aktives Handeln des Verbrauchers. Demgemäß kann aus einer Passivität – etwa aus der unterbliebenen Streichung des Einverständnisses – nicht auf eine Zustimmung geschlossen werden, denn andernfalls würde – so das Landgericht – das bestehende Opt-In-Modell in eine Opt-Out-Lösung umgekehrt werden.

2. Die Teilnahme am Gewinnspiel unter Verwendung der mit einem Zusatz versehenen Teilnahmekarte reicht nach Auffassung der Richter als Zustimmung nicht aus, wenn der Zusatz aufgrund der grafischen Gestaltung übersehen werden kann, etwa wenn er im Kleindruck erfolgt oder die Aufmerksamkeit des Verbrauchers durch die optische Hervorhebung des Gewinns abgelenkt wird. Ausreichend sei auch nicht, dass der Teilnehmer aktiv seine Telefonnummer eintrage, weil dies – den Gewinn vor Augen – in der Hoffnung geschehe, möglichst bald von der erfolgreichen Teilnahme unterrichtet zu werden.

Im Umkehrschluss ergibt sich aus diesen Argumenten für die Zulässigkeit des Telefonmarketing Folgendes:

Der Verbraucher muss der Telefonwerbung durch aktives Handeln (Ankreuzen, Unterschrift etc.) zustimmen. Das Einverständnis muss einen eindeutigen Bezug zur Telefonwerbung haben und sich von sonstigen Erklärungen – etwa von der Bereitschaft zur Teilnahme an einem Gewinnspiel – abheben.

Darüber hinaus muss die Werbung optisch so angelegt sein, dass eine in ihr enthaltene Zustimmungserklärung nicht „untergeht“.

Unter Berücksichtigung dieser Grenzen lassen sich durchaus Lösungen erarbeiten, die auch einen Marketingerfolg gewährleisten. Die Kunst der Gestaltung besteht darin, eindeutig unzulässige Werbemaßnahmen zu vermeiden und mit dem Mut zum Risiko die Grenze zulässigen Telefonmarketings auszuloten.

Die verbleibenden Unsicherheiten sind jenen Unwägbarkeiten zuzurechen, denen man bekanntlich „vor Gericht und auf hoher See“ ausgesetzt ist. Mit diesem Risiko lässt sich leben.

Autoren: Franz Dänekamp und Christina Schmitt-Zink, veröffentlicht in „der neue vertrieb 1-2/05, S. 56 f.“

Werden künftig die „Bestände“ im WBZ von der Erbschaftsteuer erfasst?

Der besteuernde Staat – so meinte ein angesehener Steuerrechtsexperte – „verhält sich heute wie ein Mückenschwarm. An jeder Ecke lauern die Mücken, um den Steuerpflichtigen Blut abzuzapfen. Bürger und Unternehmen weichen deshalb ständig aus und machen die unsinnigsten Umwege, um den Steuern zu entgehen. Statt sich auf ihr wirtschaftliches Fortkommen zu konzentrieren, sind die Bürger permanent damit beschäftigt, die Mücken zu verscheuchen. Einige hat – ob der zahlreichen Stiche – bereits lähmendes Entsetzen ergriffen“ (Prof. Paul Kirchhoff auf der Pressekonferenz zur Vereinfachung des Steuersystems am 24.10.2002 in Berlin).

Das „lähmende Entsetzen“ – wie es Prof. Kirchhoff beschreibt – ist bei besserbetuchten Zeitgenossen oft nur von kurzer Dauer, denn die Attacke der Finanzminister treibt sie vorzugsweise in das Paradies der Schweizer Eidgenossen, die ihre Steuergesetze aus jenem Stoff weben, aus dem die Träume sind, freilich mit kantonalen Unterschieden, denn die Steuersätze variieren beachtlich.

Prominentes Beispiel war vor Jahren der bayerische Milch-Baron Theo Müller (Müller-Milch), der um den Bestand seines Familienunternehmens im Erbfall fürchtete und dessen Bewertung deutscher Steuergerechtigkeit kurz auf den Satz zu reduzieren sein dürfte:

„Hier werden Sie gemolken“!

Über die Frage, ob derart drastische Betrachtungsweisen nach Maßgabe des gegenwärtigen Erbschaftsteuerrechts gerechtfertigt sind, lässt sich trefflich streiten. Dem Kanzler soll jedenfalls der Appetit auf den Joghurt vergangen sein. In der teilweise ideologisch geführten Debatte wollen die einen den zunehmenden Begrenzungen der Sozialtransferzahlungen ein „gerechtes“ Gegengewicht entgegensetzen. Andere verweisen auf die ohnehin niedrige Eigenkapitalausstattung deutscher Unternehmen und sehen das Lebenswerk vieler Erblasser gefährdet.

In diesem Beitrag geht es nicht um eine ideologische Standortbestimmung. Gegenstand dieses Beitrags ist vielmehr die Auseinandersetzung mit einer in Kürze zu erwartenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die aller Voraussicht nach zu Konsequenzen des Gesetzgebers führen wird, verbunden mit einer drastischen Verschärfung des Erbschaftsteuerrechts. Mit Beschluss vom 22.05.2002 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Bundesverfassungsgericht das geltende Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht zur Prüfung vorgelegt. Der BFH vertritt u. a. die Auffassung, dass die Regelungen in § 12 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) – Bewertung des Erwerbs – sowie diverse Regelungen im Bewertungsgesetz (BewG) wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verfassungswidrig seien. Nach Ansicht des BFH bezieht sich die Verfassungswidrigkeit insbesondere auch auf die Vorschriften zur Ermittlung des Betriebsvermögens.

Bisher haben die Erwerber von Betriebsvermögen allenfalls unterdurchschnittlich zum Aufkommen der Erbschaft- und Schenkungsteuer beigetragen. Maßgeblich dafür ist u. a. der Umstand, dass für die Bewertung des Betriebsvermögens nur die Steuerbilanzwerte von Bedeutung sind. Nicht aktiviertes Vermögen – stille Reserven etwa – wurden bisher von der Erbschaftsteuer nicht erfasst.

Zu den stillen Reserven der im WBZ tätigen Unternehmen gehören vor allem die sogenannten „Bestände“, Vermögenswerte, die in der Praxis börsengleich gehandelt werden und den eigentlichen – in der Bilanz nicht aktivierten – Wert eines WBZ-Unternehmens ausmachen.

Steuerlich werden die „Bestände“ zu Recht bilanziell nicht aktiviert, und zwar aus folgendem Grund:

Der „Bestand“ eines WBZlers besteht aus einer Vielzahl von einzelvertraglichen Belieferungsrechten, die steuerrechtlich als sog. immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu qualifizieren sind (BFH BStbl. 1989 II S. 830). Gemäß § 5 II EStG sind immaterielle Wirtschaftsgüter nur dann bilanziell zu aktivieren, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Entgelt für den Erwerb des Wirtschaftsguts erbracht wird, das nach den Vorstellungen beider Vertragsteile eine Gegenleistung für die erlangten Vorteile darstellt (BFH BStbl. 1994 II S. 444).

In den Fällen, in denen ein Unternehmen Abonnements originär – d. h. im Wege des Ersterwerbs – selbst bzw. durch Einsatz von eigenen Mitarbeitern oder Handelsvertretern wirbt, liegt ein solcher entgeltlicher Erwerb nicht vor. Die vom Unternehmen im Zusammenhang mit dem Erwerb des Belieferungsrechts getätigten Aufwendungen (Provisionszahlungen etc.) sind nicht als Entgelt sondern vielmehr als Aufwendungen im Zusammenhang mit der Anschaffung zu qualifizieren und daher als Betriebsausgaben sofort abziehbar (BFH BStbl. II 1994 S. 444). Die so geworbenen Bestände sind daher in der vom Unternehmer zu erstellenden Bilanz nicht anzusetzen.

Exakt auf die beschriebenen stillen Reserven, für die die Bestände im WBZ ein Beispiel sind, zielt der BFH im zitierten Vorlagenbeschluss ab und vertritt die Auffassung, dass die gegenwärtig praktizierte Übernahme von ertragssteuerlichen Werten (vgl. § 109 Abs. 1 und 2 BewG) nicht dem Gleichheitsgrundsatz entspricht, weil die Erben von Betriebsvermögen in nicht sachgerechter Weise begünstigt würden, etwa durch die Möglichkeit, sich durch Bilanzierungswahlrechte „arm zu rechnen“.

Jede Beurteilung der Frage, wie und mit welcher Begründung ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht enden wird, ist in gewisser Weise ein Blick in die Kristallkugel.

Sollte aber der Vorlagenbeschluss die Zulässigkeitshürde nehmen, gehört zu den wahrscheinlichsten Varianten, dass das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgibt, die vom BFH monierte Ungleichheit bis zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt zu beseitigen. Wer dabei allerdings spekuliert, der Gesetzgeber werde sich im Gestrüpp des zeitraubenden Willensbildungsprozesses im Parlament verfangen, dürfte einem Irrtum erliegen:

Die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist eine Ländersteuer (Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG), und auch die Haushalte der Länder – von welcher politischen Couleur sie auch immer dominiert werden – sind chronisch unterfinanziert. Darüber hinaus gibt es einen durchaus parteiübergreifenden Konsens in der Frage der Bewertung von Betriebsvermögen, nämlich dahingehend, dass diese zu ihrem sog. Teilwert erfasst werden sollen. Im Ergebnis würde dies bedeuten, dass das Finanzamt den Verkehrswert des Betriebsvermögens ermittelt, so, als würde der Betrieb im Ganzen veräußert.

Die zeitliche Brisanz des Problems ergibt sich vor allem aus einem Umstand, der nur wenigen bekannt ist: Der Gesetzgeber hat bereits den Entwurf eines komplett ausgearbeiteten neuen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes in der Schublade liegen. Am 11.06.2004 hat das Land Schleswig-Holstein eine entsprechende Vorlage unter dem Namen „Gesetz zur Reform der Erbschaftsteuer (ErbStRefG)“ in den Bundesrat eingebracht (Bundesrat – Drucksache 422/04). Diesem Entwurf zufolge soll zukünftig das Betriebsvermögen für erbschaftsteuerliche Zwecke zum Teilwert berücksichtigt werden. § 45 Abs. 1 BewG in der Fassung des o. g. Entwurfes geht also von einer verkehrswertbezogenen Betrachtung unter Einbeziehung stiller Reserven aus.

Für den WBZ-Unternehmer bedeutet dies die Erfassung der Bestände im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Freilich geht auch der Gesetzesentwurf in seiner Begründung davon aus, dass die Liquidität kleiner und mittelständischer Unternehmen regelmäßig geschont werden soll (vgl. Bundesrat – Drucksache 422/04, S. 66). Über die Frage, wie die Entlastung erreicht werden soll, wird schon seit Jahren heftig gestritten. Die Vorschläge reichen von der Beteiligung des Staates als „Stiller Gesellschafter“, über Stundungsmöglichkeiten bis zur Einräumung großzügiger Freibeträge. Der Vorschlag aus Schleswig-Holstein sieht einen auf den ersten Blick großzügigen Freibetrag von 2 Millionen Euro vor. Allerdings steckt die Tücke im Detail, denn die Begünstigung gilt nur für inländische Betriebe, in denen der Erwerber einen Einfluss auf die Geschäftsführung hat. Steht also für den Erblasser der Versorgungsgesichtspunkt im Vordergrund – und nicht die Firmenfortführung – wird es unter Umständen teuer.

Berater haben nach der Vorstellung des Bundesgerichtshofs auch die Pflicht, auf sich abzeichnende Rechtsänderungen hinzuweisen. Es ist ein seit Jahrhunderten bestehender Wunsch von Menschen, den sozialen Aufstieg der Familie generationsübergreifend zu sichern. Wer für seine Nachkommen sorgen möchte, muss sorgfältig planen, die Nachfolge gestalten und die Tretminen im Steuerrecht kennen, auch solche, mit denen zukünftig zu rechnen ist.

Die Uhr tickt, denn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird die Reaktion des Gesetzgebers vermutlich nicht lange auf sich warten lassen. Schnelles Handeln tut also not.

Autoren: Franz Dänekamp und Christina Schmitt-Zink, veröffentlicht in „der neue vertrieb 9/05, S. 38 ff.“

Generalagenturen erfolgreich vor dem Landgericht Köln (Az.: 89 O 15/11 u. a.)

Nichts ist für die Ewigkeit, heißt es. Eines Besseren musste sich ein weltweit führendes Versicherungsunternehmen im Konflikt mit 3 Generalagenturen vom LG Köln belehren lassen. In den Urteilen des LG Köln vom 25.11.2011 (Az.: 89 O 15/11; Az.: 89 O 7/11; Az.: 89 O 11/11) stellt das Gericht fest, die Versicherung könne den Generalagenturen das Recht zum Inkasso nicht durch ordentliche Kündigung entziehen, das Inkassorecht stehe den Generalagenturen vielmehr dauerhaft zu. Auf den ersten Blick mag verblüffend erscheinen, dass eine Partei im Wirtschaftsleben der anderen Partei eine Art „Ehe“ antragen kann, Scheidung – abgesehen vom groben Treuebruch – ausgeschlossen. Doch, meint das LG Köln übereinstimmend mit den Klägern, – das geht!

Der „Treuebund“ zwischen Generalagenturen und Versicherungen im Familienschutzgeschäft

Wer das Vertragsverhältnis zwischen Generalagenturen und Versicherungen im Familienschutzgeschäft verstehen will, wer zu ergründen versucht, weshalb der dnv ein solches Thema aufgreift, muss sich mit der Historie des WBZ auseinandersetzen. Der Rückblick ist auch erforderlich, um den vor dem LG Köln ausgetragenen Konflikt zu verstehen:

Querverkäufe, also das, was man heute als Cross-Selling oder Up-Selling bezeichnet, gab es bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Ein findiger Verleger aus Leipzig kombinierte den Verkauf einer Zeitschrift mit einem Versicherungsvertrag (vgl. Brummund, Struktur und Organisation des Pressevertriebs, München 2006, S. 394 ff.). Das war die Geburt der „Versicherungszeitschrift“, die auch deshalb so erfolgreich war, weil der „Sprung“ und die Kündigungsquoten erheblich reduziert wurden (vgl. Brummund, a. a. O., S. 394). Später wurde die Koppelung der Produkte verboten, den Versicherungsschutz übernahmen Versicherungsgesellschaften und das Familienschutzgeschäft etablierte sich als selbstständiger Zweig innerhalb des WBZ, wobei die Versicherungen auch weiterhin „Vertriebskanäle“ nutzten, die sich bewährt hatten. Die mit dem Vertrieb betrauten Unternehmen überlebten den erzwungenen Prozess der Umstrukturierung nur, weil ihnen das „Inkasso“ belassen wurde. Das „Inkasso“ ist historisch eine Art „Überlebensgarantie“ der Generalagenturen. Mit der Inkassoprovision wird einerseits eine entsprechende Dienstleistung der Generalagenturen vergütet, andererseits soll mit der fortlaufenden Zahlung einer Inkassoprovision auch der Beitrag der Generalagenturen zum Aufbau von Versicherungsbeständen honoriert werden.

Was hat die Geschichte der Versicherungs-Zeitschrift mit dem Urteil des LG Köln zu tun?

Wer die Vorgänge in der Gegenwart richtig verstehen will, muss sich bisweilen mit der Historie beschäftigen. Vertragsparteien beziehen sich oft auf Verträge, die vor Jahrzehnten geschlossen wurden, im konkreten Fall etwa auf einen Vertrag aus dem Jahre 1958, der folgende Klausel enthält.

„Wir verpflichten uns, Ihnen den Beitragseinzug auch über die Dauer des obigen Vertrages hinaus solange zu belassen, wie Sie dazu bereit sind und Ihren Verpflichtungen aus diesem Vertrag nachkommen.“

Das war 1958, aber 2008/2009 fusionierte der Vertragspartner von 1958 mit einem großen Versicherungskonzern, der kein Interesse mehr an dieser Sparte hatte und nunmehr versuchte, die Generalagenturen durch Kündigung „loszuwerden“.

Die Generalagenturen bezogen sich indessen auf die zitierte Klausel im Vertrag, auf eine „Ewigkeitsgarantie“, die zumindest das Inkasso erfasste.

Bei der Auslegung eines Vertrages kommt es auf den wirklichen Willen der Parteien an, auf das, was nach Treu und Glauben maßgeblich sein soll (§§ 133,157 BGB). Aber wer weiß, was die Vertragsparteien vor 50 Jahren gewollt haben? In solchen Fällen helfen die Archive des Bundesverbandes der Medien- und Dienstleistungshändler e. V., mit dessen Hilfe belegt werden konnte, was die Parteien seinerzeit veranlasst hatte, den Generalagenturen ein dauerhaftes Inkasso einzuräumen, das Recht der Versicherungen zur ordentlichen Kündigung auszuschließen.

Entsprechend war die Klage der Generalagenturen gegen die Versicherung erfolgreich. Das Landgericht Köln stellte fest, die Kündigung führe nicht zur Beendigung des Generalagenturvertrages, soweit die Klägerinnen zum Inkasso für die Beklagte berechtigt und verpflichtet seien.

Das Gericht wies auch das Argument der Beklagten zurück, die Inkassotätigkeit sei der Klägerin ab dem 01.01.2012 nach den Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) untersagt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt – so das Argument der Versicherung – ende zumindest die Vertriebstätigkeit der Klägerin durch ordentliche Kündigung, folglich sei das Inkasso nicht mehr Neben- sondern Haupttätigkeit, und zwar mit der Folge, dass es erlaubnispflichtig werde. Über eine entsprechende Erlaubnis – so das Argument der Beklagten – verfügten die Generalagenturen nicht.

Das Landgericht Köln folgte indessen auch insoweit der Rechtsauffassung der Klägerinnen und stellte fest, die Inkassotätigkeit sei gem. § 5 RDG erlaubnisfrei. Sie sei Nebenleistung zum Berufs- bzw. Tätigkeitsbild der Generalagenturen als Versicherungsvertreterinnen.

Fazit:

Das Recht zur „ordentlichen Kündigung“ kann in Verträgen dauerhaft ausgeschlossen werden, und zwar mit der Folge, dass sich die Parteien „ewig“ binden. Nur die „außer-ordentliche“ Kündigung bleibt zulässig, setzt aber voraus, dass ein grober Pflichtverstoß nachgewiesen werden kann. Vermitteln Generalagenturen Versicherungsverträge und üben sie gleichzeitig eine Inkassotätigkeit bezüglich der vermittelten Verträge aus, so ist die Inkassotätigkeit erlaubnisfrei i. S. d. § 5 RDG.

Autor: Franz Dänekamp, veröffentlicht in „der neue Vertrieb 10/12, S. 34 f.“

LG Hamburg (Az.: 402 HKO 79/08) entscheidet über die Zulässigkeit der „Sprunghaftung“

In einem Urteil vom 23.12.2011 hat das Landgericht Hamburg (Az.: 402 HKO 79/08) richtungsweisend über die Wirksamkeit einer „Stornohaftungsklausel“ entschieden. Die – vor allem auch wirtschaftliche – Bedeutung des Rechtsstreits ist erheblich. Während die Beklagte – die Tochtergesellschaft eines namhaften Verlages – die Rückzahlung von Provisionen für vermittelte Abonnements in 6-stelliger Höhe beanspruchte, machte die Klägerin – ein Vertriebsunternehmen im Telemarketing – eine Gegenrechnung auf. Der Verlag habe, so das Argument der Klägerin – eine Klausel zur „Sprunghaftung“ in den Vertrag aufgenommen, die unwirksam sei. Das habe zur Folge, dass der Verlag seinem Vertriebspartner Provisionen in 7-stelliger Größenordnung vorenthalten habe.

Was war passiert?

Die Klägerin (Vertriebsunternehmen) hatte für die Beklagte (Verlag) ein sog. „8 für 6“-Abo (8 Monate lesen, 6 Monate zahlen) vertrieben. Der Abonnent erhielt also die Zeitschrift 2 Monate kostenlos, zahlte 6 Monate, und nach 8 Monaten sollte ein sog. „offenes Lesen“ beginnen, das das Recht des Abonnenten vorsah, das Abonnement ohne Einhaltung von Kündigungsfristen zu beenden. Für die Vermittlung des Abonnements „8 für 6“ bot der Verlag nach eigenem Bekunden „hohe Provisionen“, – soweit so gut. Ungewöhnlich – und von den Gepflogenheiten der Branche abweichend – war allerdings die lange „Haftungsdauer“ von 27 Wochen. Wurde das Abonnement nicht mindestens 27 Wochen bezahlt, so wurde dem Vertriebspartner die gezahlte Provision zurückbelastet. Wer ein wenig rechnet, erkennt den Trick, der sich hinter dem Angebot „hoher Provisionen“ versteckt. Wenn 27 bezahlte Wochen Voraussetzung dafür sind, dass der Vertriebspartner seine Provision behalten darf, so muss der Abonnent länger zahlen, als es das Angebot „8 für 6“ vorsieht. 6 bezahlte Monate sind nämlich 25,5 Wochen. Die Mindesthaftungszeit von 27 Wochen wird nicht erreicht. Ergo: Provisionen sind nur endgültig verdient, wenn der Abonnent mit dem „offenen Lesen“ beginnt, die Zeitschrift also länger als 8 Monate (Mindestbelieferung) bezieht und auch die nächste Rechnung zahlt. Zu Beginn des Vertragsverhältnisses mit dem Verlag sprudeln die vorab gezahlten Provisionen beim Vertriebspartner, dessen Vertriebslust und Aktivitäten werden „geteasert“, aber das „Kartenhaus“ sprudelnder Provisionen bricht zusammen, wenn der Verlag nach längerer Zeit seine Gegenrechnung aufmacht. Bei inzwischen hoher Produktion sinkt der Ertrag des Vertriebspartners auf „0“, weil eine Vielzahl von Abonnenten sich nicht für das dauerhafte Abo entscheiden und deshalb neu entstehende Provisionsansprüche mit Rückzahlungsansprüchen verrechnet werden.

Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen

Dem konsternierten Vertriebspartner wird an dieser Stelle erklärt, weshalb seine Produktion „schlecht“ sei. Die „guten“ Abonnements sind ausschließlich solche, die in einem Dauerbezug des Abonnenten münden. Alle anderen Abonnements seien „schlecht“, und zwar mit der Folge, dass der Vertriebspartner keine Provision verdiene, auch nicht anteilig, nicht einen einzigen Cent, obwohl der Abonnent alle Zahlungsverpflichtungen erfüllt hatte. Keine (Teil-)Provision trotz des unternehmerischen Erfolgs?

Auf den ersten Blick erscheint die Logik des Verlags verblüffend. Die Kalkulation des Abonnements ist generell so angelegt, dass sich die Kosten – folglich auch die Provisionen – erst im Laufe einer möglichst langen Haltbarkeit amortisieren. Es verwundert deshalb nicht, dass sich der Verlag vor dem LG Hamburg mit einer Art „Break-Even-Mathematik“ verteidigte. Wenn die Klägerin für die erfolgreiche Vermittlung des Abonnements „8 für 6“ eine (Teil-)Provision verlange, so stelle sie anerkannte Kalkulationen in der Branche auf den Kopf, der Verlag verdiene nicht mehr ausreichend. Mag sein, aber wann ist der „Break-Even“ erreicht? Wann verdient der Verlag „ausreichend“?

Das Argument der Beklagten verkürzt die Sicht der Dinge, denn neben der Laufzeit gibt es auch andere wertbildende Faktoren wie etwa die IVW-Fähigkeit des Abonnements, der Wert der „Adresse“ und die Chance der „Kündigerrückgewinnung“. Ein Abonnent, der 8 Monate vertragstreu ist und 6 Monate zahlt, eignet sich durchaus für die „Kündigerrückgewinnung“. Die „Schlechten“ aus dem Kröpfchen bekommt ein anderer Vertriebspartner zur Vermittlung. Aus den solchermaßen „angeteaserten“ Abonnenten werden solche, die – Ende gut alles gut – doch noch ins Töpfchen kommen.

An dieser Stelle zeigt sich die Findigkeit der Vertriebsstrategen im Verlag. Der Abonnent zahlt 6 Monate, der Vertriebspartner verdient keinen Cent. Das Risiko liegt beim Vertriebspartner, wenn im ersten Schritt kein dauerhaftes Abonnement entsteht. Scheitert das Abonnement nach 8 Monaten, kann das „Warm-Up“ des ersten Vertriebspartners von einem weiteren Vertriebspartner genutzt werden. Ergo: Doppelter „Traffic“ im Vertrieb, garantierter Teilertrag durch 6-monatige Abo-Zahlung und nur eine Provision, wenn das „Warm-Up“ erfolgreich ist.

Die Rechnung ohne den Wirt

Was da in der „Kreativabteilung“ der Vertriebstochter eines Verlags erdacht wurde, nötigt – vordergründig betrachtet – einen gewissen Respekt ab. Wie so oft macht allerdings die Rechnung ohne den Wirt, wer ausschließlich den eigenen Vorteil im Auge hat. Einen Stolperstein für das pfiffige Vertriebskonzept des Verlags hat der Gesetzgeber nämlich im Handelsgesetzbuch versteckt. § 87 a Abs. 1 S. 3 lautet: „Unabhängig von einer Vereinbarung hat jedoch der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat“.

Der Satz hat es in sich, war er doch in der Lage, aus einer 6-stelligen Forderung des Verlags eine 7-stellige Forderung des Vertriebspartners zu machen, und das geht so:

Wenn der Abonnent 6 Monate zahlt, so hat der „Dritte“ (Abonnent) das Geschäft auch 6 Monate ausgeführt. Unter dieser Voraussetzung hat der Handelsvertreter einen (Teil-)Provisionsanspruch, denn er hat zumindest teilweise den unternehmerischen Erfolg herbeigeführt. Liegt der vom Prinzipal (Unternehmer) definierte wirtschaftliche Erfolg bei 27 Wochen (Haftungsregelung), zahlt sodann der Abonnent 26 Wochen, so hat der Handelsvertreter 26/27stel der (vollen) Provision verdient.

Soweit die vereinbarte Stornohaftung den Anspruch ausschließt, ist die Klausel unwirksam, denn der Anspruch auf Teilprovision besteht „unabhängig von einer Vereinbarung“ (§ 87 a Abs. 1 S. 3 HGB).

So sah es – übereinstimmend mit der Klägerin – auch das Landgericht Hamburg im zitierten Urteil und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von Teilprovisionen, wobei es feststellte, auch die von der Klägerin gewählte Berechnung sei zutreffend, denn der Teilprovisionsanspruch sei nach dem Urteil des OLG Stuttgart vom 12.03.1976 (Az.: 2 U 146/75) linear zu berechnen.

Was will „der Dichter damit sagen“?

Führt der vermittelte Vertrag zumindest teilweise zum Erfolg, muss zwingend eine (Teil-)Provision gezahlt werden. Das zitierte Urteil des LG Hamburg ist nicht rechtskräftig. Das Hanseatische Oberlandesgericht wird im Berufungsverfahren darüber entscheiden, ob der Prinzipal im Verhältnis zum Handelsvertreter frei über die Stornohaftung disponieren und den Teilprovisionsanspruch ausschließen kann. Wie die Beklagte die Klippe des § 87 a Abs. 1 S. 3 HGB nehmen will, bleibt abzuwarten. Das Problem der „Stornohaftung“ ist nicht neu (vgl. Dänekamp, Handelsvertretervertrag und Unternehmerrisiko, der neue Vertrieb 4/97, S. 30 ff.). Der WBZ (BMD) hatte Mitte der 90’er Jahre „Musterverträge“ entwickeln lassen, die „Haftungsklauseln“ vorsehen, freilich keine derart unangemessenen Regelungen zu Lasten des Vertriebspartners. Der im Rechtsstreit vor dem LG Hamburg erhobene Einwand der Beklagten, die Stornohaftung sei in der Branche üblich, der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe gar an der Entstehung der „Musterverträge“ mitgewirkt, ist deshalb nur die halbe Wahrheit. Zum einen bemühen sich die „Musterverträge“ um jene Ausgewogenheit, die Voraussetzung für eine funktionierende Kooperation im Vertriebsgeschäft ist, zum anderen wird in der Kommentierung zu den Musterverträgen das Problem der Haftungsklausel dezidiert erläutert. Wer deshalb großzügig mit Gestaltungsvorschlägen umgeht, muss schon das „Kleingedruckte“ lesen.

Autor: Franz Dänekamp, veröffentlicht in „der neue Vertrieb 10/12, S. 28 f.“

Das Verbraucherprivatrecht ist ständigem Wandel unterworfen. Aktuell ist das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (VRRLUmsG), das ab 13.06.2014 in kraft tritt, eine Herausforderung für den Direktvertrieb, relevant auch für alle Akteure, die Presseprodukte vertreiben. Dabei geht es um eine umfassende Neuregelung des Fernabsatzrechts und des Rechts der „Haustürgeschäfte“. Der folgende Beitrag erläutert – zugeschnitten auf den Pressevertrieb – den wesentlichen Änderungsbedarf bei der Gestaltung von Vertragstexten, Web-Shop-Inhalten und Widerrufsbelehrungen.

I. Ausgangslage

Das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie transformiert die im November 2011 verkündete Richtlinie 2011/83 EU über die Rechte der Verbraucher in nationales Recht. Die Harmonisierung ist gerade für die Betreiber von Web-Shops ein Vorteil, soweit sie auch im EU-Ausland mit E-Commerce-Angeboten agieren. Das neue Recht sieht für das „Haustürgeschäft“ und für Fernabsatzverträge teilweise identische, teilweise unterschiedliche Regelungen vor. Neu konzipiert wird das Widerrufsrecht, das nunmehr ausnahmslos für alle Vertriebsformen gelten dürfte, also auch für die Werbung via Internet. Das neue Recht findet Anwendung auf B2C-Verträge (Unternehmer/Verbraucher).

II. „Haustürgeschäft“

Der Begriff „Haustürgeschäft“ wird ersetzt durch den weitergefassten Begriff des „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages“ (§ 312 b Abs. 1 BGB n. F.). Schon nach altem Recht (§ 312 BGB a. F.) waren nicht nur Vertragsschlüsse in der Privatwohnung erfasst. Auch Verträge, die etwa im Bereich öffentlicher Verkehrsflächen (z. B. Standwerbung in Fußgängerpassagen) geschlossen wurden, waren dem Recht des „Haustürgeschäfts“ unterworfen. Erfasst werden nunmehr auch Geschäfte auf privaten Messegeländen und auf privaten Märkten, denn es kommt nur darauf an, dass der Unternehmer seine Tätigkeit außerhalb des Gewerberaumes ausübt, den er für Zwecke seines Gewerbes dauerhaft einsetzt. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber im Bereich der sog. „face-to-face-Geschäfte“ keine Lücke mehr gelassen hat, soweit Verbraucherrechte gelten. Hatte der Unternehmer den Verbraucher beim „Haustürgeschäft“ bisher grundsätzlich nur über sein Widerrufsrecht und die Widerrufsfolgen zu belehren (§ 312 Abs. 2 BGB a. F.), treffen ihn nach neuem Recht (§ 312 d BGB n. F. i. V. m. Art. 246 a § 1 EGBGB n. F.) umfassende Informationspflichten. Dazu gehören u. a. Angaben über seine Identität und die Identität seines Auftraggebers. Wegen der weiteren Einzelheiten kann an dieser Stelle nur auf Art. 246 a § 1 EGBGB n. F. verwiesen werden, denn der Pflichtenkatalog ist umfassend. Der in der Branche verwendete „Bestellschein“, der häufig die Vertragskonditionen nur rudimentär erfasst, dürfte hinsichtlich seiner Gestaltung den vielfältigen Anforderungen kaum noch gerecht werden. § 312 f Abs. 1 BGB n. F. sieht ein Bestätigungsschreiben vor, das den Vertragsinhalt wiedergibt und zusätzlich alle Info-Pflichten des § 246 a § 1 EGBGB n. F. berücksichtigen muss, sofern die Info-Pflichten nicht vorvertraglich erfüllt wurden. Auf diese Anforderungen müssen die WBZ-Akteure in Absprache mit ihren Dienstleistern (Abo-Verwaltern) Rücksicht nehmen. Die Info-Pflichten können grundsätzlich nur in Papierform erfüllt werden.

III. Fernabsatzverträge (§ 312 c BGB n. F.)

Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen Fernkommunikationsmittel (Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telefaxe, E-Mails, SMS, Telemedien) verwendet werden. Tangiert sind insbesondere das Telemarketing und Angebote via Internet (Web-Shops, Web-Sites, Informationsdienste, Werbeportale etc.). Bestand nach altem Recht im elektronischen Geschäftsverkehr die Möglichkeit, das Widerrufsrecht bei Einhaltung der Bagatellgrenze (€ 200,00) auszuschließen (§ 510 Abs. 1 Nr. 2 BGB i. V. m. § 491 Abs. 2 Nr. 1 BGB), dürfte diese Ausnahme nunmehr entfallen (Argument aus § 312 g Abs. 2 Nr. 7 BGB n. F.). Daraus folgt, dass das Widerrufsrecht ausnahmslos im Direkt-Abo-Vertrieb Gültigkeit hat. Auch im Fernabsatz gelten die vorvertraglichen Informationspflichten des Art. 246 a § 1 EGBGB, darüber hinaus zusätzliche Informationspflichten bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr (Art. 246 c EGBGB n. F.). Bestimmte Info-Pflichten müssen dem Bestellbutton vorangestellt sein (§ 312 j Abs. 2 BGB n. F.) Die Verpflichtung zur Vertragsbestätigung ist beim Fernabsatzvertrag (§ 312 f Abs. 2 BGB n. F.) ähnlich geregelt wie beim „Haustürgeschäft“, wobei die Bestätigung auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen kann. Erinnert sei in diesem Zusammenhang daran, dass im elektronischen Geschäftsverkehr die Verträge unwirksam sind, wenn der Bestellbutton nicht die Aufschrift „zahlungspflichtig bestellen“ oder eine andere eindeutige Formulierung trägt (§ 312 j Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 BGB n. F.). Die sog. „Buttonlösung“ war im alten Recht bereits verankert (§ 312 g Abs. 3 BGB a. F.).

IV. Widerrufsrecht im Abo-Geschäft

Das Widerrufsrecht gilt einschränkungslos. Die Belehrungspflicht ist vorvertraglich zu erfüllen (Art. 246 Abs. 2 EGBGB n. F.) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage und beginnt im Pressevertrieb – neue Rechtslage – nach Erhalt der ersten Ware (§ 356 Abs. 2 Nr. 1 d BGB n. F.), soweit der Vertrag – wie zumeist – auf Lieferung über einen festgelegten Zeitraum gerichtet ist. Über die Möglichkeit und Ausübung des Widerrufs hat der Unternehmer gem. einem neuen Muster-Widerrufsformular zu belehren (Art. 246 a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB), das europaweit Gültigkeit hat. Der Widerruf kann neuerdings auch mündlich erfolgen.

V. Folgen von Gesetzesverstößen

Bedeutsam dürften vor allem drohende Abmahnungen, einstweilige Verfügungen und Klagen von Verbraucherverbänden – ggf. auch von Mitbewerbern – sein, wenn gegen Verbraucherschutzgesetze verstoßen wird (§ 2 UKlaG, §§ 3, 5 a Abs. 4 UWG i. V. m. § 8 Abs. 3 UWG). Im elektronischen Geschäftsverkehr kommt der Vertrag nicht zustande, wenn – wie ausgeführt – die sog. „Buttonlösung“ nicht umgesetzt wird (§ 312 j Abs. 4 BGB n. F.). Wer die Info-Pflichten nicht umsetzt, muss ggf. auch mit Vertragsanfechtungen rechnen.

VI. Regelungsbedarf

Die Akteure im Pressevertrieb, die das „Haustürgeschäft“ betreiben oder betreiben lassen, müssen die „Bestellscheine“ umgestalten. Die Identität des Unternehmers und des in seinem Auftrag Handelnden (z. B. Handelsvertreter) darf nicht mehr verschwiegen werden. Sämtliche Web-Shops bedürfen der Überprüfung hinsichtlich Ort und Umfang der einzuhaltenden Info-Pflichten. Die Widerrufsbelehrungen und die Vertragsbestätigungen sind anzupassen. Bei der Einschaltung von Call-Centern ist darauf zu achten, dass die vorgegebenen Leitfäden die Verbraucherrechte berücksichtigen. Erleichterte Bedingungen ergeben sich im Telemarketing aus Art. 246 a § 3 EGBGB n. F..

Gelegentlich ist es sinnvoll, Geschäfte gemeinsam abzuwickeln. Sucht beispielsweise ein Kaufinteressent ein Objekt an einem anderen Ort, ist es für dessen Makler gegebenenfalls zweckmäßig, einen Kollegen vor Ort einzuschalten. Oder umgekehrt: Möchte ein Verkäufer sein entfernt gelegenes Objekt veräußern, wird der von ihm beauftragte Makler einen am Ort des Objektes tätigen Kollegen mit der Suche nach Kaufinteressenten und der Durchführung von Besichtigungsterminen beauftragen.

Diese Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Maklern wird allgemein als Gemeinschaftsgeschäft bezeichnet. Was allerdings ein Gemeinschaftsgeschäft genau ist und welche Voraussetzungen hierfür gelten, ist nirgendwo geregelt. Es gibt auch keine gesetzlichen Vorschriften, auf die im Zweifelsfall zurückgegriffen werden könnte. Wollen zwei Makler deshalb in einem konkreten Fall zusammenarbeiten, müssen Sie sich zunächst darüber unterhalten, auf welcher Basis diese Zusammenarbeit stattfinden soll. Regeln müssen sie insbesondere, welche Leistungen der jeweils andere Makler erbringen und wie die Vergütung erfolgen soll. Wird dies versäumt, ist ein Streit über die spätere Provisionsverteilung fast schon vorprogrammiert.

In einem konkreten Fall, mit dem ich vor kurzem befasst war, hatte ein auswärtiger Makler einen örtlichen Kollegen gebeten, Käufer für ein dortiges Objekt seines Kunden zu suchen. Der örtliche Makler hatte daraufhin zunächst mit dem Verkäufer einen Alleinauftrag abgeschlossen und sodann erfolgreich Käufer akquiriert. Nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages überwies er dem Kollegen die Hälfte der Verkäuferprovision (da ja der auswärtige Makler den Kontakt zum Käufer hergestellt hatte). Der Kollege war damit nicht zufrieden. Er war der Auffassung, dass ihm auch die Hälfte der Käuferprovision zustehe. Der örtliche Makler wand dagegen ein, dass er allein den Kaufinteressenten das Objekt nachgewiesen habe. Hieran sei der auswärtige Makler nicht beteiligt gewesen, weshalb ihm insoweit keine Provision entstehe.

Man konnte sich nicht einigen, der Fall landete vor Gericht. Da eine schriftliche Vereinbarung nicht abgeschlossen worden war und der auswärtige Makler seine Behauptung, es sei ausdrücklich eine Teilung von Verkäufer- und Käuferprovision vereinbart worden, nicht beweisen konnte, berief er sich auf die Geschäftsgebräuche für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern, aus denen sich ergäbe, dass bei Gemeinschaftsgeschäften Verkäufer – und Käuferprovision unter den beteiligten Maklern zu teilen seien.

Der örtliche Makler wand hiergegen ein, die Geschäftsgebräuche für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern fänden überhaupt keine Anwendung, da sie nicht ausdrücklich vereinbart worden seien. Zudem habe gar kein Gemeinschaftsgeschäft vorgelegen. Der Kollege sei allenfalls als Tippgeber tätig geworden, so dass ihm – wenn überhaupt – nur eine sogenannte „Tippprovision“ zustünde, die nur einen geringfügigen Vergütungsanspruch auslösen könnte. Mit der hälftigen Verkäuferprovision habe der auswärtige Makler bereits mehr erhalten, als ihm eigentlich zustünde.

Das Gericht hatte somit zu entscheiden, ob dem auswärtigen Makler über die bereits erhaltene hälftige Verkäuferprovision hinaus auch noch die Hälfte der an den örtlichen Makler gezahlten Käuferprovision zustand. Wie hat das Gericht entschieden?

Der örtliche Makler hatte Recht! Das Gericht wies den auswärtigen Makler darauf hin, dass er für die behauptete Teilungsabrede hinsichtlich der Käuferprovision beweispflichtig sei. Ohne eine solche Vereinbarung stünde ihm der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Auf die „Geschäftsgebräuche für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern“ könne er sich ebenfalls nicht berufen, da deren Geltung nicht ausdrücklich vereinbart worden sei. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch sei deshalb unbegründet.

Worum handelt es sich überhaupt bei den „Geschäftsgebräuchen für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern“?

Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Maklern ist gesetzlich nicht geregelt. Wegen dieser fehlenden gesetzlichen Regelung hatten bereits RDM und VDM sogenannte Geschäftsgebräuche für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern entwickelt, um diese Art der Zusammenarbeit sachgerecht zu regeln. Nach dem Zusammenschluss der Verbände hat der IVD ebenfalls solche Geschäftsgebräuche formuliert. Diese Regeln gelten jedoch – auch zwischen verbandsangehörigen Maklern – nicht automatisch. Sie müssen vielmehr im Einzelfall ausdrücklich durch Vereinbarung zum Inhalt eines Gemeinschaftsgeschäfts gemacht werden. Dies bedeutet, dass die beteiligten Makler die Anwendung der Geschäftsgebräuche im konkreten Fall ausdrücklich vereinbaren müssen. Eine „automatische“ Geltung der Geschäftsgebräuche gibt es – auch unter verbandsangehörigen Maklern – nach der bisherigen Rechsprechung nicht. Die Geschäftsgebräuche stellen auch keinen Handelsbrauch im Sinne des § 346 HGB dar, so dass auch auf diesem Wege keine Einbeziehung erfolgt. Soweit also mehrere Makler in einem konkreten Fall eine Zusammenarbeit vereinbaren, bestimmen sich ihre Rechte und Pflichten grundsätzlich nach den getroffenen Vereinbarungen. Versäumen die Makler eine solche Vereinbarung, richtet sich ihr etwaiger Anspruch nach dem Gesetz. Da sich etwaige Provisionsansprüche ausschließlich gegen die jeweiligen Auftraggeber richten, scheiden wechselseitige Ansprüche zwischen den beteiligten Maklern grundsätzlich aus. Soll also der eine Makler an dem Provisionsanspruch des anderen Maklers beteiligt sein, bedarf dies in jedem Fall einer ausdrücklichen Vereinbarung. Diese Vereinbarung kann in sachgerechter Weise dadurch erfolgen, dass sich die beteiligten Makler für die konkrete Zusammenarbeit auf die Anwendung der Geschäftsgebräuche für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern verständigen.

Aber Achtung: Nicht jede irgendwie geartete Zusammenarbeit zwischen Maklern stellt ein Gemeinschaftsgeschäft dar. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen setzt ein Gemeinschaftsgeschäft vielmehr voraus, dass mehrere Makler auf entgegengesetzter Seite tätig werden, also der eine Makler als Verkäufer-, und der andere als Käufermakler. Auch die Geschäftsgebräuche stellen klar, dass ein Gemeinschaftsgeschäft nicht vorliegt, wenn mehrere Makler von einem Auftraggeber beauftragt werden. Im vorliegenden Fall fänden mithin die Geschäftsgebräuche nicht einmal dann Anwendung, wenn deren Geltung vereinbart worden wäre.

In dem erwähnten Rechtsstreit blieb deshalb im Ergebnis der Anspruch des ersten Maklers auf die hälftige Käuferprovision ohne Erfolg. Der Prozess ging für ihn verloren.

Wie bereits erwähnt, hatte der örtliche Makler unter anderem eingewandt, im Grunde stünde den auswärtigen Makler – wenn überhaupt – nur eine so genannte „Tippprovision“ zu. Worum handelt es sich hierbei? Eine „Tippprovision“ soll in der Regel derjenige erhalten, dessen Tätigkeit sich in dem Hinweis auf einen Kaufinteressenten oder ein Objekt erschöpft. In der Literatur wird der Makler in diesem Fall auch „Zubringer“ genannt. Ob und in welcher Höhe diesem „Zubringer“ ein Anteil an der dem anderen Makler im Erfolgsfall zufließenden Provision zusteht, beurteilt sich ebenfalls ausschließlich nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarung. Auch hier fehlt es an jeglicher gesetzlichen Regelung, aus der sich ohne eine entsprechende Vereinbarung ein Zahlungsanspruch des Tippgebers herleiten ließe. Es gilt also in diesem Fall der Grundsatz: Ohne Vereinbarung kein Anspruch.

Praxistipp: Will ein Makler in einem konkreten Fall einen Kollegen hinzuziehen, muss zwischen den beteiligten Maklern genau geregelt werden, welche Tätigkeit im Einzelnen erbracht werden und wie die Vergütung erfolgen soll. Handelt es sich bei der Zusammenarbeit um ein Gemeinschaftsgeschäft (mehrere Makler werden auf entgegengesetzter Seite tätig) kann die Anwendung der Geschäftsgebräuche für Gemeinschaftsgeschäfte unter Maklern vereinbart werden (die Geschäftsgebräuche können von verbandsangehörigen Maklern beim IVD angefordert werden). Professionelle Hilfe gewähren in diesem Zusammenhang die Verbandsanwälte, die die IVD-Mitglieder, aber auch nichtverbandsangehörige Makler, bei der rechtlichen Gestaltung der Zusammenarbeit und der Formulierung der entsprechenden Vereinbarungen beraten und unterstützen. Im konkreten Fall hätte eine rechtzeitige Beratung zu einer klaren Provisionsregelung geführt. Der Rechtsstreit wäre vermieden worden.

Autor: Wolfgang Lehner, AIZ Das Immobilienmagazin 10/06, S. 62

Rechtslage weiterhin ungewiss

Maklerfirma nimmt Revision zurück

In der ersten Ausgabe der AIZ hatten wir uns mit der Frage befasst, ob die Maklerklausel im notariellen Kaufvertrag eine sichere Grundlage der Provision darstellt, wenn daneben kein Maklervertrag abgeschlossen wurde. Diese Frage ist dann relevant, wenn die Parteien des notariellen Kaufvertrages (Verkäufer und Käufer) den Vertrag nachträglich aufheben und damit auch die im Vertrag enthaltene Maklerlausel wegfällt. Wir hatten berichtet, dass diese Frage bisher in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet wurde. Verschiedene Oberlandesgerichte hatten zu dieser Frage unterschiedliche Auffassungen vertreten. In einem anhängigen Revisionsverfahren war deshalb mit Spannung erwartet worden, wie der Bundesgerichtshof (BGH) den Streit beenden werde.

Hierzu wird es nun – jedenfalls vorerst – nicht kommen. Unerwartet schnell wurde das Revisionsverfahren abgeschlossen. Grund hierfür war ein Fehler der Anwältin des klagenden Maklerunternehmens: Diese hatte die Frist zur Begründung der Revision versäumt. Den deshalb gestellten Wiedereinsetzungsantrag hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 30.03.2006 als unbegründet zurückgewiesen. Dem Maklerunternehmen blieb deshalb nichts anderes übrig, als die eingelegte Revision zurückzunehmen. Anderenfalls wäre die Revision als unzulässig verworfen worden. Mit Rücknahme der Revision ist das Revisionsverfahren beendet. Die Entscheidung der Vorinstanz, des Oberlandesgerichts Karlsruhe, wurde damit rechtskräftig. Wie berichtet, hatte das Oberlandesgericht die Auffassung vertreten, dass mit der Aufhebung des notariellen Kaufvertrages auch die darin enthaltene Maklerklausel gegenstandslos geworden sei, weshalb dem Makler kein Provisionsanspruch zustehe.

Einstweilen bleibt es also bei der ungeklärten Rechtslage. Es gilt deshalb nach wie vor der in der Januar-Ausgabe (Seite 39) veröffentlichte Praxistipp: Es ist dringend davon abzuraten, einen Provisionsanspruch ausschließlich durch eine sogenannte Maklerklausel im notariellen Kaufvertrag abzusichern. Es ist in jedem Fall erforderlich, zusätzlich einen Maklervertrag mit dem Kunden abzuschließen. So bleibt der Provisionsanspruch auch dann bestehen, wenn der Kaufvertrag nachträglich aufgehoben wird.

Derzeit ist in erster Instanz ein weiteres Verfahren anhängig, dass sich mit der selben Rechtsfrage beschäftigt. Auch hierüber wird voraussichtlich in letzter Instanz der Bundesgerichtshof entscheiden. Wir werden über den Verlauf des Verfahrens berichten.

Autor: Wolfgang Lehner, AIZ Das Immobilienmagazin 9/06, S. 68

Der moderne Makler ist nicht mehr bloßer Wissensvermittler (Nachweiserbringer). Er greift aktiv in das Vertragsanbahnungsverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer ein. Er klärt den Sachverhalt auf, beschafft die nötigen Informationen, holt Auskünfte ein und fördert so auf vielfältige Weise den Vertragsabschluss. Der Makler nimmt damit eine Vertrauensstellung für seinen Auftraggeber ein. Seine Informationen bilden häufig die Grundlage für die Kaufentscheidung des Erwerbers.

Der Makler wird deshalb stets bemüht sein, dem Käufer sämtliche Informationen zu beschaffen, die dessen Entschluss zum Erwerb der Immobilie fördern.

Diese Entscheidungen sind für den Kaufinteressenten wichtig. Er muss sich deshalb auf sie verlassen können. Dies bedeutet, dass der Makler stets gewissenhaft prüfen muss, ob die Informationen stimmen. Er darf hierbei weder zu Übertreibungen greifen, noch darf er negative Fakten weglassen. Aufgrund des erteilten Maklerauftrages ist er Interessenvertreter seines Auftraggebers. Er steht zu diesem in einem besonderen Treueverhältnis, aus dem sich für ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben bestimmte Nebenpflichten ergeben. Der Makler ist deshalb grundsätzlich verpflichtet, seinen Kunden nicht nur über das aufzuklären, was unerlässlich ist, damit dieser vor Schaden bewahrt wird. Er muss ihn vielmehr über alle ihm bekannten Umstände aufklären, die für die Entscheidung seines Kunden von Bedeutung sein können.

In diesem Zusammenhang hatte das Oberlandesgericht Frankfurt über die Frage zu entscheiden, ob der Makler seinen Kunden darüber aufklären muss, dass es sich bei der Immobilie, die der Kunde zu erwerben beabsichtigte, um ein Fertighaus handelte. Der Kunde, der von diesem Umstand später erfuhr, war der Meinung, der Makler hätte ihn hierüber aufklären müsse. Ein Fertighaus hätte er nämlich niemals gekauft.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat die Klage abgewiesen. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Makler nicht zu einem entsprechenden Hinweis verpflichtet war. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt:

„Ein Fertighaus ist im Vergleich zu einem in konventioneller Massivbauweise errichteten Gebäude nicht ohne weiteres ein Haus mit minderem Gebrauchs- oder Verkehrswert. Selbst wenn die Behauptung der Erwerber zutreffen sollte, dass Fertighäuser schwieriger zu veräußern sind als in konventioneller Weise errichtete Häuser, und dass es sich deshalb bei der Bauweise um einen wertbildenden Faktor handelt, war der Makler nicht zu einem entsprechenden Hinweis verpflichtet.“

Das Oberlandesgericht Frankfurt stellt sodann noch einmal klar, dass ein entsprechender Hinweis nur dann erforderlich ist, wenn für den Makler erkennbar war, dass es dem Erwerber gerade darauf ankam, ein Haus in Massivbauweise zu erwerben. Solche Erkenntnisse lagen jedoch im konkreten Falle nicht vor.

Als Grundsatz kann festgehalten werden: Der Makler muss den Kaufinteressenten über solche Umstände informieren, die für diesen erkennbar von Bedeutung sind. Er darf hier weder etwas beschönigen, noch weglassen. Die Angaben des Maklers im Exposé wie auch im Gespräch sollten die Merkmale des Objektes zutreffend wiedergeben.

Wenn Sie die Entscheidung im Original-Text lesen möchten, können Sie diese beim Verfasser anfordern.

Autor: Wolfgang Lehner, IMMO-Professional 1/06, S. 54

Einleitung

Mit Urteil vom 3.2.1999 hatte das AG Naumburg der gegen eine Immobilienmaklerin gerichteten Klage auf Rückzahlung der geleisteten Provision stattgegeben. Zur Begründung hatte das Gericht ausgeführt, zwischen Maklerin und Verkäufer habe eine so genannte „unechte Verflechtung“ vorgelegen, weshalb die Maklerin von ihren Auftraggebern – den Käufern – eine Provision nicht habe beanspruchen können. Die Verflechtung entnahm das Gericht dem Umstand, dass die Maklerin zuvor zur Abwesenheitspflegerin des Verkäufers bestellt worden war und in dieser Funktion den Kaufvertrag mit den Käufern – ihren Kunden – abgeschlossen hatte. Auch aus der im notariellen Kaufvertrag enthaltenen Maklerklausel ergab sich nach Auffassung des Gerichts kein eigenständiger Provisionsanspruch. Insbesondere stellte die Maklerklausel kein selbständiges Schuldversprechen dar. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass den Maklerkunden bei Abschluss der Provisionsvereinbarung die Stellung der Maklerin als Pflegerin bekannt gewesen sei.

Problematik des selbständigen Provisionsversprechens

Soweit das Gericht auf Grund der Pflegerstellung der Maklerin einen Fall unechter Verflechtung und damit das Vorliegen eines institutionalisierten Interessenkonflikts angenommen hat, ist dem Urteil – soweit der wiedergegebene Sachverhalt eine Beurteilung zulässt – zuzustimmen. Die Maklerin konnte in ihrer Stellung als Pflegerin für den Verkäufer keine dem gesetzlichen Leitbild des Maklers entsprechende Tätigkeit für ihre Auftraggeber – die Käufer – entfalten. Eine Maklertätigkeit für die andere Seite kann nicht erbracht werden, wenn der Maler als Stellvertreter des Vertragsgegners über den Abschluss des Hauptvertrags entscheidet. Unrichtig, jedenfalls unvollständig sind jedoch die Ausführungen des Urteils zu der im notariellen Kaufvertrag enthaltenen Maklerklausel, in der sich die Käufer zur Zahlung einer Maklerprovision an die Beklagte verpflichtet hatten. Das Gericht hätte sich mit der Frage befassen müssen, ob in dieser Klausel – wofür nach dem wiedergegebenen Sachverhalt einiges spricht – ein so genanntes selbständiges Provisionsversprechen liegt.

Auf Grund der im Schuldrecht geltenden Vertragsfreiheit kann eine Provisionspflicht auch in solchen Fällen vereinbart werden, in denen auf Grund bestehender Verflechtung oder sonstiger Besonderheiten eine Maklertätigkeit i. S. des § 652 BGB an sich nicht erbracht werden kann. Derartige Vereinbarungen erden allgemein als „selbständige Provisionsversprechen“ bezeichnet. Ob eine Vereinbarung einen Maklervertrag oder ein von § 652 BGB unabhängiges Provisionsversprechen darstellt, richtet sich grundsätzlich nach dem rechtsgeschäftlichen Willen der Vertragsparteien, der aus dem gesamten Parteiverhalten im Wege der Auslegung zu ermitteln ist. Danach liegt ein selbständiges oder unabhängiges Provisionsverspechen in der Regel dann vor, wenn dem Provisionsschuldner, das heißt dem Maklerkunden, bei Abschluss der Vereinbarung diejenigen Umstände bekannt sind, die eine Maklertätigkeit an sich ausschließen. Dabei genügt die rein tatsächliche Kenntnis. Es ist nicht erforderlich, dass dem Provisionsschuldner auch die rechtlichen Konsequenzen bekannt sind, die sich aus den ihm bekannten Tatsachen ergeben. Er braucht also insbesondere nicht zu wissen, dass sich aus diesen Tatsachen ein Ausschluss des Provisionsanspruchs des Maklers ergibt. Anders wäre die Rechtslage dann zu beurteilen, wenn die Maklerkunden erst nach Abschluss der Provisionsvereinbarung, aber vor Zahlung der Provision Kenntnis von der Verflechtung erlangt hätten. Zahlt der Maklerkunde in diesem Fall gleichwohl die vereinbarte Provision, steht die vor Zahlung erlangte Kenntnis zwar dem Anspruch auf Rückzahlung der nicht geschuldeten Maklerprovision entgegen (§ 814 BGB). In diesem Fall genügt jedoch die bloße Tatsachenkenntnis nicht. Der Maklerkunde muss vielmehr zusätzlich auch wissen, dass die ihm bekannte Tatsache einen Anspruch auf Maklerprovision ausschloss. Dies ergibt sich aus § 814 BGB, wonach der Rückforderungsanspruch – nur – dann ausgeschlossen ist, wenn der Leistende wusste, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war.

ANach dem wiedergegebenen Sachverhalt war der Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Kaufvertrages und damit der Provisionsvereinbarung bekannt, dass die beklagte Maklerin zur Abwesenheitspflegerin des Verkäufers bestellt worden war. Sie wussten somit um die bestehende Verflechtung. In Kenntnis dieser Tatsache verpflichteten sie sich in § 13 des notariellen Kaufvertrages zur Zahlung einer Maklerprovision an die Beklagte. Damit lag nach der Rechtsprechung ein unabhängiges oder selbständiges Provisionsversprechen vor. Den Klägern war bei Abschluss der Provisionsvereinbarung die Tatsache bekannt, die den Provisionsempfänger an einer Maklertätigkeit hinderte. Dies reichte aus. Auf die Kenntnis der rechtlichen Konsequenzen, die sich aus der bekannten Tatsache ergaben, kommt es nicht an, da die vereinbarte Entlohnung rechtlich nicht von den Voraussetzungen des § 652 BGB angängige Maklerprovision, sondern hiervon unabhängige Vergütung war. Die Kläger mussten also nicht wissen, dass der Beklagten auf Grund der Bestellung zur Abwesenheitspflegerin und der damit einhergehenden Verflechtungssituation eine Maklertätigkeit gem. § 652 BGB nicht möglich war.

Beurteilung

Das AG Naumburg hat sich somit in seiner Entscheidung mit einem wesentlichen Gesichtspunkt, nämlich der Frage, ob in § 13 des notariellen Kaufvertrages ein selbständiges Provisionsversprechen liegt, nicht befasst. Unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung hätte die Maklerklausel als selbständiges Provisionsversprechen gewertet werden müssen mit der Folge, dass die auf § 812 BGB gestützte Klage der Maklerkunden hätte abgewiesen werden müssen. Die Leistung erfolge mit Rechtsgrund, nämlich auf Grund des selbständigen Provisionsversprechens. Die Ausführungen des Gerichts unter Nr. 3 der Urteilsgründe betreffen ausschließlich den Fall, dass der Maklerkunde erst nach Abschluss der Provisionsvereinbarung und vor Zahlung von den der Provisionsvereinbarung entgegenstehenden Umstände Kenntnis erlangt. In diesem Fall bleibt der abgeschlossene Vertrag Maklervertrag i. S. des § 652 BGB. Vorliegend war diese Kenntnis jedoch bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhanden.

Dementsprechend darf auch die Provisionsklage eines Maklers bei Vorliegen eines selbständigen Provisionsversprechen selbstverständlich nicht mit der Begründung abgewiesen werden, es veranlasst, dies ausdrücklich auszusprechen.

Soweit das Gericht schließlich ohne nähere Begründung die Anwendung des § 328 BGB verneint, weil „ein Dritter im eigentlichen Sinne nicht vorhanden“ gewesen sei, kann dem Urteil ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Beklagte war Dritte i. S. des § 328 BGB. Der Umstand, dass sie bei Abschluss des Kaufvertrags als Pflegerin des Verkäufers handelte, steht dem nicht entgegen.

* Besprechung vom AG Naumburg, Urt. v. 3.2.1999 – C 520/98, NJW-RR 1999, 1504. – Der Autor ist Mitglied der Sozietät Lehner, Dänekamp & Mayer in Heidelberg und langjähriger Syndikus eines Maklerverbands.

Autor: Wolfgang Lehner, NJW 2000, 2405

Zum 01.01.2007 ist bekanntlich die vom Gesetzgeber beschlossene Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 19% in Kraft getreten. Damit haben sich alle umsatzsteuerpflichtigen Leistungen, für die bislang der volle Umsatzsteuersatz zu entrichten war, um 3% erhöht.

Maßgeblich für die Frage, ob für die erbrachte Leistung noch der „alte“ oder bereits der „neue“ Steuersatz zu entrichten ist, ist die Frage, wann die Leistung „bewirkt“ wurde. Damit ist steuerrechtlich der Endzeitpunkt der Leistungserbringung gemeint.

Bei einem Bauvertrag ist die Leistung erbracht, wenn sie nach Fertigstellung von dem Auftraggeber abgenommen wird. Die Abnahme ist in aller Regel der für die „Bewirkung“ der Leistung maßgebliche Zeitpunkt.

Wird also die werkvertraglich geschuldete Bauleistung erst nach dem 01.01.2007 fertig, ist auf den Werklohn für die gesamte Bauleistung Umsatzsteuer in Höhe von 19% zu entrichten. Dieser gesetzlichen Folge konnten Auftraggeber und Auftragnehmer nur dadurch entgehen, dass sie sich vertraglich darauf geeinigt hatten, dass im Einzelnen genau bezeichnete, wirtschaftlich teilbare Leistungen gesondert geschuldet wurden. Für diesen Fall waren auf die bis zum 31.12.2006 fertig gestellten und abgenommenen Teilleistungen lediglich 16% Mehrwertsteuer zu entrichten. Der Mehrwertsteuersatz für die danach erbrachten Teilleistungen betrug dann 19%.

Aus diesem Grund haben zahlreiche Bauherren mit ihren Auftragnehmern im Jahr 2006 entsprechende Vereinbarungen getroffen. Die erbrachten Teilleistungen wurden dann per 31.12.2006 abgenommen und mit dem bisherigen Mehrwertsteuersatz abgerechnet.

Probleme traten in den Fällen auf, in denen der Auftragnehmer die vertraglich vereinbarten und damit geschuldeten Werkleistungen entgegen ausdrücklich getroffener Vereinbarung nicht bis 31.12.2006 erbrachte. Da diese Leistungen mithin erst im Jahre 2007 „bewirkt“ wurden, unterfielen sie automatisch dem neuen Mehrwertsteuersatz von 19%, und zwar in vollem Umfang. Die Kosten für diese Leistungen erhöhten sich mithin für den nicht vorsteuerabzugsberechtigten Bauherren um 3%. Muss der Bauherr diesen Mehrbetrag bezahlen?

Hatten die Vertragsparteien nicht ausdrücklich einen Festpreis vereinbart, sondern – wie üblich – Bezahlung der werkvertraglichen Vergütung zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer, ist der Bauherr grundsätzlich verpflichtet, auf den entstandenen Werklohn die erhöhte Mehrwertsteuer zu bezahlen. Hatte jedoch der Auftragnehmer die nicht fristgerechte Fertigstellung zu vertreten, befand er sich mithin mit Ablauf des 31.12.2006 in Verzug. In diesem Fall hatte er dem Auftraggeber den hierdurch entstandenen Verzugsschaden zu ersetzen. Dieser bestand darin, dass der Bauherr nunmehr auf die erbrachte Werkleistung den erhöhten Mehrwertsteuersatz zu zahlen hat. Hierfür haftet jedoch der Auftragnehmer, weil es sich um Verzugsschaden handelt. Im Ergebnis hat somit der Bauherr an den Auftragnehmer nur Mehrwertsteuer in Höhe von 16% zu entrichten, während der Auftragnehmer Umsatzsteuer in Höhe von 19% an das Finanzamt abführen muss.

Rechnet also ein Bauunternehmer gegenüber seinem Auftraggeber im Jahre 2007 Leistungen ab, die eigentlich bereits im Jahre 2006 hätten fertiggestellt werden sollen, muss der Auftraggeber im Verzugsfall an den Auftragnehmer gleichwohl nur 16% Mehrwertsteuer bezahlen. Für die durch die verzögerte Fertigstellung entstandene Mehrwertsteuererhöhung haftet mithin in voller Höhe der Auftragnehmer.

Was bedeutet die Mehrwertsteuererhöhung für die Bauträgervertrag?

Gegenstand des Bauträgervertrages ist nicht nur der Verkauf eines Grundstücks, sondern auch die Verpflichtung, darauf ein Bauwerk zu errichten. Häufig stehen Bauträgerverträge im Zusammenhang mit der Schaffung von Wohnungseigentum. Danach verpflichtet sich der Bauträger, einen Miteigentumsanteil am Gemeinschaftseigentum zu veräußern, verbunden mit dem Sondereigentum an einem im Aufteilungsplan besonders gekennzeichneten Teileigentum. Abgesehen von Gewerbeflächen handelt es sich bei den Erwerbern in aller Regel um private Erwerber.

Sowohl der Verkauf des Grundstücks als auch die Verpflichtung zur Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteils auf dem Grundstück sind grunderwerbsteuerpflichtig.

Grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge sind grundsätzlich umsatzsteuerbefreit. Nur wenn der Erwerber das Objekt als Unternehmer für sein Unternehmen erwirbt, kann der Bauträger nach § 9 Abs. 1 UStG auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichten.

Bei einem Bauträgervertrag mit einem privaten Erwerber spielt daher die Umsatzsteuer und somit auch die Umsatzsteuererhöhung keine Rolle. Der mit dem Bauträger vereinbarte Preis kann sich deshalb bei privaten Erwerbern durch eine Erhöhung der Umsatzsteuer nicht verändern.

Auf der anderen Seite ist die Umsatzsteuer für den Bauträger eine Kalkulationsgröße, weil die von ihm an die am Bau beteiligten Unternehmen zu zahlenden Werklöhne umsatzsteuerpflichtig sind.

Erhöht sich mithin die Umsatzsteuer, kann der Bauträger einerseits den mit den Erwerbern vereinbarten Preis nicht erhöhen. Auf der anderen Seite muss er den beauftragten Unternehmern den um die Mehrwertsteuererhöhung erhöhten Werklohn bezahlen.

Bauträger sind deshalb bemüht, in ihren Verträgen mit den Erwerbern Klauseln zu vereinbaren, die eine Weitergabe der Mehrwertsteuererhöhung an den Erwerber ermöglichen.

Die Wirksamkeit derartiger Klauseln ist jedoch fraglich. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Mit dem Bauträgervertrag wird grundsätzlich auch Grundeigentum übertragen. Der Bauträgervertrag bedarf deshalb der notariellen Beurkundung. Bei diesen Verträgen handelt es sich durchweg um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB. In diesen Verträgen enthaltene Mehrwertsteuerklausen unterliegen mithin der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB. Bei solchen Erhöhungsklauseln handelt es sich nicht um Preisvereinbarungen, sondern um Preisnebenabreden.

Hinsichtlich derartiger Mehrwertsteueranpassungsklauseln ist vieles streitig. Eindeutig steht lediglich fest, dass eine formularvertragliche Preiserhöhungsklausel unzulässig ist, wenn die Leistung, deren Vergütung erhöht werden soll, innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss erbracht werden soll. Streitig ist schon, ob es hinsichtlich dieser Vier-Monatsfrist auf den vereinbarten Fertigstellungstermin oder auf die Fälligkeit der einzelnen Abschlagszahlungen im Sinne der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) ankommt. Auch wenn eine Klausel nicht gegen § 309 Nr. 1 BGB verstößt, kann sie wegen Verletzung des allgemeinen Transparenzgebotes gemäß § 307 BGB unwirksam sein. Außerdem kann sie den Erwerber entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, was ebenfalls zur Unwirksamkeit der Klausel führt. Letzteres wäre beispielsweise dann der Fall, wenn die Preiserhöhungsklausel zu einer im Vertrag nicht vorgesehenen Gewinnsteigerung des Bauträgers führt. Das Transparenzgebot ist verletzt, wenn der Erwerber nicht bereits bei Vertragsabschluss aus der Klausel ersehen kann, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf ihn zukommen können, wenn sich dem Vertrag beispielsweise nicht entnehmen lässt, wann die einzelnen Raten nach dem jeweiligen Baufortschritt fällig werden.

Hat der Erwerber den Bauträgervertrag als Unternehmer für sein Unternehmen abgeschlossen und hat der Bauträger nach § 9 Abs. 1 UStG auf die Befreiung von der Mehrwertsteuer verzichtet, spielt die Mehrwertsteuererhöhung keine Rolle. In diesem Fall kann der Erwerber die erhöhte Mehrwertsteuer aufgrund seiner Vorsteuerabzugsberechtigung von seiner eigenen Umsatzsteuerverpflichtung abziehen, so dass er im Ergebnis nicht belastet ist.

Zusammenfassung:

1. Hat der private Erwerber mit dem Bauträger einen Festpreis vereinbart und enthält der Vertrag keine Mehrwertsteuererhöhungsklausel, ändert sich durch die Mehrwertsteuererhöhung der mit dem Bauträger vereinbarte Preis nicht. Dem Bauträger steht auch nicht gemäß § 29 UStG ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch zu.

2. Enthält der Bauträgervertrag eine Mehrwertsteueranpassungsklausel, ist dem Erwerber zu empfehlen, diese Klausel rechtlich überprüfen zu lassen. In vielen Fällen wird die Klausel einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand halten. Ist die Klausel danach unwirksam, braucht der Erwerber den Erhöhungsbetrag nicht zu bezahlen.

3. Auch dem Bauträger ist zu empfehlen, die Klausel prüfen zu lassen. Sollte sie unwirksam sein, steht ihm möglicherweise ein Ersatzanspruch gegen den Notar zu, in dessen Verantwortungsbereich die Klausel fällt.

Autor: Wolfgang Lehner, IVD-Sonderheft Immobilienrecht 2007, S. 39

Nicht jeder Auftrag endet mit einem Erfolg. Manche Immobilie ist schwer verkäuflich, manch ein Verkäufer hat unrealistische Preisvorstellungen, gelegentlich wird die Verkaufsabsicht aufgegeben oder auch das Objekt an Interessenten verkauft, die nicht über den Makler kamen. In all diesen Fällen geht der Makler leer aus. Ohne Erfolg keine Provision. Dies ist gerade bei längerer Laufzeit der Verträge ärgerlich. Der Makler hat nicht nur Zeit, sondern häufig auch viel Geld in den Auftrag gesteckt. Die Herstellung von Exposés, die Wahrnehmung von Besichtigungsterminen, die Schaltung von Anzeigen – all dies verursacht erhebliche Kosten. Bleibt der Erfolg aus, erhält der Makler nicht nur keine Provision, er bleibt auch auf seinen Kosten sitzen.

Das muss nicht sein. Ein wirtschaftlich denkender Makler wird darauf achten, dass er bei einem letztlich erfolglos gebliebenen Auftrag wenigstens seine Kosten erstattet bekommt. Hierfür gibt es eine einfache gesetzliche Regelung: Der Makler erhält seine Aufwendungen, die ihm für den konkreten Auftrag entstanden sind, komplett ersetzt. Einzige Voraussetzung: Er muss dies mit seinem Kunden vereinbaren. Eine entsprechende Regelung sollte – schon aus Beweiszwecken – in den Maklervertrag mit aufgenommen werden. Dies kann im sogenannten „Kleingedruckten“ erfolgen. Dort muss lediglich im Einzelnen aufgeführt werden, welche Beträge der Makler wofür verlangt. Endet in diesem Fall der Maklervertrag, ohne dass es zum Verkauf des Objektes kommt, kann der Makler wenigstens seine Aufwendungen abrechnen.

Grundsätzlich kann der Makler alles abrechnen, was ihm an Aufwendungen für den konkreten Auftrag entstanden ist. Dies sind einmal die tatsächlichen Kosten, vor allem Inseratskosten. Diese lassen sich durch entsprechende Rechnungen leicht nachweisen. Hinzu kommen Kosten für Exposéerstellung und Versand (Porto), Anfertigung von Kopien (Planunterlagen u. a.) sowie die tatsächlichen Kosten für die Wahrnehmung von Besichtigungsterminen. Achtung: Allgemeine Bürounkosten können nicht berechnet werden, da es sich hierbei nicht um Aufwendungen für den konkreten Auftrag handelt.

Die Abrechnung der tatsächlichen Aufwendungen ist oft mühsam. Auch ist eine laufende Dokumentation erforderlich, damit die einzelnen Aufwendungen den jeweiligen Aufträgen zugeordnet werden können. Zudem muss der Makler im Streitfall beweisen, welche Aufwendungen er tatsächlich für einen konkreten Auftrag hatte, falls der Kunde dies bestreitet. Eine Aufwendungspauschale ist deshalb sicher eine verlockende Alternative. Hier ist aber Vorsicht geboten. Nach der Rechtsprechung sind Aufwendungspauschalen, die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten sind, stets unwirksam, wenn sie auch nur in die Nähe der für den Erfolgsfall vereinbarten Provision kommen. Die Rechtsprechung sieht hierin eine erfolgsunabhängige Provision, die grundsätzlich nicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden kann. (Die Pauschale darf allenfalls einen „mäßigen Höchstbetrag“ darstellen, der sich in etwa an den üblichen Aufwendungen orientiert.) Wer auf Nummer sicher gehen will, vereinbart deshalb entweder eine maßvolle Aufwendungspauschale (die im konkreten Fall möglicherweise unter den tatsächlichen Aufwendungen liegt), oder einen Ersatz der tatsächlich angefallenen Aufwendungen (die dann dokumentiert und nachgewiesen werden müssen).

Wer kein Geld verschenken will, sollte in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Aufwendungsersatz vereinbaren. Dies empfiehlt sich jedenfalls für den Fall, dass mangels Erfolgseintritt keine Provision anfällt. Das ist aber nicht zwingend. Wer dies für richtig hält, kann die Erstattung seiner Aufwendungen auch neben der Provision vereinbaren. Ein Zusammenhang zwischen Provisionsanspruch und Aufwendungsersatz besteht nicht.

Autor: Wolfgang Lehner, IVD-Sonderheft Immobilienrecht 2007, S. 17

Entstehung des Provisionsanspruchs setzt allein wirksamen Hauptvertrag voraus. Vollziehung des Vertrages ist ohne Bedeutung

Für die Entstehung des Provisionsanspruchs müssen verschiedene Voraussetzungen vorliegen: Neben dem Abschluss eines wirksamen Maklervertrages sind dies eine Nachweis- und/oder Vermittlungstätigkeit des Maklers, der Abschluss des nachgewiesenen bzw. vermittelten Hauptvertrages sowie Kausalität zwischen Maklertätigkeit und Hauptvertragsabschluss. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der vereinbarte Provisionsanspruch des Maklers entstanden.

Gelegentlich wird argumentiert, dass dies allein nicht ausreiche. Zum Abschluss des Hauptvertrages müsse dessen „Vollziehbarkeit“ hinzutreten. Ein notarieller Kaufvertrag sei nur dann „vollziehbar“, wenn der Eigentumswechsel im Grundbuch eingetragen werden könne. Da dem Grundbuchamt zur Vollziehung des Eigentumswechsels sämtliche Eintragungsvoraussetzungen in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Form nachgewiesen werden müssten (§ 29 GBO), löse nur ein solcher Kaufvertrag mit der darin enthaltenen Auflassungserklärung die Provisionspflicht aus, der diesen Vollziehungsanforderungen entspräche. Kaufverträge, die etwa aufgrund einer formlosen Nachgenehmigung diesen Anforderungen nicht entsprächen, könnten einen Provisionsanspruch nicht auslösen.

In einem vom Landgericht Heidelberg entschiedenen Fall hatte eine Erbengemeinschaft ein Grundstück verkauft. Einer der Erben lebte in Kanada. Für diesen trat im Beurkundungstermin einer der Miterben als vollmachtloser Vertreter auf.

Der damit zunächst schwebend unwirksame Kaufvertrag wurde wirksam, nachdem der nicht anwesende Miterbe den Vertrag später schriftlich genehmigte.

In der Folgezeit weigerte sich das Grundbuchamt, den Eigentümerwechsel im Grundbuch einzutragen, da es die Form der vor einem kanadischen Notar abgegebenen Genehmigungserklärung beanstandete.

Daraufhin weiterte sich der Käufer, die vereinbarte Provision zu zahlen. Zur Begründung berief er sich darauf, die notarielle Genehmigungserklärung habe nicht der in § 29 GBO vorgesehenen Form entsprochen, weshalb der Eigentumswechsel nicht im Grundbuch habe eingetragen werden können. Es läge deshalb ein Vollzugshindernis vor, weshalb der Maklerprovisionsanspruch nicht entstanden sei. Dieser setze nämlich nicht nur voraus, dass ein wirksamer Kaufvertrag abgeschlossen werde. Erforderlich sei auch, dass dieser vollzogen werden könne.

Dieser Auffassung folgt die Rechtsprechung nicht. Die Entstehung des Provisionsanspruchs hängt allein von dem Abschluss des wirksamen Hauptvertrages ab. Ist der Hauptvertrag wirksam abgeschlossen worden, steht dem Makler die vereinbarte Provision zu. Der Provisionsanspruch gründet sich allein auf das wirksame Zustandekommen des Kaufvertrages. Eventuelle Vollzugshindernisse, die die Wirksamkeit des Kaufvertrages selbst nicht berühren, stehen dem Provisionsanspruch nicht entgegen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.11.2003 – 15 U 49/02).

Ein weiteres Beispiel:

Für die Entstehung des Provisionsanspruchs ist es auch unerheblich, wenn sich im Nachhinein der Abschluss des Vertrages für den Maklerkunden aus wirtschaftlichen oder tatsächlichen Gründen als sinnlos erweist. Der Maklerkunde entscheidet in alleiniger Verantwortung, wie und in welcher Weise er sich vertraglich binden will. Für die Sinnhaftigkeit dieser Entscheidung ist der Makler nicht verantwortlich. Dasselbe gilt für den Fall, dass der Vertragspartner des Maklerkunden seine Pflichten aus dem Hauptvertrag nicht oder nicht vollständig erfüllt. Insbesondere kann sich der Maklerkunde im Hinblick auf den Provisionsanspruch des Maklers nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen, wenn sich seine Erwartungen nicht erfüllen. Die Tatsache, dass der Maklerkunde das von ihm mit dem Abschluss des vermittelten oder nachgewiesenen Vertrages erstrebte Ziel erreicht, ist nämlich im Allgemeinen nicht Geschäftsgrundlage des Maklervertrages. Für den Makler ist das Erreichen dieses Ziels ohne Bedeutung, sein Geschäftswille beruht hierauf regelmäßig nicht (BGH NJW-RR 2005, 1506).

In dem entschiedenen Fall hatte der Makler seinem Kunden Räume zum Betrieb einer Tierarztpraxis nachgewiesen bzw. vermittelt. Der Mietvertrag wurde abgeschlossen. Später wurden die Räume nicht fertig gestellt, so dass sie als Tierarztpraxis nicht genutzt werden konnten. Der Maklerkunde war deshalb der Auffassung, seine Provision zurückverlangen zu können, weil der beabsichtigte Vertragszweck nicht erreicht werden konnte.

Landgericht und Oberlandesgericht München gaben dem Maklerkunden recht und verurteilten den Makler zur Rückzahlung der Provision. Der Bundesgerichtshof teilte diese Auffassung nicht und hob die Entscheidung aus den dargelegten Gründen auf.

Der Makler verdient seine Provision somit in der Regel allein mit dem Abschluss des Hauptvertrages, der aufgrund seiner Tätigkeit zustande kommt. Ob sein Kunde mit dem Vertrag den angestrebten wirtschaftlichen Zweck erreicht, ist für die Maklerprovision grundsätzlich ohne Bedeutung. Dasselbe gilt für die Vollziehung des Vertrages.

Allerdings ist der Makler stets gut beraten, wenn er bei seiner Tätigkeit die ihm bekannten Interessen seines Kunden berücksichtigt und diesen Interessen Rechnung trägt. Weiss der Makler beispielsweise positiv, dass sein Kunde mit dem angestrebten Vertrag seine Interessen gar nicht verwirklichen kann und unterlässt er eine Aufklärung hierüber, um seinen Provisionsanspruch nicht zu gefährden, verletzt er seine vertraglichen Pflichten. Der Makler tut sich auch keinen Gefallen damit, wenn er seinem Kunden die positive Kenntnis darüber, dass der potentielle Vertragspartner diesem falsche Informationen erteilt hat, verschweigt. Für diesen Fall wäre der Hauptvertrag anfechtbar. Macht der Kunde von der Anfechtungsmöglichkeit Gebrauch, verliert der Makler auch seinen Provisionsanspruch. Zusätzlich könnte er sich schadenersatzpflichtig machen.

Es ist deshalb wie immer: Der Makler sollte seinen Kunden umfassend und sachlich zutreffend informieren. Er sollte ihn auch auf alle Bedenken hinweisen, die sein Kunde möglicherweise übersehen hat.

Autor: Wolfgang Lehner, AIZ Das Immobilienmagazin 7-8/2006, S. 46

Nur eine trügerische Sicherheit?

Die erfolgreiche Tätigkeit des Maklers endet stets mit seiner Rechnung. Wer auf der sicheren Seite sein will, wird immer darauf achten, dass der spätere Provisionsanspruch spätestens mit Aufnahme der Maklertätigkeit durch eine vertragliche Vereinbarung abgesichert ist. Es ist inzwischen Allgemeingut, dass der Makler von seinem Kunden Provision nur und ausschließlich dann verlangen kann, wenn er dies zuvor ausdrücklich vereinbart hat.

Eine solche Vereinbarung kann schriftlich, mündlich oder auch konkludent abgeschlossen werden. Schon aus Gründen der späteren Beweisbarkeit bietet sich natürlich eine schriftliche Vereinbarung an. Zusätzlich zur Provisionsvereinbarung sichern viele Makler ihren Provisionsanspruch durch eine so genannte Maklerklausel im notariellen Kaufvertrag ab. Liegt sowohl eine wirksame Provisionsvereinbarung vor und enthält der notarielle Kaufvertrag zudem eine Maklerklausel, die aufgrund ihrer Formulierung einen so genannten Vertrag zugunsten Dritter darstellt, hat der Makler für seine Provision zwei Anspruchsgrundlagen: Zum einen den Maklervertrag (Provisionsvereinbarung), zum anderen die Maklerklausel im notariellen Vertrag, die ihm einen selbständigen Anspruch gewährt.

Kann der Makler beispielsweise die mündlich getroffene Provisionsvereinbarung im Streitfall nicht beweisen, kann er seinen Provisionsanspruch auf die Maklerklausel stützen. Die doppelte Absicherung ist somit wichtig. Sie kann im Streitfall über die Durchsetzung des Provisionsanspruchs entscheiden. Wer sich allerdings ausschließlich auf die Maklerklausel verlässt, ohne – zusätzlich – einen unmittelbaren Maklervertrag mit seinem Kunden abzuschließen, begibt sich auf unsicheres Terrain: Fraglich ist nämlich, was mit dem Provisionsanspruch aus der Maklerklausel passiert, wenn die Parteien des notariellen Kaufvertrages diesen Vertrag nachträglich ändern oder gar aufheben.

Mit der Aufhebung des Notarvertrages fällt auch die Maklerklausel weg, die zuvor selbständige Anspruchsgrundlage für den Provisionsanspruch des Maklers war. Welche Konsequenzen hat dies für den Provisionsanspruch? Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält hierzu eine entsprechende Regelung in § 328 Abs. 2 BGB. Danach soll es, sofern keine konkrete Vereinbarung getroffen wurde, für die Frage, ob der Provisionsanspruch in diesem Fall bestehen bleibt, darauf ankommen, ob sich die Parteien des Kaufvertrages gegenüber dem Makler das Recht vorbehalten wollten, dessen Provisionsanspruch nachträglich zu ändern oder aufzuheben.

Steht den Kaufvertragsparteien dieses Recht zu, könnten sie nachträglich – ohne Beteiligung des Maklers – die Maklerklausel aufheben und damit die Anspruchsgrundlage für den Provisionsanspruch beseitigen. Die Folge wäre, dass der Makler die bereits erhaltene Provision mangels Rechtsgrund zurückzahlen müsste, ein ebenso bitteres wie ungerechtes Ergebnis. Mit der Frage, ob die Parteien des Kaufvertrages den Provisionsanspruch des Maklers – ohne dessen Beteiligung – nachträglich beseitigen können, haben sich in jüngster Zeit mehrere Gerichte – mit widersprechenden Ergebnissen – beschäftigt:

In seinem Urteil vom 12.02.2003 hatte das Landgericht Heidelberg die Auffassung vertreten, dass die Kaufvertragsparteien das dem Makler einmal eingeräumte Recht auf Provisionszahlung nicht nachträglich durch Aufhebung der Maklerklausel oder des ganzen Vertrages wieder nehmen könnten.

Die gesetzliche Regelung sei dahingehend auszulegen, dass die Kaufvertragsparteien ohne Beteiligung des Maklers zur Änderung oder gar Aufhebung der Maklerklausel nicht befugt seien. Das Gericht verurteilte den Kunden zur Zahlung der Provision. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat auf die Berufung des Maklerkunden dieses Urteil aufgehoben und die Klage des Immobilienmaklers auf Zahlung der Provision abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass durch die nachträgliche Aufhebung des Kaufvertrages auch die Maklerklausel und damit der Rechtsgrund für die Provision weggefallen sei.

Der notarielle Vertrag so auszulegen, dass sich die Kaufvertragsparteien das Recht vorbehalten hätten, den Vertrag nachträglich wieder aufzuheben und damit auch die Maklerklausel ohne Zustimmung des Maklers zu beseitigen.

Gegen dieses Urteil hat der Makler Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt. Der Bundesgerichtshof wird somit in letzter Instanz eine Klärung dieser strittigen Frage herbeiführen (wir werden berichten). Bis eine Entscheidung des BGH ergeht, kann allerdings noch viel Zeit vergehen.

Angesichts der uneinheitlichen Rechtsprechung empfiehlt es sich deshalb in jedem Fall, neben der Absicherung der Provision im Wege der Vereinbarung einer Maklerklausel einen direkten Maklervertrag mit dem Kunden abzuschließen.

In diesem Fall behält der Makler seinen Provisionsanspruch auch dann, wenn die Maklerklausel durch Aufhebung des Kaufvertrages oder durch dessen Änderung nachträglich wegfällt.

Wer die Entscheidungen im Original lesen möchte, kann sie unmittelbar beim Verfasser anfordern.

Praxistipp: Wegen sich widersprechender Gerichtsurteile wird derzeit dringend davon abgeraten, einen Provisionsanspruch ausschließlich durch eine so genannte Maklerklausel im notariellen Kaufvertrag zu sichern. Es ist in jedem Fall erforderlich, zusätzlich einen Maklervertrag mit den Kunden abzuschließen.

Autor: Wolfgang Lehner, AIZ Das Immobilienmagazin 1-2/2006, S. 38

Nicht selten versuchen Verkäufer und Käufer einer Immobilie gemeinsame Sache zu machen und „am Makler vorbei“ einen notariellen Kaufvertrag abzuschließen, obwohl beide sehr wohl die entsprechende Dienstleistung des Maklers in Anspruch genommen haben. In diesem Fall hat es der Makler schwer, wenn er nachweisen will, wer die Immobilie, die er einmal im Angebot hatte, gekauft hat und zu welchem Kaufpreis sie veräußert wurde.

Das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) befasste sich mit einem solchen Fall (AZ: 3b C 288/05), bei dem sich der Käufer weigerte, dem Makler den Kaufpreis zu nennen, obwohl der Makler die Immobilien nachgewiesen und mit dem Interessenten einen wirksamen Maklervertrag geschlossen hatte. Der Richter sprach dem Makler daraus einen Auskunftsanspruch zu: entsprechend ist der Käufer verpflichtet, den Kaufpreis zu benennen, damit der Makler darauf seine Provision ermitteln und in Rechnung stellen kann. Dieses Verhalten maßregelte das Gericht und bürdete dem Käufer zudem die Prozesskosten auf.

Wer einem solchen Streitfall aus dem Weg gehen will, der sollte sich im Maklervertrag bereits das Recht einräumen lassen, Einsicht ins Grundbuch nehmen zu dürfen. Denn ist dies der Fall, dann kann der Makler nicht nur im Vorfeld (bei der Erstellung des Exposés) das Grundbuch einsehen, sondern auch im Nachhinein prüfen, ob eine Immobilie, für die er einen Maklerauftrag hatte, den Besitzer wechselte und ob er dem Käufer das Objekt nachgewiesen hat.

Es reicht beispielsweise, im Maklervertrag folgenden Satz zu schreiben: „Der Makler ist berechtigt, alle für die Erledigung seines Auftrags notwendigen Informationen einzuholen, einschließlich der Einsichtnahme ins Grundbuch“.

Möglicherweise ist dieser Hinweis gar nicht mehr allzu lange notwendig. Denn verschiedene Landesregierungen arbeiten an Verwaltungsformen und planen, alle Register über Internet öffentlich für jedermann zugänglich zu machen. Darunter könnte auch das Grundbuchamt fallen. In Rheinland-Pfalz beispielsweise sind bereits die Handelsregister frei zugänglich.

Aber bis es soweit ist, muss man als Vermittler eine entsprechende Erlaubnis zur Einsichtnahme von seinem Maklerkunden einholen.

Autor: Wolfgang Lehner, IMMO-Professional, 1/06, S. 51

Wer eine Neubau-Eigentumswohnung erwirbt, richtet sein Augenmerk zumeist ausschließlich auf seine eigenen vier Wände. Die Bauausführung, die Umsetzung der Sonderwünsche und die abschließende Abnahme werden zumeist professionell begleitet und kontrolliert, nicht selten wird ein externer Architekt hinzugezogen. Beim Gemeinschaftseigentum hingegen wird die Bauabnahme oft stiefmütterlich behandelt, mit möglicherweise schwerwiegenden Konsequenzen.

Mit dem Kauf einer Wohnung wird nämlich nicht nur das Sondereigentum erworben. Zu jeder Wohnung gehört auch ein entsprechender Anteil am Gemeinschaftseigentum. Bei der Bauabnahme dieser Flächen sind die Käufer zumeist mit weniger Tatkraft bei der Sache. Hinzu kommt, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, die Abnahme des Gemeinschaftseigentums vertraglich zu fixieren. Wer eine Wohnung kauft, sollte im Bauträgervertrag nachlesen, wie die bauliche Abnahme des Gemeinschaftseigentums geregelt ist. Gegebenenfalls sollte der vermittelnde Makler seinen Käuferkunden darauf hinweisen.

Dies kann zum einen die Gemeinschaft als Ganzes sein. Zumeist aber setzt der Bauträger bereits vor der Baufertigstellung einen Verwalter ein, dem bereits im Bauträgervertrag die Abnahme des Gemeinschaftseigentums übertragen wurde. Dabei gilt seit 1. Juli 2007 (WEG-Reform) die Regel, dass der Verwaltervertrag nach drei Jahren automatisch endet, falls ihn die Gemeinschaft nicht verlängert. Der Grund: Verwalter, die vom Bauträger eingesetzt werden, ergreifen oft eher Partei für diesen als für die Gemeinschaft, die ihn bezahlt. In der Vergangenheit vertraten sie oftmals nicht effektiv genug die Interessen der Gemeinschaft gegenüber dem Bauträger. Im schlimmsten Fall verschleppten sie es, dass Mängel innerhalb der fünfjährigen Gewährleistungsfrist beseitigt wurden. Mit dieser Neuregelung soll erreicht werden, dass die Gemeinschaft beim Einsetzen eines anderen Verwalters noch zwei Jahre Zeit hat, Mängel fristgerecht beseitigen zu lassen.

Jeder einzelne Eigentümer kann Mängel anzeigen

Ist im Bauträgervertrag keine Regelung enthalten, dann ist zu beachten, dass die Gemeinschaft nicht mit einer Stimme sprechen muss: Theoretisch kann jeder einzelnen Wohnungsbesitzer separat beim Bauträger Mängel am Gemeinschaftseigentum rügen. So könnte es sein, dass bei einer fehlerhaft eingebauten Kellertür ein Eigentümer die Erneuerung fordert, ein anderer seinen Preisnachlass will und ein Dritter sich anderweitig mit dem Bauträger einigen möchte.

Es gibt nach wie vor keine gesetzliche Regelung, die dies in der Praxis unterbinden würde. Im schlimmsten Fall kann ein Eigentümer, wenn seine gerügten Mängel auch am Gemeinschaftseigentum nicht frist- und fachgerecht beseitigt werden, seinen Kaufvertrag rückabwickeln, dass heißt, seine gerade erworbene Wohnung wieder an den Bauträger zurückgeben und von diesem Schadenersatz verlangen (für Umzugs- und Kaufnebenkosten wie Maklerprovision, Notargebühr, Grunderwerbssteuer etc.).

Autor: Wolfgang Lehner, IMMO-Professional, 4/07, S. 38

1. Es kann für die Haftung eines am Zustandekommen eines Wohnungskaufvertrages mitwirkenden Dritten nicht dahinstehen, ob dieser im Verhältnis zum Käufer als Makler oder als Berater tätig geworden ist. *)

2. Handelt der Dritte als vom Verkäufer beauftragter Makler, ergeben sich daraus im Verhältnis zum Käufer keine Beratungspflichten. *)

KG, Urteil vom 19.04.2007 – 12 U 67/06

§ 652 BGB

Problem/Sachverhalt

Die Klägerin, Käuferin einer Eigentumswohnung, verlangt von dem Beklagten, einem Makler, Schadenersatz mit der Begründung, dieser habe sie hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit des Grunderwerbs falsch beraten. Das Landgericht lässt die Frage offen, ob zwischen den Parteien ein Anlagevermittlungs- oder Maklervertrag zustande gekommen ist. Jedenfalls sei zwischen den Parteien – gegebenenfalls konkludent – ein Auskunftsvertrag zustande gekommen. Hinsichtlich dieses Vertrages hafte der Beklagte aus positiver Vertragsverletzung, weil er die Klägerin hinsichtlich der zu erzielenden Rendite falsch beraten habe. Deshalb verurteilt das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von € 59.013,27. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das KG hebt das landgerichtliche Urteil auf und weist die Klage ab. Zur Prüfung des geltend gemachten Anspruchs wäre zunächst zu klären gewesen, ob zwischen den Parteien überhaupt ein Vertragsverhältnis zustande gekommen war. Diese Frage prüft das Kammergericht und kommt zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall war. Ansprüche aus Maklervertrag scheitern bereits daran, dass der Beklagte als Makler des Verkäufers tätig geworden war. Zwar obliegen dem Makler aus dem Maklervertrag Aufklärungspflichten. Diese Pflichten bestehen jedoch nur gegenüber seinem Auftraggeber. Um eigene Ansprüche geltend zu machen, hätte die Klägerin mit dem Beklagten ihrerseits einen Maklervertrag abschließen müssen. Im vorliegenden Fall fehlte es an einer solchen Doppeltätigkeit, so dass die Klägerin auch aus einem eigenen Maklervertrag keine Ansprüche gegen den Beklagten geltend machen konnte. Das KG verneint auch das Zustandekommen eines Anlagevermittlungsvertrages, in dessen Rahmen der Beklagte möglicherweise Aufklärungs- und Hinweispflichten verletzt hätte. Der Beklagte war somit lediglich verpflichtet, die Klägerin nicht bewusst über den Zustand und den Ertrag der Immobilie zu täuschen, sich mithin keiner unerlaubten Handlung oder eines sittenwidrigen Verhaltens schuldig zu machen.

Praxishinweis

Das KG bestätigt eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Vor der Geltendmachung vertraglicher Ansprüche ist zunächst zu prüfen, aus welchem Vertragsverhältnis sich solche Ansprüche ergeben können. Ansprüche aus dem Maklervertrag stehen nur dem Maklerkunden zu, also Verkäufer oder Kaufinteressent. Lediglich im Fall – zulässiger – Doppeltätigkeit können Verkäufer und Kaufinteressent eigene vertragliche Ansprüche geltend machen. Eine solche Doppeltätigkeit ist dem Makler grundsätzlich erlaubt, soweit er entweder für beide Seiten als Nachweismakler oder für eine Seite als Nachweis- und für die andere Partei als Vermittlungsmakler tätig wird. Über diese Frage wird jedoch in der Praxis häufig gestritten, so dass dem Makler in jedem Fall zu empfehlen ist, vertraglich ausdrücklich zu regeln, dass ihm eine Tätigkeit auch für die andere Seite des Hauptvertrages erlaubt ist. Zwar hält der BGH bei Immobiliengeschäften eine Tätigkeit des Maklers für beide Seiten unter den vorbeschriebenen Voraussetzungen auch dann für zulässig, wenn dem Maklerkunden die Doppeltätigkeit unbekannt gewesen ist (BGH NJW-RR 2003, 991). Da jedoch häufig die Grenze zwischen Nachweis- und Vermittlungstätigkeit verschwimmt, sollte der Makler eine klare vertragliche Regelung treffen.

*) = Leitsatz des Gerichts

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2007, 369

1. Bei Sanierungsarbeiten an Altbauten hat der Architekt seine Überwachung intensiv auszugestalten.

2. Die Tatsache, dass ein Baumangel vorliegt, rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme eines Überwachungsverschuldens des Architekten.

OLG Celle, Urteil vom 28.03.2007 – 7 U 188/06

HOAI § 15 Nr. 8

Problem/Sachverhalt

Der Auftraggeber beauftragte die Architekten mit der Planung und Überwachung von Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten an einem bereits vorhandenen Gebäude. Wegen nach Abschluss der Arbeiten auftretender Mängel im Bereich der Malerarbeiten und bei der Anbringung einer Nottreppe nimmt der Auftraggeber die Architekten wegen Verletzung ihrer Überwachungspflicht in Anspruch. Die Architekten wenden hiergegen ein, die Mängel seien an Gewerken aufgetreten, bei deren Ausführung es sich um handwerkliche Selbstverständlichkeiten handele, die ein Architekt nicht zu überwachen habe.

Entscheidung

Das Gericht differenziert die Haftung der Architekten: Hinsichtlich der Nottreppe bejaht es eine Verletzung der Überwachungspflicht. Hinsichtlich der Malerarbeiten lehnt es eine solche ab. Grundsätzlich hat der Architekt die von ihm vertraglich geschuldete Leistung den örtlichen Gegebenheiten und den einzelnen Gewerken anzupassen. Je schwieriger und gefahrenträchtiger diese Arbeiten sind, desto intensiver und umfangreicher muss seine Überwachungstätigkeit sein. Danach trifft den Architekten bei der Ausführung von Sanierungsarbeiten an Altbauten eine intensive Überwachungspflicht, da gerade bei der Ausführung dieser Arbeiten häufig Probleme auftreten können, die bei Beginn der Arbeiten nicht vorhersehbar waren. Es gilt zwar der Grundsatz, dass eine Überwachungspflicht in Bezug auf handwerkliche Selbstverständ-lichkeiten nicht besteht. Bei Arbeiten am Altbestand kann sich jedoch gleichwohl auch insoweit eine gesteigerte Überwachungspflicht ergeben. Im vorliegenden Fall hatten die Architekten mit dem Maler vor Ausführung der Arbeiten eine Begehung der Räume vorge-nommen, sich vor Ort entsprechend den Verpflichtungen, die eine Altbausanierung mit ich bringt, informiert und die Planung mit dem zuständigen Handwerker auf die örtlichen Gegebenheiten abgestimmt. Eine weitergehende Pflicht traf sie nicht. Die daraufhin auszuführenden Arbeiten und die Wahl der richtigen Grundierung unterliegen der speziellen handwerklichen Sachkunde des Malers. Eine Überwachung durch die Architekten war hierbei nicht erforderlich. Anders hinsichtlich der Nottreppe: Insoweit erforderten die durchzuführenden Arbeiten eine besondere Überwachung seitens der Architekten. Durch die Anschlüsse der Treppe an der Außenfassade musste die Fassadenabdichtung durchdrungen werden. Hierdurch entstand die Gefahr möglicher Feuchtigkeitsschäden. Da es sich hierbei um schwierige und gefahrenträchtige Arbeiten handelte, hätten die Architekten diese Arbeiten besonders überwachen müssen. Allerdings bedarf es in jedem Fall der zusätzlichen Feststellung, dass die Mangelhaftigkeit der Werkleistung auf der unterbliebenen Überwachung durch den Architekten beruht. Die Tatsache allein, dass ein Baumangel vorliegt, rechtfertigt für sich genommen nicht bereits die Annahme eines Überwachungsverschuldens des Architekten.

Praxishinweis

Ob den Architekten eine Überwachungspflicht trifft, hängt häufig von den Besonderheiten des Einzelfalles ab. Die Rechtsprechung hat hierzu griffige Kriterien entwickelt. Bei Arbeiten am Altbestand liegt in der Regel eine gesteigerte Überwachungspflicht vor, weil – anders als beim Neubau – häufig nicht vorhersehbare Probleme auftreten können , die ein Eingreifen des Architekten erfordern.

Autor: Wolfgang Lehner, IBR 2007, 691

1. Dass die wirtschaftlichen Folgen eines Kaufs der Erwartung des Käufers nicht entsprechen, führt allein nicht zu einem Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Rückabwicklung des Vertrages. *)

2. Ein Anspruch wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten oder wegen Verletzung von Pflichten aus einem selbständigen Beratungsvertrag kann auf die Freistellung von den Pflichten aus dem Kaufvertrag gegen Rückübertragung des Kaufgegenstands gerichtet werden, wenn dem Käufer durch die Pflichtverletzung ein Vermögensschaden entstanden ist. *)

BGH, Urteil vom 30.03.2007 – V ZR 89/06

BGB §§ 433, 675

Problem/Sachverhalt

Der Kläger erwarb von der Beklagten eine Eigentumswohnung. Er begehrt die Rückabwicklung des Kaufvertrages mit der Begründung, die Beklagte habe ihn dadurch zum Vertragsabschluss veranlasst, dass sie ihm eine Modellrechnung vorgelegt hätte, nach welcher er ohne Einsatz von Eigenkapital die Wohnung nach Steuern mit einer monatlichen Belastung von weniger als DM 50,00 hätte erwerben können. Tatsächlich sei seine laufende Belastung weit höher. Das Landgericht hat die Behauptung einer fehlerhaften Darstellung der monatlichen Belastung des Klägers für nicht erwiesen erachtet und die Klage abgewiesen. Das OLG Dresden hat ihr im Wesentlichen stattgegeben. Der Kläger habe die Wohnung in der Erwartung erworben, hierfür weniger als DM 50,00 pro Monat aufwenden zu müssen. Diese Erwartung sei unzutreffend gewesen. Dass ein Betrag von weniger als DM 50,00 pro Monat zur Finanzierung nicht ausreiche, habe die Beklagte gewusst. Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Revision.

Entscheidung

Mit Erfolg! Der BGH hebt das Urteil des OLG auf. Es fehle bereits an Feststellungen zu einem Haftungstatbestand, den das OLG zudem noch nicht einmal konkret benennt. Dass die wirtschaftlichen Folgen eines Kaufs der Erwartung des Käufers nicht entsprechen, führt allein nicht zu einem Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Rückabwicklung des Vertrages (Münchener Kommentar BGB/Westermann, 3. Auflage, § 433 Rdn. 62; Staudinger/Köhler, BGB [1995] Rdn. 134). Eine unzutreffende Erwartung des Käufers führt nur dann zu einem Schadenersatzanspruch gegen den Verkäufer, wenn sie Folge einer unvollständigen oder fehlerhaften Beratung ist oder der Verkäufer die unzutreffende Erwartung des Käufers erkannt hat oder erkennen musste und es vorwerfbar unterlassen hat, den Irrtum des Käufers zu korrigieren. Ist dem Verkäufer die Unrichtigkeit seiner Angaben vorzuwerfen und erleidet der Käufer hierdurch einen Schaden, kann er wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten des Verkäufers als Ersatz die Freistellung von den Pflichten aus dem Kaufvertrag gegen Rückübertragung der verkauften Wohnung verlangen (BGH WM 2003, 1686; BGH WM 2004, 2349, 2350). Der Schaden des Käufers muss dabei nicht in einem Minderwert der Wohnung liegen. Für die Feststellung eines Schadens reicht es vielmehr aus, dass der Käufer durch den Abschluss des Kaufvertrages in seiner wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit nachhaltig beeinträchtigt wird.

Praxishinweis

Werden Eigentumswohnungen aufgrund einer Beratung über die wirtschaftlichen Folgen des Erwerbs, insbesondere unter Einsatz von Berechnungsbeispielen, die die Auswirkungen des Erwerbs auf das von dem Käufer zur Verfügung stehende Einkommen unter Berücksichtigung steuerlicher Umstände zum Gegenstand haben, vertrieben, kann eine Verantwortlichkeit des Verkäufers gegenüber dem Käufer nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen in Betracht kommen. Eine Haftung kann sich auch aus einem neben dem Kaufvertrag abgeschlossenen Beratungsvertrag ergeben (BGHZ 140, 111, 115; BGHZ 156, 371, 374).

*) = Leitsatz des Gerichts

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2008, 31

1. Bei der Frage, ob ein Hauptvertrag von einem Maklervertrag erfasst ist, kommt es grundsätzlich auf das wirtschaftliche Ziel des Auftraggebers an. *)

2. Es gibt keine Vermutung, dass die Vermittlungstätigkeit auch für den späteren Hauptvertrag ursächlich wurde. Eine solche Vermutung ist anerkannt, wenn der Hauptvertrag in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang einer Vermittlungstätigkeit steht. *)

OLG Frankfurt, Urteil vom 30.10.2007 – 5 U 101/06

§ 652 BGB

Problem/Sachverhalt

Für die erfolgreiche Vermittlung eines Vertragsabschlusses verlangt ein Makler von der Verkäuferin eine Provision in Höhe von € 977.600,00. Zur Begründung beruft er sich auf eine mit der Verkäuferin abgeschlossene „Honorarvereinbarung“. Darin sei ihm eine Provision für seine „Bemühungen beim Zustandekommen des Kaufvertrages“ versprochen worden. Das Landgericht hat die Klage bereits als unschlüssig abgewiesen. Es ist der Auffassung, dass die „Honorar-vereinbarung“ den später abgeschlossenen Kaufvertrag nicht umfasst habe. Zudem habe der Kläger die Voraussetzungen der von ihm behaupteten Vermittlungstätigkeit nicht ausreichend vorgetragen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das OLG stellt zunächst fest, dass kein sog. selbständiges Provisions-versprechen vorliegt. Ein Provisionsanspruch steht dem Kläger deshalb nur zu, wenn die Voraussetzungen des § 652 BGB vorliegen. Dies verneint das Oberlandesgericht aus mehreren Gründen: Voraussetzung für die Entstehung des Provisionsanspruchs ist die Erbringung einer Maklertätigkeit. Da eine Nachweistätigkeit im vorliegenden Fall ausschied (die Vertragsgelegenheit war bereits bekannt), kam nur eine Vermittlungstätigkeit in Betracht. Hierzu reicht es nicht aus, dass der Makler auf seinen eigenen Auftraggeber einwirkt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Makler bewusst und aktiv auf die Willensentschließung des Vertragspartners seines Auftraggebers einwirkt. Vermittlungs-tätigkeit in diesem Sinne ist die bewusste finale Herbeiführung der Abschlussbereitschaft des Vertragspartners des Auftraggebers. Eine solche Tätigkeit hatte der Makler nicht dargelegt. Es fehlt deshalb an einer für die Entstehung des Provisionsanspruchs erforderlichen Maklertätigkeit. Unabhängig davon scheitert der Provisionsanspruch auch daran, dass der Makler nicht nachweisen konnte, dass seine Tätigkeit für den späteren Abschluss des Hauptvertrages ursächlich war. Zwischen der Tätigkeit des Maklers und dem Abschluss des Hauptvertrages lag ein Zeitraum von fast einem Jahr. Das OLG stellt – zutreffend – fest, dass es für diesen Fall eine Kausalitätsvermutung zwischen Maklertätigkeit und Abschluss des Hauptvertrages nicht gibt. Schließlich scheitert der Provisionsanspruch auch an der fehlenden wirtschaftlichen Gleichwertigkeit zwischen dem nach dem Maklervertrag beabsichtigten und dem schließlich zustande gekommenen Hauptvertrag. Die Vertragsgelegenheit, mit dessen Vermittlung der Makler beauftragt worden war, entsprach nicht dem später tatsächlich abgeschlossenen Vertrag.

Praxishinweis

Der Makler hat so ziemlich alles falsch gemacht: Es fehlte bereits an einer klaren Provisionsvereinbarung. Zudem war dem Makler nicht bewusst, welche Voraussetzungen er erfüllen musste, um eine provisionsauslösende Vermittlungstätigkeit zu entfalten. Ferner konnte er nicht nachweisen, dass der später abgeschlossene Vertrag auf seiner Vermittlungstätigkeit beruhte. Eine tatsächliche Kausalitätsvermutung besteht nur dann, wenn der Abschluss des Hauptvertrages der Maklertätigkeit in angemessener Zeit folgt. Durch die ungeschickte Formulierung des Maklervertrages hat der Makler schließlich erreicht, dass es an der wirtschaftlichen Identität zwischen dem Gegenstand des Maklervertrages und dem letztlich abgeschlossenen Vertrag fehlte.

*) = Leitsatz des Gerichts

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2008, 68

Der Abruf öffentlicher Fördermittel sowie die Kontrolle der fristgerechten Verwendung abgerufener Fördermittel ist nicht Bestandteil der Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 HOAI.

LG Meiningen, Urteil vom 13.12.2007 – 1 O 415/07 (145) (rechtskräftig) § 15 HOAI

Problem/Sachverhalt

Für die Errichtung eines Altenpflegeheimes waren der Bauherrin öffentliche Fördermittel in einer Gesamthöhe von 2,58 Millionen Euro bewilligt worden. Nach den Förderrichtlinien durfte die Zuwendung nur insoweit und nicht eher angefordert werden, als sie innerhalb von zwei Monaten nach der Auszahlung für fällige Zahlungen benötigt wurde. Tatsächlich wurde ein Teil der abgerufenen und geleisteten Fördermittel nicht innerhalb dieser Frist ausbezahlt. Mit Bescheid des Freistaates Thüringen vom 10.07.2006 wurden deshalb gegen die Bauherrin Zinsen in einer Gesamthöhe von € 43.694,80 festgesetzt. Die Bauherrin zahlte diesen Betrag und verlangte sodann von den Architekten Schadenersatz in entsprechender Höhe wegen positiver Forderungsverletzung des Architektenvertrages. Im Rahmen des Architektenvertrages, insbesondere der Leistungsphase 8, sei es Aufgabe der Architekten gewesen, die Fördermittel abzurufen und innerhalb der Zweimonatsfrist zur Auszahlung an die jeweiligen Werkunternehmer freizugeben. Fördermittel seien teilweise zu früh abgerufen worden, weshalb sie nicht innerhalb der vorgesehenen Frist hätten ausbezahlt werden können. Die Architekten wenden hiergegen ein, wann die Klägerin welche Fördermittel abgerufen und wann sie auf welche Rechnungen Zahlungen geleistet habe, sei alleine deren Sache gewesen. Eine diesbezügliche Kontrollpflicht habe man nicht übernommen. Die Bauherrin erhebt Klage auf Zahlung von € 43.694,80.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Mit – inzwischen rechtskräftigem – Urteil weist das Landgericht die Klage ab. Der Klägerin steht weder ein Anspruch aus § 635 BGB a. F. noch aus positiver Forderungsverletzung des Architektenvertrages zu. Abruf und Kontrolle der fristgerechten Verwendung der abgerufenen Fördermittel seien nicht Vertragsbestandteil gewesen. Die Parteien haben einen Architektenvertrag mit den Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 HOAI abgeschlossen. Eine solche Vereinbarung durch Bezugnahme auf Leistungsbilder oder Leistungsphasen der HOAI stellt für das Gericht eine Auslegungshilfe zur Bestimmung der vertraglich geschuldeten Leistungen dar (BGH IBR 2007, 564). Der Abruf von Fördermitteln sowie die Kontrolle der fristgerechten Verwendung der abgerufenen Fördermittel ist nicht Bestandteil der Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 HOAI. Vielmehr gehören sie allenfalls zum Leistungsbild der Projektsteuerung (§ 31 HOAI). Hiermit war die Beklagte jedoch nicht beauftragt. Der Abruf der Fördermittel und die Kontrolle ihrer fristgerechten Verwendung oblag mangels ausdrücklich anderweitigen Vereinbarung der Klägerin als Bauherrin und Auftraggeberin. Sie hat den Fördermittelbescheid mit den entsprechenden Richtlinien und Bestimmungen erhalten. Sie hatte Kenntnis von den zu beachtenden Auszahlungsfristen. Den Beklagten oblag gegenüber der Klägerin auch keine Hinweispflicht dahingehend, dass die abgerufenen Fördermittel nicht innerhalb der Zweimonatsfrist verwendet wurden.

Praxishinweis

Wenn die Überwachung der Förderrichtlinien nach Auffassung des Landgerichts auch nicht zu den Grundleistungen des § 15 HOAI gehört, ist doch eine abweichende Vereinbarung möglich. Eine solche hatte die Auftraggeberin im entschiedenen Fall behauptet, aber nicht beweisen können. Übernimmt der Architekt zusätzliche Aufgaben im Hinblick auf die Verwendung von Fördermitteln, ist in jedem Fall darauf zu achten, dass hierdurch keine selbständigen Kontrollpflichten begründet werden. Anderenfalls muss der Architekt die fristgerechte Mittelverwendung überwachen.

Autor: Wolfgang Lehner, IBR 2008, 168

Warum es sinnvoll ist, sich aus- und fortzubilden

Für einen erfolgreichen Makler ist ein guter Ruf unverzichtbar. Wer sich am Markt behaupten will, muss seinem Auftraggeber eine fundierte Dienstleistung erbringen. Hierzu ist umfangreiches Fachwissen erforderlich. Die IVD-Standesregeln betonen deshalb ausdrücklich die Pflicht eines jeden Verbandsmitgliedes, „sich ständig fachlich fort- und weiterzubilden und stets aktuelles Fachwissen seinen Kunden gegenüber bereitzuhalten“.

Mit Recht! Nur wer sich permanent und umfassend über alle Gegebenheiten wirtschaftlicher und rechtlicher Natur für die Ausübung seines Berufes informiert, kann auf Dauer im täglichen Wettbewerb bestehen.

Fortbildung nutzt aber auch ganz eigenen Interessen: Nur wer weiß, welche Voraussetzungen für die Entstehung eines Provisionsanspruchs vorliegen müssen, kann seinen Anspruch im Einzelfall wirksam absichern. Wer dies nicht wirklich weiß, läuft Gefahr, am Ende leer auszugehen.

So ging es einem Makler, mit dessen – vermeintlichem – Provisionsanspruch sich das Oberlandesgericht Frankfurt in seinem Urteil vom 30.10.2007 befassen musste (OLG Frankfurt 5 U 101/06, ibr-online: IMR-Werkstatt). Der Fall ist schnell erzählt:

Für die erfolgreiche Vermittlung eines Vertragsschlusses verlangt ein Makler von der Verkäuferin eine Provision in Höhe von immerhin € 977.600,00 (!). Zur Begründung beruft er sich auf eine mit der Verkäuferin abgeschlossene „Honorarvereinbarung“. Darin sei ihm eine Provision für seine „Bemühungen beim Zustandekommen des Kaufvertrages“ versprochen worden. Das Landgericht hatte die Klage in erster Instanz bereits als unschlüssig abgewiesen. Es war der Auffassung, dass die „Honorarvereinbarung“ den später abgeschlossenen Kaufvertrag nicht umfasst habe. Zudem habe der Makler die Voraussetzungen der von ihm behaupteten Vermittlungstätigkeit nicht ausreichend vorgetragen. Gegen dieses Urteil wandte sich der Makler mit der Berufung.

Ohne Erfolg! Das Oberlandesgericht stellte zunächst fest, dass kein sog. selbständiges Provisionsversprechen vorliege. Ein Provisionsanspruch stehe dem Makler deshalb nur zu, wenn die allgemeinen Voraussetzungen des § 652 BGB vorlägen. Dies verneinte das Oberlandesgericht aus mehreren Gründen:

Voraussetzung für die Entstehung eines Provisionsanspruchs sei zunächst die Erbringung einer Maklertätigkeit. Da eine Nachweistätigkeit im vorliegenden Fall ausschied (die Vertragsgelegenheit war dem späteren Käufer bereits bekannt) kam nur eine Vermittlungstätigkeit in Betracht. Hierzu reicht es nicht aus, dass der Makler auf seinen eigenen Auftraggeber einwirkt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Makler bewusst und aktiv auf die Willensentschließung des Vertragspartners seines Auftraggebers einwirkt.

Eine solche Tätigkeit hatte der Makler nicht dargelegt. Es fehlte deshalb bereits an einer für die Entstehung des Provisionsanspruchs erforderlichen Maklertätigkeit.

Unabhängig davon scheiterte der Provisionsanspruch auch daran, dass der Makler nicht nachweisen konnte, dass seine Tätigkeit für den späteren Abschluss des Hauptvertrages ursächlich war. Zwischen der Tätigkeit des Maklers und dem Abschluss des Hauptvertrages lag ein Zeitraum von fast einem Jahr. Das OLG stellte – zutreffend – fest, dass es für diesen Fall eine Kausalitätsvermutung zwischen Maklertätigkeit und Abschluss des Hauptvertrages nicht gibt. Der Makler hätte also die Kausalität vortragen und beweisen müssen – was er nicht tat.

Schließlich scheiterte der Provisionsanspruch auch an der fehlenden wirtschaftlichen Gleichwertigkeit zwischen dem nach dem Maklervertrag beabsichtigten und dem tatsächlich zustande gekommenen Hauptvertrag. Die Vertragsgelegenheit, mit dessen Vermittlung der Makler beauftragt worden war, entsprach nicht dem später tatsächlich abgeschlossenen Vertrag.

Der Makler hat so ziemlich alles falsch gemacht: Es fehlte bereits an einer klaren Provisionsvereinbarung. Zudem war dem Makler nicht bewusst, welche Voraussetzungen er erfüllen musste, um eine provisionsauslösende Vermittlungstätigkeit zu erbringen. Ferner konnte er nicht nachweisen, dass der später abgeschlossene Vertrag auf seiner Vermittlungstätigkeit beruhte (Kausalität). Eine tatsächliche Kausalitätsvermutung besteht nur dann, wenn der Abschluss des Hauptvertrages der Maklertätigkeit in angemessener Zeit folgt.

Durch die ungeschickte Formulierung des Maklervertrages hat der Makler schließlich erreicht, dass es an der wirtschaftlichen Identität zwischen dem Gegenstand des Maklervertrages und dem letztlich abgeschlossenen Vertrag fehlte.

So kann es gehen: Aufgrund zahlreicher Fehler hat der Makler für seine Tätigkeit nicht nur nichts bekommen. Er muss auch noch die gesamten Prozesskosten beider Instanzen tragen, was bei diesem Streitwert seinen wirtschaftlichen Ruin bedeuten kann. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt spricht einiges dafür, dass der Prozess anders gelaufen wäre, hätte der Makler gewusst, welche Voraussetzungen er für die Entstehung – und Durchsetzung – seines Provisionsanspruchs hätte schaffen und beweiskräftig sichern müssen.

Autor: Wolfgang Lehner, AIZ Das Immobilienmagazin 2/08, S. 58

1. Bei der Rückforderung von Leistungen in Fällen eines formungültigen Grundstückskaufvertrages greift § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB ein. Dieser Rückforderungsanspruch ist gemäß § 815 BGB nur ausgeschlossen, wenn der Eintritt des bezweckten Erfolges von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewusst oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolges wider Treu und Glauben verändert hat.

2. Eine Provisionsbestimmung im Grundstückskaufvertrag zugunsten des Maklers ist unwirksam, wenn der Grundstückskaufvertrag wegen Formmangels des Schwarzkaufs anfänglich unwirksam war und nicht durch Vollziehung wirksam geworden ist.

OLG Koblenz, Urteil vom 18.06.2007 – 12 U 1799/05

Problem/Sachverhalt

Die Klägerin (Käuferin) schloss einen notariellen Kaufvertrag über ein Hausgrundstück zu einem beurkundeten Kaufpreis von € 165.000,00 ab. In Wirklichkeit betrug der Kaufpreis € 180.000,00. Der Differenzbetrag wurde nicht beurkundet, weil die Verkäuferin „aufgrund ihres Scheidungs-verfahrens nicht sämtliche Einnahmen offen legen“ wollte. Der Kaufvertrag enthielt eine sogenannte Maklerklausel. Danach verpflichteten sich beide Vertragsparteien, an den Makler eine Provision in Höhe von jeweils 3,48% zu bezahlen. Die Nichtbeurkundung des Differenzbetrages war dem Makler bekannt. Die Klägerin zahlte die vereinbarte Maklerprovision in Höhe von € 5.752,00. Der Eigentumswechsel wurde später nicht vollzogen, weil die Klägerin Finanzierungsprobleme hatte. Das Landgericht weist die auf Rückzahlung der Provision gerichtete Klage ab. Die Unwirksamkeit des Grundstückskaufvertrages berühre die Gültigkeit der Maklerklausel nicht. Die Gestaltung der Maklerklausel spreche gegen den Willen der Vertragsparteien, einen einheitlichen Vertrag zu schließen. Die Provision sei deshalb nicht ohne rechtlichen Grund geleistet worden. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das Oberlandesgericht hebt das Urteil auf und gibt der Klage statt. Der Rückforderungsanspruch ergibt sich aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB. § 815 BGB steht dem nicht entgegen. Die Parteien eines formnichtigen Grundstückskaufvertrages können sich grundsätzlich auf dessen Nichtigkeit berufen und den gezahlten Maklerlohn zurückfordern, ohne sich schon dadurch dem Vorwurf des treuwidrigen Handelns auszusetzen. Der Grundstückskaufvertrag ist zum Teil als Scheingeschäft (hinsichtlich des protokollierten Kaufpreises) und zum Teil als formunwirksames Geschäft (hinsichtlich des nicht protokollierten Kaufpreisteils) anfänglich unwirksam. Er ist auch mangels Vollziehung nicht wirksam geworden (§ 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Unwirksamkeit erfasst auch die Maklerklausel. Es handelt sich um ein einheitliches Vertragswerk. Den Parteien ging es um die Wirksamkeit des Grundstückskaufes. An einer Provisionszahlung auch im Falle der Unwirksamkeit des Grundstückskaufvertrages hatten sie kein Interesse, weshalb § 139 BGB anwendbar ist. Dem Rückforderungsanspruch der Klägerin stehen auch nicht §§ 814, 817 BGB entgegen.

Praxishinweis

Der Entscheidung ist, jedenfalls im Ergebnis, zuzustimmen. Richtig ist insbesondere, dass die Maklerklausel als Teil des Grundstückskaufvertrages von dessen Unwirksamkeit erfasst wird. Wird die Formunwirksamkeit – wie im vorliegenden Fall – nicht geheilt, ist der Vertrag von Anfang an nichtig (§ 125 BGB). Es fehlt damit an einer notwendigen Voraussetzung für die Entstehung des Provisionsanspruchs (Abschluss des Hauptvertrages). Dem Makler steht bereits deshalb ein Provisionsanspruch nicht zu. Auf die Wirksamkeit der Maklerklausel kommt es mithin im Ergebnis nicht an.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2008, 177

Aufgrund des Rechtsberatungsgesetzes von 1935 war es bisher ausschließlich der Rechtsanwaltschaft vorbehalten, in rechtlichen Angelegenheiten tätig zu werden. Allen anderen Berufsgruppen war dies untersagt. Verstöße hiergegen konnten als Ordnungswidrigkeiten geahndet und zivilrechtlich durch Unterlassungsverfahren verfolgt werden.

In der Vergangenheit hatte sich die strikte Handhabung dieses Gesetzes vielfach als unpraktikabel und störend erwiesen. In vielen Bereichen, in denen die Kundschaft eine Dienstleistung aus einer Hand erwartete, musste eine künstliche Aufspaltung erfolgen. Konsequenz waren nicht nur höhere Kosten, sondern auch die Unmöglichkeit einer einheitlichen Beratung.

Mit Recht heißt es hierzu in einer Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums: „Im heutigen Wirtschaftsleben bleibt kaum eine geschäftliche Tätigkeit ohne rechtliche Auswirkungen. Deshalb sollen Rechtsdienstleistungen, die lediglich Nebenleistungen darstellen, für alle unternehmerisch tätigen Personen zulässig sein“.

Rechtsdienstleistung darf nur Nebenleistung sein

So kann danach beispielsweise ein Immobilenmakler seinem Kunden, der eine selbst genutzte Immobilie erwerben möchte, darüber beraten, wie und unter welchen Voraussetzungen ein bestehendes Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs beendet werden kann. Immer muss es sich allerdings um eine Nebenleistung handeln, die nicht im Mittelpunkt des Leistungsangebotes stehen darf. Gleichzeitig muss ein innerer Zusammenhang zur Haupttätigkeit bestehen.

Aber Vorsicht: Nicht alles, was rechtlich erlaubt ist, sollte auch tatsächlich umgesetzt werden. Wer von einer Materie nichts oder nur wenig versteht, sollte keine rechtlichen Ratschläge erteilen, wenn er sich nicht einem unkalkulierbaren Haftungsrisiko aussetzen will.

Das neue Gesetz will auch keine umfassende Rechtsdienstleistungsbefugnis außerhalb der Rechtsanwaltschaft einführen. Wer außerhalb von Nebenleistungen rechtlich beraten will, muss weiterhin als Rechtsanwalt zugelassen sein. Rechtsdienstleistung ist dabei jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

Rechtsberatung ohne Entgelte

Daneben eröffnet das Gesetz weitere Möglichkeiten: Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen, sind künftig erlaubt.

Dies betrifft vor allem die Rechtsberatung durch karitative oder gemeinnützige Organisationen. Ferner dürfen nunmehr auch Vereine (z. B. Automobilclubs) ihre Mitglieder rechtlich beraten. Voraussetzung ist die Betreuung durch juristisch qualifizierte Mitarbeiter, bei denen es sich regelmäßig um Volljuristen handeln muss.

Die durch das Gesetz freigegebene Tätigkeit ist grundsätzlich auf den außergerichtlichen Bereich beschränkt. Das Gesetz tritt am 01.07.2008 in Kraft.

Autor: Wolfgang Lehner, DIE WIRTSCHAFT – Das Wirtschaftsmagazin der IHK Bonn/Rhein-Sieg 3/2008, Seite 26

1. Informiert der Verkäufer-Makler bei einer Besichtigung zwar den Kaufinteressenten über das Objekt und über die Person des Verkäufers, nicht jedoch den Verkäufer (seinen Auftraggeber) über die Person des Kaufinteressenten, hat er gegenüber dem Verkäufer keine Nachweisleistung erbracht.

2. Kauft nicht die nachgewiesene Interessentin, sondern deren Schwester das Objekt, erwirbt der Makler mangels Nachweisleistung keinen Provisionsanspruch gegen den Verkäufer.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.06.2007 – 15 U 60/05

§ 652 BGB

Problem/Sachverhalt

Die Klägerin (Maklerin) verlangt von dem Beklagten (Verkäufer) Maklerprovision. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Aufgrund eines wirksamen Maklervertrages habe die Klägerin dem Beklagten die spätere Käuferin nachgewiesen. Hierfür sei ausreichend, dass die spätere Käuferin bei einer Hausbesichtigung anwesend gewesen sei. Soweit sich der Beklagte darauf berufe, die Käuferin sei nicht in der ihm von der Klägerin übergebenen „Interessentenliste“ aufgeführt gewesen, sei dies als treuwidrig anzusehen. Denn bei der aufgeführten Person habe es sich um die Schwester der Käuferin gehandelt. Zwischen Geschwistern bestünde eine enge persönliche Beziehung, so dass die Personenverschiedenheit ohne Bedeutung sei. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Die Klägerin habe ihm mit der Übergabe der Interessentenliste die Schwester der Klägerin nachgewiesen, nicht aber diese selbst. Es fehle deshalb an einem Nachweis.

Entscheidung

Das OLG hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Klage ab. Es fehle an einer hinreichenden Nachweistätigkeit. Der Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages setze grundsätzlich voraus, dass der Makler seinem Auftraggeber (hier: dem Verkäufer) alle Informationen mitteilt, die diesen in die Lage versetzen, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten. Dazu gehöre insbesondere die Benennung eines konkreten Vertragspartners. Hieran fehle es im vorliegenden Fall. Die Klägerin habe dem Beklagten durch Übergabe der „Interessentenliste“ die Schwester der späteren Käuferin benannt, nicht aber diese selbst. Dies reiche nicht aus.

Ein Provisionsanspruch stünde der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt der „wirtschaftlichen Identität“ zu. Dieser Gesichtspunkt spiele im vorliegenden Fall keine Rolle. In einem Fall der vorliegenden Art sei für den Maklerkunden (Verkäufer) der Vertragsabschluss mit jedem Bewerber, der bereit und in der Lage sei, den geforderten Kaufpreis zu zahlen, wirtschaftlich identisch. Da der Makler eine Provision aber nur für diejenigen Vertragsgelegenheiten beanspruchen kann, die er selbst tatsächlich nachgewiesen hat, kann eine „wirtschaftliche Identität“ in einem Fall der vorliegenden Art kein taugliches Abgrenzungskriterium für das Entstehen des Maklerlohns sein.

Praxishinweis

Der sehr sorgfältig begründeten Entscheidung ist in allen Punkten zuzustimmen. Es ist streng zu trennen zwischen Verkäufer- und Käuferprovisionsanspruch. Die Voraussetzungen der Provision müssen völlig selbständig und unabhängig voneinander für den jeweiligen Provisionsanspruch vorliegen. Im vorliegenden Fall hatte die Maklerin dem Verkäufer die spätere Käuferin – unstreitig – nicht nachgewiesen. Nachgewiesen worden war – durch Übergabe der Interessentenliste – die Schwester der späteren Käuferin. Mit Recht hat das OLG festgestellt, dass die Frage der „wirtschaftlichen Identität“ für den vorliegenden Fall kein taugliches Abgrenzungskriterium sein kann. Insgesamt eine lesenswerte Entscheidung, die sich mit zahlreichen grundsätzlichen Fragen der Entstehung des Maklerprovisionsanspruchs befasst.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2008, 255

Warum der Nachweismakler immer auch Vermittlungsmakler sein sollte – und umgekehrt

Streitet der Makler mit seinem Kunden über die Provision, geht es meistens darum, ob die Voraussetzungen für die geltend gemachte Nachweisprovision vorliegen. Der Kunde wendet Vorkenntnis ein, behauptet eine Unterbrechung der Kausalität oder bestreitet die Vollwertigkeit des Nachweises. Der Makler ist dann darum bemüht, diese Einwände zu entkräften, um seinen Provisionsanspruch zu retten.

Ganz selten geht es einmal um eine Vermittlungsprovision. Dies liegt offenbar daran, dass die Vermittlungsprovision und ihre Entstehungsvoraussetzungen weitgehend unbekannt sind. Ein bedauerlicher Umstand, ist doch der Vermittlungsprovisionsanspruch viel weniger angreifbar als der Nachweisprovisionsanspruch. Insbesondere der beliebte Vorkenntniseinwand kann dem Vermittlungsprovisionsanspruch nichts anhaben.

Woher stammen die beiden Provisionsarten?

Die zentrale maklerrechtliche Vorschrift findet sich in § 652 BGB. Sie nennt zwei unterschiedliche Tätigkeiten des Maklers: Den „Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages“ sowie die „Vermittlung eines Vertrages“. Beide Tätigkeiten lösen, wenn ihre jeweiligen Voraussetzungen vorliegen, einen Provisionsanspruch aus.

Die Voraussetzungen für die Entstehung des Nachweisprovisionsanspruchs sind in der Regel bekannt: Der Makler weist dem Kunden eine Vertragsgelegenheit nach. Dies kann sowohl im Verkäufer-, wie auch im Käuferauftrag geschehen. Je nach Beauftragung und Vereinbarung steht dem Makler eine Verkäufer- und/oder Käuferprovision zu, wenn der nachgewiesene Vertrag aufgrund seiner Nachweistätigkeit zustande kommt. Wendet der Kunde – begründet – Vorkenntnis ein oder behauptet er – begründet –, der ursprüngliche Nachweis sei nicht ursächlich für den Abschluss des nachgewiesenen Vertrages gewesen, kann der Nachweisprovisionsanspruch scheitern. Die Praxis zeigt, dass derartige Einwände heute nicht selten wider besseres Wissen mit der unlauteren Absicht erhoben werden, sich einem begründeten Provisionsanspruch zu entziehen.

Es ist deshalb sinnvoll, den Provisionsanspruch auf ein zweites Bein zu stellen: Die Vermittlungstätigkeit.

Was ist „Vermitteln“?

Die im Gesetz ausdrücklich als zweite Alternative der Maklertätigkeit aufgeführte „Vermittlung eines Vertrages“ führt in der Praxis ein stiefmütterliches Dasein. Völlig zu Unrecht! Denn die Vermittlungstätigkeit rettet sehr oft einen Anspruch des Maklers, der als Nachweisprovision nicht durchgesetzt werden kann.

In ständiger Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof den Begriff der Vermittlungstätigkeit definiert. Eine Vermittlungstätigkeit liegt vor, wenn der Makler auf den potentiellen Vertragspartner seines Kunden mit dem Ziel eines Vertragsabschlusses einwirkt. Vermittlungstätigkeit ist die bewusste finale Herbeiführung der Abschlussbereitschaft des Vertragspartners des zukünftigen Hauptvertrages.

Ganz wichtig: Es kommt nicht darauf an, ob der Makler auf seinen eigenen Kunden eingewirkt, etwa den Verkäufer dazu bewegt, den Kaufpreis zu reduzieren oder, falls der Kaufinteressent der Kunde ist, diesen davon überzeugt hat, den Kaufpreisvorstellungen des Verkäufers entgegenzukommen. Im Klartext: Ist der Makler vom Verkäufer beauftragt, muss er auf den Kaufinteressenten einwirken; ist er vom Kaufinteressenten beauftragt, muss der die Abschlussbereitschaft des Verkäufers fördern.

Ein Beispiel: Die Kaufpreisvorstellungen des Kaufinteressenten stimmen nicht mit denjenigen des Verkäufers überein. Der Kaufpreis ist ihm zu hoch. Der Verkäufer will mehr, als der Kaufinteressent zu zahlen bereit ist. Dem Makler des Kaufinteressenten gelingt es, den Verkäufer in Verhandlungen dazu zu bewegen, seinem Kunden durch eine Reduzierung des ursprünglich verlangten Kaufpreises so weit entgegenzukommen, dass der Kaufinteressent zum Vertragsabschluss bereit ist. Der Makler hat auf den potentiellen Vertragspartner seines Kunden mit dem Ziel eines Vertragsabschlusses eingewirkt. Kommt es zum Vertragsabschluss, hat der Makler seine Provision als „Vermittlungsprovision“ verdient. Wirkt hingegen der Makler des Kaufinteressenten auf seinen Kunden dahingehend ein, sein Kaufpreisangebot zu erhöhen und ist der Verkäufer deshalb nunmehr zum Vertragsabschluss bereit, ist keine Vermittlungsprovision entstanden, da der Makler auf seinen eigenen Kunden, nicht aber auf dessen potentiellen Vertragspartner (hier: den Verkäufer) eingewirkt hat (natürlich kann der Makler, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen, in diesem Fall eine Nachweisprovision verdient haben).

Die Vermittlungsprovision ist ausschließlich davon abhängig, dass der Makler erfolgreich auf die andere Vertragspartei eingewirkt hat. Ist dies der Fall, ist der Vermittlungsprovisionsanspruch entstanden. Weiterer Voraussetzungen bedarf es nicht.

Was muss vereinbart werden?

Selbstverständlich muss der Makler, der eine Vermittlungsprovision geltend machen will, zuvor auch eine entsprechende Vereinbarung mit seinem Kunden abgeschlossen haben. Insoweit gilt nichts anderes als für die Nachweisprovision. Ohne Vereinbarung gibt es keine Provision. Wer sich lediglich eine Nachweisprovision versprechen lässt, kann – auch bei erfolgreicher Vermittlungstätigkeit – keine Vermittlungsprovision verlangen und umgekehrt. Streng genommen! In der Praxis hat die Rechtsprechung allerdings inzwischen anerkannt, dass die Begriffe Vermittlungs- und/oder Nachweisprovision nicht immer streng getrennt, sondern häufig synonym verwendet werden. Auch der Gesetzgeber selbst hält beide Begriffe nicht strikt auseinander. So weist beispielsweise die Legaldefinition in § 1 des Wohnungsvermittlungsgesetzes dem Begriff „Wohnungsvermittler“ die Funktion eines Oberbegriffs zu, der beide Tätigkeitsbereiche (Nachweis und Vermittlung) umfasst. Die Rechtssprechung geht deshalb zunehmend davon aus, dass die beiden Begriffe im täglichen Rechtsverkehr nicht immer streng getrennt, sondern häufig zufällig für beide Tätigkeiten verwendet werden. Im Zweifel handelt es sich bei einem Immobilien-Maklervertrag sowohl um einen Nachweis-, als auch um einen Vermittlungsvertrag. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte jedoch die Entstehung des Provisionsanspruchs immer ausdrücklich an eine „Nachweis- und/oder Vermittlungstätigkeit“ knüpfen.

Vorteil der Vermittlungsprovision:

Eine provisionspflichtige Vermittlungsleistung kann der Makler auch dann erbringen, wenn der Kaufinteressent das Objekt bereits kennt. Selbst wenn ihm sogar der Verkäufer persönlich bekannt ist, kann der Makler gleichwohl eine provisionsauslösende Vermittlungstätigkeit erbringen (siehe oben), während eine Nachweisleistung nicht mehr möglich ist (der Kunde kennt ja bereits alles, was er zum Vertragsabschluss wissen muss).

Welche Tätigkeiten gelten als „Vermitteln“:

Die Abschlussbereitschaft des potentiellen Vertragspartners kann auch anders als durch Verhandlungen gefördert werden. Hierbei kommt es auf die Besonderheiten des Einzelfalles an. Eine erfolgreiche Vermittlungstätigkeit kann neben den bereits erwähnten Beispielen auch in der Erstellung eines schriftlichen Vertragsentwurfes oder in der Erteilung eines Rechtsrats liegen (zulässige Rechtsdienstleistung aufgrund des ab 01.07.2008 in Kraft tretenden Rechtsdienstleistungsgesetzes). Selbst die Durchführung eines Besichtigungstermins kann für eine finale Einwirkungsmöglichkeit auf den noch unentschlossenen Verkäufer genutzt werden (dasselbe gilt umgekehrt für den Verkäufermakler: Er kann anlässlich eines Besichtigungstermins auf den Kaufinteressenten einwirken, indem er ihm bspw. die Vorteile des Objektes vor Augen führt). Entscheidend ist lediglich, ob mittels der Besichtigung oder auf sonstige Weise über das normale Maß hinaus durch die Tätigkeit des Maklers das Erwerbsinteresse des Erwerbers oder – im umgekehrten Fall – das Veräußerungsinteresse des Verkäufers gefördert wird.

Ursächlichkeit der Vermittlungsleistung:

Wie auch bei der Nachweisprovision muss die Vermittlungstätigkeit des Maklers ursächlich für den Abschluss des Hauptvertrages sein, wobei auch hier Mitursächlichkeit ausreicht. Hierzu genügt bereits, wenn die Tätigkeit des Maklers die Abschlussbereitschaft des Vertragspartners des Kunden irgendwie gefördert hat. Eine Mitwirkung beim Abschluss des Hauptvertrages ist nicht erforderlich. Scheitern seine Vermittlungsbemühungen allerdings und kommt der Vertrag später ohne seine Mitwirkung durch neue Verhandlungen oder auf anderer Grundlage zustande, kann es – wie auch bei der Nachweisprovision – an der Ursächlichkeit der Vermittlungstätigkeit fehlen. Allein die zwischen Vermittlungstätigkeit und Vertragsabschluss liegende Zeit lässt allerdings die Kausalität nicht entfallen. Kommt der Hauptvertrag später ohne neuerliche Mitwirkung des Maklers, aber auf Basis seiner früheren Vermittlungstätigkeit zustande, steht ihm die Vermittlungsprovision zu.

Fazit: Es zeigt sich also, dass im Normalfall häufig eine Vermittlungstätigkeit vorliegt, ohne dass sich der Makler dies hinreichend bewusst macht. Viele Streitigkeiten um die Nachweisprovision wären überflüssig, würde sich der Makler bei der Geltendmachung des Provisionsanspruchs auf seine Vermittlungstätigkeit berufen. Voraussetzung hierfür ist nur, dass die Vermittlungstätigkeit – etwa durch Schriftverkehr oder in sonstiger Weise – ordentlich dokumentiert wird, damit sie später im Streitfall auch bewiesen werden kann.

(Wer sich mit dem Thema weiter befassen möchte, kann auf folgenden interessanten und lesenswerten Aufsatz verwiesen werden: „Nachweis- und Vermittlungsleistung im Lichte der maklerrechtlichen Rechtsprechung“ von Richter am BGH Dr. Detlef Fischer, NJW 2007, 183. Der Aufsatz kann auch beim Verfasser angefordert werden.)

Autor: Wolfgang Lehner, AIZ Das Immobilienmagazin 07-08/2008, S.55

Auch wenn die Parteien eines Maklervertrages eine Provisionsvereinbarung individualvertraglich für den Fall abgeschlossen haben, dass der Makler eine Provision auch dann erhält, wenn der Eigentumserwerb im Rahmen der Zwangsversteigerung erfolgt, muss die Tätigkeit des Maklers (mit)ursächlich sein.*)

OLG Naumburg, Beschluss vom 12.06.2008 – 9 U 16/08, § 652 BGB

Problem/Sachverhalt

Die Klägerin (Maklerin) verlangt von ihrer Kundin Maklerprovision. Der Erwerb der Immobilie fand nicht durch freihändigen Verkauf, sondern im Wege der Zwangsversteigerung statt. Die Parteien hatten vereinbart, dass die Maklerin Provision auch für den Fall des Erwerbs des nachgewiesenen Objektes im Wege der Zwangsversteigerung erhalten sollte. Tatsächlich erfolgte der Erwerb durch Zuschlag im Zwangsversteigerungstermin. Das Landgericht wies die auf Zahlung der Provision gerichtete Klage ab. Zwar hätten die Parteien eine wirksame Provisionsvereinbarung auch für den Fall des Erwerbs durch Zuschlag abgeschlossen (sog. Gleichstellungsabrede). Gleichwohl stehe der Klägerin der Provisionsanspruch nicht zu, da ihre Tätigkeit für den Zwangsversteigerungserwerb nicht (mit)ursächlich gewesen sei. Es fehle deshalb an einer der zwingenden Voraussetzungen für die Entstehung des Provisionsanspruchs. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Die Parteien haben zwar eine wirksame Vereinbarung hinsichtlich der Provisionspflicht der Erwerberin auch für den Fall des Erwerbs im Wege der Zwangsversteigerung getroffen. Auch in diesem Fall entsteht der Provisionsanspruch jedoch nur dann, wenn die sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen hierzu vorliegen. Danach muss die vom Makler entfaltete Vermittlungs- oder Nachweistätigkeit für den Erwerb ursächlich sein, wobei Mitursächlichkeit grundsätzlich ausreicht (vgl. hierzu OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1502). Der Hauptvertrag muss nämlich nach § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Maklers zustande kommen. Das Kausalitätserfordernis gehört zum gesetzlichen Leitbild des Maklervertrages. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass die Parteien im vorliegenden Fall eine – wirksame – Regelung zum Erwerb im Rahmen der Zwangsversteigerung getroffen haben. Im vorliegenden Fall war die Maklertätigkeit hierfür nicht ursächlich, so dass der Provisionsanspruch trotz wirksamer Gleichstellungsabrede hieran scheiterte.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist richtig. Grundsätzlich müssen für die Entstehung des Maklerprovisionsanspruchs stets vier Voraussetzungen vorliegen: 1. Es muss ein wirksamer Maklervertrag (Provisionsvereinbarung) abgeschlossen worden sein. 2. Der Makler muss eine in § 652 BGB beschriebene Tätigkeit (Nachweis- und/oder Vermittlungstätigkeit) erbracht haben. 3. Der nachgewiesene oder vermittelte Hauptvertrag muss abgeschlossen worden sein. 4. Die Maklertätigkeit muss für den Abschluss des Hauptvertrages ursächlich gewesen sein. Zwar kann individualvertraglich eine Gleichstellungsabrede getroffen werden (BGH NJW 1992, 2568). Dies befreit den Makler aber nicht, wie das OLG richtig feststellt, von den sonstigen Voraussetzungen für die Entstehung des Provisionsanspruchs. Die Tätigkeit des Maklers muss also auch in diesem Fall für die Zuschlagserteilung ursächlich, mindestens aber mitursächlich sein. Für die Mitursächlichkeit einer Nachweistätigkeit reicht es aus, dass der Maklerkunde durch den Hinweis des Maklers den Anstoß bekommen hat, sich konkret um das nachgewiesene Objekt zu bemühen, wobei sich aber der Erwerb als das Ergebnis einer wesentlichen Maklerleistung darstellen muss (BGH NJW 2008, 651). Auch das Kausalitätserfordernis kann zwar individualrechtlich abbedungen werden (sog. selbstständiges Provisionsversprechen; vgl. hierzu BGH NJW 2003, 1249). Eine solche Vereinbarung hatten die Parteien im vorliegenden Fall jedoch nicht getroffen.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2008, 360

1. Der Nachweismakler hat seinen Kunden auf die Gelegenheit, über ein bestimmtes Objekt einen Vertrag zu schließen, hinzuweisen. Er muss ihn in die Lage versetzen, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten. Dazu gehört in der Regel, dass der Vertragspartner auch tatsächlich bereit ist, über das Objekt den in Rede stehenden Vertrag zu schließen.*)

2. Mietet der Mieter später weitere Räume dazu, deren Vermietung im Zeitpunkt der Besichtigung der bereits angemieteten Räume durch den Vermieter nicht beabsichtigt war, so fehlt bereits die Nachweisleistung des Maklers bzgl. dieser neuen Räume.*)

BGH, Urteil vom 15.05.2008 – III ZR 256/07, § 652 BGB

Problem/Sachverhalt

Der Kläger (Makler) verlangt von seinem Kunden (Beklagter) Maklerprovision. Im Januar 2005 mietete der Beklagte in einem größeren Objekt vom Kläger nachgewiesene Büroräume an. Hierfür zahlte er die vereinbarte Provision. Ein Jahr später, im Januar 2006, mietete er in demselben Gebäude eine weitere Büroeinheit hinzu. Die hierfür vom Kläger berechnete Provision zahlte er nicht. Der Kläger ist der Auffassung, auch für den zweiten Mietvertrag Provision beanspruchen zu können. Das Amtsgericht wies die Klage ab, das Landgericht gab ihr statt. Maklerverträge seien von unbestimmter Dauer. Der Abschluss des weiteren Mietvertrages beruhe auf der Maklertätigkeit. Er sei innerhalb eines Jahres nach der Maklertätigkeit abgeschlossen worden, weshalb eine Vermutung für deren Kausalität spreche.

Entscheidung

Die zugelassene Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Nach Auffassung des BGH fehlt es bereits an einer Nachweismaklerleistung, so dass sich die Frage der Kausalität nicht stellt. Die Nachweisleistung ist Ausgangspunkt und Voraussetzung jeder Kausalitätsprüfung. Durch die Nachweistätigkeit muss der Kunde in die Lage versetzt werden, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten. Dazu gehört in der Regel, dass der Vertragspartner auch tatsächlich bereit ist, über das Objekt den in Rede stehenden Vertrag zu schließen (BGHZ 141, 40, 46). Nach dem Vortrag des Beklagten war der Vermieter zum Zeitpunkt der Besichtigung und der damit letzten relevanten Maklerleistung des Klägers nicht bereit, die später angemieteten Räume zu vermieten, da diese noch anderweitig vermietet waren. Eine Nachweistätigkeit hinsichtlich dieser Räume konnte der Makler mithin nicht erbringen. Da die Abschlussbereitschaft des Vermieters streitig war, wurde die Sache zurückverwiesen.

Praxishinweis

Häufig wird übersehen, dass der Makler nicht ein „Objekt“, sondern eine „Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages“ (§ 652 BGB) nachweist. Eine Vertragsgelegenheit kann nur nachgewiesen werden, wenn der potentielle Vertragspartner zum Vertragsabschluss bereit ist. Ansonsten fehlt es an einer Vertragsgelegenheit, so dass es auf die vom Landgericht angestellten Kausalitätsüberlegungen überhaupt nicht ankommt. Diese setzen zunächst eine Nachweistätigkeit voraus. War im vorliegenden Fall der Vermieter zum Zeitpunkt der Erbringung der Maklertätigkeit zur Vermietung der später angemieteten Räume – noch – nicht bereit, fehlt es mithin an einem Maklernachweis. Zum Nachweis der Vertragsgelegenheit gehören in der Regel ferner sämtliche Angaben, die es dem Maklerkunden ermöglichen, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten (BGH NJW-RR 1987, 172; BGH NJW 1990, 2744, 2745). Hierzu gehören insbesondere dessen Name und Anschrift (BGH NJW 1999, 1255). Makler benennen häufig nur das Objekt. Das reicht in der Regel nicht aus.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2008, 428

1. Es besteht kein Anlass, von der herrschenden Rechtsprechung abzuweichen, wonach der formularmäßige Hinweis darauf, dass für den Makler auch im Falle eines Erwerbs durch Zwangsversteigerung Provision anfalle, unwirksam ist.

2. Eine Provisionsvereinbarung, die der Makler anlässlich des Versteigerungstermins mit seinem Auftraggeber trifft, stellt nur dann ein zusätzliches Provisionsversprechen dar, wenn hierdurch nicht lediglich die in den AGB des Maklers enthaltene unwirksame Gleichstellungsabrede wiederholt wird.

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Hinweisbeschluss vom 20.11.2008 – 4 U 106/08

§ 652 BGB

Problem/Sachverhalt

Der Kläger (Makler) verlangt von seinen Kunden Maklerprovision. Der Erwerb der Immobilie erfolgte im Wege der Zwangsversteigerung. In dem zuvor abgeschlossenen Maklervertrag war formularmäßig eine Gleichstellungsabrede enthalten. Danach schuldeten die Auftraggeber dem Makler auch dann Provision, wenn der Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung erfolgte. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war das Versteigerungsverfahren den Beteiligten bereits bekannt. Der Makler wollte jedoch die Zustimmung der versteigernden Bank zum freihändigen Verkauf an die Interessenten erreichen, was nicht gelang. Während des Zwangsversteigerungstermins verhandelten der Makler, seine Auftraggeber und der Vertreter der Bank über den Zuschlag. Wegen der Provision stimmte die Bank einer Reduzierung des Gebotes um € 2.000,00 zu. Zu diesem Gebot erfolgte dann der Zuschlag. Das Landgericht wies die Provisionsklage ab. Es sah in der Erklärung der Auftraggeber im Versteigerungstermin, zur Zahlung einer Maklerprovision verpflichtet zu sein, kein selbstständiges Provisionsversprechen. Vielmehr hätten die Auftraggeber lediglich die in den AGB des Maklers enthaltene Provisionsverpflichtung wiederholt. Diese sei jedoch unwirksam gewesen, da nach ständiger Rechtsprechung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Provisionsverpflichtung für den Fall des Erwerbs im Wege der Zwangsversteigerung nicht wirksam vereinbart werden könne (BGH NJW 1992, 2568). Hiergegen wendet sich der Makler mit der Berufung.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das OLG bestätigt die Auffassung des Landgerichts. Bei der Erklärung der Maklerkunden anlässlich des Versteigerungstermins habe es sich nicht um eine isolierte Provisionsvereinbarung gehandelt. Die Provisionszusage sei vielmehr auf Basis der unwirksamen AGB-Klausel abgegeben worden. Dies ergäbe sich aus den Gesamtumständen. Dies hindere die Annahme, dass die Maklerkunden anlässlich des Zwangsversteigerungstermins ein zusätzliches, isoliertes Provisionsversprechen abgeben wollten. Tatsächlich hätten die Kunden lediglich ihre auf die AGB des Klägers gestützten Erklärungen wiederholen wollen. Es bestehe kein Anlass, von der Rechtssprechung des BGH zur Unwirksamkeit einer entsprechenden Vertragsklausel abzuweichen.

Praxishinweis

Das OLG bestätigt ausdrücklich die ständige Rechtssprechung des BGH, wonach eine Provision für den Fall des Erwerbs in der Zwangsversteigerung nicht formularmäßig vereinbart werden kann. Enthalten die AGB des Maklers gleichwohl eine entsprechende – unwirksame – Klausel, hat der Makler im Streitfall darzulegen und zu beweisen, dass er mit seinen Kunden eine entsprechende Individualvereinbarung getroffen hat. Aus dieser muss sich eindeutig ergeben, dass die Kunden nicht nur die unwirksame Formularklausel bestätigen wollten. Makler sollten ihre AGB prüfen. Trotz der inzwischen gefestigten Rechtssprechung des BGH finden sich dort häufig noch – unwirksame – Gleichstellungsabreden. Es fällt dem Makler dann in der Regel schwer nachzuweisen, dass er mit seinen Kunden eine entsprechende Individualvereinbarung abgeschlossen hat.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2009, 61

Die in einem zwischen Unternehmern geschlossenen Grundstückskaufvertrag enthaltene Klausel, in der sich der Käufer verpflichtet, die seitens des Verkäufers einem – mit diesem gesellschaftsrechtlich verflochtenen – Dritten aufgrund eines selbständigen Provisionsversprechens geschuldete Vergütung zu zahlen, ist wirksam, wenn die Verflechtung dem Käufer bekannt ist.*)

BGH, Urteil vom 10.11.2008 – III ZR 60/08

§§ 652, 305, 307 BGB

Problem/Sachverhalt

In einem notariellen Kaufvertrag vereinbaren die Parteien im Wege eines echten Vertrages zugunsten Dritter, dass der Käufer die vom Verkäufer an den beauftragten Makler zu zahlende Provision in Höhe von € 40.260,00 übernimmt. In dieser sog. „Maklerklausel“ wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zwischen dem Makler und dem Verkäufer eine einen Provisionsanspruch ausschließende Verflechtung besteht. Nach Abschluss des Kaufvertrages zahlt der Käufer die Provision vereinbarungsgemäß direkt an den Makler. Später verlangt er die Rückzahlung der Provision gemäß § 812 BGB. Bei der Maklerklausel im notariellen Kaufvertrag handele es sich um eine unwirksame AGB. Eine erfolgsunabhängige Provision könne nur im Wege einer Individualvereinbarung wirksam versprochen werden. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das OLG hat sie abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Käufer mit der Revision.

Entscheidung

Ohne Erfolg. Bei der Maklerklausel handelt es sich um AGB. Die Klausel verstößt nicht gegen § 307 BGB. Zwar kann durch AGB eine er-folgsunabhängige Provision nicht wirksam vereinbart werden, da dies mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Im entschiedenen Fall handelt es sich jedoch nicht um eine Klausel zur Bestimmung des Inhalts eines zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Maklervertrages, sondern des zwischen der Klägerin und der Verkäuferin geschlossenen Grundstückskaufvertrages. Durch die Maklerklausel hat sich der Käufer nicht zur Zahlung einer eigenen Provision verpflichtet. Er hat vielmehr die seitens des Verkäufers geschuldete Maklerprovision übernommen. Welchen rechtlichen Charakter die Vereinbarung hat, ist durch Auslegung zu ermitteln. Eine solche ergibt, dass es sich bei der durch die Maklerklausel übernommenen Zahlungsverpflichtung um einen verschleierten Teil des Kaufpreises handelt. Als für die Prüfung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB maßgebenden gesetzlichen Grundgedanken ist damit auf das Kaufrecht und nicht das Maklerrecht abzustellen. Der Klägerin war die Verflechtung zwischen dem Makler und dem Verkäufer bekannt. Es bestehen keine Bedenken, wenn der Verkäufer den Kaufvertrag hinsichtlich eines Teils des vom Käufer zu tragenden Gesamtaufwands in der Weise ausgestaltet, dass der Käufer diesen Teil direkt an den für den Verkäufer tätigen Makler zahlt, um die in diesem Verhältnis bestehende Forderung zu tilgen.

Praxishinweis

Maklerklauseln in notariellen Kaufverträgen gibt es in vielfältigen Varianten. Was die Parteien letztlich vereinbart haben, ist durch Auslegung zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB). Übernimmt der Käufer die Provisionsverpflichtung des Verkäufers, spricht dies für eine verschleierte Kaufpreiszahlung. Der Käufer tilgt in diesem Fall eine fremde Schuld. Ob diese Schuld besteht, hängt von der Rechtsbeziehung zwischen Verkäufer und Makler ab. Es ist deshalb fraglich, ob es überhaupt darauf ankommt, ob der Käufer von der bestehenden Verflechtung Kenntnis haben muss. Ist die Provision im Verhältnis Verkäufer/Makler wirksam vereinbart worden (weil bspw. ein selbstständiges Provisionsversprechen vorliegt), kommt es auf diese Kenntnis meines Erachtens nicht an. Anders ist es, wenn sich der Käufer gegenüber seinem Makler in der Maklerklausel zur Zahlung der Käuferprovision verpflichtet. In diesem Fall müssen die allgemeinen Voraussetzungen für die Entstehung des Provisionsanspruchs vorliegen es sei denn, es läge ein selbstständiges Provisionsversprechen vor (BGH NJW 1998, 1552).

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2009, 60

Unter der Geltung des neuen Schuldrechts kann die Abweichung eines verkauften Hauses von Angaben im Maklerexposé (hier: Baujahr) einen Sachmangel darstellen. Das Exposé wird zwar regelmäßig nicht als Beschaffenheitsvereinbarung Vertragsbestandteil, kann aber als öffentliche Äußerung eines Gehilfen des Verkäufers im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB eine zu erwartende Beschaffenheit begründen.

OLG Hamm, Urteil vom 15.12.2008 – 22 U 90/08

§§ 434, 652 BGB

Problem/Sachverhalt

Die Kläger hatten von der Beklagten eine im Jahre 1913 errichtete Doppelhaushälfte erworben. Im Maklerexposé war als Baujahr 1956 angegeben. Die Kläger verlangen deshalb die Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie die Erstattung der ihnen entstandenen Kaufnebenkosten. Das Landgericht gibt der Klage statt. Die Parteien hätten das Baujahr 1956 als Beschaffenheit vereinbart. Die Aufnahme der Angabe in das im Internet veröffentlichte Exposé sei von der Beklagten veranlasst worden, so dass ihr diese Erklärung zuzurechnen sei. Daraus folge ein arglistiges Verhalten der Beklagten, weshalb sie sich auf den im Kaufvertrag vereinbarten Haftungsausschluss nicht berufen könne. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Die Klagansprüche scheiterten bereits an dem im Kaufvertrag vereinbarten Haftungsausschuss. Ein arglistiges Verhalten läge nicht vor. Das Exposé stelle keine Beschaffenheitsvereinbarung dar. Die Maklerin sei auch nicht ihre Erfüllungsgehilfin, deren Erklärungen sie sich zurechnen lassen müsste.

Entscheidung

Die Berufung hat Erfolg. Das OLG hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Klage ab. Ein Anspruch gemäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB steht den Klägern nicht zu. Allerdings bestätigt das OLG ausdrücklich den von den Klägern gerügten Mangel der verkauften Immobilie in Gestalt einer Abweichung von den Angaben im Maklerexposé. Seit der Schuldrechtsreform haftet der Verkäufer einer Immobilie für die im Maklerexposé enthaltenen Angaben schon unter dem Gesichtspunkt der zu erwartenden Beschaffenheit gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB. Dies ergibt sich aus Abs. 1 Satz 3 der Vorschrift, wonach hierzu auch die aufgrund öffentlicher Äußerung des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen zu erwartenden Eigenschaften gehören. „Gehilfen“ im Sinne dieser Vorschrift sind dabei trotz des missverständlichen Gesetzeswortlautes („seines Gehilfen“) nicht nur solche des Herstellers, sondern auch des Verkäufers. Die Vorschrift findet auch auf Privatverkäufer Anwendung. Als Gehilfen sind u. a. Selbständige, die bei der Vermarktung tätig sind, anzusehen. Damit fallen auch Makler unter den Begriff des „Gehilfen“, so dass deren Verkaufsexposés „öffentliche Äußerungen“ im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB darstellen. Ist mithin in einem Maklerexposé eine unzutreffende Angabe enthalten, muss sich diese der Verkäufer als Beschaffenheitsangabe im Sinne des § 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB zurechnen lassen. Eine Haftung der Beklagten scheidet im vorliegenden Fall gleichwohl aus, weil nach Auffassung des OLG ein arglistiges Verhalten der Beklagten nicht festgestellt werden konnte, weshalb der vereinbarte Gewährleistungsausschuss wirksam war (§ 444 BGB).

Praxishinweis

Bislang musste sich der Verkäufer fehlerhafte Angaben im Maklerexposé nur dann zurechnen lassen, wenn er sie entweder selbst veranlasst oder wenn er dem Makler wesentliche Teile der Vertragsverhandlungen überlassen hatte. In diesen Fällen waren die Erklärungen des Maklers dem Auftraggeber zuzurechnen (BGH NJW 1996, 451). § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB erweitert die Haftung des Verkäufers auf die Angaben im Maklerexposé, auch wenn diese nicht Vertragsbestandteil geworden sind. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste. Ein Exposé wird der Verkäufer in der Regel kennen, jedenfalls aber kennen müssen.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2009, 136

1. Über den Wortlaut des § 654 BGB hinaus hat der Makler seinen Provisionsanspruch verwirkt, wenn ihm eine schwerwiegende Verletzung der Treuepflicht zur Last fällt, die er vorsätzlich oder in einer dem Vorsatz nahekommenden Weise leichtfertig den Interessen des Auftraggebers zuwider begangen hat.

2. Der Makler hat seinem Auftraggeber alle ihm bekannten tatsächlichen und rechtlichen Umstände mitzuteilen, die sich auf den Geschäftsabschluss beziehen und für den Willensentschluss des Auftraggebers von Bedeutung sein könnten. Verletzt der Makler seine Aufklärungspflicht und ist die Pflichtverletzung für den Anfall der Provision ursächlich, hat der Makler den Auftraggeber nach dem Grundsatz der Naturalrestitution provisionsfrei zu stellen.

OLG Celle, Urteil vom 03.07.2008 – 11 U 22/08

BGH, Beschluss vom 12.03.2009 – III ZR 191/08 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB §§ 242, 652, 654

Problem/Sachverhalt

Die Klägerin (Maklerin) verlangt von den Beklagten Provision in Höhe von € 25.000,00. Im Exposé wird das Objekt als „sehr hochwertig ausgestattet und (…) in einem sehr guten und gepflegten Neubauzustand“ befindlich beschrieben. Tatsächlich leidet das Objekt an einem schwerwiegenden Feuchtigkeitsmangel, der der Klägerin bzw. ihrem Mitarbeiter bekannt war. Ein Hinweis an die Beklagten erfolgte nicht. Das LG erhebt zwar Beweis, lässt den Mangel und die Kenntnis der Klägerin hiervon jedoch offen und gibt der Klage statt. Entweder seien die Mängel versteckt gewesen, dann habe auch der Makler sie nicht sehen können, oder sie seien offensichtlich gewesen, dann habe der Makler hierauf nicht hinweisen müssen. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung.

Entscheidung

Mit Erfolg. Das OLG gibt der Berufung statt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme leidet das Objekt an erheblichen Feuchtigkeitserscheinungen, was der Klägerin bzw. ihrem Mitarbeiter (§ 278 BGB) bekannt war. Diese Mängel hat die Klägerin den Beklagten verschwiegen. Damit hat sie ihre Aufklärungspflicht verletzt. Erkennt der Makler, dass Objektangaben unrichtig oder ungesichert sind, muss er den Auftraggeber darüber informieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Makler im Exposé das Objekt ausdrücklich als in einem sehr guten Zustand befindlich bezeichnet hat. Ein Makler kann nicht Angaben im Exposé machen, die mit seiner eigenen Wahrnehmung nicht übereinstimmen. Ansonsten läuft er Gefahr, seine Provision zu verlieren. Über den Wortlaut des § 654 BGB hinaus verwirkt der Makler seinen Provisionsanspruch, wenn ihm eine schwerwiegende Verletzung der Treuepflicht zur Last fällt, die er vorsätzlich oder in einer dem Vorsatz nahekommenden Weise leichtfertig den Interessen des Auftraggebers zuwider begangen hat. Dies war hier der Fall.

Praxishinweis

Der Makler ist grundsätzlich nicht Vertreter des Verkäufers, sondern neutraler Dritter. Ihm obliegt im Regelfall keine Erkundigungs- oder Nachprüfungspflicht. Er ist lediglich Wissensvertreter. Er schuldet seinem Auftraggeber (Kaufinteressenten) grundsätzlich keine Ermittlungen. Informationen, die er vom Verkäufer erhält, darf er ungeprüft weitergeben. Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn er vom Verkäufer Angaben erhält, die nach den in seinem Berufsstand vorauszusetzenden Kenntnissen ersichtlich als unrichtig, nicht plausibel oder sonst als bedenklich einzustufen sind (BGH NJW-RR 2007, 711). Zwar darf der Makler im Allgemeinen auf die Richtigkeit der Angaben des Verkäufers vertrauen. Dies gilt aber dann nicht, wenn ihm anderweitige Erkenntnisse vorliegen (BGH a. a. O.; OLG Frankfurt NJW-RR 2002, 778).

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2009, 248

Der vom Verkäufer eines Immobilienobjekts beauftragte Makler hat den für das Entstehen seines Provisionsanspruchs erforderlichen tauglichen Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags erbracht, wenn er seinem Kunden und Auftraggeber einen Kaufinteressenten benennt und damit in die Lage versetzt, in konkrete Verhandlungen mit dem potenziellen Vertragspartner über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten (ständige Senatsrechtsprechung); dabei reicht es bei dieser Konstellation grundsätzlich aus, wenn der mögliche Käufer generell am Erwerb einer Immobilie interessiert ist, die dem angebotenen Objekt ähnlich ist.

BGH, Urteil vom 04.06.2009 – III ZR 82/08

vorhergehend: OLG Köln, 19.02.2008 – 24 U 95/07

BGB § 652

Problem/Sachverhalt

Die Klägerin, eine Maklerin, verlangt von der Beklagten Maklerprovision in Höhe von 22.033,62 Euro für den Nachweis eines Kaufinteressenten, der ein von dieser angebotenes Objekt erworben hatte. Das OLG wies die Klage ab. Es fehle an einer tauglichen Nachweisleistung der Klägerin, weil der von ihr nachgewiesene Kaufinteressent zum Zeitpunkt der Tätigkeit der Klägerin – noch – nicht kaufbereit gewesen sei. Der Nachweis eines nicht kaufbereiten Interessenten löse einen Provisionsanspruch nicht aus, auch wenn sich der Interessent später zum Kauf entschließe.

Entscheidung

Der BGH hebt das angefochtene Urteil auf. Entgegen der Ansicht des OLG hat die Klägerin einen vollwertigen Nachweis erbracht. Das OLG hat die Anforderungen an die Voraussetzungen einer Nachweistätigkeit überspannt. Der nach § 652 BGB erforderliche Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags ist erbracht, wenn aufgrund einer Mitteilung des Maklers an seinen Auftraggeber dieser in die Lage versetzt wird, in konkrete Verhandlungen mit einem potenziellen Vertragspartner über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten. Unverzichtbare, aber auch ausreichende Voraussetzung für einen Nachweis ist, dass der Makler dem Kunden einen Interessenten benennt und damit auf eine konkrete Vertragsgelegenheit hinweist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass eine Person benannt wird, die bereits zum Kauf der jeweiligen Immobilie fest entschlossen ist. Eine andere Beurteilung hätte zur Folge, dass ein vom Verkäufer beauftragter Makler kaum in der Lage wäre, einen tauglichen Nachweis zu liefern. Denn im Unterschied zur umgekehrten Konstellation – Nachweis einer verkaufsbereiten Person gegenüber einem Kaufinteressenten – ist der Kaufinteressent, der einem Verkäufer namhaft gemacht wird, typischerweise noch „auf der Suche“ und deshalb, was das konkrete Objekt angeht, regelmäßig noch unentschlossen. Daher muss es ausreichen, wenn der potenzielle Käufer generell am Erwerb einer Immobilie interessiert ist, die dem angebotenen Objekt ähnelt.

Praxishinweis

Hätte das OLG Recht, stünde einem Makler, der einem Verkäufer einen Kaufinteressenten nachweist, ein Provisionsanspruch nur und erst dann zu, wenn der Kaufinteressent bereits zum Zeitpunkt der Erbringung der Maklertätigkeit zum Kauf entschlossen ist. Das OLG wendet schematisch die für den umgekehrten Fall entwickelte Rechtsprechung an: Ist der Verkäufer (noch) nicht zum Verkauf seiner Immobilie bereit, kann der Makler einem Kaufinteressenten eine auf diese Immobilie bezogene Vertragsgelegenheit nicht nachweisen, weil diese zum Zeitpunkt der Maklertätigkeit in Wahrheit gar nicht besteht (vgl. aber BGH, IMR 2007, 90). Im vorliegenden Fall ist dies anders: Der Kaufinteressent will kaufen, ist aber „typischerweise noch ‚auf der Suche‘ und deshalb, was das konkrete Objekt angeht, regelmäßig noch unentschlossen“. Es reicht deshalb aus, wenn er nur generell am Erwerb einer ähnlichen Immobilie interessiert ist.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2009, 289

Veranlasst der Bauwillige selbst den Architekten, für ihn ein Grundstück für ein bestimmtes Bauprojekt zu suchen und zu beplanen, verstößt der in der Folge abgeschlossene Architektenvertrag (hier: zunächst nur für die Entwurfsplanung) nicht gegen das Kopplungsverbot. Dies gilt auch dann, wenn der Architekt bei „zähen“ Verhandlungen die Fortsetzung seiner Vermittlungsbemühungen davon abhängig macht, dass ihm ein zugesagter Anschlussauftrag erteilt wird (Aufgabe von BGH, 10.04.1975 – VII ZR 254/73 – BGHZ 64, 173).

BGH, Urteil v. 25.09.2008 – VII ZR 174/07 – www.bundesgerichtshof.de

Der Fall

Ein Unternehmer sucht ein Baugrundstück, um es mit einem Betriebsgebäude zu bebauen. Er beauftragt einen Architekten, ein geeignetes Grundstück zu suchen und die Bauvoranfrage zu stellen. Dabei stellt er ihm den Abschluss eines Architektenvertrages über die Leistungsphasen 1 bis 4 in Aussicht. Der Architekt schlägt ein geeignetes Grundstück vor, nimmt Kontakt mit den Eigentümern auf, stellt eine erste Bauvoranfrage und fertigt einen Planentwurf. Für die Leistungsphasen 1 bis 4 erhält er auch einen Auftrag. Der Erwerbsvorgang zieht sich ungewöhnlich lange hin. Nach einiger Zeit will der Architekt seine Vermittlungsbemühungen nur noch dann fortsetzen, wenn er auch einen Auftrag über die restlichen Bauphasen 5 bis 9 erhält. Der Unternehmer geht darauf ein. Nach dem Grundstückserwerb will der Unternehmer nicht mehr bauen und kündigt den Architektenvertrag. Der Architekt klagt Honorarforderungen ein. Der Unternehmer wendet ein, der Architektenvertrag verstoße gegen das Kopplungsverbot und sei daher nichtig. Die Vorinstanzen geben Recht. Der Architekt legt Revision ein.

Artikel 10 § 3 MRVG

„Eine Vereinbarung, durch die der Erwerber eines Grundstücks sich im Zusammenhang mit dem Erwerb verpflichtet, bei der Planung oder Ausführung eines Bauwerks auf dem Grundstück die Leistungen eines bestimmten Ingenieurs oder Architekten in Anspruch zu nehmen, ist unwirksam. Die Wirksamkeit des auf den Erwerb des Grundstücks gerichteten Vertrages bleibt unberührt.“

Hintergrund

Das Kopplungsverbot soll den freien Architektenwettbewerb schützen. Wenn ein Kaufinteressent ein bestimmtes Grundstück nur zusammen mit den Leistungen eines bestimmten Architekten erwerben kann, hat der in dieser Weise protegierte Architekt einen missbilligten Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Mitbewerbern. Für den Bauwilligen ist die freie Wahl des Architekten mindestens dann bedroht, wenn Bauland knapp ist. Bisher hat der BGH das Kopplungsverbot sehr weit ausgelegt: „Im Zusammenhang“ mit dem Grundstückserwerb stand jede Verpflichtung des Erwerbers zur Inanspruchnahme von Architektenleistungen, ohne die er rechtlich oder tatsächlich das Grundstück nicht erwerben kann, auch wenn der Architekt die gewünschte Architektenbindung nur indirekt aber unmissverständlich andeutet.

Entscheidung

Die Revision des Architekten hat Erfolg. Zwar habe der Architekt einen psychologischen Druck zum Auftragsabschluss ausgeübt, so dass der bauwillige Unternehmer befürchten musste, das Grundstück nicht erwerben zu können, wenn er keinen Architektenauftrag erteilt. Trotzdem sei der Vertrag nicht nichtig. Denn bei Nichtigkeit gerate das Kopplungsverbot in Konflikt mit der durch Artikel 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsfreiheit. Deshalb sei Artikel 10 § 3 MRVG nicht anzuwenden, wenn der Erwerber des Grundstücks selbst an den Architekten herantritt, um ihn mit Vermittlung zu beauftragen, und wenn er dabei einen späteren Architektenauftrag in Aussicht stellt. In Fällen dieser Art benötige der Architektenwettbewerb nicht den Schutz des Gesetzes. Denn der Auftraggeber habe den Architekten seines Vertrauens bereits gewählt, auch wenn sich das zunächst noch durch Abschluss eines Architektenvertrages manifestiert. Zur weiteren Sachaufklärung weist der BGH zurück.

Kommentar

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Im konkreten Fall ist unproblematisch im Sinne einer freiwilligen Architektenbindung nur der Auftrag für die ersten 4 Leistungsphasen. Anders ist es bei dem Zwang zum Abschluss des Anschlussauftrags. Hier könnte eine besondere Drucksituation vorgelegen haben, die man keinem Bauherren wünschen möchte. Diese Situation verdient nicht den Schutz des Gesetzes, ebenso zweifelnd Schulze-Hagen, IBR 2008, 741.

Praxishinweis

Das Koppelungsverbot ist nicht aufgehoben. Deshalb sollte der beratende Anwalt weiterhin mit der gebotenen Deutlichkeit warnen, wenn ein Architektenauftrag als Bedingung für den Kaufvertragsabschluss genannt wird.

Autor: Wolfgang Lehner, INFO M 2009,130

1. Reagiert ein Maklerkunde auf einen Provisionshinweis des Maklers mit einem modifizierten Provisionsangebot und beauftragt er den Makler gleichzeitig mit der Erbringung von Maklerleistungen, kommt der Maklervertrag konkludent dadurch zu Stande, dass der Makler in der Folgezeit die beauftragten Leistungen erbringt.

2. Nimmt nicht der Maklerkunde, sondern ein Dritter die vom Makler nachgewiesene Vertragsgelegenheit wahr, ist der Maklerkunde gleichwohl zur Zahlung der Provision verpflichtet, wenn zwischen ihm und dem Dritten eine besonders ausgeprägte wirtschaftliche Beziehung besteht.

OLG Hamburg, Beschluss vom 11.05.2009 – 9 U 253/08

BGB § 652

Problem/Sachverhalt

Die Parteien streiten um Maklerprovision. Die Maklerin übersandte der Kundin ein Exposee mit einem ausdrücklichen Provisionshinweis. Die Kundin fragte daraufhin schriftlich bei der Maklerin an, ob eine Reduzierung der Provision von 3% auf 2% möglich sei. Gleichzeitig übersandte sie der Maklerin einen Letter of Intent mit der Bitte, diesen an die Verkäuferin weiterzugeben, was diese tat. Nach Auffassung des Landgerichts hatte die Kundin damit der Maklerin ein modifiziertes Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags unterbreitet. Dieses Angebot habe die Maklerin konkludent dadurch angenommen, dass sie in der Folgezeit Maklertätigkeiten für die Kundin erbrachte. Der Provisionsanspruch sei auch entstanden. Zwar habe nicht die Kundin den nachgewiesenen Vertrag abgeschlossen, sondern eine GmbH. Hierauf könne sie sich jedoch nicht berufen, da die GmbH von ihr eigens zum Kauf des Objekts gegründet worden sei. Die Kundin legt Berufung ein.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Die Kundin hat auf den ausdrücklichen Provisionshinweis der Maklerin mit der Nachfrage reagiert, ob eine Reduzierung der Courtage von 3% auf 2% möglich sei. Damit hat sie der Maklerin ein neues, modifiziertes Angebot zukommen lassen. Dieses Angebot hat die Maklerin dadurch konkludent angenommen, dass sie für die Kundin in der Folgezeit Maklerleistungen erbracht hat. Der Provisionsanspruch ist auch mit Abschluss des Hauptvertrags entstanden. Zwar ist der Vertrag nicht mit der Kundin, sondern mit einer GmbH zu Stande gekommen. Der Abschluss dieses Vertrags ist jedoch der von der Kundin nach ihrem eigenen Vorbringen angestrebte wirtschaftliche Erfolg gewesen. Zwischen der Kundin und der Käuferin hat eine besonders ausgeprägte wirtschaftliche Verflechtung bestanden. Die Käuferin ist von der Kundin eigens zum Kauf des Objekts gegründet worden. Die Kundin kann sich nicht darauf berufen, dass sie mit dieser Konstruktion Risiken wirtschaftlicher Art von sich fernhalten wollte. Jedenfalls im Hinblick auf die Maklerprovision handelt es sich um ein Umgehungsgeschäft, weshalb sich die Kundin nach Treu und Glauben nicht darauf berufen kann, nicht Käuferin des Objekts zu sein.

Praxishinweis

Seit langem ist geklärt, dass der Maklervertrag dadurch konkludent zu Stande kommt, dass der Maklerkunde in Kenntnis des Provisionsverlangens des Maklers sog. maklertypische Leistungen in Anspruch nimmt. Die Besonderheit des vorliegenden Falls liegt darin, dass der Maklerkunde den Provisionshinweis der Maklerin abgeändert und damit ein neues Angebot unterbreitet hat (BGB § 150 Abs. 2). Dieses Angebot hat die Maklerin dadurch (konkludent) angenommen, dass sie Maklerleistungen erbrachte. Auch hinsichtlich der Entstehung des Provisionsanspruchs ist die Entscheidung richtig: Kommt der Hauptvertrag nicht mit dem Maklerkunden, sondern einem Dritten zu Stande, entsteht die Provision gleichwohl, wenn zwischen dem Maklerkunden und dem Dritten besonders enge persönliche oder wirtschaftliche Beziehungen bestehen, da in diesem Fall der angestrebte wirtschaftliche Erfolg eintritt.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2009, 361

1. Ein vom Kaufinteressent ausgehendes Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags liegt nicht darin, dass dieser das Geschäftslokal des Maklers aufsucht und sich dort nach Immobilienangeboten erkundigt. Wer sich an einen Makler wendet, der mit Angeboten werbend im geschäftlichen Verkehr auftritt, erklärt damit noch nicht schlüssig seine Bereitschaft zur Zahlung einer Maklerprovision für den Fall, dass ein Vertrag über ein angebotenes Objekt zu Stande kommt.

2. Soweit Gegenteiliges nicht bekannt ist, darf der Kaufinteressent davon ausgehen, dass der Makler die angebotenen Objekte vom Verkäufer an die Hand bekommen hat und deshalb mit der angetragenen Weitergabe von Informationen eine Leistung für den Anbieter erbringen will.

3. Ohne Weiteres braucht der Kaufinteressent in einem solchen Fall nicht damit zu rechnen, dass der Makler auch von ihm eine Provision erwartet.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.11.2009 – 15 U 15/09

Problem/Sachverhalt

Der Kläger verlangt Rückzahlung von Maklerprovision, da diese ohne Rechtsgrund geleistet worden sei. Es fehle am Abschluss eines wirksamen Maklervertrags. Das Landgericht lässt diese Frage offen, da jedenfalls dem Makler die Provision schon aus anderen Gründen nicht zustehe. Es verurteilt den Makler zur Rückzahlung. Hiergegen wendet sich dieser mit der Berufung.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das OLG prüft die vom Landgericht offen gelassene Frage. Zwischen den Parteien wurde kein wirksamer Maklervertrag abschlossen. Die Beklagte hatte hierzu vorgetragen, der Kläger habe ihr Geschäftslokal aufgesucht. Ihm seien verschiedene Objekte vorgestellt worden. Schließlich sei ihm ein Exposé über die letztlich gekaufte Wohnung übergeben worden, auf dessen Rückseite klein gedruckt die Provisionsregelung enthalten gewesen sei. Hieraus ergäbe sich der Abschluss des Maklervertrags, da der Kläger im Anschluss hieran maklertypische Leistungen in Anspruch genommen habe. Dem tritt das OLG entgegen. Wer sich als Kaufinteressent an einen Makler wende, kann im Hinblick auf von diesem angebotene Objekte stets davon ausgehen, dass dieser hiermit eine Leistung für den Anbieter erbringen will und deshalb auch von diesem vergütet werde. Ohne Weiteres braucht der Kaufinteressent in einem solchen Fall nicht damit zu rechnen, dass der Makler auch von ihm eine Provision erwartet. Dies setzt vielmehr ein eindeutiges Provisionsverlangen des Maklers voraus. Nur wer in dessen Kenntnis die Dienste eines Maklers in Anspruch nimmt, gibt damit zu erkennen, dass er den im Provisionsbegehren liegenden Antrag auf Abschluss eines Maklervertrags annimmt. Im vorliegenden Fall fehlt es hieran. Dass auf der Rückseite des übergebenen Exposés ein kleingedrucktes Provisionsverlangen enthalten war, reicht nicht aus.

Praxishinweis

Viele Maklerverträge kommen dadurch zu Stande, dass der Maklerkunde in Kenntnis des Provisionsverlangens maklertypische Leistungen in Anspruch nimmt. Dies reicht nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich für das Zustandekommen eines Maklervertrags aus. Allerdings neigen manche Makler dazu, ihr Provisionsverlangen „nebenbei“, etwa auf einem während der Besichtigung übergebenen Exposé oder in sonstiger „unauffälliger“ Weise zu mitzuteilen. Hieran kann das Zustandekommen des Maklervertrags scheitern: Wenn der Vertrag durch die Inanspruchnahme maklertypischer Leistungen konkludent zu Stande kommen soll, muss das vorherige Provisionsverlangen „eindeutig“ sein, denn nur dann kann das hierin liegende Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags konkludent angenommen werden.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2010, 67

Die Namhaftmachung des Vermieters ist entbehrlich, wenn es dem Maklerkunden aus seiner Sicht vorerst nicht auf dessen Person ankam, weil er sich zunächst einmal über die Geeignetheit des Objekts schlüssig werden wollte, wenn also durch den (unvollständigen) Nachweis das Interesse des Maklerkunden – zunächst – voll befriedigt worden ist und der Kunde den Hauptvertrag später abschließt, ohne dem Makler – obwohl dies im Einzelfall geboten gewesen wäre – die Gelegenheit zu geben, die zunächst unvollständige Maklerleistung vollständig zu erbringen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.09.2008 – 7 U 185/07

BGB § 652

Problem/Sachverhalt

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Provision. Die Beklagte wendet ein, es fehle an einem vollständigen Nachweis. Die Klägerin hatte der Beklagten eine Objektliste übergeben, darunter auch das später angemietete. Die Personalien des Vermieters teilte die Klägerin der Beklagten zunächst nicht mit. Anlässlich einer Besichtigung verschiedener Objekte kam man auch am später angemieteten Objekt vorbei, besichtigte es aber nicht, weil die Beklagte hieran kein Interesse hatte. Später besichtigte die Beklagte dieses Objekt mit einem anderen Makler und mietete es an. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein Provisionsanspruch entstehe nur, wenn der Hauptvertrag infolge des Nachweises zu Stande gekommen sei. Hier fehle es an einem vollständigen Nachweis, da der Beklagten Namen und Anschrift des Vermieters nicht mitgeteilt worden sei. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das OLG bestätigt, dass zu einem vollständigen Nachweis auch Name und Anschrift des Vermieters gehörten. Durch den Nachweis muss der Maklerkunde in die Lage versetzt werden, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten. Der Nachweis ist nur vollständig, wenn der Kunde ohne eigene Ermittlungen und ohne weitere Mitwirkung des Maklers Kontakt zu dem potenziellen Vertragspartner aufnehmen kann. Dies ist vorliegend nicht geschehen. Gleichwohl liegt eine die Provisionspflicht auslösende Nachweismaklerleistung vor. Die Namhaftmachung des Vermieters ist nämlich dann entbehrlich, wenn es dem Kunden aus seiner Sicht vorerst nicht auf dessen Person ankam, weil er sich zunächst über die Geeignetheit des Objekts schlüssig werden wollte, wenn also durch den (unvollständigen) Nachweis das Interesse des Maklerkunden – zunächst – voll befriedigt worden ist und der Kunde den Hauptvertrag später abschließt, ohne dem Makler Gelegenheit zu geben, die zunächst unvollständige Maklerleistung vollständig zu erbringen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Kunde treuwidrig handelt und den Partner des Hauptvertrags selbstständig ermittelt, um so die Maklerprovision zu sparen. In einem solchen Fall kann ihm die Berufung auf die Unvollständigkeit des Erstnachweises versagt sein, weil er dem Makler nicht mitgeteilt hat, dass er nunmehr doch am Objekt interessiert ist und ihm so die Möglichkeit genommen hat, seine Nachweisleistung vollständig zu erbringen.

Praxishinweis

Zu einem vollständigen Nachweis gehören neben der Anschrift des Objekts auch die Personalien des potenziellen Vertragspartners. Gegenstand der Maklerleistung ist nämlich nicht der Nachweis eines „Objekts“, sondern „der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags“ (BGB § 652 Abs. 1 Satz 1). Fehlt es hieran, ist der Nachweis unvollständig. Gleichwohl liegt eine provisionspflichtige Nachweismaklerleistung vor, wenn es dem Maklerkunden zunächst auf den vollständigen Nachweis nicht ankommt. Wenn der Hauptvertrag später gleichwohl zu Stande kommt, ist ihm die Berufung auf die Unvollständigkeit des Nachweises nach Treu und Glauben (BGB § 242) versagt, wenn er dem Makler nicht Gelegenheit gegeben hat, den Nachweis zu vervollständigen.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2010, 70

Eine in einem notariellen Kaufvertrag enthaltene „Maklerklausel“ begründet keinen von einer vorherigen Vereinbarung unabhängigen Käuferprovisionsanspruch des Maklers, wenn die Klausel ausdrücklich auf eine „vereinbarte“ Provision Bezug nimmt.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.11.2009 – 15 U 15/09

BGB § 652

Problem/Sachverhalt

Mit der Klage verlangt der Kläger Rückzahlung geleisteter Käuferprovision mit der Begründung, zwischen den Parteien sei kein wirksamer Maklervertrag abgeschlossen worden. Die Beklagte verteidigt sich hiergegen unter anderem mit der Behauptung, auf den Abschluss eines Maklervertrags käme es letztlich nicht an. Der Kläger habe sich nämlich in einer „Maklerklausel“ im notariellen Kaufvertrag zur Zahlung der Provision verpflichtet. Dies begründe einen selbstständigen Rechtsgrund zum Behalten der Provision. Das Landgericht gibt der Klage statt. Auch aus der „Maklerklausel“ ergebe sich kein Provisionsanspruch. Diese enthalte inhaltlich weder ein Provisionsversprechen noch ein Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB. Zum anderen sei sie als mehrdeutige und überraschende Allgemeine Geschäftsbedingung nach § 305c Abs. 1 BGB unwirksam. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das OLG stellt fest, dass sich aus der Maklerklausel ein Provisionsanspruch nicht herleiten lässt. Dies ergibt sich daraus, dass die Klausel ausdrücklich auf „vereinbarte Provision/en“ Bezug nimmt. Vom Vorliegen einer solchen Voraussetzung kann jedoch im vorliegenden Fall gerade nicht ausgegangen werden. Dass der Inhalt der Klausel von den Parteien des notariellen Kaufvertrags abweichend vom Wortlaut dahingehend verstanden worden wäre, dass der Kläger unabhängig von einer vorherigen Vereinbarung Käuferprovision an die Beklagte zahlen sollte, ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht.

Praxishinweis

Es handelt sich um einen geradezu klassischen Fall. Eine Maklerklausel im notariellen Kaufvertrag begründet, richtig formuliert, einen selbstständigen Provisionsanspruch des Maklers im Sinne eines echten Vertrags zu Gunsten Dritter (BGB § 328). Sie ist mithin selbstständige Anspruchsgrundlage. Dies ist vor allem in Fällen von Bedeutung, in denen der Makler mit seinem Auftraggeber keinen (sonstigen) Maklervertrag abgeschlossen hat. Solche „Maklerklauseln“ finden sich oft am Ende notarieller Kaufverträge. Häufig werden sie lieblos formuliert. So im vorliegenden Fall: Aus welchen Gründen auch immer hat der Notar formuliert: „Die Beteiligten halten fest, dass dieser Vertrag durch Vermittlung bzw. Nachweis der Firma X zu Stande gekommen ist. Sie verpflichten sich zur Zahlung der vereinbarten Provision/en. Auch der Vermittler erhält eine Kopie dieses Vertrags.“ Wenn der Notar von den Parteien des Hauptvertrages den Auftrag hatte, im Wege eines echten Vertrags zu Gunsten Dritter einen Provisionsanspruch des Maklers zu formulieren, hätte er nicht auf eine bereits „vereinbarte“ Provision Bezug nehmen dürfen. Er hätte vielmehr durch die Maklerklausel einen selbstständigen und von einem etwaigen Maklervertrag unabhängigen Anspruch begründen müssen. Der Makler, zu dessen Gunsten die Maklerklausel in den Vertrag aufgenommen wurde, kann sich jetzt mit der Frage befassen, ob ihm möglicherweise ein Schadensersatzanspruch gegen den Notar zusteht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Kaufvertrag, in dem der Notar im Auftrag der Parteien einen Provisionsanspruch des Maklers im Sinne eines echten Vertrags zu Gunsten Dritter begründen soll, auch Schutzwirkung gegenüber dem Makler entfalten sollte (Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter). Diese Frage ist bislang – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden worden.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2010, 66

Es ist Sache des Maklers, klare Verhältnisse hinsichtlich einer von ihm verlangten Provision zu schaffen. Jede Unklarheit über einen stillschweigenden Vertragsschluss geht zu seinen Lasten.

LG Hamburg, Beschluss vom 07.08.2009, 309 S 66/09

§ 652 BGB

Problem/Sachverhalt

Der Makler verlangt mit der Klage von seinem Auftraggeber Zahlung von Maklerprovision für einen von ihm nachgewiesenen Mietvertrag. Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, zwischen Makler und Mieter sei ein Maklervertrag weder schriftlich, noch mündlich, noch konkludent abgeschlossen worden. Mangels vertraglicher Vereinbarung stünde dem Makler die strittige Provision nicht zu. Hiergegen wendet sich der Makler mit der Berufung.

Entscheidung

Ohne Erfolg. Mit knapper, aber zutreffender Begründung kündigt das Landgericht an, die Berufung gemäß § 522 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Mit deutlichen Worten weist das Gericht darauf hin, dass es Sache des Maklers ist, hinsichtlich seines Provisionsanspruchs klare Verhältnisse zu schaffen. Jede Unklarheit über einen stillschweigenden Vertragsabschluss geht zu Lasten des Maklers. Anspruchsgrundlage für die Maklerprovision ist der Abschluss eines Maklervertrages. Nur aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung kann der Makler von seinem Kunden im Erfolgsfalle Provision verlangen. Eine Provisionsvereinbarung kann mündlich, schriftlich oder auch konkludent abgeschlossen werden. Fehlt es an einem Vertragsabschluss, besteht kein Provisionsanspruch.

Praxishinweis

Es ist immer wieder erstaunlich, dass über die Provisionsvoraussetzungen gestritten wird, obwohl diese Frage in Rechtsprechung und Literatur seit langem geklärt ist. Der Makler kann von seinen Kunden Provision nur dann verlangen, wenn er dies ausdrücklich vereinbart hat. Der Kunde darf mangels anderweitiger Vereinbarung stets davon ausgehen, dass der Makler das Verkaufs- oder Mietobjekt von seinem Auftraggeber (Verkäufer oder Vermieter) „an die Hand bekommen“ hat. Ausnahme: Der Kauf-/oder Mietinteressent erteilt dem Makler einen sogenannten Suchauftrag. (Nur) in diesem Fall muss der Kunde davon ausgehen, dass der Makler nicht nur Objekte aus seinem Bestand anbietet, sondern aktiv nach geeigneten Objekten sucht (BGH NJW 2005, 3779, 3780, II. 2.). In diesem Fall darf er nicht davon ausgehen, dass der Makler dies ohne Vergütung tun will. In allen anderen Fällen muss der Makler sein Verlangen ausdrücklich deutlich machen. Dieses Provisionsverlangen, das rechtlich als Angebot zum Abschluss eines Maklervertrages zu werten ist, muss der Kunde – wie jedes andere Vertragsangebot – annehmen, damit es zum Vertragsschluss kommt. Dies kann auch konkludent geschehen. Nimmt der Maklerkunde in Kenntnis des Umstandes, dass der Makler im Erfolgsfall eine Provision verlangt, maklertypische Leistungen in Anspruch (oder lässt er sich solche gefallen), kommt hierdurch ein Maklervertrag konkludent zustande (BGH NJW 1999, 361, 362 II. 1. a. E.; BGH NJW 2002, 817; BGH NJW-RR 2007, 400; OLG Hamburg, IMR 2009, 361). Auch die Vertragsannahme durch konkludentes Handeln ist eine Annahmeerklärung. Es bedarf mithin in jedem Fall des Abschlusses eines Maklervertrages, will der Makler im Erfolgsfall eine Provision erhalten. Hieraus ergibt sich: Die bloße Entgegennahme maklertypischer Leistungen ohne vorheriges ausdrückliches Provisionsverlangen des Maklers führt nicht zum Abschluss eines Maklervertrages. Danach reicht z. B. auch die Besichtigung eines Verkaufsobjektes zusammen mit dem Makler für einen schlüssigen Vertragsabschluss nicht aus (st. Rspr. BGH NJW-RR 1999, 361; BGH NJW-RR 1996, 114 m. w. N.; OLG Koblenz NJW-RR 1997, 75; OLG Düsseldorf MDR 1998, 1341; BGH NJW 2002, 817; OLG Rostock NJW-RR 2006, 857; BGH NJW-RR 2007, 400, 401). Das OLG Düsseldorf (a. a. O.) formuliert: „Goldene Regel für jeden Makler muss es sein, erst nach einem deutlichen Provisionsverlangen, dass der Kunde akzeptiert hat, seine Maklerleistung zu erbringen“.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2010, 303

Ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 46 Abs. 1 GBV i. V. m. § 12 Abs. 3 GBO, Einsicht in die Grundakten zu nehmen und dadurch den vereinbarten Kaufpreis zu erfahren, hat der Grundstücksmakler allenfalls dann, wenn eine beträchtliche Wahrscheinlichkeit für die behauptete Entstehung eines nach der Kaufpreishöhe zu berechnenden Provisionsanspruchs spricht.

OLG Dresden, Beschluss vom 03.12.2009 – 3 W 1228/09 §§ 46 Abs. 1 GVB, 12 Abs. 3 GBO

Problem/Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist Maklerin. Zur Berechnung ihres Provisionsanspruchs möchte Sie den Kaufpreis in Erfahrung bringen, dessen Bekanntgabe ihr der zahlungsunwillige Käufer verweigert. Das Grundbuchamt hat ihren allein auf Kenntniserlangung vom Kaufpreis gerichteten Antrag, Einsicht in die Grundakten zu gewähren, unter Hinweis auf § 12 Abs. 1 GBO mit der Begründung abgelehnt, die Maklerin habe ein berechtigtes Interesse nicht ausreichend dargelegt. Hiergegen richtet sich deren Beschwerde, mit der sie ihr Einsichtsgesuch durchsetzen möchte.

Entscheidung

Ohne Erfolg. Das OLG weist die zulässige Beschwerde als unbegründet zurück. Das Einsichtsrecht gemäß § 12 GBO beschränkt sich nicht auf das Grundbuch. Gemäß §§ 12 Abs. 3, 10 Abs. 1 GBO kann grundsätzlich auch Einsicht in die zu den Grundakten genommenen Kaufvertragsurkunden genommen werden. Voraussetzung ist jedoch, dass auch und gerade an der „erweiterten“ Grundbucheinsicht ein berechtigtes Interesse besteht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Informationen über den Kaufpreis nicht zum eigentlichen Grundbuchinhalt gehören, auf dessen Publizität § 12 Abs. 1 GBO zielt. Da die uneingeschränkte Gestattung einer Einsicht in die Grundakten im Vergleich zur bloßen Erlaubnis, den ohnehin in weitem Umfang publiken Grundbuchinhalt einzusehen, das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Kaufvertragsparteien in weit stärkerem Maße berühren kann, ist zur Rechtfertigung dieses erheblichen Grundrechtseingriffs eine besonders sorgfältige und strenge Prüfung vonnöten, ob tatsächlich ein berechtigtes, also nach allgemeiner Ansicht verständiges, je nach Sachlage ausreichendes, gegebenenfalls auch bloß wirtschaftliches Interesse des Antragsstellers an der Einsicht vorliegt. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass derjenige, der durch die Einsichtsgewährung in seinem informationellen Selbstbestimmungsrecht betroffen ist, weder im Vorfeld der Entscheidung anzuhören noch im Nachgang beschwerdeberechtigt ist. Angesichts dieser Gesichtspunkte ist schon im Grundsatz fraglich, ob einem Käufernachweismakler der Kaufvertrag überhaupt zugänglich gemacht werden darf. Der Makler hat nämlich die Möglichkeit, den Kaufpreis von seinem zahlungsunwilligen Kunden auch anderweitig, nämlich im Wege einer Stufenklage in Erfahrung zu bringen. Auch kann er zunächst versuchen, den Kaufpreis über den Verkäufer zu erfahren. Ungeachtet dieser Erwägungen setzt eine Einsichtnahme in die Grundakte jedenfalls voraus, dass für das Bestehen eines Provisionsanspruchs nicht nur eine gewisse, sondern eine ganz beträchtliche Wahrscheinlichkeit spricht. Dies hat das OLG im vorliegenden Fall verneint. Einen schriftlichen Maklervertrag konnte die Maklerin nicht vorlegen. Sämtliche Provisionsentstehungsvoraussetzungen beruhten ausschließlich auf ihren nicht überprüfbaren Angaben. Das reicht nach Auffassung des OLG zur Bejahung einer beträchtlichen Wahrscheinlichkeit nicht aus.

Praxishinweis

Das OLG befasst sich mit dem Spannungsverhältnis zwischen den berechtigten Interessen des Maklers daran, den Kaufpreis zu erfahren, um seine Provision zu berechnen, und dem Recht der Vertragsparteien auf informationelle Selbstbestimmung. Es differenziert dabei zwischen der bloßen Grundbucheinsicht und der Einsicht in die zu den Grundbuchakten genommenen Urkunden. Das OLG stellt dabei zum Schutz der Vertragsparteien hohe Anforderungen an das vom Makler darzulegende berechtigte Interesse i. S. d. § 12 GBO. Das wird der Makler häufig nur schwer nachweisen können. Dieser Schwierigkeit kann er dadurch entgehen, dass er sich bereits bei Abschluss des Maklervertrages von seinem Auftraggeber unwiderruflich bevollmächtigen lässt, die Grundbuchakten einzusehen. Eine solche Vereinbarung ist auch in AGB´s möglich.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2010, 249

Bei Begründung eines neuen Mietverhältnisses verlangen Vermieter in der Regel von ihren Mietern eine Kaution. Die entsprechende gesetzliche Regelung (§ 551 BGB) verwendet diesen Begriff nicht. Dort ist von „Sicherheit“ die Rede. Das Gesetz lässt offen, in welcher Form diese Sicherheit zu leisten ist. Es bestimmt lediglich deren Höhe (höchstens 3 Monatsnettomieten), die Zahlung in Teilbeträgen (3 gleiche monatliche Teilzahlungen, sofern Kaution in Geld vereinbart ist), sowie die Anlage des Geldbetrages (§ 551 Abs. 3 BGB).

Enthält der Mietvertrag keine anders-lautende Regelung, kann die Sicherheit mithin auch in anderer Form, etwa durch Stellung einer Bürgschaft, einer Garantieerklärung oder in ähnlicher Form erbracht werden.

In vorformulierten Mietverträgen ist in der Regel eine Sicherheit in Geld vorgesehen. Dieses Geld muss der Vermieter getrennt von seinem Vermögen anlegen. Dies deshalb, damit es im Falle einer Insolvenz des Vermieters dem Mieter nicht verloren geht. § 551 Abs. 3 BGB sieht als Mindestvorgabe die Anlage der Kaution bei einem Kreditinstitut zu den für Spareinlagen mit 3 monatiger Kündigungsfrist üblichen Konditionen vor. Ist im Vertrag nichts anderes vereinbart, kann der Mieter die Anlage auch selbst vornehmen und dem Vermieter diese als Sicherheit zukommen lassen.

Nachteile für Vermieter und Mieter

Sowohl für den Vermieter, wie auch für den Mieter ist die Stellung einer Barkaution mit Nachteilen verbunden: Der Vermieter muss ein Sparbuch anlegen und dies für den Mieter verwahren. Bei Beendigung des Mietverhältnisses muss er das Sparkonto auflösen und die Kaution nebst inzwischen angefallener Zinsen an den Mieter überweisen bzw. auszahlen. Der Mieter muss den oft nicht unerheblichen Kautionsbetrag dem Vermieter für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses zur Verfügung stellen. Damit ist der Kautionsbetrag für ihn bis auf weiteres faktisch weg. Unterstellt, ein Mietverhältnis dauert lebenslang, erhalten frühestens die Erben des Mieters den Geldbetrag nebst Zinsen zurück. Für den Mieter fließt damit die Kaution endgültig aus seinem verfügbaren Vermögen ab.

Alternative: Kautionskassen

Wegen dieser für Vermieter und Mieter oft nachteiligen Seiten der Barkaution bieten seit einiger Zeit sog. Kautionskassen Alternativlösungen an: Die Kautionskasse, hinter der in der Regel eine Versicherung steht, übernimmt gegenüber dem Vermieter eine Bürgschaft in Höhe der mit dem Mieter vereinbarten Kaution. Je nach Ausgestaltung der Bürgschaft gewährleistet diese im Leistungsfall eine Auszahlung der Kaution an den Vermieter, und zwar auf erstes Anfordern. Dies bedeutet, dass der Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses gegenüber der Kautionskasse bzw. – je nach Ausgestaltung – gegenüber der Versicherung den Eintritt des Bürgschaftsfalles behaupten muss. Die Versicherung nimmt dann die Auszahlung des verbürgten Kautionsbetrages gemäß Anforderung an den Vermieter vor – und zwar unabhängig davon, ob der Mieter hiermit einverstanden ist oder nicht. Allerdings soll die Kautionskasse bzw. die hinter ihr stehende Versicherung den Mieter zunächst befragen, welche Einwendungen er ggf. gegen die Auszahlung des Kautionsbetrages erhebt. Eine Auszahlung wird jedoch nur in Extremfällen unterbleiben. Damit ist der Mieter aber nicht schlechter gestellt, als im Fall der Überlassung einer Barkaution. Diese wird der Vermieter im Zweifel einfach einbehalten, so dass auch hier der Mieter letztlich nur über eine gerichtliche Klärung seine Kaution zurückerhält. So ist es im Grunde auch bei der Inanspruchnahme der Bürgschaft: Ist der Mieter der Auffassung, dass dem Vermieter die Kaution nicht zusteht, muss er sich mit diesem hinsichtlich einer etwaigen Rückzahlung auseinandersetzen.

Wohnbürgschaft für alle Mieter?

Nicht ganz! Bei den meisten Kautionskassen stellt der Mieter den Kautionsantrag über die Homepage des Anbieters. Dieser führt zunächst eine Bonitätsprüfung (Schufa-Anfrage) durch. Als Kunde genommen wird nur, wessen Bonitätsprüfung positiv ausfällt. Ist dies der Fall, erhält der Vermieter eine entsprechende Bürgschaftserklärung der hinter der Kautionskasse stehenden Versicherung. Den Bürgschaftsbetrag kann er anfordern, wenn die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Kaution vor-liegen. Das ist in der Regel bei Beendigung des Mietverhältnisses.

Vorteile der Kautionskassenregelung

Damit liegen zunächst die Vorteile dieser Kautionsgestaltung auf der Hand: Der Vermieter hat keinerlei Verwaltungs-kosten und sonstigen Aufwand. Er muss bei Beginn des Mietverhältnisses kein Kautionskonto anlegen und dieses bei Vertragsbeendigung wieder abrechnen. Er muss die Kaution während der Dauer des Mietverhältnisses nicht verwalten. Er muss sich nicht um die gesetzmäßige Anlage des Geldes kümmern und sich nicht den Kopf über die steuerliche Seite der Zinserträge zerbrechen. Der Mieter muss den Kautionsbetrag nicht zur Verfügung stellen. Dies ist für ihn vorteilhaft, da mit der Begründung eines neuen Mietverhältnisses häufig hohe Kosten für Umzug, Wohnungseinrichtung u. a. verbunden sind. Eine zusätzliche Kautionsbelastung ist dabei für manchen Mieter häufig nur schwer zu verkraften, zumal dann, wenn er aus seinem soeben beendeten Mietverhältnis die Kaution – noch – nicht zurück erhalten hat.

Welche Kosten entstehen?

Das Ganze ist natürlich nicht kostenlos. Die Kosten sind einseitig verteilt. Sie müssen vom Mieter getragen werden. Manche Kautionskassen verlangen zu-nächst einmal eine einmalige Bearbeitungsgebühr in Höhe von € 50,00 sowie ab dem 2. Jahr einen jährlichen Sockelbetrag („Kontoführungsgebühr“) von € 10,00. Hinzukommt eine jährliche Gebühr in Höhe von ca. 5% des Kautionsbetrages. Damit entstehen dem Mieter bei einer Kaution von bspw. € 1.500,00 im ersten Jahr Kosten in Höhe von € 125,00. In den Folgejahren betragen die jährlichen Kosten € 85,00. Bei einem lang dauernden Mietverhältnis kann so schon ein erheblicher Betrag zusammen-kommen.

Andere Kautionskassen berechnen weder eine einmalige Bearbeitungs-, noch eine jährliche Grundgebühr. Es ist lediglich ein Jahresbetrag in Höhe von 5,25% des Kautionsbetrages zu entrichten. Dies er-gibt eine Jahresgebühr in Höhe von € 78,75.

Wer sich also für die Kautionslösung entscheidet, sollte zunächst prüfen, welche Gebühren die verschiedenen Anbieter verlangen.

Ausblick

Derzeit gibt es Befürworter und Gegner der Kautionslösung. Wer bei Google den Begriff „Mietkautionskasse“ eingibt, findet im Internet umfangreiche Informationen. Ob sich diese Art der Kautionsleistung letztlich durchsetzt, bleibt abzuwarten. Die Vorteile für Vermieter und Mieter, insbesondere hinsichtlich der einfachen Abwicklung, liegen auf der Hand. Die vom Mieter zu zahlenden Kosten sind in der Regel transparent und übersichtlich. Richtig ist, dass der Mieter, der eine Barkaution zahlt, am Ende der Mietzeit die aus der Anlage der Mietkaution erwirtschafteten Zinsen erhält. Zinsen gibt es bei der Kautionskassenlösung nicht. Dafür behält der Mieter aber sein Geld, das er, soweit vorhanden, selbst anlegen kann. Jedenfalls dürfte die Zinsfrage beim gegenwärtigen Zinsniveau keine entscheidende Rolle spielen.

Autor: Wolfgang Lehner, AIZ 2010, Heft 6, S.74

Mit Urteil vom 16.06.2010 hat das Oberlandesgericht Oldenburg eine Entscheidung des Landgerichts Oldenburg vom 23.03.2009 aufgehoben und der klagenden Maklerin im Ergebnis in vollem Umfang zu der eingeklagten Provision verholfen. Im Rahmen dieser Entscheidung hat sich das Berufungsgericht mit vielen Fragen des Maklerrechts befasst. Es lohnt sich deshalb für jeden interessierten Makler, sich mit dieser Entscheidung zu befassen.

Der Sachverhalt

Die Klägerin ist Immobilienmaklerin. Sie verlangt von den Beklagten, einem Ehepaar, eine Käuferprovision in Höhe von € 14.815,50 für den erfolgreichen Nachweis der Gelegenheit zum Erwerb eines Einfamilienhauses. Die Klägerin hatte Exposés bei Immoscout24, bei Immowelt sowie auf ihrer eigenen Homepage veröffentlicht. Bei den jeweiligen Objektbeschreibungen befand sich eine Rubrik „Provision“. Dort hieß es: „Vermittlungsprovision 5,95% vom Kaufpreis“.

Schon früher hatte sich die Ehefrau bei der Maklerin aufgrund einer Anzeige wegen eines anderen Grundstücks gemeldet. Die Anzeige hatte damals den Hinweis enthalten, dass die Maklerin vom Käufer eine Provision in Höhe von 5,95% beanspruche. Damals war es nicht zum Abschluss eines Kaufvertrages gekommen.

Nach Durchführung einer Beweisaufnahme wies das Landgericht Oldenburg die Klage mit der Begründung ab, die Maklerin habe den Abschluss eines Maklervertrages nicht beweisen können. Hiergegen wandte sich die Maklerin mit der Berufung. Das Oberlandesgericht bestätigte die Abweisung der Klage gegen den Ehemann. Hinsichtlich der Ehefrau hob es das landgerichtliche Urteil auf und gab der Klage statt. Die Ehefrau wurde verurteilt, an die Maklerin die volle Provision in Höhe von € 14.815,50 zu bezahlen.

In den Urteilsgründen hat sich das Oberlandesgericht sehr ausführlich mit vielen Fragen auseinandergesetzt, die in Provisionsprozessen immer wieder eine Rolle spielen. Hier die Einzelheiten.

1. Zustandekommen des Maklervertrages:

Zunächst bestätigt das Gericht eine Selbstverständlichkeit: Die Wirksamkeit eines Maklervertrages ist grundsätzlich nicht von einer bestimmten Form abhängig. Ein Maklervertrag kann schriftlich, mündlich oder konkludent abgeschlossen werden. Ein konkludenter Vertragsabschluss liegt bspw. dann vor, wenn der Maklerkunde in Kenntnis des Provisionsverlangens des Maklers sog. maklertypische Leistungen in Anspruch nimmt. Dies wertet die Rechtsprechung als Annahme des Angebotes auf Abschluss eines Maklervertrages.

2. Ein Maklervertrag kann auch nach Erbringung der Maklerleistung noch wirksam abgeschlossen werden:

Im vorliegenden Fall hatte die Maklerin ihre Maklerleistung (den Nachweis) bereits erbracht, als der Maklervertrag abgeschlossen wurde. Hierin sieht das Oberlandesgericht kein Hindernis. Ein Maklerkunde kann sich auch dann noch wirksam zur Zahlung einer Nachweisprovision verpflichten, wenn der Makler den Nachweis bereits erbracht hat. Eine Provision kann sogar unabhängig von einer als Maklerleistung zu qualifizierenden Tätigkeit vereinbart werden. In diesem Fall spricht man von einem selbständigen Provisionsversprechen.

3. Keine Ehegattenhaftung für Maklerprovision:

Im vorliegenden Fall hatte die Maklerin auch den Ehemann der Kundin mit verklagt, obwohl der Maklervertrag nur mit der Ehefrau abgeschlossen worden war. Dies lässt das Oberlandesgericht nicht gelten: Zwar ist es im Rahmen der ehegemeinschaftlichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich möglich, dass ein Ehegatte für Geschäfte, die der andere Ehegatte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie abgeschlossen hat, haftet. Dies ist in § 1357 BGB so vorgesehen. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist jedoch auf solche Geschäfte beschränkt, über deren Abschluss die Ehegatten sich nach ihrem konkreten Lebenszuschnitt üblicherweise nicht vorher verständigen. Im vorliegenden Fall ging es um die Zahlung einer Maklerprovision in Höhe von knapp € 15.000,00 im Zusammenhang mit dem Kauf eines Einfamilienhauses. Über eine derartige Verpflichtung pflegen Eheleute sich in der Regel vorher abzustimmen. Allein der Umstand, dass die erworbene Immobilie als Wohnhaus der Familie dienen sollte, rechtfertigt nicht den Schluss, dass bei den damit im Zusammenhang stehenden Rechtsgeschäften generell keine vorherige Verständigung der Ehegatten zu erwarten ist. Wie der vorliegende Fall zeigt, können derartige Rechtsgeschäfte erhebliche finanzielle Verpflichtungen nach sich ziehen.

Im Falle einer – deutlich niedrigeren – Mietprovision hatte das Landgericht Darmstadt im Jahr 2005 anders entschieden. Aus einem nur vom Ehemann unterzeichneten Maklervertrag hinsichtlich eines Mietvertrages über ein Wohnhaus hatte das Landgericht auch die Ehefrau für verpflichtet gehalten, da die nach außen in Erscheinung getretene Abstimmung der Ehegatten ergeben habe, dass der Vertragsabschluss in den Geltungsbereich des § 1357 BGB fallen sollte.

4. Keine Provision ohne ausdrückliche Vereinbarung:

Auch hier befasst sich das Oberlandesgericht im Grunde mit einem alten Hut: Das Gericht bestätigt die herrschende Rechtsprechung, nach der ein Kaufinteressent, der sich an einen Makler wendet, damit noch nicht schlüssig seine Bereitschaft zur Zahlung einer Maklerprovision für den Fall bekundet, dass ein Vertrag über das angebotene Objekt zustande kommt. Der Kaufinteressent darf nämlich, soweit ihm Gegenteiliges nicht bekannt ist, davon ausgehen, dass der Makler das Objekt von dem Verkäufer an die Hand bekommen hat und deshalb mit der angetragenen Weitergabe von Informationen eine Leistung für den Anbieter erbringen will und deshalb von diesem auch hierfür bezahlt wird. Ohne weiteres braucht der Kaufinteressent in einem solchen Fall nicht damit zu rechnen, dass der Makler auch von ihm eine Provision erwartet.

Dies ist erst dann anders, wenn der Makler den Kaufinteressenten unmissverständlich auf eine von ihm im Erfolgsfall zu zahlende Käuferprovision hingewiesen hat. Ein Kaufinteressent, der in Kenntnis eines solchen eindeutigen Provisionsverlangens des Maklers dessen Dienste in Anspruch nimmt, gibt damit grundsätzlich in schlüssiger Weise zu erkennen, dass er den in dem Provisionsbegehren liegenden Antrag auf Abschluss eines Maklervertrages annehmen will. Auf diese Weise kommt also ein Maklervertrag (=Provisionsvereinbarung) zustande.

5. Provisionsverlangen muss das konkrete Objekt betreffen:

Es reicht auch nicht aus, dass der Makler den Kaufinteressenten im Hinblick auf ein anderes Objekt auf die anfallende Provision hingewiesen hat. Es kann nämlich durchaus sein, dass ein Makler in einem Fall vom Käufer eine Provision verlangen will, im anderen Fall aber nicht (etwa, weil der Verkäufer die Gesamtprovision trägt). Der Erklärung des Maklers, im Falle des Erwerbs eines bestimmten Objektes Provision zu verlangen, ist nicht zugleich auch für den Erwerb anderer Objekte ein eindeutiges Provisionsverlangen zu entnehmen. Hierzu bedarf es vielmehr einer Vereinbarung mit dem Makler, dass generell beim Erwerb einer von diesem nachgewiesenen oder vermittelten Vertragsgelegenheit eine Käuferprovision zu zahlen sei.

6. Provisionsverlangen muss deutlich erkennen lassen, wer provisionspflichtig sein soll:

Aus dem Umstand, dass der Kaufinteressent bis zur Vereinbarung des Gegenteils grundsätzlich davon ausgehen darf, dass der Verkäufer den Makler bezahlt, ergibt sich noch eine weitere Gefahr, auf die das OLG ausdrücklich hinweist: Der Kaufinteressent darf sich völlig ahnungslos stellen. Im vorliegenden Fall enthielt das Exposé der Maklerin folgenden Provisionshinweis:

„Provision: Vermittlungsprovision 5,95% vom Kaufpreis“.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist dies kein eindeutiges Provisionsverlangen gegenüber dem Kaufinteressenten. Vor dem Hintergrund, dass nämlich der Kaufinteressent grundsätzlich davon ausgehen könne, dass der Verkäufer den Makler bezahle (siehe oben) könne nämlich ein solcher Hinweis auf eine anfallende Provision ohne genaue Klarstellung, wer die Provision zu zahlen habe, auch dahin verstanden werden, dass der Verkäufer versuchen werde, seine eigene Provisionsbelastung versteckt – durch Erhöhung des Kaufpreises – oder offen – durch eine entsprechende Klausel im Kaufvertrag – auf den Käufer abzuwälzen. Unter solchen Umständen bilde der Hinweis auf eine neben dem Kaufpreis zu zahlende Provision lediglich eine Mitteilung rein tatsächlicher Art über zusätzliche Kosten und damit über einen bei den Kaufpreisverhandlungen zu berücksichtigenden Faktor.

Nach diesem Maßstab könne – so das OLG – bezweifelt werden, ob in der konkreten Angabe „Provision: Vermittlungsprovision 5,95% vom Kaufpreis“ ein eindeutiges Provisionsverlangen gegenüber dem Kaufinteressenten vorläge. Es sei nämlich nicht klar erkennbar, dass der Makler im Erfolgsfall berechtigt sein soll, die Provision vom Käufer zu verlangen.

Das Oberlandesgericht lässt offen, ob dieser Auffassung, die von verschiedenen anderen Gerichten vertreten wird, tatsächlich gefolgt werden kann. Es hält die mitgeteilte Auffassung jedoch für erwägenswert. Im konkreten Fall kam es hierauf nicht entscheidend an, so dass das Oberlandesgericht die Frage letztlich nicht entscheiden musste. Für den gewissenhaften Makler empfiehlt es sich jedoch in jedem Fall, diesen Erwägungen Rechnung zu tragen und die Provision eindeutig als „Verkäuferprovision“ oder „Käuferprovision“ zu bezeichnen.

7. Nachweis oder Vermittlung – alles dasselbe?

Das OLG fand schließlich noch ein weiteres Haar in der Suppe: In der zitierten Provisionsregelung ist nur von „Vermittlungsprovision“ die Rede. Das OLG hielt dies für eine „weitere Ungereimtheit“, machte doch die Maklerin mit ihrer Klage eine Nachweisprovision geltend. Mit Recht weist das Gericht darauf hin, dass Vermittlungs- und Nachweisprovision zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Wer nur eine Vermittlungsprovision vereinbart, kann auch nur eine solche verlangen. Für eine erfolgreiche Nachweistätigkeit stünde ihm dann keine Provision zu. Das OLG stellte hierzu fest: „Eine Vermittlung, die in § 652 Abs. 1 BGB als eigenständige Fallgruppe dem Nachweis gegenübergestellt ist, setzt prinzipiell voraus, dass der Makler bewusst und aktiv auf die Willensentschließung des Vertragspartners des Auftragsgebers eingewirkt hat, um dessen Bereitschaft zum Abschluss des beabsichtigten Hauptvertrages zu fördern“. Eine derartige Tätigkeit habe die Maklerin jedoch weder vorgetragen noch sei eine solche sonst erkennbar. Eine Nachweistätigkeit sei zwar dargelegt worden, eine hierauf gerichtete Nachweisprovision sei jedoch ausdrücklich nicht vereinbart worden. Trotz erfolgreichen Nachweises stünde mithin der Maklerin eine Nachweisprovision mangels entsprechender Vereinbarung nicht zu.

Auch diese Frage konnte das OLG letztlich offen lassen, da es hierauf nicht ankam. Die Tendenz dieser Rechtsprechung ist jedoch eindeutig: Nur wenn eine eindeutige und klare Provisionsvereinbarung vorliegt, steht dem Makler ein Provisionsanspruch zu, und zwar nur auf die Provision, die er konkret vereinbart hat.

Diese Auffassung wird nicht von allen Gerichten geteilt. So ist bspw. das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 17.02.1995 zu dem Ergebnis gelangt, dass häufig im allgemeinen Geschäftsverkehr zwischen Nachweis- und Vermittlungstätigkeit überhaupt nicht differenziert wird, sondern die Begriffe unspezifisch verwendet werden. Nach Auffassung des OLG Düsseldorf hat der Makler grundsätzlich bereits dann einen Provisionsanspruch, wenn bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen den Parteien eines Maklervertrages bei Vertragsabschluss das Bewusstsein der Unterschiedlichkeit von Nachweis- und Vermittlungstätigkeit fehlte. Es muss nur eine der Leistungen, d. h. Nachweis oder Vermittlung, erbracht worden sein.

Auch hier wird jedoch der gewissenhafte Makler der unterschiedlichen Rechtsprechung Rechnung tragen und fürsorglich seinen Provisionsanspruch für beide Alternativen vereinbaren, nämlich als Nachweis- und/oder Vermittlungsprovision (vgl. zu dieser Problematik auch die Veröffentlichung des Unterzeichners in AIZ 07-08/2008, Seite 55: Doppelt genäht hält besser: Warum der Nachweismakler immer auch Vermittlungsmakler sein sollte – und umgekehrt).

8. Zusammenfassung

Das OLG Oldenburg legt den Finger schmerzhaft in diverse Wunden, die dem Makler schwer zu schaffen machen können. Ob nun ein Provision als „Verkäuferprovision“, „Käuferprovision“, „Courtage“, „Vermittlungsprovision“ oder „Nachweisprovision“ bezeichnet wird, hängt oft vom Zufall ab. Häufig ist auch lediglich Gedankenlosigkeit oder eine Ablenkung Grund für die jeweils gewählte Formulierung. Wenn sich dann ein Gericht an dieser Formulierung aufhängt und einen Provisionsanspruch verneint, ist dies eine allzu bittere Konsequenz nach dem Motto: „Kleine Ursache, große Wirkung.“

Häufig haben Gerichte auch ein aus dem konkreten Fall begründetes Unbehagen an einem an sich zwingenden Ergebnis. Dankbar werden dann die vorbeschriebenen Unkorrektheiten aufgegriffen, um ein als gerecht empfundenes anderes Ergebnis zu begründen.

Makler sollten deshalb bei der Formulierung ihrer Vertragsbedingungen oder Provisionsvereinbarungen, bei Angaben im Internet oder im Exposé stets sorgfältig arbeiten. Es gilt der Grundsatz: Je klarer und eindeutiger das Provisionsverlangen ist, umso sicherer lässt sich später ein Provisionsanspruch im Streitfall durchsetzen.

Autor: Wolfgang Lehner, AIZ Das Immobilienmagazin, Ausgabe 10 / 2010, S.58

Kann der Verkäufer seine Behauptung, die von ihm übernommene Verpflichtung zur Courtagezahlung solle nur für den Fall gelten, dass sämtliche Eigentumswohnungen bis zu einem bestimmten Termin verkauft sind, nicht beweisen, so kann eine Auslegung dahin in Betracht kommen, es werde vom Verkäufer nur eine Courtage für die bis zu diesem Tag verkauften Wohnungen geschuldet.

OLG Jena, Urteil vom 03.02.2010 – 2 U 589/09

BGB § 652

Problem/Sachverhalt

Der Kläger ist Immobilienmakler. Die Beklagte war Eigentümerin einer Immobilie. Sie projektierte das Objekt und teilte es in Eigentumswohnungen auf. Am 15.08.2003 betraute sie den Kläger mit der Vermarktung des Objektes. Dabei wies sie darauf hin, dass die Vermarktung angesichts der auslaufenden Finanzierung bis 31.12.2003 abgeschlossen sein müsse. Dies gelang dem Kläger nicht. Teilweise wurden Wohnungen erst nach diesem Zeitpunkt veräußert. Mit der Klage macht der Makler Provisionen für sämtliche verkaufte Wohnungen geltend, also auch für diejenigen, die nach dem 31.12.2003 veräußert wurden. Die Beklagte bestritt den Provisionsanspruch als Ganzes. Eine Provision sei mit dem Kläger nur für den Fall vereinbart worden, dass es ihm gelinge, bis Ende 2003 den Verkauf sämtlicher Eigentumswohnungen zu bewirken. Es habe sich um eine Erfolgsprovision gehandelt. Der Erfolgt habe darin bestanden, dass der Kläger bis zum Jahreswechsel für sämtliche Wohnungen Käufer fand. Dies sei ihm nicht gelungen, der Erfolg mithin nicht eingetreten. Nach der Beweisaufnahme gab das Landgericht der Klage statt. Die Behauptung des Beklagten, dass die Provision unter der Bedingung stand, dass sämtliche Wohnungen bis 31.12.2003 verkauft würden, habe die Beweisaufnahme nicht ergeben. Dem Kläger stünde deshalb Provision für alle auf seiner Marklertätigkeit beruhenden Verkäufe zu. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.

Entscheidung

Mit – teilweisem – Erfolg. Das OLG legt die zwischen den Parteien streitige Provisionsvereinbarung – anders als das LG – dahingehend aus, dass die Parteien für jeden Verkauf einer Eigentumswohnung eine Provision vereinbart hätten, allerdings nur für Vertragsabschlüsse, die bis zum 31.12.2003 erfolgten. Für alle nach diesem Datum verkauften Eigentums-wohnunungen sollte der Markler keine Verkäuferprovision erhalten. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme sei zwar nicht darüber gesprochen worden, welche Folge es habe, wenn einzelne Wohnungen nicht bis zum 31.12.2003 verkauft wurden. Der Kläger habe jedoch seinen Verkäufer-provisionsanspruch gerade damit begründet, dass ihm bis zum Jahresende nur noch wenig Zeit verbliebe und er sich deshalb „nun in die Vermaklung mehr hineinknien“ müsse. Erst aufgrund dieser Erwägungen war die Beklagte überhaupt bereit, eine Verkäuferprovision zu bezahlen. Vor diesem Hintergrund wusste der Kläger, dass er nur für die von ihm vermittelten Verkäufe von der Beklagten Provision verlangen könne, die bis zum Jahresende zustande kommen würden.

Praxishinweis

Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Beide Gerichte mussten sich mit der Auslegung einer – mündlich getroffenen – unklaren Vereinbarung befassen und diese gemäß §§ 133, 157 BGB auslegen. Es war ein Fehler, diese Vereinbarung nicht eindeutig zu formulieren und schriftlich niederzulegen. Dies wäre im vorliegenden Fall unschwer möglich gewesen. Die Interessenlage beider Parteien war klar: Der Markler wollte für alle von ihm erreichten Vertragsabschlüsse eine Provision erhalten, die Verkäuferin wollte mit der Provisionsregelung einen Anreiz für den Kläger schaffen, die Kaufverträge über alle Wohnungen bis Ende des laufenden Jahres abzuschließen. Dies war ein klarer Sachverhalt, der unschwer hätte eindeutig geregelt werden können. So haben beide Parteien ihre Vorstellung nur zum Teil durchsetzen können.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2010, 393

Die Verpflichtung zur Zahlung einer Maklerprovision von € 15.000,00 im Zusammenhang mit dem Kauf eines Einfamilienhauses zählt nicht zu den Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs nach § 1357 BGB.

OLG Oldenburg, Urteil vom 16.06.2010 – 5 U 138/09

§§ 652, 1357 BGB

Problem/Sachverhalt

Die Klägerin ist Immobilienmaklerin. Sie verlangt von den Beklagten, einem Ehepaar, als Gesamtschuldner eine Käuferprovision in Höhe von € 14.815,50 für den erfolgreichen Nachweis der Gelegenheit zum Erwerb eines Einfamilienhauses. Nach Durchführung einer Beweisaufnahme weist das Landgericht die Klage mit der Begründung ab, die Klägerin habe nicht den Abschluss eines Maklervertrages mit dem Beklagten beweisen können. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Entscheidung

Mit – teilweisem – Erfolg. Das OLG prüft und bestätigt die Voraussetzungen eines Maklervertrages zwischen der Maklerin und der Ehefrau. Zwischen diesen ist ein Maklervertrag zustande gekommen. Die Ehefrau hat das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Maklervertrages angenommen. Da die Eheleute die von der Maklerin nachgewiesene Vertragsgelegenheit wahrgenommen haben, ist die Ehefrau entgegen der Auffassung des Landgerichts zur Zahlung der vereinbarten Provision verpflichtet. Hinsichtlich des Ehemannes liegen diese Voraussetzungen jedoch nicht vor. Dessen Inanspruchnahme kommt deshalb nur gemäß § 1357 Abs. 1 BGB in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Eine Mitverpflichtung des am Vertragsabschluss nicht beteiligten Ehegatten gemäß § 1357 Abs. 1 BGB setzt ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie voraus. Der Anwendungsbereich der Norm ist damit auf solche Geschäfte beschränkt, über deren Abschluss die Ehegatten sich nach ihrem konkreten Lebenszuschnitt nicht vorher verständigen. Im vorliegenden Fall geht es um die Zahlung einer Maklerprovision in Höhe von knapp € 15.000,00 im Zusammenhang mit dem Kauf eines Einfamilienhauses. Über eine derartige Verpflichtung pflegen Eheleute sich in der Regel vorher abzustimmen (OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 1524, 1525). Aus welchem Grund hier eine Ausnahme vorliegen sollte, ist weder dargetan, noch sonst ersichtlich. Dass die zu erwerbende Immobilie der Familie als Wohnhaus dienen sollte, rechtfertigt nicht den Schluss, dass bei den damit im Zusammenhang stehenden Rechtsgeschäften generell keine vorherige Verständigung der Ehegatten zu erwarten ist. Wie der vorliegende Fall zeigt, können derartige Rechtsgeschäfte erhebliche finanzielle Verpflichtungen nach sich ziehen. Eine Parallele zu der Mitverpflichtung eines Ehepartners durch eine möglicherweise kostspielige ärztliche Behandlung des anderen Ehepartners besteht nicht. Schon wegen der existenziellen Bedeutung der Gesundheit ist kein unmittelbarer Vergleich mit Gestaltungen wie im zu entscheidenden Fall möglich. Zum anderen bedarf es selbst in den Fällen, in denen es um eine ärztliche Versorgung geht, einer differenzierten Betrachtung unter Berücksichtigung der Art und Dringlichkeit einer Behandlung sowie der dadurch entstehenden Kosten.

Praxishinweis

Die Maklerin hatte beide Eheleute verklagt. Nach den Feststellungen des OLG war ein Maklervertrag nur mit der Ehefrau zustande gekommen. Eine Inanspruchnahme des Ehemannes kam deshalb nur über § 1357 BGB in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift hat das OLG verneint. Dies dürfte für die Mehrzahl aller ehelichen Lebensverhältnisse gelten. Im Falle einer – deutlich niedrigeren – Mietprovision hatte das Landgericht Darm-stadt im Jahr 2005 anders entschieden. Aus einem nur von dem Ehemann unterzeichneten Maklervertrag hinsichtlich eines Mietvertrages über ein Wohnhaus hatte das LG auch die Ehefrau für verpflichtet gehalten, da die nach außen in Erscheinung getretene Abstimmung der Ehegatten ergab, dass der Vertragsschluss in den Geltungsbereich des § 1357 BGB fallen sollte. (LG Darmstadt, B. v. 25.08.2005 – 25 S 81/05).

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2010, 396

Zur Wirksamkeit der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Klausel, wonach der am Erwerb einer Immobilie interessierte Kunde ein „Tätigkeitsentgelt“ für die Reservierung (Absehen von weiterem Anbieten) des Kaufobjekts an den mit dem Verkaufsinteressenten verflochtenen Verwender zu zahlen hat, das auch bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrags dem Verwender verbleiben soll.

BGH, Urteil vom 23.09.2010 – II ZR 21/10

BGB § 652

Problem/Sachverhalt

Die Kläger interessierten sich für den Kauf einer Eigentumswohnung zum Preis von € 296.000,00. Sie unterzeichneten einen von der Beklagten, der mit der Verkäuferin verflochtenen Baubetreuerin, vorgelegten „Auftrag zur Vorbereitung eines notariellen Kaufvertrages und Finanzierungsbearbeitung“. Darin wurde die Beklagte unter anderem beauftragt, die Wohnung „anderweitig nicht mehr anzubieten, sondern sie für den Kaufinteressenten reserviert zu halten“. Die Kläger verpflichten sich in dieser Vereinbarung, „für diese Tätigkeit“ an die Beklagte einen Betrag in Höhe von € 750,00 „als Tätigkeitsentgelt für die Reservierung (Verzicht auf weiteres Anbieten)“ zu bezahlen. Der Betrag war „mit Unterschrift auf diesem Auftrag zur Zahlung fällig“. Bei Abschluss des Kaufvertrages sollte er mit der ersten Kaufpreisrate verrechnet werden. Eine Erstattung für den Fall des Nichtzustandekommens des Kaufvertrages war nicht vorgesehen. Die Kläger zahlten den Betrag. In der Folgezeit gaben sie ihre Erwerbsabsicht auf und verlangten ihr Geld zurück, was die Beklagte ablehnte. Amtsgericht und Landgericht gaben der Klage statt. Hiergegen wendete sich die Beklagte mit der zugelassenen Revision.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Der BGH stellt fest, dass die Beklagte das Reservierungsentgelt rechtsgrundlos erhalten hat. Die fragliche Klausel ist als Teil der AGB der Beklagten wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Sie unterliegt gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle. Die vereinbarte „Vermittlungs-Dienstleitung“ der Beklagten stellt die eigentliche Hauptleistung dar. Die Vereinbarung des Reservierungsentgelts ist demgegenüber (nur) eine Klausel, die das Hauptleistungsversprechen ausgestaltet oder modifiziert. Solche Klauseln unterliegen der Inhaltskontrolle. Die Klausel benachteiligt die Kaufinteressenten unangemessen, weshalb sie gemäß § 307 BGB unwirksam ist. Hierbei kann offen bleiben, ob auf den vorliegenden Fall maklerrechtliche Grundsätze Anwendung finden, obwohl eine Maklertätigkeit wegen der Verflechtung der Beklagten mit der Verkäuferin ausgeschlossen ist. Denn die streitige Klausel hält in keinem Fall der Inhaltskontrolle stand. Durch sie versucht nämlich die Beklagte durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten ihres Vertragspartners durchzusetzen, ohne von vorn herein auch deren Belange hinreichend zu berücksichtigen. Die streitgegenständliche Klausel stellt letztlich den Versuch der Beklagten dar, sich für den Fall des Scheiterns ihrer Vermittlungsbemühungen gleichwohl eine (erfolgsunabhängige) Vergütung zu sichern, ohne dass dabei gewährleistet ist, dass sich hieraus für den Kunden nennenswerte Vorteile ergeben oder seitens der Beklagten eine geldwerte Gegenleistung zu erbringen ist. Das Versprechen der Beklagten, die Eigentumswohnung nicht mehr anderweitig anzubieten, lässt das Recht der Verkäuferin unberührt, ihre Verkaufsabsichten aufzugeben oder das Objekt ohne Einschaltung der Beklagten an Dritte zu veräußern. Die Käufer hatten deshalb keinerlei Gewähr, das Objekt erwerben zu können.

Praxishinweis

Es wird immer wieder versucht, die in § 652 BGB normierte Erfolgsabhängigkeit der Maklerprovision zu umgehen. Wenn der BGH letztlich auch offen lässt, ob auf den vorliegenden Fall maklerrechtliche Grundsätze Anwendung finden, ist doch der grundsätzliche Vorbehalt gegen den Abschluss sogenannter Reservierungsvereinbarungen deutlich zu spüren. Häufig sind solche Vereinbarungen unwirksam.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2010, 536

1. Der gemäß §§ 2,3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzende Beschwerde- wert für das Rechtsmittel der zur Auskunftserteilung verurteilten Partei bemisst sich nach ihrem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist im Wesentlichen darauf abzustellen, welchen Aufwand an Zeit und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert und ob die verurteilte Partei ein schützenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten.

2. Der Wert einer Auskunft über die Höhe der Provision liegt unter 600 Euro.

3. Wenn der Makler lediglich einer ihm gerichtlich auferlegten Offenbarungspflicht nachkommt, liegt kein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht vor.

BGH, Beschluss vom 28.10.2010 – III ZB 28/10

§ 2, 3 ZPO

Problem/Sachverhalt

Die Beklagten sind Makler. Sie vermittelten den Klägern den Kauf einer Eigentumswohnung. Sie erhielten für ihre Vermittlungsleistung eine Provision von der Verkäuferin. Die Kläger nehmen die Beklagten auf Auskunft über die Höhe dieser Provision in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Das Landgericht hält die Berufung für unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes € 600,– nicht übersteige. Die Beklagten machen hiergegen geltend, es sei nicht allein auf ihren Zeit- und Arbeitsaufwand abzustellen. Es müsste auch ihr Geheimhaltungsinteresse berücksichtigt werden. Zwischen ihnen und der Verkäuferin bestehe eine enge Geschäftsbeziehung, in der über Provisionszahlungen Stillschweigen vereinbart worden sei. Die Verkäuferin wolle diese Geschäftsbeziehung beenden, wenn die begehrte Auskunft erteilt würde, was zu empfindlichen Umsatzeinbußen der Beklagten führe. Das Landgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das Landgericht hat zutreffend entschieden. Das Berufungsgericht setzt den Beschwerdewert nach freiem Ermessen fest. Es ist nicht zu beanstanden, dass es hierbei den erforderlichen Aufwand an Zeit und Kosten auf weniger als € 600,– veranschlagt hat. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch nicht das von der Beklagten behauptete Geheimhaltungsinteresse wegen ihrer ständigen Geschäftsbeziehung zu der Verkäuferin berücksichtigt. Bei der Streitwertbemessung kann zwar darauf abgestellt werden, ob die zur Auskunftserteilung verurteilte Partei ein schützenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten. Diese Gefährdung ist konkret darzulegen. Sie muss sich aus dem Verhalten des Auskunftsbegehrenden ergeben. Drittbeziehungen stellen keinen aus dem Urteil fließenden Nachteil dar. Sie haben als reine Fernwirkung für den Streitgegenstand und die daran zu orientierende Bemessung des Streitwerts außer Betracht zu bleiben (BGH, NJW 1997, 3246). Auch der Umstand, dass die Beklagten mit der Verkäuferin Stillschweigen vereinbart hatten, kann nicht werterhöhend berücksichtigt werden. Diesem Umstand hat bereits das Berufungsgericht zu Recht nicht entnommen, dass die weitere Zusammenarbeit auch dann gefährdet sei, wenn die Beklagten einer ihnen durch Urteil auferlegten Offenbarungspflicht nachkommen.

Praxishinweis

Es ist naturgemäß schwer, objektive Kriterien für den Wert einer Auskunft zu entwickeln. Die Rechtsprechung stellt im Wesentlichen darauf ab, welchen Aufwand an Zeit und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert. Danach wird der Beschwerdewert in der Regel unter € 600 liegen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die zur Auskunft verurteilte Partei ein schützenswertes Interesse daran hat, die maßgeblichen Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2011, 81

Die Leistung eines Nachweismaklers, der die Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages im Sinne des § 652 Abs. 1 BGB nachzuweisen hat, setzt voraus, dass der nachgewiesene Abschlussberechtigte zum Abschluss des beabsichtigten Vertrages bereit ist. Inhaltlich erfordert der Nachweis so konkrete Angaben – in der Regel Name und Anschrift – zu der Person, die zu substantiellen Verhandlungen über den Vertragsschluss berechtigt ist, dass der Auftraggeber ohne weiteres konkrete Verhandlungen aufnehmen kann.

OLG Naumburg, Beschluss vom 29.10.2010 – 10 U 14/10

BGB § 652

Problem/Sachverhalt

Die Parteien sind Makler. Der Kläger nimmt den Beklagten aus einer Provisionsteilungs-vereinbarung in Anspruch. Er benannte dem Beklagten, der für die Verkäuferin tätig war, die „F. Holding“ als Kaufinteressentin. Der Beklagte bestreitet den Provisionsanspruch des Klägers, weil dessen Nachweisleistung nicht ursächlich für den späteren Abschluss des Kaufvertrages gewesen sei. Das Landgericht weist die Klage mit dieser Begründung ab. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der von dem Kläger geführte Nachweis wegen der völlig eigenständigen Bemühungen einer zwischen-zeitlich tätig gewordenen dritten Maklerin keinen wesentlichen Einfluss auf den später geschlossenen Kaufvertrag gehabt habe. Hiergegen richtet sich der Kläger mit der Berufung.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das OLG stellt fest, dass es auf die Frage der Kausalität einer Nachweisleistung des Klägers letztlich nicht ankommt, da es bereits an einem tauglichen Nachweis fehlt. Die Leistung eines Nachweismaklers besteht in einer Mitteilung des Maklers an seinen Auftraggeber, durch die dieser in die Lage versetzt wird, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten. Inhaltlich erfordert der Nachweis so konkrete Angaben – in der Regel Name und Anschrift – zu der Person, die zu substantiellen Verhandlungen über den Vertragsabschluss berechtigt ist, dass der Auftraggeber ohne Weiteres konkrete Verhandlungen aufnehmen kann. Zudem ist es erforderlich, dass der vom Nachweismakler benannte Vertrags- bzw. Ansprechpartner auch tatsächlich bereit ist, über das Objekt den in Rede stehenden Vertrag abzuschließen. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Durch die bloße Bezeichnung der Kaufinteressentin als „F. Holding“ war die Verkäuferseite nicht in der Lage, ohne eigene weitere Ermittlungen selbst in Kaufverhandlungen mit dieser Interessentin einzutreten, weil ihr nicht einmal ein Ansprechpartner genannt wurde. Es waren auch keine Umstände ersichtlich, die ausnahmsweise die Benennung eines Verhandlungspartners entbehrlich gemacht hätten. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles war die Benennung eines konkreten Verhandlungspartners im Ergebnis gerade nicht entbehrlich. Der Kläger hat mithin keine provisionsauslösende Nachweistätigkeit erbracht.

Praxishinweis

Es wird häufig übersehen, dass der Nachweis nach dem Gesetz nicht über ein „Objekt“ oder „Geschäft“, sondern über die „Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags“ (§ 651 Abs. 1 S. 1 BGB) zu führen ist. Ein vollwertiger Nachweis setzt deshalb in der Regel voraus, dass die vom Makler gemachten Angaben so genau sind, dass sein Kunde ohne weitere eigene Nachforschungen in Verhandlungen mit dem potentiellen Vertragspartner treten kann. Viele Maklerexposés kranken daran, dass zwar das Objekt umfangreich beschrieben wird, Anga-ben über den potentiellen Vertragspartner (Verkäufer) jedoch fehlen. In diesem Fall liegt in der Regel kein provisionsauslösender Nachweis vor.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2011, 113

1. Der Abschluss eines Maklervertrages kann im Urkundenprozess mit einer Vertragsurkunde belegt werden, bei der urkundlich nicht erwähnte Vertragsbestandteile im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung weiterer un- streitiger Umstände bestimmt werden können.

2. Ein sog. Makleralleinauftrag verpflichtet den Makler nicht dazu, persönlich für den Auftraggeber tätig zu werden.

3. Bestreitet ein Auftraggeber nur die Höhe einer ihm in Rechnung gestellten Maklerprovision und zahlt er auf die Rechnung einen reduzierten Betrag, kann sich hieraus ein den Grund des Maklerprovisionsanspruchs bestätigendes Anerkenntnis des Auftraggebers ergeben, dass eine Beweiserleichterung für den Makler begründet.

OLG Hamm, Urteil vom 25.10.2010 – 18 U 69/10

vorhergehend: LG Dortmund, 04.03.2010 – 8 O 326/09

BGB § 652; ZPO § 592

Problem/Sachverhalt

Die Parteien streiten um restliche Maklerprovision. Die Beklagten wollten ihre Immobilien veräußern. Hierzu erteilten sie dem Kläger, einen Makler, Alleinaufträge. Der Kläger stellte den Beklagten die Maklerin C. vor, die für einen Investor nach Objekten suchte. Die Beklagten veräußerten ihre Immobilien an diesen Investor. Sie zahlten daraufhin die ihnen berechneten Provisionen, nahmen aber einen angeblich vereinbarten Abzug von jeweils € 35.000,00 vor. Der Makler erhob hinsichtlich dieser Abzüge Klage im Urkundsprozess. Das LG gab der Klage mit Vorbehaltsurteil statt. Die Klage sei im Urkundsprozess statthaft. Der Abschluss der Maklerverträge sei ebenso urkundlich belegt wie der Abschluss der nachgewiesenen Kaufverträge. Zwar habe der Kläger nicht den Käufer, sondern dessen Maklerin nachgewiesen. Hierbei handele es sich jedoch um einen vollwertigen Nachweis, weil er hierdurch mittelbar den Kontakt zu der späteren Käuferin hergestellt und den Beklagten damit die Gelegenheit zum Abschluss der Kaufverträge verschafft habe. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Der Urkundsprozess ist zulässig. Der Kläger kann die anspruchsbegründenden Tatsachen durch Urkunden belegen. Er hat die abgeschlossenen Kaufverträge nachgewiesen (BGH NJW 2005, 753). Es ist allerdings fraglich, ob der Kläger den Nachweis bereits dadurch erbracht hat, dass er den Kontakt der Beklagten zu der Maklerin C. herstellte. Dem steht allerdings nicht entgegen, dass die Beklagten dem Kläger Makleralleinaufträge erteilt hatten. Solche Verträge verpflichten den Makler nicht, nur persönlich für seine Auftraggeber tätig zu werden. Den allein beauftragten Makler trifft zwar eine Dienstleistungspflicht (BGH NJW 1992, 2818). Der Makler darf sich hierzu aber Erfüllungsgehilfen bedienen. Allerdings liegt in der Benennung eines weiteren Maklers lediglich ein indirekter Nachweis. Das reicht für einen Nachweis nicht aus, weil diese Information den Auftraggeber (noch) nicht in die Lage versetzte, mit dem Kaufinteressenten Vertragsverhandlungen zu führen. Dies kann jedoch dahinstehen, weil die Beklagten die Maklerleistung anerkannt haben. Die Beklagten hatten die Teilbeträge „gemäß unserer mündlich getroffenen Vereinbarung … in Abzug“ gebracht. Mit diesem Schreiben haben die Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass sie gegen den vom Kläger geltend gemachten Anspruch dem Grunde nach keine Einwände erheben wollten. Hierin liegt ein der Beweiserleichterung dienendes Anerkenntnis, ein sog. „Zeugnis gegen sich selbst“ vor, nach dessen Abgabe der Kläger die Nachweisleistung nicht mehr nachzuweisen brauchte. Ihre Behauptung, es sei mündlich ein Abzug vereinbart worden, können die Beklagten nicht urkundlich belegen. Insoweit sind sie auf das Nachverfahren zu verweisen.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist insbesondere hinsichtlich der Ausführung zum Anerkenntnis interessant.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2011, 207

1. Die inhaltliche Kongruenz kann nicht deshalb verneint werden, weil es zu Gunsten des Maklerkunden zu einer höheren Abweichung zwischen dem vom Vertragspartner ursprünglich geforderten und dem schließlich vereinbarten Kaufpreis gekommen ist.

2. Der Abschluss eines Maklervertrages, der dem Erwerb eines Hausgrundstücks dient, ist kein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs.

OLG Jena, Urteil vom 06.04.2011 – 2 U 862/10

§§ 652, 1357 Abs. 1 BGB

Problem/Sachverhalt

Der Kläger begehrt Käuferprovision von einem Ehepaar. Den Maklervertrag hatte nur der Ehemann abgeschlossen. Das Landgericht bejaht den Provisionsanspruch gegen beide Eheleute. Der Provisionsanspruch scheitere nicht daran, dass der spätere Kaufpreis um 6 % von dem ursprünglich von der Verkäufer-seite verlangten Kaufpreis zu Gunsten der Käufer abwich. Für die Provisionsforderung hafteten beide Eheleute gesamtschuldnerisch. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung.

Entscheidung

Mit teilweisem Erfolg! Das OLG bestätigt das Urteil gegen den Ehemann. Die Klage gegen die Ehefrau weist es ab. Die Provisionsforderung gegen den Ehemann scheitert nicht daran, dass der ursprünglich von den Verkäufern verlangte Kaufpreis um 6 % von dem später vereinbarten Kaufpreis abwich. Das Gebot der inhaltlichen Kongruenz ist hierdurch nicht verletzt. Die Abweichung ist geringfügig. Auch ist ein Verhandlungsspielraum üblich. Eine inhaltliche Kongruenz könne nur bei wesentlich höheren Preisabweichungen verneint werden. Der Anspruch gegen die Ehefrau ist unbegründet. Sie hat mit dem Kläger keinen Maklervertrag abgeschlossen. Eine Haftung über die Regelung zur Schlüsselgewalt (§ 1357 BGB) besteht nicht. Bei dem Abschluss eines Maklervertrages im Hinblick auf den Erwerb von Grundeigentum handelt es sich nicht um ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie. Der Umstand, dass der Ehemann nur einen hälftigen Miteigentumsanteil an der Immobilie erworben hat, steht dem Provisionsanspruch ebenfalls nicht entgegen. Aufgrund des Näheverhältnisses zwischen den Eheleuten kommt der Miterwerb der Ehefrau unmittelbar dem Ehemann zu Gute. Das Merkmal der persönlichen Kongruenz ist ebenfalls erfüllt.

Praxishinweis

Das Urteil liegt auf der Linie der ständigen Rechtsprechung. Es ist üblich, dass sich die ursprünglich verlangte Kaufpreishöhe im Rahmen der Verhandlungen je nach Marktlage verändert. Das Interesse des Verkäufers ist stets darauf gerichtet, einen höchst möglichen Kaufpreis zu erzielen, dasjenige des Kaufinteressenten darauf, einen möglichst geringen Kaufpreis zu bezahlen. Entscheidend ist die Nachfragesituation. Der dem Makler erteilte Verkäuferauftrag ist deshalb darauf gerichtet, einen Kaufinteressenten nachzuweisen bzw. zu vermitteln, der den höchstmöglichen Kaufpreis zu zahlen bereit ist. Abweichungen von den ursprünglichen Kaufpreisvorstellungen des Verkäufers sind deshalb dem Maklervertrag immanent. Bei der Frage der wirtschaftlichen Kongruenz ist mithin eine großzügige Betrachtungsweise geboten. So hat der BGH eine Abweichung von 15 % für provisionsunschädlich gehalten (BGH NJW 2008, 651, 653 Rd. Ziff. 26). Je nach Einzelfall dürfte damit die Obergrenze der Kongruenz jedoch noch nicht erreicht sein. Abweichungen von den Preisvorstellungen führen nur dann zu fehlender Gleichwertigkeit, wenn nach der Vereinbarung zwischen den Parteien nur zu einem bestimmten Preis verkauft werden soll. Mit Recht verneint das OLG die Anwendung des § 1357 BGB (s. a. OLG Oldenburg IMR 2010, 396). Für Makleraufträge im Zusammenhang mit Mietverträgen mag etwas anderes gelten (vgl. hierzu auch LG Darmstadt, Beschluss vom 25.08.2005 – 25 S 81/05, imr-online).

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2011, 342

Eine anfechtbare unentgeltliche Leistung i. S. des § 134 InsO liegt nicht vor, wenn der Schuldner auf Grund einer Regelung im qualifizierten Makleralleinauftrag Zahlungen leistet, die eine Schadensersatzpflicht des Schuldners im Falle einer Eigenvermittlung des Objektes vorsieht.

OLG Frankfurt, Urteil vom 06.05.2011 – 19 U 18/11 – §§ 652 BGB, 129, 134, 143 InsO

Problem/Sachverhalt

Der Insolvenzverwalter (IV) verlangt von der Maklerin (Beklagten) Rückzahlung erhaltener Provisionen in einer Gesamthöhe von € 59.583,40 mit der Behauptung, es läge eine unentgeltliche Leistung i. S. des § 134 InsO vor. Grundlage der Zahlungen der Schuldnerin an die Maklerin war eine Vereinbarung, nach der die Schuldnerin im Falle einer Selbstvermittlung an die Beklagte für das dieser dadurch entgangene Geschäft einen entstandenen Provisionsverlust von pauschal 2 % netto aus dem jeweils protokollierten Kaufpreis zu zahlen hatte. Das Landgericht teilte die Auffassung des IV. Bei der Vereinbarung handele es sich nicht um einen entgeltlichen Vertrag, da es an der Bestimmung einer Tätigkeitsverpflichtung der Beklagten fehle. Mangels vereinbarter Gegenleistung sei die Leistung unentgeltlich erfolgt, weshalb sie anfechtbar und gemäß § 143 InsO zurückzugewähren sei. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.

Entscheidung

Mit Erfolg! Bei der getroffenen Vereinbarung handelt es sich um einen qualifizierten Makleralleinauftrag. Hierin übernimmt der Makler gegenüber seinem Auftraggeber auf der Grundlage einer gegenüber einem normalen Maklervertrag intensivierten Treuepflicht eine allgemeine Tätigkeitspflicht. Kommt er dieser Pflicht nicht oder nicht genügend nach, macht er sich gegenüber seinem Auftraggeber schadensersatzpflichtig. Der Auftraggeber verpflichtet sich seinerseits, während der Laufzeit des Vertrages keine anderen Makler zu beauftragen (allgemeiner Alleinauftrag) und überdies auch keinen Hauptvertrag ohne Hinzuziehung des Maklers abzuschließen. Üblicherweise regeln die Vertragsparteien die Folgen eines Verstoßes des Auftraggebers gegen diese Verpflichtung durch eine (erfolgsunabhängige) Provisionsvereinbarung. Schließt der Auftraggeber entgegen der getroffenen Vereinbarung ein sog. Eigengeschäft ab, ohne den Interessenten an den Makler zu verweisen oder diesen zu Verhandlungen hinzuzuziehen, verstößt er gegen seine Pflichten aus dem qualifizierten Maklerauftrag und macht sich schadensersatzpflichtig. Als Schadensersatzanspruch des Maklers kann eine pauschalierte Provision vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung ist im Maklerrecht für den Fall eines qualifizierten Alleinauftrages üblich und stellt eine die beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien angemessen berücksichtigende Regelung dar. Die Auffassung des Landgerichts, es handele sich bei den Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte um unentgeltliche Leistungen im Sinne freigiebiger Zuwendungen bezeichnet das OLG als „fernliegend“. Die Leistungen der Schuldnerin erfolgten vielmehr in Erfüllung ihrer in der wirksamen Vereinbarung übernommenen Pflichten.

Praxishinweis

Die Parteien hatten einen sog. qualifizierten Alleinauftrag abgeschlossen. Im Gegensatz zum allgemeinen Alleinauftrag kann dieser nur individualvertraglich vereinbart werden (Schwerdtner/Hamm, Maklerrecht, 5. Auflage, Rd.nr. 997; BGH NJW 1991, 1678). Im Rahmen der Verweisungs- und Hinzuziehungsobliegenheit muss der Maklerkunde alle Interessenten an den Makler verweisen oder diesen zu Verhandlungen mit eigenen Interessenten hinzuziehen. Tut er dies nicht, macht er sich schadensersatzpflichtig. Der Nachweis des Schadens ist in diesen Fällen oft schwierig oder gar nicht zu führen, weshalb die Parteien, wie im vorliegenden Fall, häufig einen pauschalierten Schadenersatz in Höhe der ansonsten verdienten Provision vereinbaren, und zwar unter Verzicht auf den Nachweis, dass eine solche tatsächlich angefallen wäre.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2011, 383

1. Ein Maklervertrag kommt zustande, wenn der Kaufinteressent in Kenntnis des Provisionsverlangens des Maklers maklertypische Leistungen in Anspruch nimmt.

2. Nimmt nicht der Maklerkunde, sondern ein Dritter die nachgewiesene Vertragsgelegenheit wahr, ist der Provisionsanspruch gleichwohl entstanden, wenn dadurch das vom Maklerkunden gewünschte wirtschaftliche Ergebnis erreicht wird.

LG Berlin, Urteil vom 07.04.2011 – 9 O 415/10 – § 652 BGB

Problem/Sachverhalt

Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht die Zahlung von Maklerprovision. Die Beklagte meldete sich bei der Maklerin (Zedentin) aufgrund eines Exposés im Internet. Das Exposé bezog sich auf eine Eigentumswohnung im 3. OG. Es enthielt den Hinweis: „Provision: 7,14 % Maklerprovision“. Weil die Wohnung zwischenzeitlich verkauft worden war, besichtigte die Maklerin mit der Beklagten eine hinsichtlich Ausstattung, Größe und Preis identische Wohnung im 2. OG desselben Gebäudes. Die Maklerin wies darauf hin, „dass das im Internet geschaltete Exposé für die Wohnung im 3. OG auch für diese Wohnung gelten soll“. Es folgten weitere Besichtigungstermine. Die Beklagte teilte der Maklerin dann mit, dass nicht sie, sondern ein Dritter die Wohnung kaufen werde, mit dem dann der Kaufvertrag abgeschlossen wurde. Die Beklagte zog in die Wohnung ein. Die Provision zahlte sie nicht. Es sei kein Maklervertrag bezogen auf die Wohnung im 2. OG abgeschlossen worden. Nach Abtretung der Forderung an die Klägerin erhob diese Klage.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das LG stellt zunächst fest, dass zwischen Maklerin und Beklagter ein konkludenter Maklervertrag zustandegekommen war. Der Hinweis der Maklerin, dass für die Wohnung im 2. OG die Angaben im Exposé für die Wohnung im 3. OG gelten sollten, beinhaltete auch den in diesem Exposé enthaltenen Provisionshinweis. In Kenntnis des Provisionsverlangens der Maklerin hat die Maklerkundin sodann durch weitere Besichtigungen maklertypische Leistungen in Anspruch genommen. Damit hat sie den Antrag der Maklerin auf Abschluss des Maklervertrages angenommen. Das LG bejaht auch das Vorliegen der sonstigen Provisionsvoraussetzungen, insbesondere den Abschluss des Hauptvertrages. Den Umstand, dass der Kaufvertrag nicht mit der Beklagten, sondern einem Dritten zustande kam, hält es für unschädlich, da „das vom Auftraggeber gewünschte, wirtschaftliche Ergebnis erreicht“ wurde. Der Kauf sei der Beklagten zugutegekommen, „denn sie wohnt jetzt in der gekauften Wohnung“. Es sei irrelevant, „ob sie dies als Lebensgefährtin, Freundin oder Mieterin des Käufers tut“. Auf die Beziehung der Beklagten zum Käufer komme es nicht an.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist nur im Ergebnis richtig. Mit Recht geht das LG zunächst davon aus, dass zwischen den Parteien ein Maklervertrag zustandegekommen ist. Das Exposé im Internet war mit einem ausreichenden Provisionshinweis versehen (kritisch hierzu: OLG Oldenburg IMR 2010, 396). Nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH stehen die Aus-führungen zur wirtschaftlichen Identität beim Erwerb durch einen Dritten. Der BGH bejaht wirtschaftliche Gleichwertigkeit, wenn zwischen Maklerkunden und Drittem besonders enge persönliche oder wirtschaftliche Bindungen bestehen (BGH NJW 2008, 651, 652). Diese Voraussetzungen hat das Landgericht nicht geprüft, weil dies nach seiner Auffassung „irrelevant“ war. Das Urteil ist im Ergebnis gleichwohl richtig, weil die Beklagte der Maklerin mitgeteilt hatte, dass ein Dritter den Kaufvertrag abschließen werde. Hierdurch hat sie zu erkennen gegeben, dass sie den Erwerb durch den Dritten als Maklerleistung anerkenne. Der Maklerkunde ist nämlich ansonsten grundsätzlich zur Vertraulichkeit verpflichtet. Die ihm vom Makler erteilten Informationen darf er grundsätzlich nicht weitergeben, und zwar unabhängig davon, ob Vertraulichkeit vereinbart wurde oder nicht.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2011, 513

1. Erwirbt ein Maklerkunde eine Immobilie zu einem Kaufpreis unter dem Marktwert, ist ihm insoweit kein vom Makler zu ersetzender Vermögensnachteil (Schaden) entstanden, auch wenn ihm der Makler zuvor – objektiv pflichtwidrig – ein unzutreffendes Baujahr der Immobilie mitgeteilt hatte.

2. Dem Maklerkunden steht in diesem Fall auch kein Schadenersatzanspruch auf Rückzahlung der Maklercourtage zu, wenn die Verpflichtung zur Zahlung der Courtage durch den mit dem Immobilienerwerb verbundenen Vorteil ausgeglichen wird, weil der Kaufpreis zuzüglich der Courtage unter dem Marktwert der Immobilie liegt (Vorteilsausgleichung).

OLG Hamm, Urteil vom 29.08.2011 – 18 U 25/10 – §§ 652, 654, 280, 249 BGB

Problem/Sachverhalt

Die Kläger verlangen von dem beklagten Makler Schadenersatz in Höhe von € 50.000,00 sowie die Erstattung bezahlter Maklerprovision in Höhe von € 5.712,00. Im Exposé hatte der Makler das Baujahr der Immobilie unzutreffend mit 1958 angegeben. Tatsächlich war das Gebäude bereits 1935 errichtet worden. Die Kläger fühlen sich deshalb arglistig getäuscht. Das Landgericht hat beide Ansprüche abgewiesen. Zwar sei das Objekt tatsächlich bereits 1935 errichtet worden, weshalb das im Exposé angegebene Baujahr falsch gewesen sei. Die Beweisaufnahme habe jedoch nicht ergeben, dass der Beklagte in vorwerfbarer Weise ein unrichtiges Baujahr angegeben habe. Ein Schadenersatzanspruch stehe den Klägern deshalb nicht zu. Für die Rückforderung des Maklerhonorars bestehe kein Rechtsgrund. Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Berufung.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Zwar hat der Beklagte durch die fehlerhafte Angabe zum Baujahr eine objektive Pflichtverletzung begangen, den Klägern ist jedoch durch diese Pflichtverletzung kein Schaden entstanden. Der Kaufpreis betrug laut Kaufvertrag € 160.000,00. Nach dem im Berufungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten lag der Ertragswert des Objektes bei Berücksichtigung des wirklichen Baujahres bei € 170.000,00, der Sachwert bei € 174.000,00. Den Klägern sei deshalb durch die Pflichtverletzung des Beklagten kein Schaden entstanden. Die Kläger haben nämlich die Immobilie zu einem Kaufpreis erworben, der € 10.000,00 unter dem Marktwert lag. Auch ein Anspruch auf Rückzahlung der Maklerprovision steht den Klägern nicht zu. Insbesondere ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus § 812 BGB. Der Beklagte hat die Provision nämlich mit Rechtsgrund erlangt. Er hat seinen Provisionsanspruch insbesondere nicht gemäß § 654 BGB verwirkt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn er seine Treuepflicht vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt hätte (BGH NJW-RR 2005, 1423 m. w. N.). Diese Voraussetzung liegt nach dem Ergebnis der Beweis-aufnahme nicht vor. Auch ein Schadenersatzanspruch scheidet aus. Zwar kann der Auftraggeber im Rahmen der Naturalrestitution (§ 249 BGB) provisionsfrei zu stellen sein, wenn eine auch einfache Pflichtverletzung für den Anfall der Provision ursächlich war. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Auftraggeber den Hauptvertrag ohne die Pflichtverletzung des Maklers nicht abgeschlossen hätte (BGH NJW 1982, 1145). So war es hier jedoch nicht. Die Kläger wollten am Kaufvertrag festhalten. Selbst wenn in der Zahlung der Maklerprovision ein Schaden läge, entfiele dieser im Wege der Vorteilsausgleichung. Der Vorteil der Kläger liegt hier darin, dass sie ein Grundstück zu einem Kaufpreis erworben haben, der um € 10.000,00 unter dem Verkehrswert lag. Dieser Betrag übersteigt den Betrag, der von den Klägern zurückgeforderten Maklercourtage.

Praxishinweis

Der Makler haftet grundsätzlich nicht für Angaben in seinem Exposé, wenn diese auf Informationen des Verkäufers beruhen, denen zu misstrauen der Makler keinen Anlass hat. Insoweit ist er lediglich Wissensvertreter (BGH NJW-RR 2007, 711).

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2012, 78

Ein Maklervertrag kommt erst zustande, wenn der Interessent nach Zugang eines ausdrücklichen Provisionsverlangens weitere Dienste des Maklers in Anspruch nimmt. Der Vermerk auf dem Exposé „Kaufpreis plus Maklercourtage“ erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

AG München, Urteil vom 27.10.2011 – 222 C 5991/11 – § 652 BGB

Problem/Sachverhalt

Ein Makler verlangt von einem Käufer Maklerprovision in Höhe von € 42.840,00. Wohl zur Verbesserung seiner prozessualen Situation tritt er die Provisionsforderung an einen Dritten ab, der hieraus einen Teilbetrag in Höhe von € 5.000,00 einklagt. Ein ausdrücklicher Maklervertrag war nicht abgeschlossen worden. Der Kläger beruft sich auf einen konkludenten Vertragsabschluss. Der Makler habe dem Kaufinteressenten ein Exposé übergeben. Auf diesem habe sich nach einer kurzen Beschreiben des Objekts folgende Formulierung befunden: „Kaufpreis Mio. Euro 1.200.000,00 zzgl. 3,57 % Maklercourtage (inkl. MwSt.)“. In der Folgezeit nimmt der Kaufinteressent diverse maklertypische Leistungen in Anspruch und erwirbt das Objekt. Der Makler stellt daraufhin die Provision in Rechnung und lässt, nachdem der Käufer nicht zahlt, Teilklage erheben.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das Amtsgericht bejaht die Zulässigkeit der Teilklage, weist diese aber als unbegründet ab. Zwischen dem Makler und dem Käufer ist kein Maklervertrag zustande gekommen. Ein ausdrücklicher Vertragsabschluss liegt nicht vor. Zwar kann ein Maklervertrag auch konkludent abgeschlossen werden. Allerdings erklärt derjenige, der sich an einen Makler wendet, der mit Angeboten wirbt, damit noch nicht schlüssig seine Bereitschaft zur Zahlung einer Maklerprovision. Vielmehr darf der Kaufinteressent davon ausgehen, dass der Makler das Objekt von dem Verkäufer an die Hand bekommen und deshalb eine Leistung für diesen erbringen will. Ein konkludenter Vertragsabschluss setzt voraus, dass der Maklerkunde in Kenntnis des Provisionsverlangens des Maklers maklertypische Leistungen in Anspruch nimmt. Der Maklerkunde muss also bei Inanspruchnahme dieser Leistungen wissen, dass der Makler von ihm eine Provision verlangt. Diesen Anforderungen genügt die Formulierung in dem Exposé nicht. Die Formulierung „Kaufpreis zzgl. Maklercourtage“ kann von dem Kaufinteressenten auch so verstanden werden, dass lediglich die von dem Verkäufer zu zahlende Maklerprovision im Innenverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer auf den Käufer abgewälzt werden soll. Aus der Formulierung ergibt sich nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit, dass der Makler auch von dem Käufer Provision verlangt, so dass in der anschließenden Inanspruchnahme maklertypischer Leistungen keine konkludente Vertragsannahme liegt.

Praxishinweis

Die Ausführungen des Gerichts zum konkludenten Abschluss eines Maklervertrages entsprechen ständiger Rechtsprechung. Die bloße Entgegennahme maklertypischer Leistungen durch den Kaufinteressenten ohne vorheriges ausdrückliches Provisionsverlangen seitens des Maklers führt nicht zum Abschluss eines Maklervertrages. Ohne Weiteres braucht der Kaufinteressent in einem solchen Fall nicht damit zu rechnen, dass der Makler auch von ihm eine Provision erwartet (BGH NJW 2005, 3779, 3780). Etwas anderes gilt nur bei der Erteilung eines Suchauftrages (BGH a. a. O.). Der von dem Makler verwendete Hinweis ist mehrdeutig. Er bringt nicht eindeutig zum Ausdruck, dass er auch Makler des Käufers sein und von diesem Provision erhalten will (vgl. hierzu OLG Rostock NJW-RR 2006, 857, 858). Die Bezeichnung „Maklercourtage“ hat keinen Bezug zum Käufer. Sie lässt nicht erkennen, dass der Makler im Erfolgsfall berechtigt sein soll, vom Käufer Provision zu verlangen (s. a. OLG Oldenburg, IMR 2010, 396 zu der Formulierung „Provision: Vermittlungsprovision 5,95 % vom Kaufpreis“). Hätte der Makler „Käuferprovision“ formuliert, wäre sein Provisionsverlangen eindeutig gewesen (vgl. auch OLG Karlsruhe IMR 2010, 67). Klare Formulie-rungen sind oft hilfreich.

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2012, 209

Schlüsseldepot – eine sinnvolle Alternative zur Hinterlegung bei Vertrauenspersonen

Ein defekter oder nicht ausgeschalteter Herd, eine auslaufende Waschmaschine, eine überlaufende Badewanne oder gar ein Wasserrohrbruch – diese kleineren oder größeren Katastrophen richten sich nicht danach, ob der Mieter gerade in der Wohnung ist oder nicht. Sie finden einfach statt.

Ist der Mieter anwesend, können schnell die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet werden. Was aber, wenn der Mieter gerade zum Einkaufen gegangen, zur Arbeit gefahren oder sogar in Urlaub ist?

Kein Zweitschlüssel für den Vermieter

Einfach wäre es, wenn der Vermieter für diese Fälle über einen Zweitschlüssel verfügt. Er könnte nach Entdeckung des Schadenfalls die Wohnung betreten und die notwendigen Maßnahmen ergreifen.

Diese Möglichkeit hat die Rechtsprechung versperrt: Der Vermieter ist grundsätzlich nicht berechtigt, bei Abschluss des Mietvertrages einen Zweitschlüssel der Wohnung zurückzuhalten. Die Gerichte sind der Ansicht, dass das Recht auf alleinigen Besitz des Wohnungsschlüssels unverzichtbarer Bestandteil des Mietvertrages ist. Dies ergibt sich daraus, dass dem Mieter das Mietobjekt zum alleinigen Gebrauch überlassen wird. Eine Übertragung des alleinigen Besitzrechts an der Wohnung setzt deshalb die Übergabe sämtlicher Schlüssel an den Mieter voraus. Der Vermieter verfügt also nicht über einen Wohnungsschlüssel.

Was tun?

Mit dem Recht des Mieters, über sämtliche Wohnungsschlüssel zu verfügen, korrespondiert seine Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass seine Wohnung im Notfall zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen betreten werden kann. Er ist deshalb jedenfalls bei längerer Abwesenheit verpflichtet, dem Vermieter eine Person zu benennen, die ihm in Notfällen den Zugang zu den Mieträumen verschaffen kann.

Not- und Gefahrenfälle können natürlich nicht nur bei längerer Abwesenheit des Mieters, sondern auch dann eintreten, wenn dieser die Wohnung aus anderen Gründen während des laufenden Tages verlassen hat, beispielsweise um zur Arbeit zu gehen. Auch während dieser Zeit kann es selbstverständlich nötig sein, im Notfall die Wohnung zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zu betreten.

Unzureichende Lösung

In der Regel kommt der Mieter seiner Verpflichtung, im Falle seiner Abwesenheit die Möglichkeit des Zutritts zur Wohnung sicher zu stellen, dadurch nach, dass er einen Wohnungsschlüssel bei einer Vertrauensperson, etwa bei einem Nachbarn, einem Verwandten oder sonst jemandem, hinterlegt und dem Vermieter dies mitteilt. Ist diese Vertrauensperson im Notfall schnell und zuverlässig erreichbar, kann der Mieter auf diese Weise seiner Verpflichtung nachkommen. Was ist aber, wenn die Vertrauensperson ihrerseits nicht erreichbar und/oder – etwa bei eigener Ortsabwesenheit – nicht in der Lage ist, den Schlüssel zügig zu übergeben? Eine Vertrauensperson, die sich beispielsweise an ihrem Arbeitsplatz aufhält, wird nur beschränkt in der Lage sein, den Schlüssel schnell zur Verfügung zu stellen, es sei denn, sie trägt ihn immer bei sich. Diese Variante wird deshalb im Ernstfall häufig nur eine unzureichende und wenig praktikable Lösung bieten.

Welche Alternativen gibt es?

Im Ernstfall wird in der Regel schnell gehandelt werden müssen. Der Wohnungsschlüssel muss binnen kürzester Frist zur Verfügung stehen, damit die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden können. Ansonsten bliebe nur die – kostspielige – Möglichkeit, einen Schlüsseldienst herbeizuholen oder die Tür gewaltsam zu öffnen. Welche Alternativen gibt es?

Das Schlüsseldepot

Die beschriebenen Unzulänglichkeiten der Deponierung des Wohnungsschlüssels bei einer Vertrauensperson können vermieden werden. Hierzu hat sich jetzt eine Alternative entwickelt, die vor allem und zunehmend bei größeren Wohnungsbau- und Vermietungsgesellschaften Anklang findet: Das Schlüsseldepot.

Wie funktioniert das?

Ganz einfach: Der Vermieter schließt mit einem Schlüsseldepot einen entsprechenden Vertrag ab. Nach Abschluss des Mietvertrages wird in dem Schlüsseldepot ein Wohnungsschlüssel sicher deponiert. Es ist gewährleistet, dass kein Unbefugter Zugriff zu dem Schlüssel hat. Im Notfall- und Gefahrenfall fordert der Vermieter den Schlüssel bei dem Schlüsseldepot an. Das Schlüsseldepot händigt den Schlüssel schnellstmöglich per Boten dem Vermieter oder einem von diesem Beauftragten aus. Nach Erledigung des Notfalls wird der Schlüssel vom Vermieter an das Schlüsseldepot zurückgegeben und dort wieder sicher deponiert.

Missbrauch möglich?

Der Mieter muss davor geschützt sein, dass der Schlüssel von Unbefugten angefordert und vertragswidrig verwendet wird. Hiergegen gibt es ein ausgeklügeltes Sicherungssystem. So weiß beispielsweise das örtliche Schlüsseldepot nicht, zu welcher Liegenschaft und zu welcher Wohnung die bei ihm eingelagerten Schlüssel gehören. Über diese Daten verfügt nur die Zentrale des Schlüsseldepots. Die Anforderung des Schlüssels im Notfall erfolgt bei der Depotzentrale unter Verwendung einer zuvor vergebenen PIN. Auch die Rückgabe des Schlüssels erfolgt über die Schlüsseldepotzentrale, die den Schlüssel dann anonymisiert an das örtliche Schlüsseldepot weiterleitet. Bei Herausgabe des Schlüssels vor Ort wird geprüft, ob die den Schlüssel anfordernde Person zu dessen Entgegennahme berechtigt ist.

Der Schlüssel darf aus dem Depot nur unter den Umständen angefordert werden, die auch dessen Herausgabe bei einer Vertrauensperson des Mieters rechtfertigen würden. Über die Herausgabe des Schlüssels, den Anlass und dessen Rückgabe an das Depot wird in jedem Einzelfall ein Protokoll erstellt. Der Mieter wird von dem Vermieter unverzüglich und schriftlich von dem Sachverhalt unterrichtet.

Und die Kostenfrage?

Die Kosten für die Deponierung eines Schlüssels sind ausgesprochen gering. Sie variieren natürlich von Schlüsseldepot zu Schüsseldepot. Bei der PiNkey AG (www.pinkey.de) beispielsweise beträgt die Jahresgebühr € 29,88, das sind monatlich € 2,49. Pro Aus-lieferung eines Schlüssels fällt ein Betrag in Höhe von € 15,00 an. Bei Beendigung des Mietverhältnisses werden für die Rücksendung des Schlüssels € 9,95 berechnet.

Wer zahlt?

Da die Vorhaltung des Wohnungsschlüssels einer Verpflichtung des Mieters entspricht, trägt der Mieter diese Kosten. Sie können im Wege der monatlichen Mietzahlung an den Vermieter entrichtet oder einmal im Jahr als Jahresbetrag bezahlt werden. Dies entscheidet der Mieter.

Rechtlich einwandfreie Regelung

Vertragspartner des Schlüsseldepots ist der Vermieter. Bei Abschluss des Mietvertrages kann sich der Mieter entscheiden, ob er – wie bisher – den Wohnungsschlüssel einer Vertrauensperson überlässt oder von der Möglichkeit der Hinterlegung in einem Schlüsseldepot Gebrauch macht. Entscheidet er sich hierfür, wird dies im Mietvertrag oder in einer Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag ausdrücklich geregelt. Die Vertragsklausel enthält auch die Verpflichtung des Mieters, die Kosten für die Hinterlegung des Schlüssels im Schlüsseldepot zu tragen. Da der Mieter damit eine ihm obliegende Pflicht erfüllt, bestehen gegen eine Regelung dieser Kosten im Mietvertragsformular oder in einer Zusatzver-einbarung nach Auffassung des Verfassers keine Bedenken. Die Klausel regelt lediglich eine dem Mieter ohnehin obliegende Verpflichtung.

Weitere Vorteile

Über die vorbeschriebenen Möglichkeiten hinaus kann der Mieter die Dienste des Schlüsseldepots auch selbst in Anspruch nehmen. Schließt er sich selbst aus der Wohnung aus oder verliert er einen Wohnungsschlüssel, kann er ebenfalls auf das Schlüsseldepot zurückgreifen. Hierzu erhält er bei Abschluss des Vertrages ebenfalls eine PIN, die er beliebig ändern kann. Die Kosten betragen beispielsweise bei der PiNkey AG € 15,00 je Anforderung. Das ist deutlich weniger, als etwa an einen Schlüsseldienst für die Öffnung der Wohnung zu zahlen wäre. Zudem kann bei der Öffnung der Wohnungstür das Schloss beschädigt werden, was weitere Kosten verursacht.

Fazit

Die Hinterlegung des Wohnungsschlüssels in einem Schlüsseldepot stellt eine sinnvolle und attraktive Alternative zur Übergabe des Schlüssels an eine Vertrauensperson dar. Auch der Mieter ist in einem Notfall an einer schnellen und zuverlässigen Öffnung der Wohnung und der Ergreifung der konkret erforderlichen Maßnahmen interessiert, da dies auch dem Schutz seines Eigentums und seiner in der Wohnung vorhandenen Sachen dient. Auch deshalb rentieren sich die vergleichsweise geringen Gebühren.

Der Verfasser hat zum Thema „Schlüsseldepot“ ein rechtliches Kurzgutachten verfasst. Das Gutachten kann kostenlos angefordert werden (Wolfgang Lehner).

Autor: Wolfgang Lehner, IMMO PROFESSIONAL 4/2012, S.56

Hält der Makler einen Kaufinteressenten hin, um den Abschluss eines (neuen) Alleinmaklerauftrags abzuwarten, so verstößt er damit schwerwiegend gegen seine vertraglichen Pflichten.

OLG Nürnberg, Urteil vom 27.05.2011 – 2 U 1676/10 – §§ 652, 654 BGB

Problem/Sachverhalt

Mit der Klage begehrt die Klägerin (Maklerin) von ihrem beklagten Auftraggeber (Verkäufer) die Zahlung von Maklerprovision in Höhe von € 12.852,00. Das Landgericht verurteilt den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung. Den Einwand des Beklagten, die Klägerin habe ihren Provisionsanspruch gemäß § 654 BGB verwirkt, weil sie entgegen den Interessen des Verkäufers einem Kaufinteressenten einen Besichtigungstermin verweigert habe, lässt das Landgericht nicht gelten. Hiergegen wendet sich dieser mit der Berufung.

Entscheidung

Mit Erfolg! Anders als das Landgericht kommt das OLG zu dem Ergebnis, dass die Klägerin einen ihr möglicherweise zustehender Provisionsanspruch gemäß § 654 BGB verwirkt hat. Sie habe nämlich die ihr gegenüber dem Beklagten obliegenden Pflichten grob verletzt. Gemäß § 654 BGB verwirkt ein Makler seinen Provisionsanspruch, wenn er seine Treuepflicht vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt (BGH NJW 2005, 1423). Diese Voraussetzung liegt vor: Die Parteien hatten vereinbart, dass die Maklerin die Verhandlungen mit dem Interessenten S. führen und den Verkäufer über den weiteren Verhandlungsstand auf dem Laufenden halten sollte. Hierdurch habe die Maklerin einen diesbezüglichen Vertrauenstatbestand gegenüber dem Verkäufer begründet. Tatsächlich habe sie aber den Kaufinteressenten S. hingehalten und diesem eine Besichtigung des Objekts verweigert, weil sie zunächst den Abschluss einer neuen Alleinvertriebsvereinbarung mit dem Verkäufer erreichen wollte. Damit hat die Klägerin ihr eigenes Interesse am Abschluss einer neuen, für sie günstigen Vereinbarung mit dem Beklagten über ihre Verpflichtung gestellt, dessen Interessen zu fördern. Dadurch hat sie den Interessen des Beklagten mit einer dem Vorsatz jedenfalls nahekommenden Leichtfertigkeit in so schwer-wiegender Weise zuwidergehandelt, dass sie eines Lohnes unwürdig erscheint.

Praxishinweis

Bereits das Reichsgericht hatte die Auffassung vertreten, dass § 654 BGB über den Regelungsgehalt hinaus einen allgemeinen Rechtsgedanken über die dem Makler gegenüber seinem Auftraggeber obliegenden Treuepflichten normiere (RGZ 113, 264). Der BGH hat diese – durch den Zeitgeist geprägte (vgl. hierzu Hamm/Schwerdtner, Maklerrecht, 6. Auflage, Rn. 716f m. w. N.) – Auslegung beibehalten. § 654 BGB habe Strafcharakter (BGHZ 36, 323, 326), weshalb es nicht darauf ankäme, ob dem Auftraggeber überhaupt ein Schaden entstanden sei (BGH NJW-RR 1990, 372). Diese Auffassung ist abzulehnen. Sie widerspricht der Systematik des BGB, das keine von einem Schaden unabhängige Zivilstrafe kennt (kritisch auch Hamm/Schwerdtner, a. a. O.). Mit Recht findet die Vorschrift des § 654 BGB in der Praxis über den eigentlichen Norminhalt hinaus (vertragswidrige Doppeltätigkeit) kaum Anwendung. Erstaunlich ist deshalb, dass Fischer (Mitglied des IX. Zivilsenats des BGH) in seiner im Jahr 2010 erschienen Veröffentlichung (Fischer, Maklerrecht anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung) fast ein Viertel seiner Ausführungen dieser Vorschrift widmet und dabei tendenziell eine weitere Ausweitung des Anwendungsbereichs befürwortet. Unabhängig davon gilt derzeit: Nicht jede objektiv erhebliche Pflichtverletzung des Maklers begründet den Verwirkungstatbestand. Es muss vielmehr subjektiv eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung vorliegen. Der Makler muss sich seines Lohnes „unwürdig“ erweisen. Das ist (nur) dann der Fall, wenn er seine Treuepflicht vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt (BGH NJW-RR 2005, 1423, 1424).

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2012, 338

§ 654 BGB enthält den allgemeinen Rechtsgedanken, dass ein Makler, der unter vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung wesentlicher Vertragspflichten die Interessen seines Auftraggebers in erheblicher Weise verletzt, den Anspruch auf Zahlung der Provision verliert. Eine fahrlässige falsche Mietertragsangabe erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

KG, Urteil vom 01.03.2012 – 10 U 144/11

vorhergehend: LG Berlin, 22.09.2011 – 5 O 430/10

BGB §§ 652, 654

Problem/Sachverhalt

Mit der Klage begehrt die Maklerin von dem Käufer Maklerprovision in Höhe von 16.422 €. Obwohl sämtliche Provisionsvoraussetzungen vorliegen, weist das Landgericht die Klage ab. Es hält den Provisionsanspruch gemäß § 654 BGB für verwirkt. Die Klägerin habe nämlich in dem übergebenen Exposé die Mieteinnahmen mit „ca. 30.000 € netto“ angegeben, tatsächlich habe die Nettokaltmiete jedoch lediglich 25.200 € betragen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Entscheidung

Mit Erfolg! Der Provisionsanspruch ist nicht verwirkt. Zwar findet § 654 BGB über seinen Wortlaut hinaus auch dann Anwendung, wenn der Makler unter Verletzung wesentlicher Vertragspflichten den Interessen seines Auftraggebers in erheblicher Weise zuwidergehandelt hat. Die Verwirkung des Maklerlohns hat Strafcharakter. Nicht jede objektiv erhebliche Pflichtverletzung des Maklers und damit auch nicht jedes Informations- und Beratungsverschulden lässt deshalb den Provisionsanspruch nach § 654 BGB entfallen. Vielmehr ist in erster Linie subjektiv eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung erforderlich; der Makler muss sich seines Lohnes „unwürdig“ erweisen. Das ist nach der Rechtsprechung erst dann der Fall, wenn er seine Treuepflicht vorsätzlich, wenn nicht gar arglistig, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahe kommenden grob leichtfertigen Weise verletzt hat (BGH NJW 1962, 734). Andere Fälle sind unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung zufriedenstellend zu lösen (BGH a. a. O.). Zwar war die Nettomietangabe der Klägerin in dem Exposé objektiv unrichtig. Bei dem angegebenen Betrag handelte es sich nicht um die Nettokaltmiete. Der Beklagte hat jedoch nicht den Beweis erbracht, dass die Angabe der Klägerin bewusst und im Wissen um die Unrichtigkeit der Information erfolgte. Noch während des Notartermins hat die Klägerin dem Beklagten sämtliche Mietverträge übergeben, denen die jeweils vereinbarten Nettokaltmieten zu entnehmen waren. Angesichts dieses Sachverhalts hat das KG eine grob fahrlässige Treuepflichtverletzung der Klägerin verneint.

Praxishinweis

Mit Recht weist das Kammgericht darauf hin, dass die Vorschrift in der ihr vom Reichsgericht gegebenen Ausdehnung (RGZ 113, 264) wegen des auf dieser Ausdehnung beruhenden Strafcharakters Ausnahmecharakter habe, weshalb nicht jede objektiv erhebliche Pflichtverletzung des Maklers den Provisionsanspruch entfallen lässt. Damit liegt die Entscheidung auf der Linie der Rechtsprechung des BGH. Allerdings ist die Erweiterung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift insgesamt abzulehnen. Nach Hamm/Schwerdtner wurde § 654 BGB vom RG „umfunktioniert“ (Hamm/Schwerdtner, Maklerrecht, 6. Auflage, Rn. 737). Die Auslegung der Vorschrift widerspricht der Systematik des BGB, das keine von einem Schaden unabhängige Zivilstrafe kennt. „Niemand ist bislang auf den Gedanken gekommen, bei Vertragsverletzungen im Rahmen von sonstigen gegenseitigen Verträgen einer Partei den Erfüllungsanspruch zu entziehen.“ (Hamm/Schwerdtner a. a. O.). Man stelle sich vor, einem Verkäufer würde nach Vertragserfüllung der Kaufpreisanspruch mit der Begründung versagt, er habe sich – irgendwie – des Kaufpreisanspruchs „unwürdig“ erwiesen. Derartige Verwirkungsklauseln sind schon deshalb abzulehnen, weil ihre Verallgemeinerung das Schadensrecht auflösen würde (vgl. auch OLG Nürnberg IMR 2012, 338).

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2012, 339

1. Zur Frage des eindeutigen Provisionsverlangens eines gewerblichen Immobilienmaklers, der ein zum Verkauf stehendes Objekt mittels einer Internetanzeige (hier unter „Immobilienscout24“) mit dem Hinweis „Provision 3,57%“ anbietet (im Anschluss an das Urteil des BGH vom 3. Mai 2012, III ZR 62/11, IMR 2012, 298).*)

2. Zur Bestätigung eines eventuell anfechtbaren Maklervertrages (§ 144 BGB) durch weitere Inanspruchnahme der Maklerdienste.*)

3. Auch nach Anfechtung eines Kaufvertrages kann dem Makler nach erfolgter Bestätigung des Hauptvertrages gemäß § 141 BGB ein Maklerlohnanspruch aufgrund seiner früheren Nachweistätigkeit zustehen.*)

OLG Hamm, Urteil vom 21.06.2012 – 18 U 17/12

vorhergehend: LG Essen, 22.12.2011 – 3 O 267/11

BGB §§ 141, 144, 652 Abs. 1

Problem/Sachverhalt

Der Kläger verlangt von den Beklagten Maklerprovision von ca. € 5.000,00. Die Beklagten hatten sich bei dem Kläger aufgrund eines Exposés im „Immobilienscout24“ gemeldet. In dem Exposé heißt es: „Wohnfläche: ca. 102,00 m², Kaufpreis: € 155.000,00, Provision: 3,57% inkl. MwSt. …, Ausstattung Dachausbau inkl. Dämmung“. Tatsächlich lag für das Dachgeschoss keine Baugenehmigung vor. Die Beklagten behaupten, es fehle bereits am Abschluss eines wirksamen Maklervertrages, den Kaufvertrag habe man wegen arglistiger Täuschung angefochten. Das Landgericht gibt der Klage in vollem Umfang statt. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung.

Entscheidung

Ohne Erfolg. Zwischen den Parteien ist aufgrund der Provisionsangabe im Exposé ein Maklervertrag zustandegekommen. Zwar erklärt derjenige, der sich an einen Makler wendet, der mit Angeboten werbend im geschäftlichen Verkehr auftritt, damit noch nicht schlüssig seine Bereitschaft zur Zahlung einer Maklerprovision. Anderes gilt aber dann, wenn der Makler den Kaufinteressenten unmissverständlich auf eine von ihm im Erfolgsfall zu zahlende Käuferprovision hinweist. Der Senat hat bislang die Auffassung vertreten, dass daraus, dass die Höhe des Kaufpreises und der Courtage wie vorliegend angegeben sind, sich nicht hinreichend sicher ergäbe, dass beide von ein und derselben Person – dem Käufer – gezahlt werden müssen und deshalb ein hinreichendes Provisionsverlangen gegenüber dem Käufer verneint. Aufgrund des Urteils des BGH vom 03.05.2012 (IMR 2012, 298) hält der Senat an seiner Rechtsprechung jedenfalls für den Fall im Internet beworbener Objekte nicht mehr fest. Der Maklervertrag ist auch nicht aufgrund Anfechtung nichtig. Die Anfechtung ist gemäß § 144 BGB ausgeschlossen. Die Beklagten haben nämlich in Kenntnis der nach ihrem Vortrag eine Anfechtung begründenden Umstände in der Folgezeit die Dienste des Maklers weiter in Anspruch genommen. Damit haben sie zu erkennen gegeben, gleichwohl an dem Maklervertrag festhalten zu wollen und somit auf das Anfechtungsrecht verzichtet. Die Beklagten können sich schließlich auch nicht auf die Anfechtung des Kaufvertrages berufen, weil sich nachfolgend den Kaufpreis bezahlt haben. Dadurch haben sie zu erkennen gegeben, trotz der erklärten Anfechtung an dem Kaufvertrag festhalten zu wollen. Ob in der „Bestätigung“ eines angefochtenen Vertrages ein Neuabschluss liegt, der wiederum hätte beurkundet werden müssen, braucht nicht entschieden zu werden, da die Eigentumsumschreibung zwischenzeitlich erfolgt ist.

Praxishinweis

Es ist zu erwarten, dass sich weitere Gerichte der Auffassung des BGH anschließen (anders noch AG München IMR 2012, 209 m. w. N.).

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2012, 427

Die Innenbesichtigung eines Mietobjekts stellt grundsätzlich eine wesentliche Maklerleistung dar, die eine Mitursächlichkeit des Nachweises trotz einer Vorkenntnis des Kaufinteressenten vom Objekt begründet.

LG Berlin, Urteil vom 09.12.2011 – 19 O 284/11

§ 652 BGB

Problem/Sachverhalt

Der klagende Makler verlangt von dem Beklagten Maklerprovision in Höhe von € 17.778,60. Der Beklagte hatte sich auf ein Eigeninserat der Verkäufer in einem Immobilienportal im Internet gemeldet. Von den Verkäufern hatte er deren Namen und Anschrift sowie ein Exposé erhalten. Sodann wandte er sich an den Kläger, der dasselbe Objekt im Auftrag der Verkäufer ebenfalls in einem Immobilienportal angeboten hatte. Von diesem erhielt er ebenfalls ein Exposé. Dies enthielt ein eindeutiges Provisionsverlangen in Höhe von 7,14% des Kaufpreises. Aufgrund entsprechender Vereinbarung fand dann mit dem Kläger ein ausführlicher Besichtigungstermin statt. Anlässlich des Besichtigungstermins erteilte der Kläger dem Beklagten zahlreiche wichtige Informationen über das Objekt. Einige Monate später kam es dann nach einer erneuten Besichtigung unmittelbar mit den Eigentümern zum Abschluss des Kaufvertrages. Die von dem Kläger daraufhin gestellte Rechnung bezahlte der Beklagte nicht, weshalb der Makler Klage erhob.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das Gericht bejaht die Voraussetzungen für die Entstehung des Provisionsanspruchs (allerdings nur in Höhe des hälftigen Provisionsbetrages; nach Durchführung einer Beweisaufnahme war das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Zusage des Klägers vorlag, im Falle der Provisionsentstehung nur den hälftigen Betrag zu berechnen). Obwohl dem Beklagten bei Beauftragung des Klägers Name und Adresse der Verkäufer sowie das Objekt bereits bekannt waren, bejaht das Gericht ohne nähere Begründung eine Nachweistätigkeit des Klägers im Sinne des § 652 BGB. Wegen des zeitlich nahen Abschlusses des Kaufvertrages wird die Kausalität der Maklerleistung für den Abschluss des Kaufvertrages – widerleglich – vermutet. Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte Vorkenntnis, da er bereits sämtliche für den Abschluss des Kaufvertrages relevanten Informationen von den Eigentümern erhalten hatte, und zwar schon bevor er sich an den Kläger wandte. Diese Vorkenntnis ist aber unschädlich, da nach Abschluss des Maklervertrages eine sehr intensive und informative Innenbesichtigung stattfand. Diese war jedenfalls mitursächlich für den Abschluss des Kaufvertrages. Mitursächlichkeit reicht für die Entstehung des Provisionsanspruchs grundsätzlich aus. Der Beklagte schuldet daher die (wegen der Parteivereinbarung auf die Hälfte reduzierte) Provision.

Praxishinweis

Das Urteil ist im Ergebnis richtig. Es ist allerdings fraglich, ob überhaupt eine Nachweisleistung im Sinne des § 652 BGB vorliegt. Als sich der Beklagte an den Kläger wandte, hatte er bereits sämtliche Informationen, die er zum Abschluss des Kaufvertrages benötigte. Ihm konnte deshalb nichts mehr „nachgewiesen“ werden. Wird allerdings bereits die Nachweistätigkeit verneint, kann es im Grunde auch keine Mitursächlichkeit mehr geben. Deshalb steht der BGH auf dem Standpunkt, dass eine bereits vorliegende vollständige Vorkenntnis nicht die Nachweisleistung als solche, sondern deren Ursächlichkeit für das Zustandekommen des Hauptvertrages ausschließen kann (BGH NJW-RR 1998, 411, Hamm/Schwerdtner, Maklerrecht, 6. Auflage, Rn. 264, 561 m. w. N.). Besser ist folgende Lösung: Der Maklerkunde hat dem Makler in Kenntnis der Umstände, die der Entstehung eines Provisionsanspruchs entgegenstehen (Vorkenntnis), einen provisionspflichtigen Maklerauftrag erteilt. Er schuldet dem Makler deshalb die vereinbarte Provision auch dann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entstehung des Provisionsanspruchs (fehlende Nachweisleistung) nicht vorliegen. Es handelt sich dann um ein sog. selbstständiges Provisionsversprechen (BGH NJW 1998, 1552; Hamm/Schwerdtner, a. a. O., Rn. 208, Lehner NJW 2000, 2405).

Autor: Wolfgang Lehner, IMR 2012, 518

Copyright 2016-2021 Lehner Dänekamp & Mayer - Rechtsanwälte

Impressum Datenschutz Webdesign Froschgift